Review: #2.16 Pierce – Die Doku
Episode #2.16 Intermediate Documentary Filmmaking ist "Communitys" Version all der Mockumantary-Serien, die sich im TV-Geschäft momentan großer Beliebtheit erfreuen, angefangen von all den "The Office"-Ablegern, bis hin zu "Modern Family" und "Parks and Recreation". Und wie man es von "Community" gewohnt ist, wenn es sich einem Genre annimmt, dann tut man dies mit ganzem Herzen und baut dies schlüssig ins eigene Grundkonzept ein. Hier ist es Abed, der in Pierces Auftrag dessen "letzte Stunden" in Form einer Dokumentation festhält und dabei die Freunde interviewt und all die kleinen Stilmittel nutzt, die zu einer richtigen Mockumantary dazugehören. Angefangen von Abeds Erklärung: "It's easier to tell a complex story when you can just cut to people explaining things to the camera." über Jeffs Wutausbruch, mit der Bemerkung an Abed "Don't you dare intercut this with footage of me freaking out!" (was dieser natürlich prompt tut), bis hin zum offensichtlichen Seitenhieb auf die besonders in "Modern Family" übliche Praxis, das Ende einer Episode nicht einzuläuten, wenn es einen thematischen Schlusspunkt gibt, sondern einfach wahllos zusammengestellte Bilder zu schmalzigem Voice-Over und Musik zusammenzuschneiden. Aber wie diese Episode zeigt, funktioniert diese Methode eben und wie es "Community" wieder einmal gelingt, sich gleichzeitig eines Gimmicks zu bedienen um sich darüber lustig zu machen, während man dessen volle Möglichkeiten ausschöpft, ist beeindruckend.
Die Nähe und Rohheit des Formates erlauben es, Jeffs inneren Konflikt voll zum Tragen zu bringen, Pierces Motive für den Zuschauer von Anfang an offen zu legen und selbst einen Subplot, wie die Katatonie Troys im Angesichts seines großen Idols, der eigentlich ein reiner alberner Handlungsstrang für den Humoranteil ist, trotzdem mit einer Nuance an Tragik zu untermauern. Genauso bleibt einem die Episode, trotz einer immens hohen Gagdichte, eher als tiefgründigen Blick in die Charaktere Jeff, Pierce und Britta im Gedächtnis, als als reine halbe Stunde zum Lachen.
Besonders Joel McHale und Donald Glover glänzen außerdem mit schauspielerischen Glanzleistungen. Würden die Mitglieder in der Emmy-Jury jemals auf den mehr als verdienten Trichter kommen und "Community" endlich als eine der besten Comedy-Serien momentan erkennen, dann hätten beide hier wirklich gutes Material zur Verfügung, um ins Rennen zu gehen. Aber auch Chevy Chase ist brillant, auch wenn die Entwicklung von Pierce im Moment für Kontroversen in Fankreisen sorgt. Ich persönlich verstehe zwar die Sorge einiger Fans, dass Pierces Verhalten eigentlich schon so gemein ist, dass man sich nur schwer vorstellen kann, warum die restlichen Mitglieder der Lerngruppe überhaupt noch mit ihm befreundet sind, aber andererseits finde ich diese Entwicklung bisher ziemlich spannend. Zum Einen habe ich das Ende dieser Folge nicht so aufgefasst, als wäre nun zwischen ihm und den anderen alles wieder im Reinen, zum anderen finde ich diese Variante wesentlich konsequenter, als wenn man Pierce nach seiner Medikamente-Überdosis reumutig in den Schoß der Gruppe hätte zurückkehren lassen und alles wäre wie vorher gewesen. Ich habe das Gefühl, man nutzt Pierce momentan bewusst als den Antagonisten, der durchaus aus selbstsüchtigen Gründen für Unruhe sorgt und auch wenn er zum inneren Kern gehört, befördert er sich selbst immer weiter ins Abseits. Ich sehe da viel Potential fürs letzte Drittel der Staffel, eine gewisse fortlaufende Komponente zu haben, die dann irgendwann kulminiert und halte die Serie für fähig, das ganze zum Schluss hin schlüssig aufzulösen. Sollte das Thema von nun an aber behoben sein, dann schließe ich mich den Kritikern an, die meinen dass das Pierce-Problem die Show überschattet. Er hat definitiv so egozentrische Züge angenommen, dass er kein normales Mitglied der Gruppe mehr sein kann, aber ich glaube eben auch nicht, dass man uns dies glauben lassen will.
Und eins muss man Pierce ja lassen, er hat mit seinen Psychospielchen am angeblichen Totenbett doch für einige Erkenntnisse bei seinen Freunden gesorgt. Angefangen bei Jeff, der zum ersten Mal sein Bedürfnis wahrnimmt, sich mit seinem abwesenden Vater auseinanderzusetzen (und ich hoffe, wir lernen den ominösen Vater bald einmal kennen), über Brittas Erkenntnis ihrer Illusionen und der wahren Probleme ihrer Selbstlosigkeit, bis hin zu Shirleys Eingeständnis, Schuld als Waffe zu benutzen. Wahrlich clever eingefädelt von Pierce, der somit beweißt, dass er seine Freunde doch trotz aller Alter-Männer-Ignoranz wirklich gut einzuschätzen weiß. Da muss man sich schon fragen, warum er so blind ist, was die Motive in Bezug auf den Umgang mit ihm angeht. Denn eigentlich hat er es sich selbst zuzuschreiben, dass seine Freunde ihn so behandeln und er kann sich glücklich schätzen, dass sie ihm trotz all seiner impulsiven Intrigen ihnen gegenüber noch nicht den Rücken gekehrt haben. Ich bin wirklich gespannt, wo sich diese Beziehungen nun noch hinentwickeln werden, auch mit dem Hintergedanken, dass Chang ja mittlerweile bei Jeff wohnt und als Charakter immer mehr humanisiert wird, während Pierce im gleichen Atemzug die Antagonistenrolle einnimmt, die Chang in Staffel 1 inne hatte.
Aber keine Review zu dieser Folge kann vollständig sein, ohne näher auf Troys absolut herrlichen Zusammenstoß mit seinem großen Idol LeVar Burton (in Deutschland vor allem bekannt als Geordi La Forge im "Raumschiff Enterprise") einzugehen. Angefangen von Donald Glovers schierem Terror, als er ihm gegenübersteht, seinem Zusammenbruch und seinen apathischen Tränen nach dem Zusammenbruch, es war eine Wonne und beweist wieder einmal, zu welcher Geheimwaffe sich Troy in dieser 2. Staffel entwickelt hat. Aber wenn man einmal hinterfragt, was Pierce seinem Freund da wissentlich antut ("'You can't disappoint a picture!") ist es doch wirklich sehr gemein, schon fast auf gleicher Stufe zu Pierce Spielchen mit Jeff.
Auch für Britta war es eine tolle Episode, die zwar nicht so im Mittelpunkt stand wie beispielsweise Jeff, aber sie hatte einige tolle Szenen hier. Ihr improvisiertes Gespräch in der Rolle als Jeffs Vater, das schnell ausartet und völlig seltsame Züge annimmt, war unheimlich witzig, ebenso wie ihr Ringen mit dem eigenen Gewissen. Und als LeVar Burton ihr die Augen öffnet, dass sie nicht selbstsüchtig ist, sondern einfach schlecht mit Geld umgehen kann, war sie richtig liebenswert niedlich.
Alles in allem bleibt wieder einmal eine Folge "Community", die auf ganzer Linie überzeugt. Die Jury für das Pierce-Dilemma steht noch aus, aber bis dato ist mit #2.16 Intermediate Documentary Filmmaking wieder einmal der Beweiß gelungen, dass die Serie eine der vielseitigsten, tiefgründigsten aber vor allem auch witzigsten Comedy-Serien ist, die das amerikanische TV zur Zeit zu bieten hat.
Cindy Scholz - myFanbase
Die Serie "Community" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Intermediate Documentary FilmmakingErstausstrahlung (US): 17.02.2011
Erstausstrahlung (DE): 22.05.2013
Regie: Joe Russo
Drehbuch: Megan Ganz
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