Bewertung

Review: #1.05 Football, Mathe und ein Busen

Foto: Iain Armitage, Young Sheldon - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Iain Armitage, Young Sheldon
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Die fünfte Episode der Serie "Young Sheldon" lässt es langsam deutlich werden, dass die Vorgeschichte von Sheldon Cooper alles andere als ein Abklatsch von "The Big Bang Theory" ist. Nachdem der Neuheitseffekt wieder abgeschwächt ist, wird einem bewusst, dass die Abwesenheit von Lachern auch einen anderen Humor und die Absicht von intensiverer Charakterarbeit bedeuten könnte.

"I don‘t need a calculator, dad, I am one."

Sheldons Rechenbegabung sorgt für ungeahnte Popularität, weil er der Football-Mannschaft der Schule durch berechnete Statistiken zu einigen Siegen verhilft. Das ändert auch die Dynamiken innerhalb der Familie, denn Sheldons Vater hat plötzlich eine Schnittmenge zu seinem zweiten Sohn gefunden, suhlt sich in dem Erfolg und vergisst dabei seinen anderen Sohn, der eigentlich durch Football so eine gute Bindung zu seinem Vater hat. Das ist durchaus menschliches Verhalten, zumal George Cooper den Erfolg auch gebrauchen kann, für Georgie bleibt aber auch in dieser Episode wieder nur der Part des Enttäuschten übrig. Das ist etwas schade, weil man ihm durchaus auch einfach mal einen Touchdown hätte gönnen können. Immerhin hat der Vater dann auch schnell wieder die Kurve bekommen, denn natürlich muss sich auch dieser Konflikt innerhalb der 20 Minuten auflösen. Das ist eigentlich schade, weil das Format es eigentlich auch ermöglichen würde, die Geschichten über einen längeren Zeitraum zu erzählen. Diese unbedingte Abgeschlossenheit braucht es nicht unbedingt, zumal wir in dieser Episode eigentlich auch wieder über einen Zeitraum von mehreren Wochen sprechen. Ich hoffe, dass man sich davon ein bisschen mehr lösen kann, weil das doch eine der größten Schwächen von "TBBT" ist. Und es gibt bei "Young Sheldon" schöne Ansätze für die Charaktere. George Jr. beispielsweise verhält sich auf der Party wie ein ordentlicher, älterer Bruder, indem er seine Geschwister nach Hause bringt. Missy hat dabei eher den lustigen Part abbekommen. Ihr Humor gefällt mir äußerst gut. Er ist direkt, spontan und so schön kindlich-naiv. Sie wächst mir von Woche zu Woche mehr ans Herz.

Und auch bei den Eltern gibt es wieder gute Ansätze für echte Charakterarbeit. George Sr. ist zwar etwas erfolgsversessen und dadurch oberflächlich, aber man nimmt ihm trotzdem ab, dass er ein echtes Interesse hat, mit seinem Sohn mal auf einer Ebene zu sein und wenn ihm seine Grenzen immer wieder aufgezeigt werden. Mary Cooper ist natürlich wieder sehr behütend und übertreibt es in dieser Episode dann doch, als Sheldon mit der 2+ nach Hause kommt. Sie hätte hier die Fehlerhaftigkeit des Menschen ruhig mal hervorheben können, statt dem gesamten Umfeld die Leviten zu lesen. Etwas mehr Gelassenheit wäre sinnvoll gewesen, zumal sie den Fehler auch inhaltlich gar nicht einschätzen kann. Vielleicht hat Sheldon die Aufgabenstellung einfach falsch verstanden? Aber sie will eben nur das beste für Sheldon. Anders als Meemaw, die in dieser Episode eher unsympathisch war. Nun hat man ihr hier aber auch eine spontane Spielsucht und Geldprobleme angedichtet, welche letztlich an sich schon unsympathisch sind. Da braucht man eine Person auch nicht künstlich sympathisch wirken lassen. Trotzdem hätte man dem Konflikt mehr Gewicht beimessen können, weil das auch keine Thematik ist, die man leichtfertig für Lacher nutzen sollte. Insofern hoffe ich vielmehr, dass man die Spielsucht noch in einer anderen Episode stärker in den Fokus rückt.

"I was touched 82 times this afternoon."

Die amüsanten Stellen hatten natürlich wieder direkten Nerd-Bezug. Sheldons Popularität wäre für jeden High School-Schüler ein Traum, für ihn ist es hingegen das Gegenteil. Er fühlt sich eher wie beim Spießrutenlaufen und ist angewidert von all den Berührungen. Wie immer spielt Iain Armitage diese Überforderung der Situation großartig. Doch auch Tam hat in dieser Episode seine Momente, weil er diese Popularität "nutzen" will, sich dabei aber eher wie " Howard" verhält. Was bei vielen dieser lustigen Szenen auffällt, ist, dass die Geschichte den Witz trägt und nicht der Witz die Geschichte. Anders als bei so mancher "TBBT"-Episode, wo inhaltlich als als durch die Inszenierung mit den Lachern der Witz erzwungen wird, ist es hier nicht so offensiv. Durch diese andere Ausrichtung, die zwar von Anfang an auffällig war, mir jetzt aber erst so richtig bewusst wird, verbieten sich eigentlich qualitative Vergleiche zwischen "TBBT" und "Young Sheldon". Man hat im Prinzip alles getan, um sich mit Sheldons Kindheit konzeptionell so weit weg wie möglich von "TBBT" aufzuhalten. Für das Storytelling eröffnen sich dadurch viele Chancen und darauf freue ich mich.

Fazit

Spätestens jetzt sollte jedem Zuschauer klar sein, dass "Young Sheldon" und "The Big Bang Theory" zwei überaus verschiedene Serien sind. Der inhaltliche und auf die Charaktere ausgerichtete Schwerpunkt kann noch besser umgesetzt werden, aber die Ansätze gehen in die richtige Richtung. Der Humor ist entsprechend ein anderer. Er lädt mehr zum situativen Schmunzeln ein, statt mit der Brechstange und One Linern den Witz rauszujagen. Diese Andersartigkeit ist die richtige Richtung für die Serie, um sich davon zu lösen, nur "TBBT" zu kopieren und die Fans bei Laune zu halten. Das fehlte mir zu Beginn der Serie noch etwas, weil der Eindruck vorhanden war, dass Sheldon alles ist, was die Serie zu bieten hätte.

Emil Groth - myFanbase

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