Bewertung

Review: #1.16 Betty und Veronica

Ah, weitere 14 Tage sind verstrichen und endlich wieder einmal Zeit für Veronica Mars. Und wieder starten wir mit der zweiten Hälfte eines Cliffhangers in diese Folge. Es scheint, als würde dieses "Stilmittel" langsam zum Standardrepertoire bei VM, aber damit kann ich leben, wenn alle Folgen so gut sind wie diese.

Mutterliebe

Veronica hat ihre Mutter gefunden. Und wie schon in vergangenen Folgen ist Veronica ein anderer Mensch, wenn es um sie geht. Der Fakt, dass Veronica all ihr Erspartes darin investiert, dass ihre Mutter sich einer Entziehungskur unterzieht, könnte durchaus noch mal herumkommen und sie in der Arsch beißen. Denn letztlich wirft sie aller Wahrscheinlichkeit nach ihre zukünftige Bildung weg für die (kleine) Möglichkeit, dass ihre Mutter gesund heimkehrt und sie wieder ein glückliches Familienleben führen kann. In diesem Punkt wird sie einfach irrational und ganz untypisch Veronica – aber verstehen kann man sie trotzdem, schließlich bietet ihr sich die Möglichkeit dar ihre Familie wieder zusammenzusetzen und das Leben zu führen, dass mit Lillys Tod und dem Verschwinden ihrer Mutter so plötzlich endete.

Aber da ist noch mehr. Veronica lässt nicht alles stehen und liegen, sondern benutzt ihre Mutter als Informationsquelle um im Fall Lilly Kane weiter zu kommen. Sie sucht neben der Erklärung dafür, dass ihr Leben in den letzten Monaten dermaßen schief lief (und letztlich ist ja ihre Mutter ein Teilgrund dafür) auch bei ihrer Mutter nach der Wahrheit um den Tod ihrer Freundin. Und ausgerechnet in diesen wichtigen Punkten bringt sie Keith nicht die Offenheit und das Vertrauen entgegen, welche ihre Beziehung auszeichnet – auch hier kündigen sich Probleme an.

Das Schöne an den Flashback-Szenen ist meiner Ansicht nach die Emotion, welche sich dabei in Veronica offenbart. Wirkt sie doch über weite Stecken emotional isoliert, so zeigen diese Szenen doch, dass sie nun mal eine junge Frau ist, die verletzlich ist. Sie zeigen, dass die Veronica Mars, die sich der Außenwelt präsentiert, eine Fassade ist, hinter der sie sich über große Strecken verstecken kann.

Freundschaft

Zudem fällt in dieser Folge diese Maskerade auch erstmals gegenüber Wallace. Erstmals zeigt sie ihm, dass er ihr viel bedeutet, erstmals sehen wir überhaupt Szenen, in denen Veronica etwas tut, dass ihr selbst eigentlich zuwider ist, weil sie so Wallace glücklicher machen kann. Erstmals findet hier eine Freundschaft statt.

Ich hatte mich ja langwierig über die Beziehung der Beiden beschwert – über die einseitige Ausnutzung aufgeregt – aber in dieser Folge kommt das Gegenteil in extremo daher. Alles, was Veronica bislang nicht für Wallace tat, tut sie hier. Es kann sicherlich nicht die Missstände in der Vergangenheit ausgleichen, aber man sieht doch, dass auch sie in der Lage ist, eine echte Freundschaft zu führen.

Und all das ausgerechnet in einer Folge, in der die äußeren Umstände eigentlich eine immer größer werdende Distanz zwischen den beiden begünstigen. Wallace hat sich nicht mit der Isolation abgegeben, in welche sich Veronica mit beinahe teuflischer Freude hineinstürzt. Er hat sich in Neptune eingelebt und Freunde gefunden. Etwas, das Veronica nicht so leicht fällt. Schön zu sehen, dass auch Wallace ein Leben außerhalb der Beziehung zu Veronica zusteht und dass sie damit umgehen kann.

Veronicas Männer

Über die letzten Folgen ist es offensichtlich geworden, dass Veronica immer noch sehr an Duncan hängt, ihn immer noch als ihre große Liebe ansieht. Und auch hier wird uns das wieder vor Augen geführt. Sie kann nicht mit Meg umgehen, obwohl sie zuvor eine der wenigen war, die sie als Mensch akzeptiert hat, außerhalb aller Cliquenbildung und Rangordnung in Neptune. Und nun kann sie keine Freundschaft zu ihr aufbauen, weil es sie zu sehr verletzt, sie mit Duncan zu sehen. Hartes Los.

Leo hingegen kann mich nicht für sich einnehmen. Er wirkt auch in dieser Folge wieder wie eine Randnotiz, der Typ, den Veronica sich nimmt, um sich abzulenken und sich selbst besser zu fühlen. Es klingt vielleicht hart, aber so sehe ich es. Es gibt keine wirklich persönlichen, einfühlsamen Szenen zwischen den beiden, ihm gegenüber ist sie stets die harte PI Veronica.

Durch ihre Mutter wird Veronica erneut mit dem Fakt konfrontiert, dass sie vielleicht nicht Keiths Tochter ist. Dass ihre Mutter eine Affäre hatte, so schwer es auch zu verdauen ist, ist etwas, mit dem sie umgehen könnte. Dass sie aber vielleicht das Ergebnis dieser Beziehung ist, trifft sie ungleich härter. Hinzu kommt, dass Veronica nun tatsächlich der Beweis vorgebracht wird, dass Jake Kane nicht der Mörder seiner eigenen Tochter ist. Ihr wird in einer Szene so viel angetan: Ihre Mutter hatte eine Beziehung zu dem Mann, den sie sich als Feindbild aufgebaut hatte, als den Grund dafür, dass sie in "Einzelhaft" lebt; ihre Mutter ist der lebende Beweis dafür, dass der Statusverlust, den sie erlitt, für nichts war, da Jake nun einmal unschuldig ist; ihre große Liebe ist vielleicht ihr eigener Bruder; ihr Vater vielleicht nicht ihr Vater. Viel mehr kann man nicht in eine Szene stecken.

Schnipsel

- Das Spielchen zwischen Veronica und Clarence Wiedemann erreicht hier neue Dimensionen. Das gegenseitige Abhören, das bewusste säen falscher Informationen, alles wirkt irgendwie konstruiert.

- Veronica findet den Grund für das Geständnis Abel Koontzs – seine Tochter. Es wird immer offensichtlicher, dass Abel Koontz als Sündenbock gekauft wurde. Zudem fällt auf, dass es in dieser Serie über weite Strecken um Familie geht – um die Liebe zwischen Familienmitgliedern und um das, was sie auf sich nehmen um sich gegenseitig zu beschützen.

- Die CotW war wirklich ansprechend und sympathisch. Veronica findet sich als Betty in einer Welt, zu der sie sich weit mehr zugehörig fühlt als zu ihrer eigenen. Wie schon in "Drinking the Cool-Aid" wird ihr hier etwas gezeigt, was ihr so viel mehr geben könnte, als sie im Moment hat, etwas, dass ihr zeigt, dass es nicht so sein muss, wie es ist. Auch hier erneut ein hartes Los.

- Der Deal zwischen Veronica und dem stellvertretenden Schuldirektor Van Clemmons war einfach zum Schreien komisch.

Fazit

Wieder eine Folge, die viel für den Storyarch tut, Veronicas Gefühle endlich einmal nach außen kehrt und uns offenbart, dass wir uns dem Staffelfinale entgegen begeben.

Ja, was soll man zu der Folge noch groß sagen. Sie war wirklich gut. Allein zu sehen, dass zwischen Wallace und Veronica endlich einmal eine echte Freundschaft entsteht, zu der auch Veronica ihren Teil beiträgt, macht diese Folge schon sehenswert. Dann kommt ein sympathische CotW dazu und wirklich immense Fortschritte in Richtung Staffelfinale. 8 von 9.

Martin Schultze - myFanbase

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