Bewertung

Review: #12.01 Ten Ninety-Nine

Neue Staffeln sind immer die ideale Möglichkeit für eine Zäsur. Ob der Neuanfang dann gut oder schlecht verläuft, ist dann erstmal nicht so entscheidend, denn sich neu zu erfinden, erfordert immer Mut. Während sich "Chicago Fire" und "Chicago Med" mit den neuen Staffeln wieder mal ordentlich frisch aufstellen (und es auch schon vielversprechend aussieht), bleibt "Chicago P.D." (mal wieder) beim Tagesgeschäft und bietet zum Neuanfang das völlig gegenteilige Thema: TOD. Ja, in Großbuchstaben, denn der Tod lungerte in allen Ecken.

Dass ich die Thematik 'Tod' nicht generell kritisiere, das konnte man an meiner Filmrezension diese Woche zu "Drei Töchter" ablesen. Aber für mich müssen dabei viele Aspekte zusammenkommen, weil sonst das Ableben als Fokussierung schnell traurig oder regelrecht deprimierend wirken kann. Das war bei dieser Episode eindeutig der Fall. Wir haben die Thematik durch Hank Voight, der dem Tod ins Auge gesehen hat, nun aber noch unter den Lebenden weilt. Wir haben das Thema auch über die diversen Fälle, denen Hank nachjagt, aber auch durch die konkreten Momente, als Opfer oder Täter genau zwischen Leben und Tod wandeln. Wir haben das Thema aber auch durch Gastfigur Emily Martel, die ihren Partner in Ausübung des Dienstes verloren hat und das immer noch im Hinterkopf hat, so dass es auch für Adam Ruzek allgegenwärtig ist. Es war schon ganz schön schwer, hier noch andere Schwerpunkte zu entdecken, zumal mich zwei Aspekte auch echt aufgeregt haben. Keine Kim Burgess, keine Josephine Petrovic. Mir ist bewusst, dass die Networks Sparkurs fahren müssen, so dass nicht in jeder Episode jede*r Darsteller*in zu sehen sein kann. Das ist auch völlig in Ordnung, aber zum Staffelauftakt, wenn man seine Figuren ohnehin Monate nicht gesehen hat, ist das ungünstig. Es ist sogar schon bestätigt worden, dass Kim erst mit #12.03 The After wieder dabei sein wird. Ein seltsames Gefühl. Bei Jo wiederum ist es wohl so gekommen, wie es befürchtet wurde. In sie wurde in Staffel 11 fast so viel Charakterarbeit wie in eine reguläre Hauptrolle gesteckt, nur um sie jetzt wahrscheinlich zu vergessen. Ja, wir haben erst die erste Episode gesehen und ja, es sind ein paar Überraschungen angekündigt worden, aber Hauptdarstellerin ist sie in jedem Fall nicht und genau darauf wurde aber hingearbeitet. Also enttäuschend.

So, jetzt aber wieder zur Folge. Victoria Cartagena ist in die Rolle von Emily geschlüpft. Zunächst habe ich mich gefreut, die Schauspielerin wiederzusehen, hat sie doch vor einiger Zeit mal eine wichtigere Rolle in "Manifest" übernommen, ehe sie da aber auch über die Wupper gegangen ist, also im erzähltechnischen Sinne. Hier hat sie nun die Position von Hailey Upton übernommen und sie arbeitet bereits vier Wochen Seite an Seite mit den anderen. Wir erfahren, dass sie und Adam sich sehr gut kennen, weil sie gemeinsam an der Akademie waren. Während er nur direkt mit der Intelligence Unit durchgestartet ist, hat Emily mehr den klassischen Weg über Streifendienst und dann Beförderungen gehabt, so dass sie ihm im Rang sogar überstellt ist, denn sie ist Detective. Mit dieser gemeinsamen Geschichte wird hier also nun gespielt, nur um sie dann zum Episodenende gleich wieder zu opfern. Zumindest gehe ich angesichts der letzten Szene schwer davon aus. Das ist auch ein Kritikpunkt, den ich bei "Chicago P.D." schon öfters hatte. Da wird oftmals versucht, über eine Episodengastrolle eine Emotionalität aufzubauen, die ich mit manchen Figuren nach mehreren Staffeln Hauptrolle noch nicht erreiche. Ja, man kann das schaffen, aber keinesfalls gewollt auf Knopfdruck und das war hier der Fall.

Zumal das ganze Geschehen auch selbstprophezeiend war. Die Gespräche zwischen Adam und Emily haben genau verraten, was passieren würde. Denn sie hat schon miterleben müssen, wie vor ihren Augen ihr Partner getötet wurde. Zunächst schaut Adam dann in den Lauf einer Waffe, weswegen sich Emily Sorgen um ihn macht, aber er streift das ab und lenkt den Fokus auf sie, weil es für sie schon altbekannt ist und beinahe wieder passiert wäre. Kein Wunder, dass am Ende die Rollen wieder vertauscht sind. Emily wird das Opfer und Adam muss zusehen. Aber was soll ich sagen? Es lässt mich so unbeteiligt… Denn Cartagena bekommt erneut nicht den Raum, mehr von sich zu zeigen, weil sie eigentlich nur das Bauernopfer für Adam ist, damit dieser jetzt charakterlich was durchmachen kann. Damit ist dann auch die einzige Figur, die für uns neu war und für Neustart stand, gleich wieder in die Tonne gekloppt.

Den Fokus mit Hank wiederum, den fand ich im Aufbau schon sinnig. Er war mir nur in Kombination mit Adam/Emily einfach was zu viel. Aber ich kann der Serie nicht vorwerfen, dass sie etwas daraus machen will, dass Hank mit dem Leben schon abgeschlossen hatte und nun eine zweite Chance erhält, während ihm Hailey sehr fehlt. Auch wenn ich mich mit der Figur immer sehr schwer getan habe, aber sie wurde in Staffel 11 schon clever und nahbarer denn je genutzt. Daher sind die Kritikpunkte diesmal auch nicht in der Hauptsache bei Hank zu finden. Aber sein Jagen von Fall zu Fall, das kam mir dennoch sehr bekannt vor, denn nach dem Tod von Informantin Anna Avalos glaubte er ja auch schon, ihr Andenken bewahren zu können, indem er ihr Viertel möglichst lange von der Kriminalität befreit hält. Es ist auch nicht ganz klar, worauf die Staffel hinarbeitet. Wird es wie eine PTBS oder was stattdessen? Ich habe tatsächlich auch zunächst ein neues Verhältnis zum Thema Tod vermutet, weil die Momente, als er mit den Personen gemeinsam um ihr Leben kämpfte, wie in einer Zone schien. Aber sein Gespräch mit Nina Chapman hat doch eher gezeigt, dass es nicht unbedingt um den Tod geht, sondern um die Wirkungsmacht auf Erden und dass er noch eine Aufgabe hat, die 'Engel' Alvin Olinsky ihm mitgeteilt hat.

Dass Chapman auch weiterhin zu den Nebenfiguren gehören wird, das sehe ich in der Tendenz auch positiv, wobei ich sie wahrlich nicht als Hailey-Ersatz brauche. Es war für diese Episode okay, dass sie es selbst so angesprochen hat, dass Hank einfach jemanden braucht, der ihn kennt, aber immer herausfordert. Aber für eine Nebenfigur ist das auch eine zu große Verantwortung. Zumal wir ja auch noch eine neue Nebenfigur haben, die für diese Episode aber eine echt nur periphere Bewandtnis hatte. Charlie Reid ist der neue Deputy Chief und wir hatten schon einige sehr unterschiedliche Figuren in diesem Posten. Ich fand es noch schwierig einzuschätzen, wie Charlie zu Hank und der Unit allgemein steht. Er klang positiv, aber ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass er als Fan reingeschrieben wurde. Dementsprechend wird er vielleicht einer der Herausforderer von Hank.

Fazit

Ich bin schon in Staffel 11 nicht glücklich gestartet, dieser Eindruck hat sich mit Staffel 12 leider nicht verändert. Aber ich will mal noch nicht die Pferde scheu machen, denn die elfte Staffel war unterm Strich mit genug sehr guten Episoden gespickt. Hier konkret fehlte aber frischer Wind, neue Ideen und ein echtes Ausrufezeichen.

Lena Donth – myFanbase

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