Bewertung

Review: #4.05 Erneuerung

Foto: Michelle Krusiec & Arye Gross, Fringe - Copyright: 2011 Fox Broadcasting Co.; Michael Courtney/FOX
Michelle Krusiec & Arye Gross, Fringe
© 2011 Fox Broadcasting Co.; Michael Courtney/FOX

Zeit für harte Tatsachen. Obwohl "Fringe" den World Series sei Dank in eine verlängerte Pause geschickt wurde, habe ich mich gar nicht so sehr nach neuen Folgen gesehnt. Zwar hat die vierte Staffel meinerseits bisher durchweg eher positive Resonanz erhalten, aber irgendwie reißt mich die Serie in ihrem vierten Jahr nicht mehr so sehr mit, wie noch ein Jahr zuvor. Und trotz der Rückkehr Peters am Ende von #4.04 Subject 9 hatte ich nicht wirklich ein unbändiges Verlangen nach einer neuen Folge, denn ehrlich gesagt überwiegt bei mir mittlerweile eher der Ärger darüber, dass die große Haupthandlung um die beiden Universen so ziemlich auf Eis liegt. #4.05 Novation wollte das besser machen, doch letztendlich bekam man das gleiche Ergebnis geliefert, wie wenn man einen Marathon auf einem Laufband absolvieren würde.

"I need you to figure out why no one remembers me - why you don't remember me."

Fangen wir mit der Handlung rund um Peters Rückkehr an, bei der man immer noch nicht weiß, ob die ganze Geschichte letztendlich nur ein riesiger Lückenfüller war oder das Ganze doch noch irgendwie in den Haupthandlungsrahmen der Serie miteinintegriert wird. Gespannt war man natürlich, wie Peters Rückkehr inszeniert werden würde und vor allem stellten sich zwei Fragen: Wie reagiert Peter darauf, dass er praktisch aus den Köpfen seiner Mitmenschen gelöscht wurde, und wie reagieren Olivia und Walter darauf, plötzlich vor einen vermeintlich wildfremden Mann zu stehen, der behauptet, einmal eine so große Rolle in ihrem Leben gespielt zu haben? Enttäuscht war ich über die Auflösung der ersten Frage, denn die meiste Zeit über empfand ich Peters Verhalten schlichtweg als ernüchternd. Natürlich hatte ich nicht gehofft, dass wir zu 99 % nur einen Peter zu Gesicht bekommen, der deprimiert in der Ecke einer Zelle sitzt und verzweifelt versucht, irgendwelche Erinnerungen in Walter oder Olivia hervorzurufen. Doch dafür, dass er sich wohl in einer der schlimmsten Situationen wiederfindet, die einem Menschen zustoßen kann, war Peters Verhalten relativ entspannend. Verzweiflung kam nur in den seltensten Momenten zum Vorschein, während er nämlich viel lieber stolz sein vorhandenes Wissen über Gestaltwandler dem FBI präsentierte. Nein, wirklich zufrieden war ich mit dem Umgang des Charakters nicht unbedingt und auch einige Szenen zwischen Olivia und Peter hätten gerne schon mal miteingebracht werden dürfen, wenn auch nur als kleiner Vorgeschmack.

Voll und ganz überzeugen konnte hingegen das Aufeinandertreffen zwischen Walter und Peter. Beide endlich wieder in einer gemeinsamen Szene zu sehen, dürfte für viele eine echte Offenbarung gewesen sein und auch, wenn man logischerweise nicht mit der bekanntlich herrlichen und gleichzeitig rührenden Bishop-Dynamik unterhalten wurde, so war es doch vor allem die grandiose Interaktion zwischen Noble und Jackson, die die Szenen dennoch wirklich besonders gelungen machten. So bekamen wir es mit einem Walter zu tun, der nicht wirklich glauben und akzeptieren kann, dass sein verstorbener Sohn plötzlich als Erwachsener vor ihm sitzt, und mit einem Peter, der mit seiner Präsenz und seinem Lächeln fast schon eine mittlerweile ungewohnte Wärme ausstrahlt. Es scheint so, als würde Peters Anwesenheit wieder so etwas wie Licht in Walters dunkle Welt bringen. Doch möchte Walter das überhaupt? Diese Frage wird uns wohl auch in den nächsten Folgen noch näher beschäftigen, denn Walter glaubt nicht wirklich daran, dass Peters Rückkehr ein gutes Zeichen ist. "This is my punishment. You were sent to take me to see if I would repeat the mistakes of the past. You shouldn't be here", sagte er zu Peter, da er sich nicht wirklich vorstellen kann, weshalb Peter wieder existiert. Auch Peter scheint das Ganze nicht zu verstehen, weshalb er Walter um Hilfe bittet, dieses Paradoxon seiner Existenz aufzuklären. Und das wird auch Zeit, denn trotz wundervoller Szenen, und besonders die letzte Szene zwischen Walter und Peter war wirklich eine herzzerreißende Angelegenheit, hätte man doch vielleicht die ein oder andere Antwort bezüglich der Handlung um Peters Existenzparadoxon erwartet. Hier fällt dann wieder ernüchternd auf, dass wir letztendlich wieder nicht weiter gekommen sind und die unzähligen Fragen nach wie vor darauf warten, beantwortet zu werden. Ich sehe schon, dass unbedingt mal wieder eine Beobachter-zentrierte Episode von Nöten ist.

"What do shapeshifters and luxury cars have in common? They both have Lojack systems, apparently."

Derweil stand auch endlich einmal die Geschichte um die neuen Gestaltwandler im Vordergrund, was verdammt gut ist, da diese Gestaltwandler wiederum im Zusammenhang zum roten Faden der Serie zu stehen scheinen. Noch müsste ich eigentlich den Singular verwenden, denn nachdem Olivia und Lincoln diese neuen Gestaltwandler bereits in #4.01 Neither Here Nor There verfolgten und dezimierten, haben wir es nur noch mit einem dieser Art zu tun, der die Gestalt einer asiatischen Frau namens Nadine angenommen hat. Positiv ist auf jeden Fall, dass man uns mit Nadine offenbar endlich einen folgeübergreifenden Bösewicht liefert, denn somit besteht auch die Hoffnung, dass wir endlich dahinter kommen, worauf die Haupthandlung in der vierten Staffel hinauslaufen wird. Und ja, Nadine ist leider kein zweiter Thomas Jerome Newton, allein schon deshalb, weil die Nadine-Darstellerin schauspielerisch bei weitem nicht mit Sebastian Roché mithalten kann – obwohl ich mich doch an einigen Szenen fragte, ob diese hölzerne Art nicht sogar gewollt so dargestellt wurde.

Leider litt die Story um Nadine an zwei Schwachstellen. Die erste war, dass das Ganze aus schon Bekanntem zusammengeschustert wirkte und wirklich kaum etwas Neues oder Innovatives bot. Die Entführung des Wissenschaftlers Malcolm Truss erinnerte zu sehr an Walters Entführung durch Newton in #2.10 Die Tür und von Schlussszenen, die eine Schreibmaschine beinhalten, habe ich ehrlich gesagt keine Lust mehr, nachdem bereits #2.01 Rückkehr, #2.02 Objekt der Begierde, #2.23 Die andere Seite (2) UND #3.02 Der Kasten mit solch einer Szene endeten (mangelnde Recherche darf man mir wohl nicht vorwerfen). Durch solche Details fühlte ich mich zu sehr an schon mal da Gewesenes erinnert, was für mich stark nach Recycling roch. Und oberste Serien/Film-Regel: Was gut für die Umwelt ist, ist nicht unbedingt gut für den Zuschauer. Oder steht hier jemand auf heiße Verfolgungsjagden mit Fahrrädern? Der zweite negative Aspekt war der bereits anfangs erwähnte Laufband-Effekt. Die gesamte Entführung diente letztendlich nur zur Beschaffung eines Serums, das die Gestaltwandler effektiver arbeiten lässt. Schön und gut. Wirklich Interessantes hinsichtlich der Haupthandlung hatte das allerdings nicht zu bieten, weshalb wir immer noch auf dem gleichen Stand sind wie vorher.

Natürlich gab es auch einige sehr gelungene Dinge. So waren die Szenen zwischen Nadine und dem entführten Malcolm Truss teils sehr interessant, da Nadine an einigen Stellen fast schon emotionale Züge aufwies und deren gemeinsamen Momente teilweise viel tiefer gingen, als man es gewohnt ist. Hier stellt sich dann natürlich auch die Frage, ob die moderneren Gestaltwandler eventuell nicht nur physisch, sondern auch psychisch menschlicher geraten. Ebenfalls klasse waren wie immer die Effekte, sei es die kurze Verwandlung von Nadine in Truss’ Ex-Frau oder etwa die kleine Verfolgungsszene zwischen Nadine und Olivia, bei der Nadine sogar Wände entlang laufen konnte. Außerdem war es gut, dass man Peter in die Ermittlungen miteinintegriert und gleichzeitig sein eigenhändiges Vorgehen gegen die Gestaltwandler aus #3.11 Wechselspiel erwähnt hat, das man nie wirklich weiter thematisiert hatte. Zudem machte das Ende, trotz der mittlerweile einfallslosen Inszenierung, recht gespannt. Schließlich erwarten uns jetzt nicht nur noch mehr Gestaltwandler, sondern auch jemand, der hinter diesen Gestaltwandlern steckt. Doch was genau haben die Gestaltwandler für Pläne? Was ist ihre Aufgabe? Und wer steckt dahinter? Walternate, den man in dieser Staffel noch immer nicht zu Gesicht bekommen hat? Oder jemand ganz neues, also einen neuen Bösewicht, der nicht akzeptieren will, dass beide Welten mehr oder weniger Frieden geschlossen haben?

Randgeschehen

Abseits der beiden großen Handlungen in dieser Episode, gab es noch die ein oder anderen Momente, die unbedingt erwähnt werden sollten. So zum Beispiel das Gespräch zwischen Nina und Walter – das erste in dieser Staffel, um genau zu sein. Seit der letzten Folge wissen wir, dass deren Verhältnis in der neuen Realität alles andere als rosig ist. Nun wissen wir, dass das wiederum nur seitens Walters der Fall ist, denn Nina, und dafür bin ich wirklich dankbar, scheint relativ die Alte zu sein und versucht Walter, trotz dessen Abneigung ihr gegenüber, da er ihr mehr oder weniger Mitschuld an Peters eigentlichen Tod gibt, mal wieder in einer schwierigen Situation mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Auf eine Art Versöhnung hoffe ich sehr, schließlich machte diese Szene mal wieder klar, wie toll Nina/Walter-Momente ausfallen können. Bezüglich Nina gab es in dieser Folge auch noch eine interessante Information, die erklärt, weshalb Nina und Olivia in der neuen Realität so gut miteinander auskommen. Denn Nina, so erfahren wir, hat Olivia und ihre kleine Schwester Rachel nach dem Tod ihres Vaters bei sich aufgenommen. Ehrlich gesagt hat es mir an dieser Stelle nicht gefallen, wie sehr man in der neuen Realität alles auf den Kopf gestellt hat. "So the acting CEO of one of the largest companies in the world was your nanny?", fragte Lincoln ungläubig, nachdem Olivia ihm die Geschichte erzählt hat. Und zurecht, schließlich wirkt diese Entwicklung wirklich ein wenig an den Haaren herbeigezogen.

Derweil bleiben Olivia und Lincoln ein sehr sympathischen Ermittlerpaar, wobei die Betonung auf "Ermittlerpaar" liegt. Nachdem viele Fans ja schon die Befürchtung äußerten, dass uns wohl bald ein sogenanntes Liebesdreieck zwischen Olivia, Peter und Lincoln erwarten wird, dürften diese Fans am Ende beruhigt aufgeatmet haben, als Lincoln subtil den Eindruck vermittelte, an keiner Beziehung mit Olivia interessiert zu sein. Auch ich begrüße diese Entwicklung und wer unbedingt mal einen Kuss zwischen Anna Torv und Seth Gabel sehen möchte, der kann ja noch immer hoffnungsvoll rüber ins Paralleluniversum blicken. Apropos: Nach wie vor bin ich etwas enttäuscht, dass wir so wenig von dem anderen Universum und deren Charaktere zu sehen bekommen. Nach dem Ende der dritten Staffel hatte ich mir eigentlich vorgestellt, dass wir öfter Episoden wie #4.02 One Night in October zu sehen bekommen werden, in der beide Teams miteinander kooperieren. Bisher blieb es aber lediglich bei dieser einen Zusammenarbeit, was wirklich schade ist, denn in #4.02 zeigte man uns, wie ungemein unterhaltsam das Ganze werden kann.

Zu guter letzt war noch eine kurze Szene gegen Ende interessant, als Olivia von einer Kollegin Akten überreicht bekommt – und wenige Minuten später nochmals die gleichen Akten. Eine Zeitanomalie? Hat Peters Rückkehr vielleicht nicht nur Auswirkungen auf die Charaktere, sondern auch auf die Zeitlinie? Oder konnte Olivia in die Zukunft sehen? Wenn ja, weshalb? Und keine Angst, ich habe nachrecherchiert: Keiner der "FlashForward"-Autoren hat bei den kommenden Folgen mitgewirkt.

"You asked for my theory. I never said it was flawless."

Nach 45 Minuten interessanten Charaktermomenten, spannenden Entführungsszenen und sehr sehenswerten Spezialeffekten, darf sich #4.05 Novation gerne als unterhaltsame Episode bezeichnen. Doch leider waren die Entwicklungen sowohl bei der Handlung um Peter als auch bei der um Nadine mehr als überschaubar, denn im Prinzip ist man noch auf dem gleichen Stand, wie nach dem Staffelauftakt vor einigen Wochen – und das ist auf Dauer definitiv nicht zufriedenstellend.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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