Bewertung

Review: #8.08 Jede Sekunde zählt

In der vergangenen Woche hat Kelly Severide erfahren, dass er nun erstmal beim OFI aushelfen muss, da dort Personalmangel herrscht und er schon gewisse Fähigkeiten mitbringt. Daher müssen wir uns nun mit einer etwas neuen Situation zurechtfinden, da es durchaus Tücken haben kann, einen Hauptcharakter vom Rest loszulösen und ihn ganz eigenständig agieren zu lassen. Wie meistert "Chicago Fire" diese Herausforderung?

Kellys Arbeitsstart beim OFI läuft wie erwartet holprig, denn als Lieutenant der Rüsttruppe kann er ein Freigeist sein, während die Brandermittlung auch viel Büroarbeit mit sich bringt. Als er dann einen Berg an Akten in die Hand gedrückt bekam, die nur noch einmal überprüft werden müssen, hat man ihm die Freude über diese Aufgabe richtig angemerkt. Nicht. Aber Kelly wäre nicht Kelly, wenn er nicht einen Weg finden würde, den Arbeitsalltag für sich spannender zu gestalten. So belässt er es nicht bei einer bloßen Überprüfung, sondern kommt einem Betrug einer Versicherung auf die Spur. Der Fall an sich war nicht sonderlich spektakulär, aber die Storyline war wohl dafür gut zu zeigen, dass er sich auch in einem anderen Job treu bleibt. Zudem wurden auch seine guten Instinkte erneut unterstrichen. Wenn wir nun einen Strich unter dieses Thema machen, dann bleibt dieses sicherlich nicht lange im Gedächtnis, aber trotzdem war die Aufgabe beim OFI auf ihn zugeschnitten und er war vom Geschehen auf Wache 51 nicht gänzlich abgeschnitten.

Kelly ist natürlich ein wichtiges Thema bei seinen Kollegen, aber überraschenderweise ist es vor allem Chief Boden, der an seiner vorübergehenden Versetzung ordentlich zu knabbern hat. Es war eine wunderbare Szene, als Boden sich über seine Belegschaft Gedanken macht und Matt Casey um seine Zeit bittet, indem sie sich ganz in der Matt-Kelly-Tradition eine Zigarre genehmigen. Dabei vertraut er ihm mit Blick auf Brian 'Otis' Zvoneceks Denkmal an, wie unwohl er sich dabei fühlt, dass nun ein weites Teammitglied weg ist und dass er Sorge hat, dass sich Kelly endgültig fürs OFI entscheiden könnte. Das unterstreicht auch, dass Kelly zwei Seelen in seiner Brust hat und eigentlich müsste man für ihn ein Hybrid-Job entwickeln, denn er ist genauso sehr Feuerwehrmann wie Brandermittler.

Weniger zufrieden war ich aber damit, wie der Weggang von Kelly in dieser Episode innerhalb der Rüsttruppe angesprochen wird. Erst in der übernächsten Schicht erfahren wir, dass Joe Cruz Kelly ersetzt. Das war zwar im Prinzip logisch, aber für ihn ist es auch eine besondere Form von Verantwortung und ich hätte ihn gerne in Aktion erlebt. Stattdessen waren die Drehbuchautoren etwas feige, denn bei den Einsätzen in dieser Episode ist die Rüsttruppe nicht einmal gebraucht worden. Ich hoffe doch sehr, dass wir in Kellys Abwesenheit von 51 noch Cruz in leitender Funktion erleben dürfen, denn ansonsten wurde hier etwas Großes vertan.

Stella Kidd darf in dieser Staffel neue Wege gehen. Einmal, weil sie mit Kelly eine wirklich stabile Beziehung führt und zum anderen, weil sie neue Aufgaben und Chancen wahrnehmen darf, weil Boden in ihr großes Potenzial sieht. Als Stella vor einigen Wochen zu einer Konferenz für Führungskräfte geladen wurde, habe ich meine Zweifel angesprochen, da sie doch zu oft in die witzigen Storylines der Episoden eingebunden ist, so dass man sie zwar unheimlich gerne hat, aber eben auch nicht als Chief der Zukunft sieht. Diese Diskrepanz in der Wahrnehmung wurde nun diese Woche genial widergespiegelt. Als Stella gerade ein Klatschspiel mit Sylvie Brett macht, kommt Boden hinzu, der ihr mitteilt, dass sie an der Akademie zur Ausbilderin wird. Dies ist natürlich die Konsequenz aus ihrer formidablen Vorstellung bei den Führungskräften, aber durch das Klatschspiel hat man auch noch einmal Stellas kindliche, verspielte Seite unterstrichen. Zu einer absoluten Respektsperson ist es für sie noch ein gutes Stück hin. In dieser Episode wird diese neue Arbeitsmöglichkeit für Stella aber in ihrem Potenzial noch nicht ausgenutzt. Statt sie wirklich dort an der Akademie zu zeigen, geht es mehr darum zu zeigen, wie sie sich schwer tut, ihre normalen Schichten und die Zeiten an der Akademie unter einen Hut zu bekommen, da sie während eines Einsatzes Fehler wegen mangelnder Konzentration begeht. Natürlich ist das eine logische Konsequenz, aber es ist für mich nicht der Fokus, der nun auf Stellas neue Karrieremöglichkeit gelegt werden sollte.

Emily Foster hat derweil mit Geldproblemen zu kämpfen, da ihr zum neuen Jahr die Miete erhöht werden wird. Durch Sylvie gelangt sie an einen Job in deren Fitnesscenter und erweist sich dabei als so hart, dass Sylvie ihre freundschaftliche Geste bald schon bereut. Diese Storyline war reiner Lückenfüller. Ein paar Schmunzler waren drin, aber für Emily würde ich mir doch wieder größere Entwicklungen wünschen.

Die wichtigste Handlung der Episode hat aber Christopher Herrmann, der in der letzten Woche noch an sich und an seinen Qualitäten als Lieutenant gezweifelt hat. Diesmal darf er nun eindrucksvoll unter Beweis stellen, warum er genau richtig auf dem Posten ist. Als er und sein Löschzug zu einem vermeintlich harmlosen Wohnhausbrand gerufen wurde, hätte ich nie damit gerechnet, dass sich daraus eine Storyline entwickelt, die mit Otis‘ Tod im Zusammenhang steht. Ich hatte im Prinzip schon wieder vergessen, dass der Brand in einer Möbelfirma ausgebrochen ist und hinterher wurde der schwarze Peter nicht der Firma, sondern Matt zugeschoben, bis Boden für ihn in die Bresche gesprungen ist. Nun kommt also auf den Tisch, dass die Möbelfirma Arnow mit hochentzündlichem Material arbeitet, so dass die Möbel bei einem kleinen Brand wie Benzin wirken.

Herrmann wird durch seinen Wohnhausbrand an diesen Umstand erinnert und beschließt, dass dieser Skandal nicht mehr Menschen das Leben kosten darf. Voller Verantwortungsbewusstsein und Leidenschaft stürzt er sich in die Aufgabe, mit dem CEO von Arnow in Kontakt zu kommen, um ihn zu einem Umdenken in der Firmenpolitik zu bewegen. In einer nahezu epischen Szene führt er schließlich die verheerende Wirkung des Materials vor und hält eine flammende Rede, deren Wortlaut ich mir immer wieder anhören könnte. Es ist auch eine wunderbare Hommage an Otis. Schon früh haben die Serienmacher durchscheinen lassen, dass die Trauer um Otis die gesamte Staffel durchziehen wird und nun wurde wieder bewiesen, dass man Wort hält. Otis ist immer und überall präsent und das hat diese Figur völlig verdient.

Fazit

"Chicago Fire" hat den Spagat mit Kelly beim OFI vorerst gemeistert, aber auf Wache 51 wird dafür doch etwas an Potenzial liegen gelassen, da man Cruz nicht als seinen Ersatz erlebt und weil man bei Stellas neuen Karrieremöglichkeiten den falschen Fokus setzt. Dafür hat Herrmann aber eine mitreißende Handlung bekommen, die die Liebe von allen für Otis noch einmal emotional unterstreicht.

Lena Donth – myFanbase

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