Bewertung

Review: #6.08 Wahlmöglichkeiten

Dass diese sechste Staffel nur aus 10 statt den üblichen 12 Episoden besteht, hat mich im Vorfeld nicht gestört. Es war auch nach den ersten vier Folgen dieser Season kein Problem für mich. Mittlerweile aber bedauere ich die geringere Episodenzahl durchaus, denn "True Blood" ist einfach richtig sehenswert momentan. Zum Glück wurde die siebte Staffel bereits genehmigt, so dass man diese derzeitige Hochphase der Serie doch ungetrübt genießen kann. Es ist dabei nicht so, dass sich in dieser Folge oder auch den Folgen zuvor gar keine Kritikpunkte finden lassen, aber die fallen kaum ins Gewicht, da es viele starke Szenen gibt und die Story rund um das Vampircamp zu begeistern weiß.

Die Mission des Eric N.

Den ersten grandiosen Moment der Folge erleben wir ganz zu Anfang zwischen Eric und Bill. Voller Trauer und Zorn wegen Noras Tod, verhöhnt Eric seinen alten Freund/Feind Bill, der zwar seine neuen Kräfte demonstriert, aber damit letztlich keine Stärke zeigt. Während Bill Pläne schmiedet, wie er die Vampirrasse mit Hilfe von Warlows Blut retten kann, geht Eric los und handelt. Er beschattet Sookie, um herauszufinden, wo sie Warlow versteckt hält, und beschafft sich dann Elfenblut von Adilyn, - ohne sie zu töten -, um in die Elfenzwischenwelt zu gelangen und sich von Warlow zu nähren. Nun kann Eric im Tageslicht wandeln und macht sich sogleich auf den Weg zum Camp, in dem seine beiden Abkömmlinge sowie Tara und Jessica immer noch gefangen sind. Ich bin mir ziemlich sicher, dass man das, was der geladene Eric bei seiner Rückkehr in das Camp anrichten wird, später nur mit Hilfe von Begriffen wie "Massaker" und "Blutbad" beschreiben kann.

Die unterschiedlichen Vorgehensweisen von Bill und Eric lassen sich auf die eine oder andere Art bewerten. Es ist sicherlich so, dass Bill überlegt agiert und trotz seiner Sorge um Jessica die Gesamtheit der Vampire im Auge hat, statt nur einzelne Individuen, was Sinn macht, wenn eine ganze Spezies gerettet werden soll, andererseits könnte Nora noch leben, wenn Bill sofort das Camp aufgespürt und angegriffen hätte. Eric dagegen handelt impulsiver und eigensinniger. Er will einfach nur die retten, die ihm nahestehen, und sich für den Verlust seiner Schwester rächen. Das ist nicht klug, aber wenn man bedenkt, was für furchtbare, kranke Dinge in diesem Camp geschehen, sieht man sein entschlossenes Vorgehen nicht ungern.

Jessica und Co. befinden sich mittlerweile in dem Raum, den Bill in seiner Vision gesehen hat. Sie sind dort gelandet, weil sie von dem infizierten True Blood wissen und sich daher geweigert haben, das Zeug zu trinken. Der Kernpunkt der gesamten Gefahr für die Vampire ist das Hepatitis V. Sollte Warlows Blut nicht immun gegen dieses Virus machen, besteht die größte Überlebenschance der Vampire nur darin, sämtliche Bestände von Hepatitis V sowie alle Unterlagen über die Herstellung zu vernichten und die Wissenschaftler, die das Virus kreiert haben, zu töten.

Sookies Entscheidung

Warlow ist nur bereit, mit Bill zusammenzuarbeiten und sich als Blutspender zur Verfügung zu stellen, wenn sich Sookie dafür für immer an ihn bindet - und für immer ist hier wörtlich gemeint. Warlow will Sookie verwandeln. Das ist nicht nur die schwerste Entscheidung, die Sookie in ihrem bisherigen Leben je treffen musste, sondern auch eine der einsamsten. Es ist niemand da, der ihr die Option, sich nicht verwandeln zu lassen und vielleicht irgendwann, durch das Abfeuern der Superlichtkugel, ein ganz normaler Mensch zu werden, schmackhaft macht. Sie hofft, in Sam denjenigen zu finden, der sie vom Menschsein überzeugt, aber Sam hat gerade herausgefunden, dass Nicole schwanger ist (dazu später mehr) und weist Sookie daher ab.

Es wäre nicht fair, Sam große Vorwürfe zu machen. Er hat seit so langer Zeit Gefühle für Sookie, was diese auch immer wusste, doch er war nie ihre erste Wahl und zuletzt kaum noch Teil ihres Lebens. Mit ihrem plötzlichen Annäherungsversuch hat sie Sam überfordert, der darüber hinaus gar nicht weiß, was genau vorgeht und dass er quasi der letzte Rettungsanker für Sookie war.

Sookies momentane Krise hat viel mit ihren Eltern zu tun, wie die sehr emotionale Szene auf dem Friedhof noch einmal zeigt. Sookie ist tief verletzt, dass ihre Eltern sie umbringen wollten, und empfindet ihre Kindheit als Lüge. Die Vorstellung, ihren Eltern eines Tages im Jenseits wieder zu begegnen, widert Sookie derzeit mehr an, als ein ewiges Leben als Elf-Vampir-Hybrid. Die Selbstzweifel, die Wut und der Wunsch, einfach ein "Ihr könnt mich alle mal!" in diese und die nächste Welt zu schicken, sitzen tief bei ihr. In diesem Zusammenhang finde ich auch gut, dass Sookie sich noch einmal an die ersten, sehr bedrohlichen und unheimlichen Eindrücke, die sie und wir Zuschauer von Warlow gewonnen haben, erinnert. Sookie ist angeschlagen, aber nicht dumm. Auch wenn sie inzwischen andere Seiten von Warlow kennt und Gefühle für ihn hegt, die sie verwirren, ist sie ihm gegenüber nicht blind.

Fanatikerin vs. Kapitalistin

Sarah stößt bei ihrem Plan, mit dem vergifteten True Blood die Vampire auszurotten, auf erste Hindernisse. Nicht nur, dass mehrere Vampire Bescheid wissen, auch Burrells Geschäftspartnerin Miss Suzuki, die wir in der ersten Folge der Staffel kennen gelernt haben, macht Ärger. Für Miss Suzuki ist die Herstellung von Kunstblut ein Business, bei dem es um Profit geht. Von dem Hepatitis V und den fanatischen Ausrottungs-Plänen hat sie keine Ahnung, doch sie merkt, dass etwas nicht stimmt. Sie versucht, Burrell zu erreichen, der bekanntlich längst nicht mehr unter den Lebenden weilt, und entdeckt dabei das Vampircamp. Zwischen Miss Suzuki und Sarah entwickelt sich daraufhin ein für den Zuschauer sehr unterhaltsamer, da ausgesprochen schräger und brutaler Kampf, der damit endet, dass Sarah ihrer Gegnerin einen Stöckelschuh ins Gehirn rammt. Damit haben wir nun endlich den Beweis: Pumps sind tödlich.

Nicole und der Silberfuchs

Sam wird also Vater. Er wittert, dass Nicole schwanger ist, was diese selbst noch nicht weiß, da es erst vor wenigen Tagen oder Stunden passiert sein kann. Nun will Sam auf keinen Fall, dass Nicole in ihr Elternhaus zurückkehrt, und erklärt ihr seine Liebe, was sie erwidert. Dieses Gerede von Liebe kommt ziemlich schnell. Luna ist vielleicht gerade zehn Tage tot und Sam und Nicole haben sich erst Stunden danach kennen gelernt. Okay, eine gemeinsame Flucht vor mordlustigen Werwölfen schweißt zusammen, aber schon gleich Liebe?

Sams Liebesgeständnis führe ich momentan eher auf seinen großen Wunsch nach einer Familie zurück. Seit seine Adoptiveltern ihn im Stich gelassen haben, als er noch ein Jugendlicher war, wünscht er sich eine Familie, doch weder mit seinen leiblichen Eltern und seinem Bruder noch mit Luna und Emma war ihm dauerhaftes Familienglück beschert. Nun ist Nicole seine nächste Chance.

Nicoles Gefühle für Sam erscheinen mir ein wenig naiv. Sie ist jung und hat den Hang dazu, mit etwas zu unvorsichtigem Enthusiasmus an alles heranzugehen, wie die Aktion, das Werwolfsrudel zum Outing zu überreden, gezeigt hat. Nicoles Mutter Mary reagiert dementsprechend kritisch auf Nicoles Wunsch, bei Sam zu bleiben. Die meisten Mütter sind nicht begeistert, wenn ihre 23-Jährige Tochter mit einem 20 Jahre älteren Mann, den sie erst seit ein paar Tagen kennt und in dessen Gesellschaft sie fast getötet worden wäre, zusammen sein will. Mary tituliert Sam ironisch als "Silberfuchs", um sein höheres Alter herauszustellen. Ein netter Spitzname für einen Gestaltwandler, der sich in jedes Tier verwandeln kann. Eigentlich bevorzugt Sam ja die Hundegestalt, aber ein Fuchs ist auch flink und mit guten Instinkten ausgestattet.

Schleudersitz

Rikki fordert Alcide tatsächlich zum Kampf um die Führungsposition heraus. Dabei wird sie von Danielle unterstützt, die sich als klassische Mitläuferin immer sofort an die Person hängt, die am meisten Macht und Stärke ausstrahlt. Zwar gewinnt Alcide den Kampf gegen Rikki, tötet diese aber nicht und geht als gescheiterter Anführer davon.

Alcide befreit Nicole und deren Mutter und versöhnt sich mit Sam, was deutlich zeigt, dass Alcide ohne ein Rudel - und ganz besonders ohne dieses Rudel, dessen Spitzenposition etwas von einem Schleudersitz hat - besser dran ist. Jetzt kann er wieder ganz der Alte werden. Darauf, dass wir Rikki und das Rudel zum letzten Mal gesehen haben, würde ich aber nicht unbedingt wetten. Möglicherweise trachten sie Sam und Nicole immer noch nach dem Leben. Dafür gibt es zwar keinen Grund, aber von Vernunft lassen sich die Werwölfe ja nicht bremsen. Kaum zu glauben, dass man in der fünften Staffel durchaus Anflüge von Sympathie für Rikki empfunden hat, die letztlich auch nicht viel angenehmer ist als Debbie.

Maret Hosemann - myFanbase

Die Serie "True Blood" ansehen:


Vorherige Review:
#6.07 Am Abend
Alle ReviewsNächste Review:
#6.09 Lebensqualität

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "True Blood" über die Folge #6.08 Wahlmöglichkeiten diskutieren.