Review: #9.07 Zerwürfnis
Ach, wie frustrierend! Diese Episode muss ich für mich leider als bisherigen Staffeltiefpunkt abhaken, denn ich habe mir wirklich gewünscht, dass der interne Unit-Konflikt eine weitere Eskalationsstufe erreicht, doch diese Woche wurde nur auf lauer Flamme geköchelt. Hinzu kommt, dass ich die Andeutungen bezüglich Hank Voight (zu) mysteriös fand und insgesamt ist so eine wilde Mischung herausgekommen, bei der die einzelnen Teile nicht recht zusammenpassen wollten oder einfach nicht den Raum bekommen haben, den sie verdient gehabt hätten.
Fangen wir mit der neuen Informantin Anna an, die für mich durchaus Potenzial hat. Es scheint so, als würde sie möglicherweise noch einmal auftauchen, was ich auch gut nachvollziehen könnte, weil sie diese Episode definitiv zu der ihren gemacht hat. Schon als sie Jay Halstead die Warnung wegen des herannahenden Autos gegeben hat, war klar, diese Frau wird noch eine größere Rolle spielen. Es war dennoch überraschend, wie widerspenstig und aggressiv sie dann doch stellenweise dargestellt wird, aber gleichzeitig hat das auch ihre Faszination ausgemacht, weil sie eben nicht alles mit sich machen lässt. Zudem hat sie echtes Köpfchen. Wie sie sich von Jay geschickt alle nötigen Infos eingeholt hat, um sich dann ausgiebig zu informieren und als Informantin selbst anzuwerben, das war schon beeindruckend. Dennoch ist sie auch eine gefährliche Frau, denn Anna hat offenbar einen ausgefeilten Racheplan aka Arya Stark aus "Game of Thrones". Dafür hat sie eigene Lügen erzählt, um ihr Ziel zu erreichen und ja, Leben gefährdet. Mit Hank hat sie aber auch jemanden an der Seite, der über viel Erfahrung verfügt und mit dem man wahrlich nicht alles machen kann, deswegen ist er schon das passende Gegenstück zu ihr. Dennoch fand ich den Fall doch furchtbar langweilig, weil auch Luis kein richtig böses Profil entwickeln durfte und damit ist auch das Potenzial bei Anna nicht gänzlich ausgenutzt worden. Insgesamt sollten man sich die Figur Anna aber definitiv im Hinterkopf behalten, da hier sicherlich noch viel möglich ist.
Selbst wenn Anna also eine Frau für die Zukunft ist, so ist sie doch auch nur Mittel zum Zweck gewesen, um sich in dieser Episode mit dem Thema 'Vertrauen' auseinanderzusetzen. Es ging natürlich auch um das Vertrauen zwischen Anna als Informantin und Hank als ihr zugewiesener Polizist, aber vor allem wurde deutlich, dass es um das Vertrauen von Jay zu Hank sowie zwischen Ersterem und Hailey Upton gehen sollte. Aber beides wurde leider nur lasch angedeutet und hat nicht diese Explosionsgefahr entfaltet, die es braucht, damit wir entscheidend vorkommen. Vor allem gefällt mir Hailey in dem Kontext gerade überhaupt nicht. Sie sucht zwar irgendwann das Gespräch mit Jay, weil sie als Einzige im Team weiß, dass die Spannungen nicht von einem schlechten Tag, sondern von schlechten Entscheidungen abhängen, aber ihre Ansage, dass sie keine von Jay noch Hank gesteuerte Puppe sei, verhallte automatisch. Seitdem Hailey den Schuss auf Roy abgefeuert hat und ihre erste Wut mitsamt Angst verflogen ist, wirkt sie wie eine leblose Hülle. Man hat regelrecht gesehen, wie sie immer den Kopf eingezogen hat, wenn sich Jay und Hank unversöhnlich gegenüber gestanden haben. Zudem lebt sie nun offenbar schon Wochen mit ihrem Verlobten zusammen und lässt es laufen, dass er jeglichem Gespräch aus dem Weg geht. Ich verstehe Jay in seinem Handeln vollkommen, denn wie soll man diese ganzen Infos auch mal so eben für sich verarbeiten, aber es passt doch irgendwie nicht zu Hailey, die einfach alles nur laufen lässt. Selbst wenn sie keine Kämpferin für die Liebe ist, weil sie eh nicht glaubt, das verdient zu haben, so ist dann doch eine Selbstzerstörerin, aber auch das erfolgt nicht.
Jay wiederum hat natürlich vor allem einen Rochus auf Hank und da dieser sich diesmal eine neue Informantin aufbaut, die von der Art her doch irgendwie auch an Hailey erinnert, kommen wahrscheinlich ganz besonders intensiv gewisse Aggressionen hoch. Zudem hängen auch noch die Auswirkungen der vergangenen Episode über der Unit, denn Salvador Ortiz hat mit ähnlichem egoistischen Verhalten wie Anna auch Menschenleben gefährdet. Aber dennoch wird auch nicht zu leugnen sein, dass Jay vielleicht zu subjektiv agiert hat, seine Urteilskraft also umwölkt war, aber irgendwann geht es auch einfach nicht mehr. Das Gespräch mit Hank hin zum Ende der Episode war dann aber so harmlos. Die ganze Episode baute eigentlich auf den Punkt hin auf, dass es richtig knallen würde, aber dafür haben die beiden sich wirklich sehr zivilisiert verhalten. Es gibt Andeutungen, dass Jay die Unit verlassen könnte, weil ohne Vertrauen eine Zusammenarbeit nicht funktioniert (korrekt), aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass das wirklich die Endkonsequenz ist. Genauso wenig kann ich es mir aber vorstellen, dass so ein Konflikt einfach wieder unter den Tisch gekehrt wird, um unbeeindruckt weiterzumachen. Es ist zwar nicht unrealistisch, weil "Chicago P.D." es schon oft genug so gehandhabt hat, aber ähnlich wie bei "Chicago Fire" oder jetzt erst bei "Chicago Med" erfolgt tut frischer Wind definitiv gut und auch wenn ich die Cop-Serie gerade in keinem generellen Tief sehe, so würde ich bei einer Neuausrichtung definitiv nicht nein sagen.
Damit wären wir auch schon beim finalen Thema dieser Review, das die Anfangs- und Endszene mit Hank ist. Es war sofort klar, dass sein Warten im Diner etwas mit Justin zu tun hat, spätestens als Trudy Platt genau wusste, was die Essenreste bedeuten. Ich fand es zwar schön, dass er so wieder einmal thematisch eingeflossen ist und das auch auf eine wirklich nette Art und Weise, aber gepaart mit den Endszene bin ich höchst unschlüssig, was man uns Zuschauer*innen sagen will. Denn als sich Anna nach Hanks Familie erkundigt, erwähnt er Justin und deutet an, dass sie vor zwei Tagen traditionell essen waren. Ich will jetzt wahrlich nicht die Theorie in den Raum werfen, dass Hank an Realitätsverlust leidet, aber ich denke schon, dass die Szenen eine tiefere Bedeutung haben. Sicherlich wäre es auch nicht clever, einer Informantin alles an Privatleben offenzulegen, aber das wird dennoch nicht seine Hauptmotivation sein. Bedeutet es also, dass Hank kurz vor einem emotionalen Zusammenbruch steht? Denn nach der Sache rund um Roy wirkte er wie gewohnt wie der Fels in der Brandung, der mit seiner Art Hailey bei der Stange hält, aber nun bröckelt die Fassade durch Jay doch ganz gewaltig. Denn dessen Andeutung, dass sein Ausscheiden aus der Unit Fragen aufwürfen würde, kommt nicht von ungefähr und ist mehr als berechtigt. Sieht Hank also seine zweite Familie nach Justin am Zerbröckeln? Damit wären wir dann auch bei möglichen Veränderungen innerhalb der Unit. Für mich ist er als Figur definitiv am Verzichtbarsten, da sich charakterlich bei ihm kaum etwas tut. Die Ansätze in der letzten Staffel, dass er etwas von seinen Prinzipien weggeführt wird, ist schon wieder fallen gelassen worden, also was sollte bei Hank inhaltlich noch groß gehen? Also wenn es zum Midseason-Finale einen großen Knall geben sollte, ist es das? Vielleicht mache ich mir gerade aber auch wild einen Kopf um Themen, die dann aber gar keine Bewandtnis haben und das macht die Szenen gleichzeitig so frustrierend.
Fazit
"Chicago P.D." enttäuscht diesmal leider eher. Zwar gibt es mehrere gute Ansätze wie die Einführung von Informantin Anna und den Vertrauensproblemen innerhalb der Unit, aber beides wird eher halbgar angegangen, ohne entscheidend etwas voranzubringen oder zu verdeutlichen. So habe ich nun das Gefühl, mich in Serienaspekte hineinzuknien, die dann nur doch wieder fallen gelassen werden. Hinauszögern von Storylines ist dem Spannungsaufbau definitiv nicht immer zuträglich!
Lena Donth – myFanbase
Die Serie "Chicago P.D." ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Trust MeErstausstrahlung (US): 03.11.2021
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Erstausstrahlung (Pay-TV): 21.09.2022
Regie: Chad Saxton
Drehbuch: Matthew Newman
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