Bewertung

Review: #7.16 Der zerbrochene Spiegel

Foto: David Duchovny & Gillian Anderson, Akte X - Copyright: 2015 Fox Broadcasting Co.; Frank Ockenfels/FOX
David Duchovny & Gillian Anderson, Akte X
© 2015 Fox Broadcasting Co.; Frank Ockenfels/FOX

Die "Akte X"-Macher offenbaren uns in der Episode #7.16 Der zerbrochene Spiegel die Abgründe von dissoziativen Persönlichkeiten sowie den Kontrast innerhalb der Ermittlungen von Mulder und Scully, die ausnahmsweise falltechnisch getrennt werden.

Dissoziative Persönlichkeit: C.G. Jungs Schattenarchetyp

Zu Beginn der Episode sprach Vieles für einen Ausflug in die nordisch-germanische Mythologie, was sicherlich sehr spannend gewesen wäre. Nicht nur die Raben, sondern auch eine Art Sumpfmonster wirkten zusammen mit einer bedrohlichen Atmosphäre extrem mystisch. Je länger die Folge dauert, desto eher entpuppt sich dieser als mythologisch getarnter Fall der Woche als zwischenmenschliches Beziehungsdrama mit parapsychologischem Ausmaß. Die Gegend, in der der Sheriff Phil Adderly und seine Frau Ellen leben, wirkt sehr idyllisch. Doch der Schein kann und muss vielleicht sogar auch trügen. Während das Familienleben der Adderlys in Anwesenheit von Fox Mulder überaus positiv dargestellt wird - an Hand der Musik, der Farben, der Atmosphäre, des Essens und der gesamten Atmosphäre -, sucht der gewiefte "Akte X"-Kenner stetig mehr und mehr das Haar in der Suppe bzw. den Schatten, den das Licht wirft. Denn so ausnahmslos positiv und immer nur Sonne-strahlend herrscht es in keinem Land, keinem Ort, keinem Haus und keiner Familie oder Beziehung vor. Doch statt sich den dunklen Seiten der Realität zu stellen und sich die Schattenthemen sowie Schattenanteile nach Carl Gustav Jung anzusehen, verdrängt Ellen diese und macht diese dunklen Seiten in ihr damit nur noch stärker bzw. verleiht diesen noch mehr Macht im Verborgenen. Dadurch, dass sie sich nämlich ihren inneren Dämonen nicht stellt und diese nicht in ihre Persönlichkeit integriert, erschafft sie eine Art "zweite" Persönlichkeit, welche eben diese dunklen Seiten auslebt, damit ihre hellen Seiten in Form der menschlichen Ellen weiterhin unbefleckt bleiben können. Man ziehe dazu auch Parallelen zu der Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

In der Psychologie verwendet man dann Begrifflichkeiten wie die der "dissoziativen Persönlichkeit". Die Art und Weise, wie "Akte X" einmal mehr wissenschaftliche Erkenntnisse anreißt und etwas ausgefallen und zugespitzt darbietet, ist atemberaubend und verdient auch in dieser Episode einen Daumen hoch. Die Hintergrundgeschichten zu den Charakteren fallen dahingehend etwas ab und einige Vorfälle werden nur unzureichend erklärt, z.B. wie die dunkle Seite von Ellen die menschliche Ellen physisch verfolgen kann oder wie genau die Raben nun im Zusammenhang mit dem Fall stehen, also ob sie zur dunklen Seite von Ellen gehören oder lediglich zufällig als Todesomen auftreten. Es ergeben sich also wieder einmal ein paar Fragezeichen zu viel, um den Fall der Woche rund zu machen.

Mulders Wolf im Schafspelz vs. Scullys Schaf im Wolfspelz

Nicht zufällig, sondern absichtlich inszeniert wurde der Kontrast zwischen dem Fall von Mulder und dem Fall von Scully. Während Scully in einer Absteige ein Bordell observieren muss und dabei viele Dinge sieht, die man nicht unbedingt jeden Tag sehen möchte, residiert Mulder in einer beschaulichen Kleinstadt innerhalb scheinbarer Familienidyllen - inklusive 5-Sterne-Verpflegung. Ironischerweise erfährt Mulder in der scheinbaren Idylle viele dunkle Seiten, während Scully in der scheinbaren Absteige das Gute im Menschen wiederfindet, da der vermeintliche Prostituiertenmörder die Bordsteinschwalben in Wirklichkeit rettet. Mulder fahndet demnach nach dem Wolf im Schafspelz, wohingegen Scully das Schaf im Wolfspelz klarmacht. Neben diesen Aspekten wissen auch die Telefonate zwischen Mulder und Scully zu gefallen. Mal abgesehen davon: Wollen uns die "Akte X"-Macher darauf vorbereiten, dass Mulder und Scully von nun an des Öfteren nicht gemeinsam ermitteln?

Insider & Hintergründe

  • Der englische Originaltitel "Chimera", der eine Anspielung auf das Monster der Woche darstellt, fasst den Inhalt der Episode wohl besser zusammen als die deutsche Übersetzung "Der zerbrochene Spiegel".
  • Gina Mastrogiacomo (spielt Jenny Uphouse) starb kurze Zeit nach den Dreharbeiten zu dieser Episode und ihrem somit letztem TV-Auftritt an einer Herzkrankheit.

Fazit

Die "Akte X"-Macher offenbaren uns in der Episode #7.16 der zerbrochene Spiegel die Abgründe von dissoziativen Persönlichkeiten sowie den Kontrast innerhalb der Ermittlungen von Mulder und Scully, die ausnahmsweise falltechnisch getrennt werden: Insgesamt gelungene "Akte X"-Kost, die auf Grund zu vieler offener Fragen in der B-Note Abzüge erhalten darf.

Alexander L. - myFanbase

Die Serie "Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI" ansehen:


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