Review: #3.16 Oberste Priorität
Es gibt einfach diese Fälle in Procedural-Serien, die gehen unter die Haut und setzen sich damit von allem anderen ab, was man immer wieder in anderen Ausführungen zu sehen bekommt. "Chicago P.D." hat so einen Fall nun auch gebracht und ich fand es dabei im Speziellen gut gemacht, wie die emotionalen Auswirkungen auf gleich mehrere Figuren gezeigt wurde.
Wenn Kinder zu Tode kommen, dann birgt das immer eine Tragik, die man kaum in Worte fassen kann. Wenn es aber ein bewusster Tötungsakt ist, dann fehlen nicht nur die Worte, da stülpt sich auch körperlich alles von innen nach außen. Hier war es auch noch so erschreckend, dass sich gleich die Hinweise verdichtet haben, dass Noah Opfer einer Gangauseinandersetzung wurde. Sinnlose Verbrechen also, die nur unterstreichen sollen, wer die Macht hat und wer weiter pinkelt. Das Drehbuch hat es hier wirklich gut geschafft, dass auf so vielen Ebenen die Emotionalität rübergekommen ist. Großer Raum ist dabei in erster Linie den betroffenen Eltern eingeräumt worden. Es war echt sehr, sehr gut von beiden Seiten gespielt. Diese entsetzliche Trauer, die nach draußen muss, weil sie sich innerlich zu sehr anstaut. Dazu aber auch Trauer, die zwischen Brian und Lauren stand, weil die eine den anderen verantwortlich hält. Auch wenn Brian immer wieder betont hat, dass es keinen Zusammenhang zu ihm geben kann, so waren die Zweifel berechtigt groß. Denn selbst wenn sich letztlich noch einmal alles gewandelt hat, aber im Kern hatte Brian nicht den Abstand zu seiner Gang, wie er behauptet hat. Dennoch war es echt überraschend, als herausgekommen ist, dass es sich lediglich um ein Missverständnis handelte und dass es um einen Namensvetter von Brian (nur leicht anders geschrieben) ging. Auch wenn das für die Eltern es in keiner Weise besser macht, aber es war am Ende doch erleichternd von außen, dass die beiden es endlich zulassen konnte, gemeinsam zu trauern. Denn es gibt fast nichts Schlimmeres, als sich in seinem Kummer alleine zu fühlen. Eine Sache hat mir in dem ansonsten wirklich starken Fall aber gefehlt. Bei der abschließenden Befragung von Jordan fehlte für mich die Reaktion, als ihm offenbart wurde, dass er den falschen hat töten lassen. Es fehlte die Reue, dass es um ein Kind ging, es fehlte alles. Es stand leider nur im Mittelpunkt, dass Jordan seinen ebenfalls noch kindlichen Bruder André für die Straße abgestumpft machen wollte. Auch wenn ich diese Gangperspektive nicht als unrealistisch einstufen kann, aber Jordan hat emotional reagiert, indem er seine Schwester verteidigen wollte. In diesem Sinne könnten auch andere Entwicklungen Emotionen hervorrufen und das war hier nicht gegeben.
Sehr eng an dem Elternpaar war natürlich Kevin Atwater dran. Man hat gemerkt, wie er grundsätzlich der Erste an der Front war, weil er nicht nur dieselbe Hautfarbe hat, sondern auch weil er genau unter demselben Spannungsfeld groß geworden ist. Es gibt kaum einen Weg nach oben an den Gangs vorbei und so schaut man manchmal einfach nur hilflos bei den Opfern zu, die das erfordert. Deswegen war aber auch Kevins Verbindung zu Brians jüngerem Bruder Miles so groß. Denn durch seinen eigenen Vater kennt Kevin diese Beziehungen und wie man sich emotional zu Entscheidungen genötigt sieht. Aber ich fand es auch ein starkes Zeichen, dass nicht Kevin selbst entscheiden musste, Miles entkommen zu lassen, sondern dass Alvin Olinsky das gemacht hat und damit Kevins Wunsch in die Tat umgesetzt hat. Emotional aufgeschreckt waren auch eindeutig Jay Halstead und Greg 'Mouse' Gerwitz. Es waren zwei recht knappe Szenen, aber welche, die mich erahnen lassen, dass uns hier bald der nächste Schritt erwarten wird, der sicherlich mit der legalen Drogenplantage zu tun hat. Da es ein privates Beschäftigungsverhältnis für Jay und Mouse ist, kann dort auch eher ein Konflikt hochkochen. Denn es wurden durch Noah schließlich Kriegstraumatisierungen hochgeholt und es ist zu merken, dass sich Jay und Mouse da auf unterschiedlichen Leveln befinden. Letzterer will offenbar reden und Ersterer sperrt es lieber weg. Aber ein Thema, was sie genau beschäftigt, das wird es sicherlich noch werden.
Zuletzt haben wir dann noch sehr stark die Väterperspektive vertreten gehabt. Bei Steve Kot war das eher untergeordnet, aber da er seine Tochter selbst tragisch verloren hat, war es natürlich ein logischer Anknüpfungspunkt. Dieser hat sich dann auch in dem Punkt entladen, mit welcher Beweislast es ausreichend ist, gegen den Täter vorzugehen. Während Hank Voight gerne emotional frei nach außen geschossen wäre, hat Kot trotz einer emotionalen Last sich an die Regeln seines Jobs gehalten. Das ist schon beachtlich, denn solche Fehler können auf Dauer viel kosten, aber er hat sicher gestellt, dass es zu keinem Verfahrensfehler kommen wird. Der andere emotional beteiligte Vater war Antonio Dawson. Dieser hat alleinerziehend nun ganz andere Herausforderungen zu meistern. Laura hat als die, die immer da war, sicherlich viel abgefangen, aber so steht nun auch Antonio vor der Aufgabe, private Entscheidungen treffen zu müssen, wo er für Sohn Diego dann zum Bad Cop wird. Die Thematik, dass Kindergeburtstage immer mehr zu einem Wettkampf ausarten, das ist nicht neu, weswegen ich Antonio in seinem Anliegen auch gut verstehen konnte. Er hat die Botschaft nur nicht ideal rübergebracht. Dementsprechend war das Schicksal von Noah dann auch so eine Belastung, weil es Antonio gezeigt hat, wie schnell alles vorbei sein kann und dass man sich mit seinem Kind eigentlich nicht über Nichtigkeiten streiten will. Umso schöner am Ende, dass Diego nur ein ehrliches Gespräch brauchte, um Verständnis zu entwickeln. Natürlich hat auch geholfen, dass der Geburtstag auch ohne teures Gimmick gefruchtet hat, aber gleichzeitig war die Ansprache viel entscheidender, denn Kinder wollen Antworten und Beweggründe auch verstehen.
In diese emotionale Folge hinein passte das Ende dann wirklich wunderschön. Auch wenn zu der Mahnwache keiner kommen wollte, weil alle Noah gerne weiter leben gehabt hätten, aber es war dennoch ans Herz gehend, wer alles zusammengekommen ist, um der Familie beizustehen, aber auch an einen Jungen zu denken, der die Möglichkeiten des Lebens nie wird ausprobieren können. Diegos Anwesenheit war dabei das stärkste Statement, denn es zeigt ihm, dass Antonio in ihm die emotionale Reife sieht, die Bedeutung dahinter zu verstehen und es hat die Besonderheiten einer Eltern-Kind-Beziehung abgerundet.
Fazit
Eine wirklich starke Episode von "Chicago P.D." zeichnet sich hier in dem simplen Umstand aus, dass die Emotionalität des sehr mitnehmenden Falles ideal auf die beteiligten Personen verteilt wurde. Hier hat vieles echt gut ineinandergegriffen.
Lena Donth – myFanbase
Die Serie "Chicago P.D." ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: The Cases That Need To Be SolvedErstausstrahlung (US): 24.02.2016
Erstausstrahlung (DE): 04.05.2018
Regie: Jean de Segonzac
Drehbuch: Matt Olmstead
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