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Review: #1.04 Unter Beschuss

Foto: Yaya DaCosta & Marlyne Barrett, Chicago Med - Copyright: Elizabeth Sisson/NBC
Yaya DaCosta & Marlyne Barrett, Chicago Med
© Elizabeth Sisson/NBC

Mittlerweile sind wir bei der vierten Folge der ersten Staffel von "Chicago Med" und man verschafft den Zuschauern nicht im Geringsten eine Atempause, sondern stürzt uns gleich in die nächste Katastrophe. Während in der letzten Folge die Frage darüber aufgeworfen worden ist, ob es in Ordnung ist, seinen Mann zu vergiften, um sein Leben zu retten, stellt sich in #1.04 Unter Beschuss die Frage, wie viel Sicherheit man sich selbst geben darf.

Opfer wird zum Täter

Wir leben mittlerweile in einer Zeit, in der mehr Vorsicht denn je geboten ist. Das gilt besonders für die Gewaltbereitschaft. Doch was passiert, wenn man andere vor Gewalt schützen möchte und dabei aber vom Opfer zum eigentlichen Täter wird, der dadurch mehrere Leben gefährdet und letztlich sogar für einen Tod verantwortlich ist. Genau damit muss sich das Chicago Med beschäftigen.

Nachdem im Kino Schüsse gefallen sind und Menschenmassen herausströmen, konnte man sich schon denken, dass es viele Verletzen geben würde und man sich auf einige Emotionen einstellen kann. Vor allem, nachdem eine Mutter als menschliches Schutzschild für ihr Kind fungiert hat und dabei schwer verletzt wurde. Das zeigt mal wieder, was eine Mutter bereit ist zu tun, um ihr Kind zu beschützen. Dabei war aber auch schon im Vorfeld klar, dass die junge Mutter ihren Verletzungen erliegen und der Vater auf sich allein gestellt sein wird. Doch noch viel wichtiger ist hierbei die Schuldfrage: Zum einen ist da Peter Wallace, der die Kinogänger mit einem Laubbläser, der wie eine gefährliche Waffe ausgesehen hat, in Angst und Schrecken versetzt hat. Zum anderen ist da Rick Miller, der Mann, der die Menschenmenge vor dem vermeintlichen Schützen in Sicherheit wiegen wollte, jedoch selbst eine echte Waffe bei sich trug und sogar einen Schuss abgegeben hat. Beide Täter/Opfer werden ins Med eingeliefert und behandelt, was in meinen Augen bereits zum Konflikt wird.

Eine weitere Frage ist auch für mich, warum Rick eine Waffe bei sich trug bzw. aus dieser sogar einen Schuss abgegeben hat. Natürlich hat er erklärt, dass er schon einmal überfallen worden ist und aus diesem Grund eine bei sich trägt. Erschreckend ist dabei vor allem, dass er offenbar sofort geschossen hat. Damit hat er zwar einigen das Leben gerettet, doch auch eine Massenpanik ausgelöst, die vielleicht hätte vermieden werden können. Dennoch sah man Rick auch schon an, dass er verängstigt ist oder vielmehr nicht richtig mit seiner Tat umgehen kann, obwohl er jeder Zeit wieder so handeln würde. Diese Ansicht änderte sich bei der Befragung von Jay Halstead und Erin Lindsay. Nachdem diese Rick die vermeintliche Waffe gezeigt haben, wird ihm sein Fehler bewusst und man konnte sehen, wie leid ihm diese Tat tut. Bei dieser Szene kam mir auch der Gedanke, dass sich viele Grausamkeiten in Ricks Kopf abspielen, die für ihn jedoch real sind und er sich aus diesem Grund eine Waffe besorgt hat und er im Besitz eines Waffenscheins ist. Auch bei dem anschließenden Gespräch mit Dr. Daniel Charles konnte man erkennen, dass Rick sehr labil ist und am liebsten seine Tat rückgängig machen möchte.

In diesem Zusammenhang war der Ausgang dieser Storyline in gewisser Weise auch schon absehbar. Ich denke Rick Miller ist ein Typ Mensch, der wenig Selbstbewusstsein hat und dabei nur sehr schwer mit Schuld und Mitschuld umgehen kann. Denn auch wenn er für seine Tat nicht angezeigt wird, so müsste er doch sein restliches Leben mit seiner Schuld leben, nicht nur den vermeintlichen Schützen angeschossen zu haben, sondern für den Tod einer jungen Mutter verantwortlich zu sein. Ich denke, hier stand im Vordergrund, dass Rick nicht mit seiner Schuld leben konnte und sich deshalb das Leben genommen hat. Interessant wäre aber auch, wie Daniel damit umgeht, Rick nicht von seinem Selbstmord abzuhalten. Schließlich wollte er verhindern, dass Rick nach Hause geht.

Eine schwere Entscheidung

Wie bereits erwähnt, wurde auch eine junge Mutter schwer verletzt, die ihr Kind beschützt hat und ihren Verletzungen erlegen ist. Ich darf mir nicht mal im Geringsten vorstellen, wie es in dem Mann aussieht, der seine Frau verloren hat und seinem kleinen Sohn erklären muss, dass seine Mutter niemals zurückkommen wird. Dennoch sind die Serien von Dick Wolf dafür bekannt, dass Dramen bei den Machern über alles geht. Aus diesem Grund hat man dem trauernden Witwer die Bürde auferlegt, auch noch darüber zu entscheiden, ob Peter Wallace, der die Schießerei heraufbeschworen hat, leben darf oder sterben muss.

Damit wird erneut die Schuldfrage aufgeworfen, ob Peter oder Rick schuldig sind. Ich denke, das ist eine Frage, die man nicht so einfach beantworten kann. Denn obwohl Rick geschossen hat, hatte er eigentlich nur den Schutz im Sinn. Peter Wallace hingegen fiel laut der Polizei schon mehrmals auf, Leute im Kino erschreckt zu haben, womöglich auf die gleiche Art, nur dass dabei noch nie was Schlimmeres passiert ist.

Dass Bill dem Jungen die Schuld für den Tod seiner Frau gibt, kann man durchaus verstehen. Ohne seine 'Scherze' wäre es nie zu dieser Massenpanik gekommen und seine Frau wäre noch am Leben. Warum er dennoch sein Einverständnis dafür geben hat, damit Peter die Leber seiner Frau bekommt und dadurch leben kann, kann man nur vermuten. Ich denke zwar nicht, dass seine Entscheidung auf Rache beruht, dennoch kann man nachvollziehen, dass er die Nerven verloren hat. Viel wahrscheinlicher ist es, dass Bill im Sinne seiner Frau gehandelt hat, die sicherlich nicht wollte, dass die Eltern den Verlust ihres Kindes bewältigen müssen.

Mal wieder ist es Sharon Goodwin, die in dieser Sache glänzen konnte und gezeigt hat, dass sie vollkommen richtig für den Posten der Krankenhausverwalterin besetzt worden ist. Wobei es sicherlich nicht immer einfach ist, die richtige Entscheidung zu treffen, mit der alle leben können. Dennoch würde ich mir wünschen, ein bisschen mehr über sie zu erfahren. Aber warten wir mal die nächsten Folgen ab.

Zu schnelles Wachstum

Kommen wir mal zu dem Fall, der mir im Nachhinein noch immer etwas bitter aufstößt: Der gemeinsame Fall von Dr. Natalie Manning und Daniel. Bereits das ein oder andere Mal brachte Natalie ihre Fälle mit ihrer privaten Situation in Verbindung. Bis zu dieser Folge fand ich diese Verknüpfungen auch immer angebracht, weil sie Natalie in ihrer Arbeits- und Entscheidungsweise nicht so sehr beeinflusst haben, dass sie voreilige Schlüsse zieht. Doch genau das ist diesmal passiert und hätte ohne den Einfluss von Daniel zu einer völlig falschen Diagnose geführt.

Ashley Cole ist ein junger Teenager, der sich nach jeder Mahlzeit übergeben muss. Dadurch lag der Verdacht nicht fern, dass das Mädchen an einer Essstörung leidet. Wenn man noch die Verhaltensweise der Mutter dazu addiert, bestätigt der Verdacht sich fast von selbst. Besonders dann, wenn man wie Natalie selbst schon einmal sehr nahe damit konfrontiert wurde. Doch genau diese Faktoren führten auch dazu, dass Natalie die kleinen Dinge nicht gesehen hat. Dinge, die sehr wichtig für die endgültige Diagnose sind.

Deshalb ist es auch gut, dass man mit Daniel einen zweiten Arzt hat, der einen anderen Blickwinkel hatte. Dass er dazu noch Psychiater ist, kommt dem Fall zugute. Denn er hat schnell erkannt, dass hinter der vermeintlichen Essstörung etwas anderes liegen könnte. Gerade sein Fachgebiet ist es auch, welches die ein oder andere Methode erlaubt, hinter das eigentliche Problem eines Patienten zu kommen. Schade, dass Natalie etwas eingeschnappt auf den Placebo-Effekt reagiert hat. Hier hätte ich ihr mehr Verständnis zugetraut, zumal man so ausschließen konnte, dass die Essstörung vom Kopf her kommt.

Auch bin ich froh, dass sich Ashley ihrer Mutter widersetzt hat und ihr klar gemacht hat, was sie möchte, um wieder ein halbwegs normales Leben führen zu können. Darin hat sich auch die Diagnose von Daniel bestätigt, dass das Mädchen ein körperliches Problem hatte, was auf ihr schnelles Wachstum zurückzuführen ist, und kein psychisches, wie Natalie zu Anfang vermutet hat, da sie es mit ihrer eigenen Vergangenheit in Verbindung gebracht hat.

Wer im Glashaus sitzt, ...

Der Fall um die ältere Getrude Kovach trug in meinen Augen eigentlich nur dazu bei, dass Dr. Will Halstead darüber aufgeklärt wird, keine Vorurteile zu haben, bevor er einen Menschen nicht richtig kennt. Schon im Piloten der Serie konnte man davon ausgehen, dass es zu Reibereien zwischen Will und seinem neuen Kollegen Dr. Connor Rhodes kommen wird.

Zum damaligen Zeitpunkt konnte man davon ausgehen, dass sich Wills Abneigung gegen Connor nur auf das Berufliche bezieht, doch mittlerweile ist davon auszugehen, dass sich diese Abneigung noch weiter ausbreiten wird. Dabei war es in meinen Augen gar nicht mal so dramatisch, dass Connor seine Arbeitskollegen zum Essen eingeladen hat. Wobei es Will vermutlich vielmehr gewurmt hat, dass er nicht so spendabel sein konnte bzw. kann.

Dadurch musste man die rassistischen Kommentare der älteren Dame dazu nutzen, um Will vor Augen zu führen, dass er im Grunde nicht besser ist. Obwohl Will ein Einsehen hatte und sogar einen Schritt auf Connor zugegangen ist, fände ich es schade, wenn man die Rivalität der beiden Männer damit einfach für beendet erklärt. Viel interessanter wäre, warum es diese überhaupt gibt. Soweit ich mich erinnere, wurde noch nicht erklärt, weswegen Will so gereizt auf Connor reagiert. Ich hoffe, den Autoren liegt etwas daran, so dass man es weiter ausbauen kann.

Gefühle sind im Spiel

Nachdem sich Natalie in der letzten Folge gegenüber Will versöhnlich gezeigt hat, war für mich die Sache eigentlich geklärt und ich hab dem Ganzen keine weitere Beachtung geschenkt. Es sah aber auch nicht so aus, als würde noch etwas folgen. Doch der zweite Blick auf eine Sache sagt meistens sehr vielmehr aus.

Wills Hilfsbereitschaft für Natalie hat also einen anderen Hintergrund, denn offenbar ist er in diese verliebt. Noch weiß ich nicht so recht, was ich davon halten soll. Auf der einen Seite mag ich die Szenen zwischen den beiden unglaublich gerne. Auf der anderen fände ich es einfach zu schnell, wenn es in kurzer Zeit in einer Beziehung enden würde. Erst kürzlich durften wir ja mitbekommen, dass Natalie noch nicht über den Tod ihres Mannes hinweg ist und dadurch sicherlich noch nicht für eine Beziehung bereit ist. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es zu einem Twist zwischen Natalie und Will kommen wird, da er eben mehr Gefühle für sie hat und diese sicherlich auch bald zum Ausdruck bringen wird.

Anders sieht es da bei Connor und Dr. Sam Zanetti aus, die eher eine Sexbeziehung haben. Ich könnte mir vorstellen, dass Connor etwas mit ihr angefangen hat, weil sie sein Können im OP gelobt hat. Ich bin mal gespannt, was zwischen den beiden noch passieren wird und ob sich doch noch Gefühle entwickeln werden.

Fazit

Episode #1.04 Unter Beschuss hat gezeigt, wie schnell ein Scherz todernst werden kann und wie schwer es einem dann fällt, mit der Schuld zu leben. Ein paar Punkte muss ich aufgrund von Natalies Verhalten abziehen, welches sie in ihrer Arbeitsweise behindert hat, da sie voreilige Schlüsse gezogen hat. Des Weiteren wurden Storylines angestrengt, bei denen ich hoffe, dass sie nicht so schnell abgehandelt werden.

Daniela S. - myFanbase

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