Bewertung

Review: #1.18 Klassenvernichtungswaffen

So, nun also "Veronica Mars" mitten in der Nacht. Hey, ich würde mir die Folgen auch nachts um drei angucken, wenn alle so genial wären wie diese. Aber zum Fazit später. Erstmal ein kurzer Überblick über die Dinge, mit denen wir konfrontiert wurden. Erstens: Duncan weiß, dass Veronica ihn verdächtigt, seine eigene Schwester getötet zu haben – und zwar weil sie das größte Geheimnis seines Lebens kennt: er hat Epilepsie mit gelegentlichen Gewaltausbrüchen. Zweitens: Logan und Veronica – muss ich mehr sagen? Drittens: Die CotW ist eine der besten der ersten Staffel. Sie ist zwar seit dem 20. April 1999 leider keine innovative Story mehr (hey, kennt ihr eine Serie, die sich nicht in mindestens einer Folge mit einem durch Schüler angedrohten Anschlag auf eine Schule beschäftigt?) aber diese Story hatte zudem eine Textur und eine gewisse hintergründige Tiefe, die leider manchen CotWs abgeht. Viertens: Die Beziehung zwischen Veronica und Wallace wird hier durch die sich anbahnende Beziehung zwischen ihren Eltern auf eine Zerreißprobe gestellt – vor allem durch die unvermeidbar erscheinende Rückkehr von Veronicas Mutter.

Familie und Freunde

Rollen wir das Feld also von hinten auf. Gar nicht so lange ist es her, dass die Freundschaft zwischen Veronica und Wallace eine neue Ebene erreichte (#1.16 Betty and Veronica) und so nach ewigem Verzögern des Themas erstmals wirklich zu einer Freundschaft wurde. Nun wird sie hier schon erstmals unter schwere Bedingungen gestellt.

Es ist wohl jedem klar, dass die beiden Probleme mit der Situation haben, dass sich zwischen ihren Eltern etwas anbahnt. Aber darin liegt eigentlich kein Problem, ein Problem liegt viel mehr in der Möglichkeit, dass die Beziehung unschön endet und somit auch die Freundschaft zwischen den beiden zerrissen wird. Und genau dieses Ende ist etwas, das Veronica erhofft, ja auf das sie hinarbeitet. Denn sie klammert sich nach wie vor an die Möglichkeit wieder die glückliche Familie zu haben, die sie hatte. Mit ihrer sie liebenden Mutter und zwei glücklich verheirateten Eltern. Das dies ein Hirngespinst ist, etwas, das Veronica aufgrund ihrer Situation und ihrer Jugend herbeiträumt, habe ich schon mehr als einmal bei vergangenen Folgen verdeutlicht.

Und so erweckt es den Anschein, dass Wallaces Mutter für sie nur den Platz warm halten soll, bis ihre Mutter zurückkehrt und sie wieder glücklich leben kann. Dass Wallace dies überhaupt nicht akzeptieren kann, ist offensichtlich und so wird schon hier angedeutet, dass es zu wirklich kritischen Tagen zwischen den beiden kommen könnte, wenn Veronicas Mutter tatsächlich nach Hause kehrt.

Nur eine weitere Sache, die Veronicas Mutter durcheinander bringt, denn wenn man ehrlich ist, ist sie für diese Familie eine immense Belastung – ihre Rückkehr würde mehr Probleme mit sich bringen, als sie jemals auflösen könnte. Die glückliche Rückkehr in ein heiles Heim scheint ausgeschlossen. Und so können wir uns nur zurücklehnen und auf die sich anbahnende Katastrophe warten, die Veronicas Mutter mit sich bringen wird.

Zwischen Wallace und Veronica scheint zum Ende der Folge jedoch alles wieder im Reinen zu sein. Letztlich leuchtet hier erneut das Problem dieser Freundschaft auf, denn es ist wieder Wallace, der bereit ist, auf Veronica zuzugehen um sie als Freundin zu behalten. Es ist nicht Veronica, die mit Verständnis auf ihn zugeht, sondern er, der sich selbst und hier auch seine Mutter unter seine (freundschaftliche) Liebe zu Veronica stellt.

Columbine

Die CotW ist, wie ich ja schon erwähnte, im Ursprung nichts Neues. Sie befasst sich mit einem Thema, dass die amerikanische Gesellschaft zutiefst erschüttert hat und sie beinahe so prägt wie der 11.9.2001. Und dennoch schafft es Rob Thomas auch hier ein überraschendes und frisches Ende zu inszenieren.

Er lädt die Schuld nicht auf einen kranken Schüler, der gerade noch so aufgehalten werden kann, sondern zieht es vor die Methoden der Polizei in solchen Dingen zu kritisieren. Beinahe nebenbei verschafft er der Gesamtsituation eine gewisse Tiefe. Die Bombendrohungen als Fake zu enttarnen, welche als Rache gesetzt wurden durch einen vom Bully unterdrückten und misshandelten Schüler wirft nicht die üblichen Gedanken im Zusammenhang mit solchen Drohungen auf, sondern lenkt den Zuschauer bewusst in eine andere Richtung der Gewalt, die an Schulen herrscht. Schön gemacht.

Dann kommt der karrieregeile Polizist hinzu, der sich letztlich nicht um das Recht, sondern um seine eigene Statistik schert. Auch hier wird das bekannte Thema in eine andere Richtung gelenkt. Wirklich sehr schick.

Das Unvermeidliche

Was sich über die letzten Folgen immer wieder anbahnte, ein engerer Bund zwischen Veronica und Logan, explodiert hier. Schon dass er ihr sofort zur Hilfe eilt, als sie ihn benötigt, zeigt früh in der Folge, dass in ihm Gefühle für sie brodeln. Nein, eigentlich kommt es noch früher zum Ausdruck, als er sie warnt, dass er Duncan von den Akten Veronicas erzählt hat. Hätte er so etwas getan, wenn sie ihm egal wäre? Wie er sich dann im Hotelzimmer verhält, wie er sie beschützen will, alles Zeichen für die Gefühle, die in seinem Inneren brodeln, seit sie ihm half seine Mutter zu suchen. Allein diese Szene im Hotelzimmer war eine Offenbarung dessen, was zwischen den beiden seit Folgen unter der Oberfläche mitschwingt. Und nebenbei eine wirklich schöne Szene.

Und dann kommt die Szene daher. Ihr wisst welche ich meine. Selten kam etwas so unvermeidbar und dennoch so überraschend daher wie der Kuss zwischen Veronica und Logan. Sie küsst ihn aus Dankbarkeit und aus dem körperlichen Äquivalent zum Freud’schen Versprecher heraus und offenbart ihm so, dass sie für ihn so empfindet wie er für sie. Über den anschließenden Kuss muss man nicht reden, ihr kennt ihn ja. Die Stelle, als Veronica dann zu ihrem Auto geht und die gesamte Zeit ihre Augen nicht von ihm lässt, finde ich beinahe noch eindrucksvoller als den Kuss selbst, denn es zeigt wie wenig sie auf diese Situation vorbereitet war und wie viel es – nein er – ihr dennoch bedeutet. Ein absoluter Gänsehaut-Moment, den ich mir eigentlich nicht oft genug angucken kann.

Die peinlich komische Szene, als die beiden sich wieder sehen, zeigt aber auch Veronicas Zweifel an der Sache, sie kann ihn nicht sofort konfrontieren, weil sie selbst darüber klar werden muss, was eigentlich passiert ist. Erneut eine sehr schöne Szene.

Für Leo-Fans war diese Folge aber ein Schlag ins Gesicht. Sie beginnt mit einer wirklich netten Szene zwischen den beiden, die zeigt wie ernst es mit ihnen eigentlich schon geworden ist und gipfelt letztlich darin, dass Veronica einem Anderen verfällt. Mal sehen, was die nächsten Folgen bringen und wie diese Wirrwarr der Gefühle letztlich entwirrt wird.

Verschwunden

Von den beiden, die im Moment um Veronicas Herz kämpfen, also zu dem, der es einst im Sturm eroberte: Duncan. Sein Leben bricht hier zusammen. Er erfährt davon, dass Veronica ihn verdächtigt und dass sie von seiner Krankheit weiß. Ein Geheimnis, dass er vor jedem außerhalb seiner Familie verbergen wollte. Sie erfährt es aus Akten, indem sie in seine Privatsphäre eindringt, indem sie bei ihm, wie bei so vielen anderen ignoriert, dass er ein Mensch ist und ihn als Teil ihrer Probleme und deren Lösung ansieht.

Und dann erfährt sie es am eigenen Leib. Dass er letztlich verschwindet, deutet zwei Dinge an: er wollte nicht, dass jemals jemand von seinem Zustand erfährt und er wollte nie, dass Veronica damit konfrontiert wird. Zum Einen kann man es als egozentrisches Weglaufen vor sich selbst sehen, zum Anderen aber auch als Weglaufen davor, dass die Frau, die er als seine große Liebe ansieht, sein dunkelstes Geheimnis kennt. So oder so ist Meg die Angeschmierte, denn es ist ja letztlich ihr Freund, der spurlos verschwunden ist, wegen etwas, dass Veronica tat. Schade, denn sie ist eins der wenigen wirklich sympathischen Mädchen an der Neptune High.

Fazit

Eine fantastische Folge, die Veronicas Liebesleben durcheinanderbringt, ihre einzige wahre Freundschaft arg strapaziert und alles mit einer sehr gelungenen CotW krönt.

Eine kleine Anmerkung am Rande: es ist immer wieder schön Mac zu sehen. Zur Folge gibt’s eigentlich nichts mehr zu sagen: 8 Punkte, denn ein bisschen Luft nach oben gibt es trotzdem noch.

Martin Schultze - myFanbase

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