Bewertung

Review: #12.07 Contrition

Wenn man sich nicht so gut neu erfinden kann, dann muss man eben mit erzählerischer Stärke Kritiker mitreißen – so zumindest scheint das Motto von "Chicago P.D." zu sein. Auch wenn es mit Kiana Cook eine neue Rolle gibt, aber nein, ein neuer Impuls erfindet keine Serie neu. Dementsprechend ist schon auffällig, dass ich über diese regelmäßige Enttäuschung hinweg immer wieder Gefallen an der Cop-Serie finde und diese Episode beweist mir sehr gut, woran das liegt.

Während "Chicago P.D." früher vor allem sehr breit erzählt war, indem neben dem Fall der Woche auch mehrere kleine Geschichten auf privater Ebene erzählt wurden, so hat sich das später doch deutlich gewandelt und es geht eigentlich sehr fokussiert um die Ermittlungen und wie sie sich konkret auf eine der Hauptfiguren auswirkt. Kein Wunder also, dass Marina Squerciati unter der Woche angesprochen auf eine mögliche Burzek-Hochzeit meinte, dass sie wohl besser bei "Chicago Fire" stattfindet, damit sich Kim Burgess und Adam Ruzek danach gleich wieder in eine Ermittlung stürzen können. Auch wenn es OneChicago ist, aber natürlich hat "Chicago P.D." eine andere Stilistik entwickelt, in der tatsächlich der Humor irgendwann auch etwas verloren gegangen ist. Wenn man all diese sehr positiv besetzten Ebenen also nicht hat, da muss man sich kreativ eben anders ausleben und ich finde, dass "Chicago P.D." da seit einigen Staffeln belegt, dass es auch wiederkehrende Fallstrukturen über eine Staffel hinweg sind, die ausgereift wirken und damit richtig gut erzählt sind. Da greifen dann die Zahnrädchen ineinander und man merkt, dass nicht jedes Drehbuch der Woche aus der Hüfte geschossen kommt, sondern dass in einem Writers Room auch tatsächlich etwas zusammen entwickelt wird.

Da Staffel 11 durch den Doppelstreik in Hollywood verkürzt ausgefallen ist, übertragen sich diese Strukturen nun auch auf Staffel 12, denn wie schon beim letzten Mal zu vermuten war, Gloria Perez ist zurück. Das erscheint mir hier als sehr cleverer Schachzug und das erstmal rein vom Papier her, zu Details kommen wir später. Denn das wühlt zum einen was bei Dante Torres auf, es gefährdet aber auch Kim, die gerade erst ihre Beförderung enthalten hat, und ihn vor Monaten wegen der Affäre gedeckt hat, und es bindet Kiana neu ein, die gegen Gloria verdeckt ermittelt, weil sie die Einzige ist, die die mögliche Tatverdächtige aus der Intelligence Unit noch nicht kennt. Wir erinnern uns weiter oben, mit oft Fokussierung auf eine der Hauptfiguren?! Schön und gut, aber es ist eben auf eine gewisse Art auch die höhere Kunst, gleich mehrere Figuren so geschickt miteinander einzuweben, dass sich die Entscheidungen dann auch richtig und den Charakteren auch gerecht gegenüber anfühlen.

Fangen wir dann mal mit Kiana an. Als Streifenpolizistin und bei der Taktik-Einheit war ihr Aufgabengebiet wahrlich nicht die Undercover-Ermittlungen. Es war also ein neues Feld für sie, aber es hat mir gut gefallen, wie selbstbewusst sie das angegangen ist. Das passt zu ihr als Figur und dass sie sehr intuitiv vorgeht, ohne zuvor alles zu zerdenken. Und sie hat sich wirklich gut geschlagen. Sie hat im Grunde auch mit den Eigenschaften, die sie als Polizistin auszeichnen, sich als Kellnerin in dem mexikanischen Restaurant bewiesen, vor allem auch als harte Arbeiterin, die sich für nichts zu schade findet. Aber es ist ihr erstes Mal. Ich musste auch gleich an Torres denken, denn er hatte vor der Unit auch keine spezielle Ausbildung für Undercover-Ermittlungen, schließlich kam er gleich von der Akademie. Dennoch ist er ein Chamäleon. Durch seine empathische Art kann er sich hervorragend in andere Rollen reinfallen lassen und dem Gegenüber das geben, was er braucht, um kooperativ zu sein. Kiana ist da vom Typus her in meinen Augen etwas anders. Sie ist eine sehr stolze Frau und kann daher nicht alles von sich fallen lassen. Als sie nämlich von Gloria dann eingewiesen wurde, wie sie am besten ihre Fahrtrouten wählt, da kam ihre übereifrige Art durch, weil es im Hinterkopf etwas hat klingeln lassen, was sie von Torres zuvor als Ratschlag mitbekommen hat. Da hat sie dann einfach rausgehauen, statt tatsächlich sich zu überlegen, wie viel sie letztlich preisgegeben hat. Auch wenn Kiana natürlich nicht weiß, wie intensiv die Beziehung zwischen Gloria und Torres war, aber sie hätte schon davon ausgehen können, dass ein Polizist und sein Informant eine Ebene haben, die von Verständnis lebt. Unterm Strich: Kiana hat einen Fehler gemacht. Durch den Cliffhanger wissen wir auch nicht, was jetzt mit ihr los ist. Gloria ist jedenfalls maximal skeptisch, aber sollte Kianas Tarnung komplett aufgeflogen sein, dann kommen vielleicht ihre eigentlichen Stärken auch besser zur Geltung.

Bei Kim wiederum war es richtig cool, sie erstmals sich selbst als Detective vorgestellt zu hören. Aber ganz schön gemein, dass nun gleich ein Rückschlag um die Ecke kommt, die ihre Karriere so gefährdet. Auch wenn die Konsequenzen für Torres größer wären, aber ich fühle irgendwie mehr mit Kim. Sicherlich weil ich sie länger begleite, aber auch weil sie Torres gewiss nicht zur Affäre mit einer Tatverdächtigen/Informantin überredet hat. Im Gegenteil: Sie hat scharf gewarnt. Auch wenn ich nicht glaube, dass es für Kim große Konsequenzen haben wird, aber so habe ich dennoch interessiert verfolgt, wie sie sich unter dem Stress geschlagen hat. Auch wenn sie gegenüber Torres auch ohne Detective-Rang eine berufliche Autorität hat, aber diese hat sich hier nun noch besser ausgespielt. Sie hat für ihn in allen Momenten den kühlen Kopf bewahrt, sie hat zu keinen Tricks gegriffen, sie war sehr interessant daran, alles genau nach Vorschriften zu machen. Das ist letztlich auch die innere Überzeugung in ein System, das funktionieren kann, wenn niemand manipulativ dazwischenfunkt. Mich würde aber schon interessieren, ob Kim gegenüber Adam tatsächlich nie etwas erwähnt hat oder ob sie parallel sich ihm gerade anvertraut. Wenn ja, wir sehen es nicht, was ich aber auch nicht so kritisch finde, weil sie so eng mit Torres agieren zu sehen, ist eine dieser Dynamiken, die es sich lohnt, weiter zu verfolgen.

Torres ist aber ohne Frage derjenige, der von der Ermittlung nun am meisten betroffen ist. Ich war wahrlich kein Fan seiner beiden Episoden in Staffel 11, auch weil ich sie als Kopie voneinander empfunden habe, aber hier bin ich doch hoffnungsfroh, auch weil er und Gloria nur eine Szene miteinander hatten. Es wurde also auf einem Minimum gehalten und so konnten wir miterleben, wie Torres mit seinem Gefühlsleben gewaltig zu kämpfen hatte. Am Anfang erleben wir ihn in der Kirche. Sein Glaube war bislang immer ein begleitender Faktor und es war gut nachzuvollziehen, wie er mit sich wegen seiner Gefühle für Gloria hadert und dass er auch das Gefühl hat, er wird von etwas eingeholt, weil er so viele ihm sehr wichtige Menschen deswegen belogen hat. Sünde, Buße und Verzeihen eben. Er ist da auch auf einen guten Priester gestoßen, der sich keinesfalls auf eine einseitige Bibelauslegung gestützt hat. Denn leider werden Geistliche doch öfters so dargestellt, als weiden sie sich an den Sünden ihrer Schäfchen, um sich erhaben fühlen zu können. Das war hier keinesfalls so. Auch wenn es sich bei Torres nicht richtig gesetzt haben wird, dass er mehr Gutes als Schlechtes tut, aber er hat wenigstens nicht noch weiteren Ballast oben drauf bekommen.

Wegen diesem ganzen Chaos hat er sich aber erst recht an die Option geklammert, dass Gloria mit all dem nichts zu tun hat. Deswegen hat er auch die Begegnung mit ihr gewagt, auch wenn sie in der Gesamtschau der Episode wohl der erste große Fehler war, bis dann Kiana den zweiten begangen hat. Aber auch ich hatte von Gloria einen sehr aufgeräumten Eindruck, aber wundert es wirklich, wie gut sie das spielen kann? Aber es tat mir schon leid für Torres, dass er dann immer mehr die Beweise gestapelt bekommen hat, dass sie tatsächlich Zibata ist. Denn seine Liebe für sie war für mich eindeutig auch reiner. Nun ist klar, dass sich Torres arg in die Bredouille gebracht hat. Kiana weiß nun ebenfalls Bescheid und auch wenn Kim die Übertragung unterbunden hat, aber auch die anderen werden nicht lange beim Geheimnis außen vor sein. Und da beim nächsten Mal das Midseason-Finale ansteht, kann man auch getrost davon ausgehen, dass einiges implodieren könnte. In jedem Fall sind das jetzt endlich andere Seiten an Torres. Vermutlich ging es ihm schon ähnlich, als damals seine Mutter Catalina von ihrem neuen Partner missbraucht wurde und wozu er dann fähig war, das wissen wir. Es wird also spannend.

Fazit

Während mich sonst vor allem Kurzweiligkeit und tiefe Figurenpsychologie eine hohe Punktzahl zücken lassen, so ist es diesmal bei "Chicago P.D." das geschickte Erzählen, was gleich drei der Hauptfiguren einbezieht und dabei sehr offensichtlich auf etwas Großes zusteuert. Für diese eine konkrete Episode hat sich die Rückkehr von Gloria Perez längst schon gelohnt.

Lena Donth – myFanbase

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