Bewertung

Review: #4.22 Aloha

Gerade in der zweiten Staffelhälfte der vierten Staffel von "Chicago Med" habe ich oft gedacht: „Ach, das wird bestimmt zum Thema im Staffelfinale!“ Dazu zählte ein Showdown zwischen Dr. Connor Rhodes und Dr. Ava Bekker, bei dem ich mir sicher war, dass er damit endet, dass sie das Krankenhaus verlässt, es war aber auch die Schwangerschaft von Gwen Garrett, die sich wunderbar für Komplikationen eignete, zumal Cornelius Rhodes ihr gedroht hat, dass ihr Vertrag als CEO möglicherweise nicht verlängert wird. In den letzten Episoden sind dann auch noch Themen wie April Sextons Kinderwunsch und Spekulationen um Philip Davis auf den Tisch gekommen. Daher war ich wirklich sehr gespannt, was davon das Staffelfinale anpacken würde und was nicht.

Letztlich bin ich sehr überrascht, was das Staffelfinale alles inhaltlich angepackt hat. Man kann sogar fast sagen, dass es zu viel war, weil es wirklich Schlag auf Schlag ging, kaum eine Szene kam belanglos daher. Und dabei wurden noch nicht einmal alle meine Vermutungen angesprochen, weil stattdessen ganz andere Themen auf den Tisch kamen, mit denen ich gar nicht gerechnet hätte. Auch wenn die Episode also etwas vollgestopft wirkte, muss ich sagen, dass ich in der Rückschau damit gut leben kann, weil Vieles für die neue Staffel angestoßen wurde, was nicht nur die übliche Beziehungsdramatik mit sich bringen wird.

Bei Caroline Charles wurde uns in der letzten Episode verraten, dass die klinische Studie bei ihr nicht angeschlagen hat, so dass ihre Lebenserwartung rapide gesunken ist. Dr. Daniel Charles hat ihr seine Liebe erklärt und ihr versprochen, dass er die letzten Schritte mit ihr gehen wird. In dieser Episode wird nun deutlich, dass er sich bis zu einem gewissen Punkt etwas vormacht. Er plant sehr romantisch eine Reise nach Honolulu, um dort ihren Ehebund erneuern zu lassen, da sie eigentlich schon bei ihrer ersten Hochzeit gerne auf dem Inselstaat gefeiert hätten. Caroline ist auch vollkommen aus dem Häuschen, doch Daniel übersieht, dass seine Frau es möglicherweise gar nicht mehr bis dorthin schafft. Erst durch Dr. Robin Charles sanfte Einmischung muss er sich wieder der Realität stellen und schmeißt seinen ursprünglichen Plan über den Haufen. Spontan organisiert er eine Feier auf einem Boot, die im hawaiianischen Stil geschmückt ist. Wunderbar passend ist auch Daniels Mutter anwesend, die endlich ihren Frieden mit der schwarzen Frau ihres Sohnes gefunden hat und so feiern sie das Leben, auch wenn der Tod schon um die Ecke lugt. Ich empfinde es als richtig, dass ihnen diese Momente nun gewährt wurden, aber dennoch denke ich etwas bang an die kommende Staffel, in der wir sicherlich Abschied nehmen müssen von Caroline, außer es wird doch noch eine Heilung aus dem Hut gezaubert.

Daniel hat in dieser Folge auch noch einen Patientenfall bekommen, der sicherlich zu den Aspekten gehörte, der eher überflüssig war und zur Stopfung der Sendeminuten geführt hat. Zudem hatte ich auch nicht das Gefühl, dass sein Patient Delmer inhaltlich gut auf Daniels Dilemma zugeschnitten war. Grandios war dagegen die erneute Zusammenarbeit von ihm mit Dr. Sam Abrams. Der Neurologe ist wirklich ein Gewinn für die Nebencharaktere, da sein trockener Humor und seine stoische Ruhe seinesgleichen sucht. Insgesamt agiert er doch meist isoliert, mal mit dem, mal mit dem anderen, aber bei ihm und Daniel merkt man einfach, dass man zwei Männer hat, die sich sehr respektieren. Besser hätte man es nicht zeigen können, als Abrams sich durchringt bei Daniel nachzufragen, was ihn beschäftigt. Während Daniel die anderen Kollegen vermutlich eher aus einer väterlichen Perspektive betrachtet, ist Abrams jemand auf Augenhöhe und diese Interaktion ist gut und somit eine Entdeckung der zweiten Staffelhälfte.

Bei April und Dr. Ethan Choi kam es in der letzten Episode endlich zur Versöhnung und ich hatte ein wenig spekuliert, ob die beiden vielleicht als Pflegeeltern von seinem Neffen Vincent enden, weil Emily und Bernie damit zu sehr überfordert sind. Meine Ahnung war nicht ganz falsch, auch wenn es am Ende doch etwas anders gekommen ist als gedacht. Zunächst haben sie aber einen Patientenfall bekommen, der inhaltlich ähnlich überflüssig war wie der von Delmer, aber er war zumindest besser auf Ethans Probleme mit der Lebenssituation seiner Schwester zugeschnitten. Sie bekommen einen Patienten mit einer schweren allergischen Reaktion und dieser lebt mit seiner an Alzheimer erkrankten Ehefrau und seiner Geliebten zusammen. Ethan nimmt daran heftigen Anstoß, muss aber schließlich lernen, dass auch die Geliebte sich voll auf die Konstellation eingelassen hat und die Ehefrau liebevoll umpflegt. Daraus schließt er, dass diese Lebensgemeinschaft vielleicht nicht der Norm entspricht, aber deswegen nicht automatisch schlecht ist. Daher macht er letztlich auch seinen Frieden mit Emily und Bernie, die mit dessen Ex-Frau Ashley eine Übereinkunft getroffen haben, dass die Kims fortan alle unter einem Haus wohnen und sich gegenseitig unterstützen. Das ist etwas absurd, wenn man bedenkt, wie heftig Ashley Emily in #4.05 Die Stunde der Wahrheit angegangen ist, aber sei es drum, solange an der Front nun endlich Ruhe herrscht. Ganz zum Schluss gibt es für Ethan dann noch eine freudige Nachricht (zumindest hoffe ich das, da man seine Reaktion nicht mehr gezeigt bekommen hat), da April schwanger ist. Zeitlich komme ich nicht ganz hin, ob nach ihrer Versöhnung ein Zeitsprung vorgenommen wurde, denn ihre Trennung ist doch eigentlich so lange her, dass sie dann schon sehr weit in der Schwangerschaft sein müsste. Aber egal wie, es ist eine großartige Nachricht, denn April hat sich dieses Kind mehr als verdient und es gibt ihr und Ethans Beziehung definitiv eine andere Dynamik.

Schon in der letzten Folge ist es für Maggie Lockwood sehr dicke gekommen, da sie ihre Schwester Denise in die Arme ihres gewalttätigen Freundes zurückkehren sehen musste. Nun gibt es gleich zwei weitere Hiobsbotschaften. Sydney Hawkins, der sie eine Niere gespendet hat, wird mit heftigen Schmerzen eingeliefert, da ihr Körper das gespendete Organ abstößt. Schon diese Nachricht muss heftig für Maggie gewesen sein, denn wenn man schon solch ein Opfer bringt, dann will man es auch funktionieren sehen. Aber nicht nur das, an der Niere werden bei Untersuchungen gestreute Krebszellen festgestellt, die von Maggie übertragen wurden, da sie Brustkrebs hat. Es war für mich ein großer Schock, als diese Entwicklung offenbart wurde, daher ist es schon fast perfide, dass ich gleichzeitig froh über diesen Schritt bin. Eigentlich hatte ich mir in dieser Staffel Großes für sie erhofft, da sie durch ihre Beförderung zu Connors OP-Schwester im Hybrid-OP mal eine andere Seite hätte zeigen können. Aber das wurde viel zu wenig genutzt, da Connor ja nur ständig mit Ava beschäftigt war. Jetzt haben sich die Drehbuchautoren aber endlich besinnt, dass man Maggie und vor allem ihrer Darstellerin Marlyne Barrett mehr Handlungen geben muss und was wäre da besser geeignet als eine so schwere Erkrankung? Ich hoffe nur, dass es nicht zur schnell abgehandelten Heilung kommt, sondern dass man die emotionale Schwere komplett ausnutzt.

Dr. Natalie Manning und Dr. Will Halstead werden in dieser Episode mal wieder beruflich zusammengeführt, da ihr ehemaliger gemeinsamer Patient, Peter Rush, bei dem sie das Arch-Syndrom diagnostiziert haben, in Begleitung seiner Frau zurückkehrt, bei der er Unregelmäßigkeiten im Herzschlag festgestellt hat. Öfters habe ich mir schon einmal gewünscht, dass Patienten, bei denen die Behandlung relativ offen geendet ist, noch einmal zurückkehren, aber Peter und Bonnie gehörten nicht unbedingt dazu. Aber mir ist natürlich bewusst, warum es ausgerechnet die beiden sind, die uns Zuschauer durch ihre bedingungslose Liebe berührt haben. Will erkennt nämlich dadurch, dass er für Ingrid Lee nie dasselbe wie für Natalie empfinden wird. Zu dieser Erkenntnis ringt er sich zudem durch, weil er von Ingrid erfährt, dass Tim Burke freigelassen wurde und möglicherweise auf Rache sinnt. Da sie ihm empfiehlt, die Stadt zu verlassen, muss sich Will einer Zukunft endgültig ohne Natalie stellen und begreift dadurch, dass dies für ihn nicht funktioniert. Es war immer klar, dass die beiden wieder zusammenkommen werden, aber ich hatte mir immer eine größere Pause gewünscht. Nun werden sie von mehreren Kräften zusammengetrieben, von den Lebensumständen selbst, aber auch von Ingrid, die selbstlos Natalie darüber informiert, warum Will die Stadt nicht verlässt. Jedoch gibt es noch zwei andere Probleme. Zum einen Philip, dessen seltsames Verhalten zwar diesmal nicht im Vordergrund steht, der aber einen Heiratsantrag an Natalie plant und Tim, der wirklich keine Sekunde zögert und sofort ein waghalsiges Manöver umsetzt. So kommt es schließlich zum Cliffhanger der Folge: Natalie steigt zu Will in den Wagen, um mit ihm zu reden, doch sie werden von Tims Auto gerammt, wodurch sich vor allem Natalie lebensbedrohlich verletzt. Nun heißt es also Bangen um ihr Leben über die ganze Sommerpause hinweg und dieses Bangen meine ich wirklich ernst, da ich Torrey DeVittos Ausstieg nicht gänzlich ausschließen würde. Ich erinnere mich nur zu gut, wie uns im Staffelauftakt der Ausstieg von Rachel DiPillo eiskalt erwischte.

Schwachpunkt dieses ansonsten echt guten Staffelfinals sind ganz klar mal wieder Connor und Ava. Nachdem er in der letzten Folge eigentlich darauf gestoßen wurde, dass seine Skepsis ihr gegenüber möglicherweise nur ein Trugbild ist, gibt es nun eine 180°-Wendung. Dr. Nina Shore stellt bei der Autopsie von Cornelius eine Insulin-Überdosis fest, die nur bewusst herbeigeführt sein konnte, da er kein Diabetes hatte. Connor hat natürlich sofort Ava im Verdacht, hält sich mit seinen Anschuldigungen aber erstmal zurück und beobachtet erstmal nur. Im OP kommt es zu einem Moment, den man pro Ava auslegen kann, da er an seiner eigenen Stärke bei Sophies Herz-OP zweifelt und sie erinnert ihn, dass er immer über die Grenzen des Möglichen hinausgeht und damit Erfolg hat. Am Ende ist das Bild aber ganz klar contra Ava. Sie hofft auf einen neuen Beziehungsversuch mit Connor, was er sofort ablehnt. Das ruft bei Ava dann die Seite hervor, die die Autoren über die zweite Staffelhälfte aufgebaut haben, die ich aber nicht sehen wollte. Aus ihren gehässigen Worten kann man eigentlich wirklich nur schließen, dass sie die letzten Monate alles manipuliert hat, was ihr in die Finger kam, um Connor im guten Licht dastehen zu sehen. Möglicherweise gehört dazu auch der Mord an Cornelius. Diese Geschichte endet absolut offen, so dass wir nicht wissen, wohin es mit den beiden gehen soll. Ich hatte mir einen klaren Abschluss gewünscht, der jetzt definitiv im Staffelauftakt erfolgen muss, da ich eine weitere Staffel mit dem Hickhack nicht ertragen werde.

Fazit

"Chicago Med" bestätigt den Trend zu einem versöhnlichen Staffelausklang, da mich dieses Staffelfinale in den größten Teilen sehr gut unterhalten konnte, auch wenn es von den Handlungen her arg vollgestopft war. Aber das nehme ich alleine schon deswegen in Kauf, weil sich für die kommende fünfte Staffel bereits jetzt viele gute Dinge erahnen lassen, was nach dieser eher mauen vierten Staffel dringend nötig ist. Dann muss es auch endlich einen klaren Abschluss bei Connor und Ava geben, da die beiden einmal mehr den Schwachpunkt einer Episode bilden. Hinweg mit den Altlasten!

Lena Donth – myFanbase

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