Bewertung

Review: #1.03 Gnadenlose Rache

Diese dritte Episode von "Defiance" beginnt genau wie die vorherige Folge mit einem Mann, der durch den Wald rennt und letztlich den Tod findet. Running Death als Running Gag? Die Umstände sind natürlich sehr unterschiedlich. Diesmal handelt es sich bei dem Waldläufer um einen Jogger, der von fiesen Rieseninsekten zerfetzt wird, die eine Außerirdische aus Rache auf ihn gehetzt hat. Das klingt grundsätzlich wie die Story eines Sci-Fi-B-Movies, hat aber nichtsdestotrotz interessante und tiefer gehende Aspekte zu bieten.

Wer sich ein bisschen im Sci-Fi-Genre auskennt, erinnert sich vielleicht noch an den Kinofilm "Starship Troopers" aus dem Jahr 1997, in dem die Menschheit gegen böse Insekten aus dem All kämpft. In dieser "Defiance"-Folge werden Motive aus "Starship Troopers" mit einem bekannten Western-Thema vermischt, das wiederum auf historische Gegebenheiten zurückgeht: dem Landraub. Bei der Kolonisierung des amerikanischen Westens ging es bekanntlich nicht immer rechtmäßig und moralisch zu, da viele Menschen gewaltsam enteignet wurden. Dies betraf vor allem die amerikanischen Ureinwohner, die von den Siedlern getötet oder in Reservate zwangumgesiedelt wurden. Die Zukunft, in der "Defiance" spielt, erlebte eine Wiederholung der Geschichte. Nachdem die Zivilisation durch den Krieg größtenteils zusammengebrochen ist und die Menschen sich die Erde plötzlich mit mehreren außerirdischen Spezies teilen mussten, kam es zu gewaltsamen Enteignungen.

Die außerirdische Spezies der Irathier, die wir hier als Opfer von Landraub sehen, weist durchaus viele Parallelen zu den Ureinwohnern Amerikas auf. Die Irathier sind wie die amerikanischen Ureinwohner ein sehr spirituelles, naturverbundenes und abgeschottetes Volk, das ein sehr belastetes Verhältnis zu den benachbarten Kulturen hat. Am Ende dieser Episode wird das begangene Unrecht zwar getilgt, indem die Irathier das Land zurückerhalten, doch kann dies nur ein erster Schritt sein, der das große Leid, das verursacht wurde, kaum mildert. Vor dem Problem, dass jeder Versuch der Wiedergutmachung nach all der langen Zeit und den vielen Opfern nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, stehen die realen USA wohl noch sehr, sehr lange.

Ein sehr spannendes Thema voller Bezüge zur unserer realen Gesellschaft ist auch die Situation zwischen Irisa und Nolan. Ihr ganzes bisheriges Leben über dachte Irisa, ihre Visionen seien Hirngespinste als Folge traumatischer Ereignisse, da Nolan es ihr so beigebracht hat. Er wusste es nicht besser, denn er ist nun einmal kein Irathier. Wir sehen hier, wie problematisch es sein kann, wenn ein Kind außerhalb seiner gebürtigen Kultur aufwächst und von einem Mitglied eines ganz anderes Volkes großgezogen wird. Irisa und Nolan sind eine selbstverständlich überspitzte Metapher für Adoptionen von zum Beispiel asiatischen oder afrikanischen Kinder durch weiße (amerikanische bzw. europäische) Eltern. Man kann Nolan keine Vorwürfe machen oder seine Vaterliebe bestreiten, aber Irisa muss noch sehr vieles über sich selbst lernen und ihre Identität finden. Man merkt Nolan an, wie sehr er darunter leidet, dass er das, was seine Tochter momentan durchmacht, nicht wirklich versteht und nicht weiß, wie er ihr helfen kann. Die letzte Szene, in der er an ihrem Bett sitzt und ihre Hand hält, ist sehr bewegend. Dieses Vater-Tochter-Duo verspricht uns noch viele emotionale und interessante Momente.

Angenehm überrascht bin ich von dem Charakter Sukar, dem Anführer der Spirit Riders, den ich nach der ersten Folge noch wenig ernst genommen habe, der sich nun aber als ein Mann herausstellt, der einen starken Glauben hat und viel Fürsorglichkeit besitzt.

Zwei andere Familien, die im Fokus stehen, sind die Tarrs und die McCawleys. Datak gefällt es nicht wirklich, seine zukünftige Schwiegertochter Christie um sich zu haben, da sie als Mensch neue Umgangsformen in seinen casthitanischen Haushalt bringt. Stahma muss ihren Mann immer wieder besänftigen und davon überzeugen, wie wichtig es ist, dass Christie und Alak heiraten. Als Alak und Christie von den höllischen Rieseninsekten angegriffen werden, ist es Christie, die besonnen reagiert und sich und ihren Verlobten schützt, indem sie die Viecher mit Feuer auf Abstand hält. Hinterher wird Alak jedoch vor Rafe als derjenige dargestellt, der Christie beschützt hat. Es zeichnen sich immer mehr shakespeare-ische Züge in dieser Storyline ab. Alak und Christie umweht nicht nur der Hauch von Romeo und Julia, Stahma ist auch mit Lady Macbeth zu vergleichen, die ihren Mann immer wieder animiert und drängt, den Plan zur Machtübernahme durchzuziehen. Es könnte Stahma und Datak jedoch zum Verhängnis werden, dass Christie die stärkere Persönlichkeit als Alak zu sein scheint. Bei Shakespeare ist es bekanntlich weder für Romeo und Julia noch für das Ehepaar Macbeth gut ausgegangen.

Maret Hosemann - myFanbase

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