Bewertung

Review: #4.11 Der Erlöser

Foto: Jasika Nicole, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Jasika Nicole, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Es ist kein Geheimnis, dass ihr liebevoller Umgang mit Walter und ihre fürsorgliche Art gegenüber den anderen Charaktere dazu geführt haben, dass Astrid mittlerweile zum heimlichen Fanliebling von "Fringe" avanciert ist. Daher ist es fast schon unfassbar, dass die Macher der Serie erst Mitte der vierten Staffel auf die Idee kamen, Astrid in einer Episode ein wenig mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Und anders als es groß angekündigt wurde, war #4.11 Making Angels zwar keine wirklich Astrid-zentrierte Folge, aber hielt definitiv einige tolle Hintergrundsinformationen bezüglich Astrid – besser gesagt: den Astrids – bereit und machte uns Zuschauern außerdem erneut klar, dass Jasika Nicole eine unglaublich begnadete Schauspielerin ist.

"I always wondered why nobody does that."

Das muss man sich mal vorstellen: "Fringe" hatte vor dieser Folge bereits eine Episodenanzahl von 75 Episoden auf dem Konto und wir Zuschauer wussten praktisch gar nichts über Astrid, da man sie eigentlich nur innerhalb des Labors oder zusammen mit Walter zu Gesicht bekam, aber kein einziges mal sah, wie ihr Privatleben eigentlich aussieht. Was das betrifft, ist Astrid allerdings nicht das einzige Opfer, denn auch Broyles’ Privatleben hat man, abgesehen von #2.06 Der Kosmonaut, nie wirklich thematisiert.

Bekanntlich soll man ja über das glücklich sein, was man hat und nicht dem nachtrauern, was man nicht hat. Daher dürfen wir wirklich glücklich sein, dass Astrid nun ein wenig in den Vordergrund rückte. Dass wir das Ganze ausgerechnet Alt-Astrid zu verdanken haben, war sehr überraschend. Schließlich kannten wir Alt-Astrid bisher nur als Art menschlichen Computer, die außerdem strikt den Anweisungen folgt, die sie erteilt bekommt. Niemals hätte man erwartet, dass ausgerechnet sie beschließt, unerlaubt die Brücke zu überqueren und ihr Pendant auf "unserer" Seite aufzusuchen. Astrids erste Reaktion auf ihr alternatives Ego war herrlich und natürlich absolut angebracht, doch war es schön zu sehen, wie schnell Astrids liebevolle Art und Weise zum Vorschein kam und sie sich sofort ihrem Pendant annahm. Was folgte, waren die mit emotionalsten Szenen in der Geschichte von "Fringe" – und ich weiß, dass ich das oft von solch mitreißenden Szenen behaupte, doch die Momente zwischen Astrid und Alt-Astrid werden mir wahrscheinlich für immer in Erinnerung bleiben. Dabei war es nicht mal Astrid an sich, die einen so berührt hat, sondern Alt-Astrid, die bisher durch ihren Autismus immer so befremdlich und unnahbar wirkte und nun aufgrund ihrer erschütternd offenen Worte an Astrid innerhalb dieser Folge auf einmal so unbeschreiblich sympathisch und menschlich wurde. Man sollte doch fast meinen, dass es bei so einer großen Anzahl an mitreißenden Momenten kein wirkliches Highlight gab, doch die letzte Szenen zwischen den beiden Astrids stellte dann doch noch einmal alles in den Schatten. Da glaubte man schon, Alt-Astrids bittere Frage, ob ihr Vater sie wohl geliebt hätte, wäre sie normal geboren worden sowie Astrids Antwort, dass ihr Vater generell ein Mensch sei, der nicht gerne Gefühle zeigt, sei schon ergreifend genug. Doch dann stellte sich tatsächlich noch heraus, dass Astrid ihr Pendant belogen hat, nur um deren Zweifel und innere Qualen ein wenig zu lindern. Es war dann wirklich schön zu sehen, dass Astrids Vater in Wirklichkeit ein absolut warmherziger und fürsorglicher Mann zu sein scheint und Astrid dadurch immer jemanden hat, der sie daheim liebevoll begrüßt, wenn sie nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause kommt. Diese letzten Momente waren in der Tat der krönende Abschluss der Geschichte zwischen den beiden Astrid, deren emotionale Intensität praktisch kaum mehr zu überbieten war und Jasika Nicoles erinnerungswürdigste Leistung innerhalb der ganzen Serie präsentierte. Das wird wohl wirklich allen "Fringe"-Fans lange in Erinnerung bleiben.

"Mata Hari, deceived and betrayed anyone yet today? It is almost lunchtime after all."

Doch nicht nur Jasika Nicole hatte in dieser Episode mehr zu tun als sonst, sondern auch John Noble, sprich Walter, hatte endlich mal wieder bedeutend mehr Screentime als in den letzten Episoden. Ob es wirklich mehr Screentime war, kann man eigentlich pauschal gar nicht sagen. Jedenfalls fühlte es sich so an, da Walter sich in dieser Folge mal wieder von seiner herrlichsten Seite zeigte. Egal, ob es sein infantiles Verhalten gegenüber Peter war, da er ihm immer die ganze Arbeit abgenommen hat, sein absolut hinreißendes Benehmen gegenüber Alt-Astrid oder seine zahlreichen Schlagabtausche mit Bolivia: Mit praktisch jeder Szene brachte Walter uns Zuschauer in dieser Folge zum Schmunzeln, was letztendlich dann ein wirklich guter Kontrast zu den sehr bedrückenden Szenen zwischen den beiden Astrids war.

Besonders die bereits angesprochenen Szenen zwischen Walter und Bolivia waren sehr interessant. Weder in dieser, noch in der anderen Realität, gab es bisher Szenen, in denen sich beide gegenüberstanden und Walter auch klar war, dass es sich dabei um Bolivia handelt. Denn auch in dieser Realität infiltrierte Bolivia unerkannt die Fringe-Division unserer Seite, während Olivia auf der anderen Seite gefangen gehalten wurde. Bereits in #4.02 One Night in October wurde dies angesprochen und eigentlich hatte ich mir erhofft, mal ein wenig mehr über diese Hintergründe in dieser Zeitlinie zu erfahren, da das Ganze durch Peters Abstinenz ein wenig anders über die Bühne gelaufen sein muss. Die Auswirkungen scheinen jedoch die selben zu sein: Nicht nur Olivia und Bolivia können sich nicht ausstehen, sondern auch Walter hegt einen großen Groll auf Bolivia. Und das war größtenteils wirklich sehr spaßig mit anzuschauen, wie Walter versucht hat, Bolivia so weit es geht auf Distanz zu halten und ihr immer wieder klarzumachen, dass er definitiv nicht ihr größter Fan ist, während Bolivia selbst sich über Walters Verhalten fast schon zu amüsieren schien. Die finale Szene zwischen den beiden war dann im wahrsten Sinne des Wortes zuckersüß und ich musste mich selbst beim Schmunzeln erwischen, als Walter völlig begeistert von Bolivias Drops war und er ihr im Gegenzug dazu einen seiner Süßigkeiten abgegeben hat. Ein perfekter Abschluss war der darauffolgende Dialog: "Walter, are you flirting with me?" "In your dreams." Ich hoffe, dass diese Entwicklung auch in Zukunft stand hält und man mehrere Szenen zwischen den beiden zu sehen bekommt, denn durch die zahlreichen Neckereien und den Anzeichen einer kleinen Hassliebe, könnte uns dieses Duo noch richtig viel Spaß bereiten.

Was momentan allerdings nach wie vor fehlt, ist eine ordentliche Aussprache zwischen Olivia und Bolivia, deren Beziehung zueinander doch relativ interessant ist. Bolivia scheint Olivia in dem Sinne nicht wirklich zu hassen, im Gegensatz zu Olivia, die sich in Gegenwart von Bolivia fast immer unwohl zu fühlen scheint. Andererseits gab es da die Szene zwischen Bolivia und Olivia, in der sie über Peter sprechen und sich das Ganze seitens Bolivia fast schon wie ein Gespräch zwischen guten Freundinnen anhörte. Ich würde wirklich gerne sehen, wie sich beide eventuell näher kommen. Aber wie gesagt, dafür bräuchte es endlich einmal eine Aussprache, auf die wir Zuschauer schon seit Ewigkeiten warten.

"Check his crotch." "I'm sorry? Don't be a prude."

Einen Fall gab es in #4.11 natürlich auch noch, der jedoch durch die ganzen grandiosen Szenen innerhalb des Labors ziemlich an den Rand gedrängt wurde und auch durch keine besonders inszenierten Szenen, wie etwa die Hypnoseszene aus der letzten Episode #4.10 Forced Perspective, irgendwie lange im Gedächtnis bleiben wird. Das Einzige, was an #4.10 erinnerte, war die Tatsache, dass man zum zweiten Mal hintereinander einen Täter hatte, der unter anderem den Tod von Menschen vorhergesehen hat. Allerdings interessierte der Fall zunächst recht wenig, da man auch sehr wenig über den Täter Neil erfuhr und daher nicht wirklich die Chance hatte, irgendeine Meinung über ihn zu bilden und dadurch mehr mitzufiebern. Lediglich gegen Ende gab es dann eine solche Szene, die allerdings teilweise ein wenig gezwungen eingeschoben wirkte, nur um Neil noch ein Profil sowie ein nachvollziehbares Tatmotiv zu verleihen, ehe er dann einfach wenig später von Olivia erschossen wurde. Das Ganze wirkte leider etwas lieblos und normalerweise haben die "Fringe"-Autoren so etwas besser drauf.

Einen interessanten Aspekt gewann den Fall dann erst dadurch, als sich herausstellte, dass der Fall in Verbindung mit den Beobachtern zu stehen schien. Das weckte durchaus Interesse und letztendlich erfuhren wir dann einige neue Details über die Beobachter, wie zum Beispiel, dass sie offenbar ein spezielles Gerät benötigen, um alle Zeitebenen und Realitäten zu sehen. Damit hat man dem Mysterium um die Beobachter allerdings nicht unbedingt einen Gefallen getan, denn bisher sah man die Beobachter als etwas Übermächtiges an. Dieser Eindruck lässt jetzt jedoch stark nach, wenn man bedenkt, dass die Beobachter gar nicht von sich aus in der Lage sind, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig zu sehen, sondern dazu ein spezielles Gerät benötigen, das außerdem jeder x-beliebige Mensch ebenfalls benutzen könnte, sollte ein Beobachter es dummerweise einmal verlieren. Nein, diese Erkenntnis hat den Beobachtern leider ein wenig von ihrem mysteriösen Wesen weggenommen, wobei natürlich noch immer genügend interessante Fragen bezüglich der Beobachter übrig bleiben. Was auch ein wenig störend war, war die Tatsache, dass der oberste Beobachter, December, erst jetzt erfahren hat, dass September Peter in #4.01 Neither Here Nor There nicht aus der Zeitlinie entfernt hat und zurückgekehrt ist. Auch hier ist man dann ein wenig enttäuscht, dachte man doch, dass die Beobachter bei so etwas allwissend sind. Gleichzeitig stellt sich dadurch nun die Frage, ob das Ganze für September Konsequenzen haben wird und vor allem, ob die anderen Beobachter nun erneut versuchen werden, Peter aus dieser Realität zu beseitigen. Vielleicht kommt dadurch ein wenig Schwung in die Geschichte rund um Peter, die trotz Walters Mithilfe seit Ewigkeiten nicht mehr wirklich voran gekommen ist.

Fazit

Wenn ich mit recht entsinne, dann hat bisher noch keine Standalone-Folge, was #4.11 Making Angels abgesehen von den paar neuen Informationen bezüglich der Beobachter ja war, so gut in meinen Reviews abgeschnitten. Doch wirklich verwunderlich ist das nicht, schließlich stand mit Astrid endlich einmal einer der sympathischsten Charaktere im Vordergrund, ihre Szenen mit ihrem alternativen Pedant waren an Emotionalität kaum mehr zu überbieten und Walter lief in Kombination mit Bolivia zu Höchstformen auf. Die Charaktermomente waren also nahezu perfekt, die im Zusammenhang mit dem Fall und den Beobachtern stehende Szenen hätten dagegen besser ausfallen können. Dennoch wird #4.11 wohl immer einen besonderen Platz in den Zuschauerherzen inne haben.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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