Bewertung

Review: #1.09 Keiko

Foto: Zachary Knighton, FlashForward - Copyright: ABC Studios
Zachary Knighton, FlashForward
© ABC Studios

Bislang schien es, als sei Bryces Selbstmordversuch auf die große physische und psychische Belastung zurückzuführen, die auf einem jungen Arzt in seinen Lehrjahren lastet. In dieser Episode erfahren wir jedoch, dass Bryce an Krebs leidet und sich nur wenig Hoffnung auf ein langes Leben machen darf. Am Tag des Blackouts wollte er dem langsamen Sterben zuvorkommen und sich erschießen, um niemanden zur Last zu fallen und nicht bemitleidet zu werden. Das lässt seinen Flashforward und seine bislang schon oft demonstrierte Hoffnung in dieses Phänomen noch mal wieder in einem etwas anderen Licht erscheinen. Er hat sich in seiner Zukunftsvision nicht nur mit einer Frau gesehen, die seine große Liebe sein könnte, sondern auch in gesundheitlich gutem Zustand.

Der US-Sender ABC scheint im Jahr 2009 die Krebsthematik für sich entdeckt zu haben (Achtung Spoiler anderer Serien!). Izzie Stevens in "Grey's Anatomy" und Kitty Walker in "Brothers & Sisters" sind zwei prominente Charaktere aus Erfolgsserien von ABC, die im gleichen Jahr den Zuschauer mit der Diagnose Krebs schockten. Dass die Autoren von "FlashForward" diese Wendung nun auch bei Bryce eingebaut haben, empfand ich daher im ersten Moment als etwas einfallslos, wobei natürlich zu berücksichtigen gilt, dass es sicher viele "FlashForward"-Zuschauer gibt, die "Grey's Anatomy" und/oder "Brothers & Sisters" nicht gucken. Im zweiten Moment drängte sich mir schließlich der Eindruck auf, dass die Krebserkrankung als entscheidender Grund für Bryces Selbstmordversuch irgendwie verwässernd wirkt. Dass ein junger Arzt wegen des Stresses und Druckes an Selbstmord denkt, hätte man als Erklärung durchaus beibehalten können. Es muss nicht immer ein schwerer persönlicher Schlag sein, um einen Menschen verzweifeln zu lassen. Auch am Alltag, an Überbelastung und zu hohen Erwartungen, kann man zerbrechen.

Über die Tatsache, dass Bryce schon in dieser Episode so entschieden nach Keiko, der Frau aus seinem Flashforward, sucht, die doch erst am 29. April 2010 in sein Leben treten soll, lässt sich wieder bis an die Grenzen der Zeitparadoxie diskutieren. Irgendwie scheint die vorher vergebliche Suche vom Schicksal ja eingeplant zu sein, denn der Flashforward zeigt die Begegnung von Bryce und Keiko als die zweier Menschen, die gehofft hatten, sich an diesem Ort zu jener Zeit zu sehen und glücklich sind, dass es mit ihrem Aufeinandertreffen geklappt hat. Daher dürfte Bryce auch eigentlich nicht enttäuscht sein, dass er Keiko jetzt noch nicht findet. Er ist schließlich der Charakter, der uns von Beginn an als besonders gläubig in Bezug auf die Flashforwards präsentiert wurde, also müsste er sich jetzt eigentlich vorrangig um seine Gesundheit kümmern und auf den 29. April 2010 warten.

Demetri, Mark und ihr Kollege Vreede finden derweil heraus, dass die mysteriöse Frau, die Demetri über seine Ermordung am 15. März 2010 informiert hat, aus Hongkong stammt, oder zumindest von dort aus den Anruf tätigte. Sie war glücklicherweise so freundlich, genau im Zeitraum der etwa 15 Minuten anzurufen, in denen täglich in Hongkong die "Symphony of Lights" stattfindet, eine mit Musik untermalte Licht – und Lasershow. Anhand dieser Hintergrundgeräusche haben die FBI-Agenten ihren Aufenthaltsort ermittelt. Die Aufnahme des Anrufs stammt von der NSA (National Security Agency), die Demetri ge-red-flagged hat, also als Sicherheitsrisiko einstuft, da sie diesen ominösen Anruf, den er da bekommen hat, nicht zurückverfolgen konnte. Offenbar ist bei der NSA niemand auf die Idee gekommen, die Hintergrundgeräusche zu isolieren und so zu erfahren, woher der Anruf stammt. Prinzipiell kann und muss man sich damit abfinden, dass die FBI-Zentrale von Los Angeles in den Ermittlungen über den globalen Blackout so auftrumpft, da eben einer von ihnen, Mark, diesen entscheidenden, mit Hinweisen gespickten Flashforward hatte, doch trotzdem darf anderen Behörden durchaus auch eine gewisse Kompetenz zugesprochen werden, was hier aber leider versäumt wird.

Warum Olivia die SMS, die sie über Marks alkoholisierten Zustand in seinem Flashforward informierte, nicht gelöscht hat, so dass Mark sie natürlich sofort entdecken musste, als er für zwei Sekunden ihr Handy in die Hand genommen hat, will mir auch nicht so ganz einleuchten. Für gewöhnlich neigt man doch dazu, Handynachrichten und Emails von unbekannten Absendern sofort zu löschen. Doch auch wenn Olivia nicht der Typ ist, der schnell die Löschfunktion benutzt, hätte ihr doch bewusst sein müssen, dass diese SMS die ohnehin schon angespannte Situation im Hause Benford noch mehr verschärft und Marks Misstrauen und Paranoia weiter anheizt. Das wäre ein guter Grund, so eine Nachricht einfach mal zu entfernen. Für meinen Geschmack sind die Autoren hier wieder zu läppisch vorgegangen.

Alles in allem gilt für diese Episode in noch größerem Maße das, was schon der Folge zuvor attestiert werden musste. Es passiert schlichtweg zu wenig und man vermisst Spannung, Dramatik und Originalität. Viele Hauptcharaktere treten in dieser Episode gar nicht, oder nur in untergeordneter Funktion auf.

Mysterien-Schnipsel

  • Von wem stammt nun diese ominöse SMS? Mark betont in dieser Episode mehrfach, dass er nur zwei Menschen, nämlich Aaron und Stanford, von seiner Trinkerei im Flashforward erzählt hat, doch das stimmt so nicht ganz. Er hat es im Gespräch mit Stanford ziemlich laut in der Bar herausposaunt (#1.05), so dass es noch einige andere Menschen gehört haben könnten. Weiterhin tauchten ja in seinem Flashforward diese maskierten Männer auf, die entsprechend aus ihren jeweiligen Flashforwards wissen könnten, dass Mark getrunken hat.
  • Der Ring von "Suspect Zero" weist ein Alpha-Zeichen auf und kennzeichnet ihn folglich als den Ersten oder den Anfang, aber wovon?

Maret Hosemann - myFanbase

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