Review: #1.17 Kane und Abel
Ah, wieder eine Folge "Veronica Mars" und diesmal eine, bei der von Storyarchzuspitzung zu reden eine Untertreibung wäre. Diese Folge nimmt den Fall Lilly Kane und haut im Schleudergang alles durcheinander, was Veronica bis jetzt glaubte. That's entertainment.
Spiel mit dem Feuer
Oder in diesem Fall mit dem Leben eines Anderen. Veronica stößt auf Abel Koontzs Tochter und benutzt sie und ihr gesamtes Leben wie ein Spielchip in einem Casino. Nicht nur stellt sie sie vor die Tatsache, dass ihr Vater sein Leben aufgab, seine Freiheit verkaufte um seiner Tochter ein gutes Leben zu ermöglichen, um sich bei ihr für das zu entschuldigen, was er ihr angetan hat (immerhin musste sie ihr Leben aufgeben, nachdem ihr Vater von den Kanes über den Tisch gezogen wurde – hmm, klingt doch irgendwie bekannt oder?), sondern Veronica enthält ihr auch noch die Tatsache vor, dass er nur noch drei Monate zu leben hat. Sie entscheidet für Emilia, dass diese drei Monate und das Wissen das Richtige zu tun drei Millionen Dollar wert sind. Und durch diese Unart für andere zu entscheiden, (mehr oder weniger) Unbeteiligte in ihr eigenes Spiel hereinzuziehen, kann ihr Clarence Wiedmann einen der wenigen Meilensteine in der Untersuchung von Lillys Tod entreißen. Und letztlich nur, weil Veronica in Lillys Fall bereit ist, das Leben und die Zukunft anderer aufs Spiel zu setzen.
Der wirkliche Inhalt der Folge dreht sich eigentlich um das gefährliche Spiel, dass Veronica mit Clarence Wiedmann treibt. Sie begibt sich und andere in Gefahr um die Wahrheit herauszufinden, eine bestenfalls zwiespältige Charaktereigenschaft. Und genau deswegen beschließt Keith hier zu intervenieren und ihr nun endlich bei diesem Fall zu helfen. Alles kanalisiert durch eine tolle Szene, in der die gesamte Beziehung zwischen den beiden komprimiert auf einem Silbertablett serviert wird. Toll.
Und nur so gelangt sie schließlich an die (anscheinend die einzige!) Information, die ihr Vater ihr aus der Ermittlung verheimlichen konnte: das gerade gewaschene Fußballtrikot Duncans, dass den Verdacht bestärkt, er habe einen Anfall gehabt und seine eigene Schwester ermordet.
Für Veronica muss dies eine immense Zumutung sein. Wie wir in vergangenen Folgen sehen konnten, hängt sie nach wie vor sehr an Duncan. Nun kommt diese Information von ihrem Vater, bestärkt durch Logans Äußerungen bezüglich eines Anfalls, den er selbst miterlebt hat. Es entsteht der Verdacht, Duncan reagiere in Stresssituationen mit solchen Gewaltausbrüchen und der Verdacht drängt sich immer mehr auf Duncan.
Aber es ist nicht nur das, was in dieser Szene mit Logan aufgedeckt wird. Durch einen winzigen Satz ("It was the week you two broke up") scheint aus der Vermutung, Duncan könne Veronicas Halbbruder sein, schreckliche Wahrheit zu werden. Die Aggression bezüglich des Endes einer Beziehung, die auch Duncan so viel bedeutete, an seinem Vater auszulassen lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass er durch seine Vaterschaft die Schuld an diesem Ende trägt. Für Veronica also viel, dass sie gleichzeitig verdauen muss: ihre große Liebe ist nicht nur ihr Halbbruder, sondern wahrscheinlich auch der Mörder ihrer besten Freundin (dass diese Folge mit diesem Flash endet, werde ich dir nie verzeihen, Rob Thomas!).
Der tiefe Fall
Wie schon in manch vergangener Folge ist die Ungerechtigkeit der elitären Gesellschaft Neptunes das Hauptaugenmerk der CotW. Der potentielle Rags-to-Riches Kandidat verliert die Ausbildung seiner Träume, weil er unter anderen Umständen kämpfen muss. Dass es ausgerechnet sein Vater ist, der ihm diesen Weg verbaut, indem er versucht ihm diesen zu eröffnen, ist ein weiteres Beispiel für den Geschmack der Schreiberlinge bei Veronica Mars für alle möglichen brutalen Arten der Familientragödie.
Und so ist es letztlich der Anständigste, der die Konsequenzen der Verfehlungen seines eigene Vaters und die der Probleme Neptunes tragen muss. Hammilton ist hier das Opfer dessen, was Rob Thomas über weite Strecken mit seiner Erfindung Neptunes an den allgemeinen, gesellschaftlichen Umständen anprangert: derjenige, der Nichts hat, endet auch mit Nichts, weil diejenigen, die die Macht und das Geld haben, stets einen einfacheren Weg haben. Und nicht nur das, sie sind auch nicht bereit ihr Glück zu teilen, sondern sind vielmehr daran interessiert dieses in einem möglichst elitären Kreis zu halten. Alles Dinge, die uns VM schon einmal unter die Nase rieb.
Freundschaftsdienste
Veronica hat arge Geldprobleme. Zwar wird hier die Möglichkeit angedeutet, dass auch sie durchaus in den Genuss einer Kane-Scholarship kommen könnte, aber es ändert nichts daran, dass sie in arger Geldnot ist. Da scheint es eine etwas unüberlegte Geste Logan vor Augen zu führen, dass alles, was sie für ihn getan hat, aus Freundschaft war. Denn so ist es zu interpretieren. Auch wenn sie sagt "Lynn was always nice to me", kommt auch bei Logan an, dass es für ihn war. Und erst das ermöglicht ja die ziemlich intime Unterhaltung, die die beiden über Duncan hatten. Hier findet etwas zusammen.
Fazit
Eine Folge, die den Fall Lilly Kane und Veronicas Bild von Duncan dramatisch auf den Kopf stellt und in gewohnter Manier soziale Missstände anprangert.
Ich weiß jetzt schon, dass ich vergessen habe, irgendetwas in dieser Folge zu erwähnen. Höchstwahrscheinlich sogar das meiste, denn so geladen ist sie in meinen Augen. Die CotW ist zwar an der Oberfläche etwas fade und daher nicht zu 100% unterhaltsam, hat aber auch ihren Inhalt, der beinahe schon zu routiniert immer wieder das selbe anprangert. Nur für die fehlende Unterhaltung und die ständig wiederkehrende Thematik der CotWs kann man dieser Folge Punkte abziehen, denn alles, was sich auf Seasonarchebene abspielte, war meiner Ansicht nach großes Fernsehen. Wer nach den Entwicklungen dieser Folge kein Problem damit hat, bis zu nächsten zu warten, der soll seinen Fernseher einfach gleich aus dem Fenster werfen.
Martin Schultze - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Kanes and Abel'sErstausstrahlung (US): 05.04.2005
Erstausstrahlung (DE): 23.09.2006
Regie: Nick Marck
Drehbuch: Carolyn Murray
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