Bewertung

Review: #11.13 Vorhof zur Hölle

Da ist es also schon wieder: das nächste Staffelfinale von "Chicago P.D.". Traditionell bekommt die Cop-Serie aus dem OneChicago-Universe das zuverlässig gut hin. Dazu gab es diesmal aber noch zwei weitere Aspekte, die mich gespannt gemacht haben. Das war zum einen die schon beim letzten Mal erwähnte Ankündigung von Jason Beghe, dass es eine der besten Episoden der Seriengeschichte wird und zum anderen war es der Umstand, dass es definitiv Tracy Spiridakos' letzter Auftritt sein würde. Ja, viele Erwartungen, immer gefährlich, aber ich bin dennoch mit einer positiven Einstellung reingegangen.

Es war nicht die emotional perfekte Episode, die mich locker-leicht die 9 Punkte zücken ließ, aber es war eine sehr gute Episode, mit vielen Kleinigkeiten, die spätestens dann auf den zweiten Blick auch eine Wirkung zeigen. Ich fange aber gerne bei den Sachen an, die für mich qualitativ etwas abfielen. Das war zum einen die Darstellung von Frank Matson. Er kam in diesem Finale doch etwas zu kurz. Ich hatte mir tiefenpsychologisch interessante Aspekte gewünscht, aber er bekam nur die eine Aussage, dass ihn ein normales Leben nicht begeistert konnte. Es wurde nochmal deutlich, dass er sicherlich ein kluger Kopf war, weil seine ganze Art und Weise, wie er nochmal agiert hat, bewies, dass er trotz des überstürzten Handels einen Plan hatte und dass er vor allem seine Opfer auch über ihr Wesen zu packen bekommt. Matson blickt in die Tiefe und verletzt daher auch leichter da, wo es wirklich weh tut. Aber dafür, dass er so aufgebaut worden ist als Killer, hätte es mehr sein müssen. Ich fand es auch ein wenig schade, dass Noah nicht mehr zur Sprache gekommen ist, also aus Hank Voights Sicht. Der junge Mann hat so eine Bedeutung für ihn gewonnen, dass ich mir gut hätte vorstellen können, dass Hank Matson für ihn konfrontieren will. Dabei ging es schnell eigentlich nur noch um Hailey Upton.

Ein zweiter Aspekt, der die volle Punktzahl verhindert, ist ein wiederholendes Element bei "Chicago P.D.", was so gehäuft bald zum Nerv-Faktor wird. Warum müssen die Figuren eigentlich immer auf so einem Solo-Trip aussteigen? Wenn ich bei "Chicago Med" an Dr. Will Halstead Ende Staffel 8 denke, der mit großem Applaus gehen durfte. Oder bei "Chicago Fire", da kann ich mit Matt Casey oder jetzt ganz frisch Chief Boden zwei richtig tolle Beispiele benennen? Warum kann "Chicago P.D." das nicht? Es hat mich hier besonders nochmal geärgert, weil Trudy Platt mit dem Schwur des Zusammenhalts ankam und auch Hank Hailey sagte, dass sie mit ihrem Weggang die Kollegen nicht einfach verlieren wird. Warum sehen wir es dann nicht einfach??? Ist eine Gruppenszene für so etwas einfach nicht drin? Ich merke da leider doch, dass es eine gewisse Portion der Emotionalität nimmt. Ich hasse auch Abschiede, aber ich werde innerlich von Emotionen aufgeladen, es zu sehen. Und ja, "Chicago P.D.", du verwehrst es mir, immer wieder.

So, nachdem ich nun alles an negativen Gedanken losgeworden bin, widmen wir uns den Stärken der Episode. Das ist zum einen das Tempo der Episode. Es war wirklich ein wilder Ritt, der viel zu schnell vorbeigegangen ist. Im Schnitt war es clever gemacht, weil die Momente von der Unit mit denen von Hank und Matson gut abgestimmt wurden. Auf der einen Seite hatten wir das ruhige, was etwas Intensives ausgestrahlt hat und auf der anderen Seite der Wettlauf gegen die Zeit, bei dem die Hinweise genau ineinander gesetzt werden mussten. Dazu lief die Episode schon größtenteils so ab, wie ich es prophezeit hatte und doch ganz anders. Mir war klar, dass Hailey für Hank die wichtigste Person ist, die dann in Matsons Muster mit ihm sterben muss. Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass es für Hank ein so aktiver Prozess wurde. Er wusste genau, worauf der Serientäter hinaus will und trotzdem hat er sich vehement gegen den Anruf gewehrt. Wenn ich so rekapituliere, wie oft ich in den letzten Staffeln doch auf Hank geschimpft habe, weil es immer dasselbe war, so war diese Staffel aber eigentlich ein Gegenbeleg. Es kann sehr wohl noch mit ihm funktionieren. Alles mit Noah war schon echt ergreifend, aber ich fand auch diese Episode speziell sehr rund für ihn. Ich habe es ihm sofort abgenommen, dass er für Hailey sein Leben lassen würde. Matson hat sicherlich mit seinen Worten nochmal einiges befeuert, aber ich denke, dass diese Schuldgefühle, wohin er Hailey mit seinen Taten gebracht hat, immer schon tief in ihm schlummerten und er sich so dachte, er könne das irgendwie wieder gut machen. Speziell diese Vater-Perspektive war auch ein guter Aufhänger, denn wir hatten das auf eine Art schon bei Noah, aber ja klar, Hailey war/ist für ihn eine Tochter, ähnlich wie Erin Lindsay. Wenn Hank solche Beziehungen aufbaut, dann ist es intensiv, weil er diese Vaterfigur in sich trägt. Für Justin ist er einst auch über alle Leichen gegangen. Man kann sicherlich diskutieren, ob das ein ideales Bild eines Vaters ist, aber Hank ist seinen Kindern und Schützlingen ergeben und das wurde wieder unterstrichen. Wie väterlich er für Hailey ist, wurde auch durch die gemeinsame Abschiedsszene deutlich, denn man hat deutlich gemerkt, wie weh es ihm tat. Diese Erkenntnis, dass Hailey gehen muss. Dennoch hat er das nicht in den Vordergrund gestellt, stattdessen hat er sie gehen lassen, weil es die wichtigste Aufgabe der Eltern ist, dass die Kinder dann ihre Flügel ausbreiten dürfen, wenn sie bereit sind. Letztlich wurde Hanks Rolle auch nochmal durch Nina Chapman unterstrichen. Sie hatte keinen großen inhaltlichen Einfluss auf das Finale, aber letztlich war ihre Sorge um Hank sehr deutlich und sie war auch die erste bei ihm am Krankenwagen. Er bleibt also wahrlich nicht alleine zurück.

Noch einmal separiert möchte ich den unerwarteten Gastauftritt von Elias Koteas als Alvin Olinsky betrachten. Es war ein wunderschöner runder Moment, der sich über die Staffeln eigentlich aufgebaut hat. Immer mal wieder gab es Fälle, die Hank sehr an seinen verstorbenen Freund erinnert haben, oder aber er hat einfach sein Grab besucht, weil er für ihn genauso wichtig ist wie Justin. Während andere Figuren wirklich lange schon richtig begraben sind, war es Alvin nie so wirklich. Er ist über Staffel zu Staffel weitergetragen worden und ihn nun wiederzusehen, hat das ideal unterstrichen. Es war so ein kleiner Auftritt, aber mit genau der richtigen Wirkung. Alleine der erste Spruch, in was sich Hank da wieder manövriert hat, herrlich. Denn es war immer so. Hank hat die meisten ihrer brenzligen Situationen provoziert und Alvin war immer an seiner Seite. Aber es war auch sinnbildlich passend, dass er ihm sagt, dass seine Stunde noch nicht gekommen ist. Tolle Idee und schön, dass Koteas das auch mitgemacht hat.

Über einen anderen Gastauftritt ist viel spekuliert worden, aber ich bin froh, dass er nicht zustande gekommen ist. Ich war Anhänger von Upstead, ja, aber das Schiff ist schon lange aus dem Hafen gesegelt. Dementsprechend wäre Jesse Lee Soffers Rückkehr als Jay Halstead ein gewaltiger Rückschritt gewesen. Auch wenn noch einmal herausgearbeitet wurde, dass vieles von Haileys Baustellen in ihrer Kindheit begründet liegt, aber so ist Jay doch für sie ein gewaltiger Aspekt, den man nicht außer Acht lassen kann. Auf eine Art hat er sie gebrochen. Wir haben zwei Staffeln lang daran gearbeitet, dass sie das Kapitel abschließt und tatsächlich loslässt. Da wäre es höhnisch gewesen, Jay wieder hervorzuzaubern und sie in den Sonnenuntergang reiten zu lassen, denn das wäre für mich sehr toxisch gewesen, denn solche verletzten Gefühle kann man nicht mit einem Fingerschnipsen ausmerzen. Hailey ist nun in unbekannte Gefilde aufgebrochen und im Off könnte sie mit Jay gut in Kontakt kommen, das wäre mir egal, aber für ihren konkreten Ausstieg hier hätte mir das nicht gefallen. So war es aber rund. Diese ganze Symbiose zwischen ihr und Hank, die sich beide gegenseitig retten wollten und auch wie sie sich beide frühzeitig aus dem Krankenhaus entlassen haben. Diese Beziehung ist so intensiv aufgebaut worden über all die Jahre, da war es doch ideal, diese Beziehung nochmal zu nehmen und sie in all ihren Facetten zu zeigen und aufzuarbeiten. Auch wenn die richtige Abschiedsszene fehlte, aber es war dennoch würdig, das ist wichtig.

Damit haben wir die elfte Staffel eingetütet, der die lediglich 13 Episoden nicht geschadet haben. Es gab wie immer Durchhänger, aber es gab auch gute Charakterarbeit, speziell für Kevin Atwater und Hank. Dante Torres braucht in der neuen Staffel definitiv mehr Pepp. Bei Kim Burgess und Adam Ruzek darf bitte die Hochzeit kommen. Josephine Petrovic muss nach all der Vorarbeit nun auch für den Hauptcast vorgesehen werden und dann haben wir noch Julian Mitchell, der im Staffelauftakt auftauchte und der später auch nochmal in einem Interview erwähnt wurde. Daher hatte es mich gewundert, ihn nicht mehr zu sehen. Über so eine Sommerpause hinweg verschwinden einige Ideen schon mal in der Mottenkiste, aber ich finde die Idee hinter Julian eigentlich interessant und er und Jo wären in jedem Fall guter frischer Wind. Aber ich bleibe auch noch für ganz andere neue Richtungen offen. Unterm Strich muss im Hauptcast aber Bewegung zu sehen sein, das ist nur die Minimalanforderung für Staffel 12.

Fazit

"Chicago P.D." bietet ein rasantes Staffelfinale, das mich insgesamt sehr gut unterhalten hat. Es gab zwar Baustellen, wobei die fehlende große Abschiedsszene mich wirklich ärgert, aber ansonsten war es eine schöne Rück- und Vorschau auf Hailey Upton als Figur und ihre spezielle Beziehung zu Hank Voight. Viele runde Momente, dazu ein überraschender Gastauftritt und viel Spannung, fertig ist eine würdige Ausstiegsepisode.

Lena Donth – myFanbase

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