Bewertung

Review: #11.16 Viel zu viel

Als "Chicago Fire" im Jahr 2012 an den Start ging, war ich Feuer und Flamme – entsprechend dem Serientitel. Bei dieser Staffel habe ich aber zeitweise wirklich mein Feuer verloren, weil es für mich keinen roten Faden gibt. Die meisten Sachen sind nach maximal zwei Episoden abgehandelt und durch die ständigen Pausen habe ich das Gefühl, man kommt gar nicht richtig in die Gänge oder bleibt am Ball. Aus diesem Grund freue ich mich wirklich, bei dieser Episode diesen 'negativen' Beigeschmack nicht verspürt zu haben. Vor allem liegt das diesmal tatsächlich an Joe Cruz, der sich von einer Seite präsentiert hat, die in der realen Welt auch immer wieder unterbewusst thematisiert wird.

Ich finde den Episodentitel mal wieder passend zum Inhalt. Acting up – auf deutsch bedeutet es (sich) aufspielen und man hat diesmal wieder sehr unterschiedliche Beispiele bekommen, wie man sich aufspielen kann. Ein nerviges Beispiel ist Keith Bramford. Ich habe mich die ganze Episode übrigens gefragt, ob es Zufall oder eher Absicht gewesen ist, dass er optisch doch gewisse Ähnlichkeit mit Kelly Severide hat oder ich bin vollkommen verrückt und sehe etwas, was gar nicht da ist. Das aber nur am Rande. Seine Art fand ich viel nerviger und das ist eine Form von aufspielen, die ich absolut nicht mag, da ich persönlich mich irgendwann bei dem Gedanken erwische, ob die entsprechende Person nicht mehr alle Latten am Zaun hat oder – wie in diesem Fall – ob Bramford sich einfach nur aufspielt, weil er sich mit alldem nicht auseinandersetzen will, mit dem Hintergedanken, eh nicht dauerhaft auf der Wache zu bleiben. Seine Art ist in jedem Fall nervig gewesen und er hat damit die Harmonie gestört. Ich hoffe ja, dass er nicht mehr allzu lange bleibt, auch wenn ich nach der letzten Szene eher nicht damit rechne oder Bramfords Versprechen gegenüber Cruz hält nicht allzu lange an. Überrascht war ich aber vielmehr, dass es Tony war, dem der Kragen geplatzt ist. Tony, der sonst immer zusammen mit Capp eigentlich derjenige ist, der Spaß und Blödsinn verbreitet. Wenn dem der Kragen platzt, will das echt schon was heißen.

Aber kommen wir mal zu Cruz. Ich fand es erst einmal großartig, dass er für Severide eingesprungen ist, auch wenn es mich ein bisschen verwundert hat, weil er eben kein Lieutenant ist, aber vielleicht hätte man ja im Off eine Lösung gefunden, wie man das umgehen kann. Aber auch nur das am Rande, denn man hat damit eine alte und dennoch neue Seite an Cruz gesehen, die mir gut gefallen hat. Dadurch konnte man meiner Meinung nach auch erkennen, dass er vor allem durch die letzte Staffel gewachsen ist. Cruz war nämlich eigentlich noch nie ein Typ, der sich um einen Posten gerissen hat. Wenn Not am Mann ist, übernimmt er eben – weil er ein Teamplayer ist. Als Teamplayer hat er eben auch nahezu geregelte Abläufe und muss eben auch nicht den Kopf hinhalten. Das hat sich aber nun geändert, als er für Severide eingesprungen ist. Ich denke schon, dass er sich darüber auch bewusst war. Das war aber auch gar nicht das Problem – wenn man es so nennen möchte. Vielmehr war es meiner Meinung nach die Beobachtung von Cruz. So viele Jahre hat er unter Severide gearbeitet und hat erfahren, wie dieser agiert und wirklich ein toller Lieutenant für seine Truppe war. Da ist es eben nur ganz natürlich, dass Cruz dem in nichts nachstehen will. Interessant fand ich in diesem Zusammenhang auch, dass Stella Kidd das Hochstapler-Syndrom angesprochen hat, was ich ehrlich gesagt erst einmal nachgelesen habe, um zu wissen, was es genau ist und das hat mich überrascht wie auch erschreckt. Es ist zwar ein psychologisches Phänomen, aber ich möchte es auch von einer etwas anderen Seite beleuchten, denn ich würde es fast auch als gesellschaftliches Problem bezeichnen, denn heutzutage wird man ja durchaus schon mal niedergemacht, wenn man etwas besser kann als andere, weshalb man nicht wirklich stolz auf seine Fähigkeiten sein kann. Bei Cruz liegt der Fall ähnlich, wobei er in dem Sinne hochgestapelt hat, als dass er vorgab, Severide in nichts nachzustehen. Das will ich ihm auch gar nicht absprechen, denn Severide sucht seine Leute ziemlich genau aus. Bei Cruz war eben nur das Problem, dass er sich erstmal in die ganzen Aufgaben einfinden muss(te) und er musste erkennen, dass er ein anderer Typ als Severide ist und dadurch auch ganz anders an Aufgaben herangeht und das ist wahrlich nichts Schlechtes, da am Ende nur das Ergebnis zählt und das kann sich bei Cruz ebenfalls sehen lassen, weil er es geschafft hat, Bramford in seine Schranken zu weisen und aus ihnen womöglich somit eine harmonische Truppe zu machen. Aber vielleicht taucht Matt Casey aus diesem Grund wieder auf, um Cruz ein bisschen Unterstützung zu geben. Zumindest könnte ich mir das gut vorstellen.

Aber wenn ich schon mal davon spreche, dass jeder seine eigene Weise hat, wie er an die Dinge und Aufgaben herangeht, kann ich gleich einen wunderbaren Bogen zu Kidd schlagen. Zumal Severide erst kürzlich sehr ähnliche Worte gegenüber seiner Frau benutzt hat und sich auch jetzt wieder gezeigt hat, wie großartig Kidd als Lieutenant ist und dass es wichtig ist, dass man unter diesen auch jemanden wie sie hat, die einfühlsam ist und die auch den betreffenden Personen auf sanfte Art den Kopf zurechtrückt und das hat bei Cruz einfach wunderbar funktioniert. Ich denke, dazu war es auch enorm wichtig, dass Kidd mit ihm über ihre eigenen Erfahrungen zu ihren Anfangszeiten spricht, da sie so signalisiert hat, dass Cruz sich nicht alleine fühlt und überhaupt sollte man das auch in der realen Welt viel öfter betreiben. Überhaupt fand ich die Charakterkonstellation unglaublich angenehm, weil sich die beiden eigentlich wunderbar ergänzt haben. Ich verstehe zwar auch nicht so ganz, warum Severide voller Tatendrang nun mit Brandermittlung beschäftigt ist, da hat Kidd recht: Er hat immer gesagt, er sei Feuerwehrmann mit Leib und Seele, weshalb es jetzt doch ein bisschen seltsam wirkt. Auf der anderen Seite verstehe ich natürlich auch, dass man relativ schnell eine Story brauchte, um Taylor Kinney vorübergehend aus der Serie zu schreiben und das bot sich nun mal am ehesten an. Was sich in meinen Augen aber nicht so toll anbot, war, dass Kidd Zweifel bekommt, ob sie irgendwelche Zeichen übersehen hat und dass Severide vielleicht aus der Ehe ausbrechen will. So richtig kann ich mir das nicht vorstellen und ich bin Cruz sehr dankbar, weil er ihr sofort die Zweifel genommen hat. Wobei hier sicherlich auch ein bisschen die Außenperspektive eine Rolle gespielt hat. Aber wie gesagt, ich denke nicht, dass sie sich sorgen muss. Irgendwo ist Severide halt manchmal auch ein Hitzkopf, der erst später an mögliche Konsequenzen denkt.

Kommen wir zu Sam Carver, wo ich echt nicht verstehe, warum man Jake Lockett nicht zum Hauptdarsteller für diese Staffel ernannt hat, aber vielleicht war das Engagement für ihn auch gar nicht solange geplant. Dennoch finde ich es schade, denn diese Figur hat in meinen Augen enormes Potenzial. Ich bin mir zwar noch nicht so ganz sicher, was ich von ihm und Wendy Seager halten soll oder ob es überhaupt noch irgendwo hinführt, aber wenn man mal das außen vorlässt, dann hat Carver etwas sehr Emotionales abgeliefert. Sein Einsatz bei Tyler hat in ihm etwas freigesetzt, was in seiner eigenen Vergangenheit liegt, die sicherlich auch anders verlaufen wäre, hätte es solch jemanden für ihn gegeben. Als Carver in die Serie eingeführt wurde, mochte ich ihn nicht und ich konnte nicht verstehen, warum Chief Boden deutlich betont hat, dass Carver gut auf die Wache passt. 16 Episoden später habe ich es auch endlich verstanden, was er gemeint hat, da man es überdeutlich gesehen hat und wer es nicht gesehen hat: einfach nochmal genauer hinsehen. Ich denke, für ihn war es selbst sehr wichtig, Tyler in Sicherheit zu wissen, weil er damit vielleicht auch einen Teil selbst (nochmal) verarbeitet hat. Hoffentlich können wir Carver bis zum Ende der Staffel behalten, denn er hat sich prima entwickelt.

Kommen wir zu meinem Highlight dieser Episode, also zu meinem absoluten Highlight: Cindy Herrmann und Trudy Platt und ganz ehrlich: Ich habe das nicht kommen sehen. Ich bin aber erst einmal erleichtert, dass Cindy das Schlimmste überstanden zu haben scheint. Ich kann auch Christopher Herrmann verstehen, der die letzte Chemorunde seiner Frau feiern will, immerhin war es auch für ihn nicht einfach. Genauso gut kann ich Cindy verstehen, die sich einer Vielzahl von Leuten einfach auch noch nicht zeigen will und wie perfekt Trudy in das alles reinpasst, hätte ich selbst nicht für möglich gehalten. Das Szenario zwischen den beiden hat auch unterstrichen, wie großartig ihre Freundschaft ist, auch wenn man davon viel zu wenig sieht. Aber Trudy ist jemand, den man bei sowas tatsächlich gerne an seiner Seite hat und hätte. Ein bisschen hat mich das auch an "Desperate Housewives" mit Lynette Scavo und Edie Britt erinnert. Letztere hat sehr viel Ähnlichkeit mit Trudy. Überhaupt hatte die Szene zwischen Cindy und Trudy auch etwas von Hochstapler, aber eben auf eine sehr angenehme Art und Weise.

Fazit

Ich würde mal sagen, "Chicago Fire" hat das Feuer in mir wieder entfacht, denn ich hatte besonders in dieser Staffel mehr als einmal den Eindruck, dass es bei mir persönlich nur noch auf Sparflamme läuft. Aber die Serie hat diesmal wieder bewiesen, was noch immer in ihr steckt und ich hoffe, wir haben für die letzten Episoden einen dauerhaften guten Lauf.

Daniela S. - myFanbase

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