Bewertung

Review: #6.13 Im selben Boot

Foto: Lauren Cohan & Melissa McBride, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Lauren Cohan & Melissa McBride, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Es ist bereits die zweite Episode hintereinander, in der Carol in den Vordergrund rückt.

Normalerweise würde ich mich darüber freuen, denn Carol ist einer der interessantesten und vielschichtigsten Charaktere bei "The Walking Dead", doch irgendwie wirkt ihr emotionaler Zusammenbruch, auf den man unweigerlich hinzuarbeiten scheint, ein wenig überstürzt.

"You're not the good guys. You should know that."

Carol hat es satt, töten zu müssen. Vor ein paar Episoden war sie noch eine der ruchlosesten Charaktere bei "The Walking Dead" und tat, was getan werden musste. Doch allmählich scheinen sie die Worte Morgans einzuholen. Sie tötet, weil sie glaubt, keine andere Wahl zu haben, um ihre Familie zu schützen, doch es wird klar, dass sie dies mittlerweile sehr belastet. Sie beginnt, darüber nachzudenken, wie viele Leben sie bereits genommen hat, um das Leben der Ihrigen zu schützen und muss zugeben, dass sie es gar nicht mehr weiß.

Ricks Plan, einen Präventivschlag gegen eine Gruppe zu führen, die sie gar nicht kennen und die keine unmittelbare Bedrohung für sie gewesen ist, scheinen ihre Zweifel noch zu bestärken. Während der Gefangenschaft versucht sie immer wieder, an die Gefühle bei Paula und Molly zu appellieren und schlüpft erneut in die Rolle des ängstlichen Mäuschens, schafft es aber immer weniger, damit zu überzeugen. Dabei wird jedoch auch klar, dass sie tatsächlich Angst zu haben scheint – vielleicht nicht vor ihrem eigenen Tod, vielleicht aber vor dem Tod der Menschen, die ihr nahe stehen.

Interessant ist dabei auch, dass Carol bei Paula und ihre Anhängerinnen an ihre Gefühle appelliert und darauf hofft, dass sie noch immer so menschlich sind, dass sie davor zurückschrecken, eine Frau in anderen Umständen ein Haar zu krümmen. Betrachtet man einmal, wie die Gruppe um Carol gestrickt ist, so ist es doch spannend zu sehen, dass die Saviors anscheinend tatsächlich noch nicht die Brutalität an den Tag legen, wie es "unsere"n Gruppe mittlerweile tut. Man droht und schimpft und flucht zwar, aber man ist noch nicht so gewalttätig wie Rick & Co es eben noch eine Episode zuvor getan haben. Das lässt die Saviors noch immer in einem recht harmlosen Licht erscheinen, denn Rick und die anderen hatten bislang keinerlei Probleme, sie aus dem Weg zu räumen, wenn sie sich ihnen in den Weg stellten.

Auch wenn man in kleinen Szenen versucht, den Frauen in Negans Gruppe etwas Format zu verleihen, so scheitert man jedoch daran, dass sie einfach nicht interessant genug sind. Paula ist im Grunde die Anti-Carol und tritt betont hart auf, nur um darüber hinweg zu täuschen, dass sie in Wahrheit eine Heidenangst davor hat, sterben zu müssen. Ihre Szenen wirken mit der Dauer sehr ermüdend, da sie andauernd nur Schimpftiraden und Flüche loslässt, ohne jedoch auch nur andeutungsweise ihr Bild, das sie von sich zeichnet, zu verfestigen.

Noch austauschbarer ist jedoch Molly, die Kettenraucherin und Religionshasserin, die etwas verloren durch die Gänge stolpert und am Ende Zombiefutter wird, ohne dass es den Zuschauer kümmern dürfte. Und auch Michelle, die für einen Moment mit Maggie über das Baby eine Verbindung zu suchen scheint und sich nach so etwas wie Normalität sucht, bleibt leider ein vollkommen austauschbarer Charakter ohne Ecken und Kanten.

Dass es Maggie und Carol am Ende mit vereinten Kräften gelingt, sich selbst aus ihrer Gefangenschaft zu befreien, zeigt, wie stark die beiden Frauen geworden sind. Das Ende, als sie in die Arme „ihrer“ Männer fallen, zeigt jedoch auch, dass sie des Kampfes müde geworden sind. Sie tun, was sie tun müssen, aber sowohl Maggie als auch Carol sind an einem Punkt angelangt, an dem sie sich nach Ruhe sehnen. Ob ihnen dieser Wunsch gewährt wird, wage ich zu bezweifeln, denn auch wenn der am Ende Ricks Gefangener behauptet, er sei Negan, so darf doch daran gezweifelt werden, dass man mit dem Präventivschlag tatsächlich geschafft hat, sich so einfach dieser Gruppe zu entledigen. Wenn Negan sich endlich zu erkennen gibt, dann wird Rick ein ganz anderer Wind entgegenwehen, als es bislang den Anschein hatte. Bislang hatte man das Überraschungsmoment auf seiner Seite, doch man kann annehmen, dass es noch etliche Saviors gibt, die vielleicht etwas mehr Gegenwehr zeigen als sie es bislang taten. Die Autoren täten jedenfalls gut daran, die neue Bedrohung etwas spannender zu gestalten.

Fazit

So richtig überzeugen kann #6.13 Im selben Boot nicht. Carol hat einige interessante Szenen und der Wandel, der sich in ihr zu vollziehen scheint, könnte noch wichtig für die Gruppe werden. Insgesamt jedoch ist die Episode nicht das starke Charakterstück geworden, die man den Zuschauern präsentieren wollte.

Melanie Wolff - myFanabse

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