Review: #3.04 Und jetzt ist seine Wache zu Ende
Bereits die letzte Episode von "Game of Thrones" konnte mich durchweg begeistern, doch mit der hiesigen Episode hat die Staffel noch mal eine Schippe drauf gelegt und uns entsprechend eine der besten Episoden der gesamten Serie geliefert. Sollten auch die kommenden Episoden nur ansatzweise das Niveau halten können, dann wird es außer Frage stehen, dass die dritte Staffel zu einer, wenn nicht sogar der besten Staffel der TV-Season 2012/2013 zählen wird.
"My real father lost his head at King's Landing. I made a choice... and I chose wrong."
Auf der Liste der potenziellen Todeskandidaten steht Theon leider gerade ganz oben. Nicht zuletzt da er mit dieser Episode die Läuterung erfahren hat, die man sich schon so lange von ihm wünscht. Er hat seine Fehler eingesehen, verstanden, dass er schon Ewigkeiten nach etwas strebt, was er eigentlich die ganze Zeit schon besaß, nur nie erkannt hat: Die Starks waren seine Familie. Zwar wurde er als Mündel zu ihnen geschickt, jedoch wurde er in ihren Kreis aufgenommen. Robb war stets wie ein Bruder für ihn, Eddard hat ihm die gleiche Aufmerksamkeit und Ausbildung wie all seinen Kindern geschenkt. Doch Theon hat sich stetig nach dem Zuhause gesehnt, welches er als kleines Kind gezwungenermaßen verlassen musste, ohne dabei zu erkennen, dass er mit Winterfell sein wahres Zuhause schon längst gefunden hatte. Ich bin dankbar, dass man Theon diese Läuterung hat erleben lassen, vor allem weil Alfie Allen dies in seinem herzergreifenden und schmerzhaft niedergedrückten Monolog so brillant auf die Bildschirme transportiert hat. Doch ein solch großer Schritt in der Charakterentwicklung verheißt oftmals nichts Gutes und so befürchte ich, dass Theon in den kommenden Episoden nicht nur erneut brutal gefoltert wird, sondern sein letztes Stündlein so langsam aber sicher geschlagen hat.
Ebenso geläutert wirkt Jamie in seiner ersten Szene dieser Episode. Wie auch für Theon kann man als Zuschauer nichts als Mitleid für den gefallenen Ritter empfinden. Fast vergessen sind sein Attentat auf Bran und sein hinterhältiger Anschlag auf Eddard und dessen treuer Gefolgschaft. Zu sehr lässt man den einst so glorreichen Ritter nun wie einen armseligen Mann wirken, der von seinen Peinigern sprichwörtlich in den Dreck gezogen wird. Es ist geradezu schmerzhaft zu sehen, wie Jamie von Locke und seinen Männern stetig gedemütigt wird, sodass er jeglichen Lebensmut verliert, da er keine gebrochene Version seiner Selbst sein möchte. Und so kommt die aufkeimende Freundschaft zwischen Brienne und Jamie, die derzeit aus gegenseitigem Respekt füreinander besteht, gerade richtig. Anstatt Jamie mit Mitleid zu überhäufen, fährt sie ihn an, dass er sich selbst aufgegeben hat. Sie zeigt ihm auf, dass er auch ohne seine Schwerthand – die morbiderweise die gesamte Zeit demonstrativ um seinen Hals baumelt – eine Identität besitzt und es an der Zeit ist, dass er diese für sich entdeckt. Der symbolträchtige Bissen vom Brot, der dem Zuschauer letztlich zeigt, dass Jamie sich Briennes Worte zu Herzen genommen hat, verheißt nichts Gutes für Locke und seine Männer. Es darf davon ausgegangen werden, dass Jamie und Brienne gemeinsam einen Weg finden werden sich an ihren Peinigern zu rächen. Ob die nächste Station dann Königsmund heißt und wie Tywin, Tyrion und vor allem Cersei auf Jamies Schicksalsschlag reagieren werden, wird sich hoffentlich in den nächsten Episoden zeigen.
"And now his watch is ended"
Obgleich ich nach der letzten Episode auf eine Konfrontation zwischen Craster und der Nachtwache gehofft hatte, kam die hiesige Entwicklung für mich absolut unvorhersehbar. Von Beginn an war fraglich, inwieweit die heutige Nachtwache wirklich als Einheit bestehen kann. Immerhin besteht sie schon längst nicht mehr aus tapferen Kriegern, die sich bei der Nachtwache für das Wohl des gesamten Landes einsetzen. Nein. Die Truppe, die wir nun seit der ersten Staffel begleiten, besteht größtenteils aus Mördern, Vergewaltigern, Dieben und anderen Übeltätern, die mit ihrem Dienst bei der Nachtwache ihrem Tod oder sonstigen Verurteilungen entkommen sind. Zwar hat der Lord Kommandant sein bestes getan, um diesen Aussätzigen ein Vorbild und eine Vaterfigur zu sein, doch letztendlich ist die Gruppe bei der ersten großen Gefahr auseinander gebrochen. Doch es gab nicht bloß einen Aufstand unter den Brüdern der Nachtwache, welcher dazu führte, dass Craster ermordet wurde, sondern Rast hat hinterhältig auch Joer Mormont getötet und damit wohl auch vorerst die Nachtwache an sich. Es war ein absoluter Schock den alten Bären sterben und im Hintergrund seine Männern miteinander kämpfen zu sehen. Nun gibt es niemanden mehr, der die Nachtwache zusammenhalten kann, niemanden, der Westeros gegen die Invasion der Weißen Wanderer beschützen kann. Diese Tragödie wird zweifelsfrei auch Auswirkungen auf Jons Handeln haben. Ob er (gemeinsam mit Sam) versucht die Nachtwache wieder aufzubauen, und somit den Platz einnimmt, den Joer Mormont die ganze Zeit schon für ihn vorgesehen hat? Auf lange Sicht, wird dies sicherlich der Schritt sein, den Jon gehen wird. Auf kurze Sicht ist es jedoch wahrscheinlicher, dass er vorerst bei Mance und den Wildlingen bleibt, deren Einnahme der Schwarzen Festung nun um ein vielfaches leichter ausfallen wird.
"I have a golden rose painted on my chamber pot. As if that makes it smell any better."
Lady Olenna mag das Hausmotto sowie das Wappen der Tyrells im direkten Vergleich zu den anderen großen Häusern in dieser Episode herrlich verspottet haben, doch genau darin liegt der Schlüssel für den Erfolg, den diese Familie gerade feiert. Margaery gelingt es einmal mehr Joffrey durch ihre Schönheit und scheinbare Unterwerfung in ihren Bann zu ziehen. Der siegessichere Blick, den sie Cersei zuwirft, als sie gemeinsam mit ihrem Verlobten vor das jubelnde Volk tritt, spricht Bände. Ebenso wie Cerseis schockierter Gesichtsausdruck, der deutlicher als jedes Wort zeigt, dass Margaery diese Schlacht haushoch gewonnen hat. Margaery verkörpert das Motto der Tyrells entsprechend perfekt, denn wie eine Rose wirkt sie vornehmlich nur wunderschön, nicht aber gefährlich. Doch je mehr ihre Macht wächst, desto mehr werden sich auch ihre Dornen zeigen, ohne dass jemand – Cersei natürlich ausgenommen – dies derzeit wirklich wahrnimmt. Mit der Hochzeit von Joffrey und Margaery wird das Haus Tyrell mächtiger denn je zuvor sein, und Lady Olennas Plan Sansa mit Loras zu vermählen, würde der Familie auch die Tore in den Norden öffnen und somit ein Machtgefüge herstellen, welches seines Gleichen sucht.
Man wünscht es Sansa wirklich, dass sie durch ihre – meiner Meinung nach wirklich ehrlich gemeinte – Freundschaft zu Margaery aus ihrem golden Käfig ausbrechen kann, selbst wenn sie dabei einen homosexuellen Ritter heiraten würde, der seinen ehelichen Pflichten sicherlich nur gezwungenermaßen nachkommen würde und somit eine weitere männliche Enttäuschung in Sansas Leben darstellen würde. Doch mit Margaerys Eroberung von Joffrey, der nun auch mal den Duft der Bewunderung des Volkes schnuppern durfte, wodurch sein Wahnsinn sicherlich noch steigen wird, wird sich Cersei dem Plan mit Sansa sicherlich in den Weg stellen. Ich befürchte, dass Sansa einmal mehr der politischen Spielball in Westeros ist und letztlich in eine Ehe gedrängt wird, die für die entsprechende Familie des Ehegatten von Vorteil ist, für Sansa jedoch eine weitere Demütigung bedeuten wird. Dass sie wirklich Teil der Tyrells wird, wage ich entsprechend zu bezweifeln, denn deren Macht ist derzeit schon zu groß. Die momentane Alternative wäre also jemand aus dem Hause Lannister...
"Dracarys"
Die letzten Minuten dieser Episode waren wahrscheinlich für den Großteil der Zuschauer mehr als vorhersehbar, denn niemand hat wohl wirklich jemals geglaubt, dass Daenerys einen ihrer Drachen freiwillig abgeben würde. Doch während solch vorhersehbare Szenen oftmals einen negativen Effekt auf die Zuschauer haben, da das Überraschungsmoment schlichtweg ausbleibt, kann man dies von der Szene in Astapor keinesfalls behaupten. Obwohl klar war, dass Daenerys einen Trumpf in der Hand hält und als Siegerin aus diesem Treffen mit dem Sklavenhändler hervorgehen wird, hat dieses Wissen den Genuss dieses Moments nicht eine Sekunde geschmälert. Zu grandios war alles in Szene gesetzt, zu sehr hat man als Zuschauer mit Daenerys diesen brillanten Siegeszug gefeiert und zu sehr hat man sich darauf gefreut, dass Drogon die gesamte Stadt in Schutt und Asche legt!
Spätestens diese Szene macht alles wett, was wir von Daenerys in der zweiten Staffel gesehen haben, denn die hiesige Daenerys erinnert an jene, die uns im grandiosen Finale der ersten Staffel entgegen getreten ist. Eine starke, selbstbewusste Frau, die durch diverse Rückschläge über sich selbst hinauswächst, die sowohl gutmütig als auch erhaben wirkt, die ihre Macht ohne Umschweife demonstriert, jedoch gleichermaßen nicht ausnutzt. Emilia Clarke leistet hier einfach grandiose Arbeit und verkörpert in ein und demselben Moment die Härte eines zornigen Targaryens gepaart mit der Sanftheit der uns bekannten Khaleesi.
So grandios und befreiend für alle diese finale Szene der Episode jedoch auch sein mag, wirft sie gleichermaßen einen dunklen Schatten auf die zukünftige Handlung. Denn Daenerys ist nun im Besitz einer grausamen Armee, die ihr in den Tod folgen würde, und besitzt zudem noch drei Drachen, die bereits im noch nicht ausgewachsenen Zustand ihre Macht unter Beweis gestellt haben. Für alle Charaktere in Westeros kann man sich derzeit nur wünschen, dass Daenerys noch einige weitere Stationen meistern muss, bevor sie wahrhaftig in den Kampf um den Eisernen Thron einsteigt. Denn gegen dieses Aufgebot kommt keine der Armeen in Westeros derzeit an, selbst wenn sich die Starks, Baratheons, Graufreuds und Lannisters zusammenschließen sollten. Im Zuge der anstehenden Invasion der Weißen Wanderer wiederum erhofft man sich dann doch, dass Daenerys und ihre Drachen schnell über das weitere Meer geschifft kommen, um so überhaupt noch irgendwann einmal gegen menschliche Gegner antreten zu können. Wann auch immer Daenerys ihre Heimat erreichen sollte, derzeit ist sie die heißeste Anwärterin auf den Eisernen Thron!
Persönliche Eindrücke und Randnotizen
Man hat Varys in dieser Episode viel Raum eingeräumt, welchen er brillant ausfüllen konnte. Zunächst mit seiner tragischen Lebensgeschichte, die perfekt inszeniert wurde und seinen Höhepunkt darin findet, dass Varys nach all den Jahrzehnten seiner Rache zum Greifen nah ist. Gleichzeitig deutet er Tyrion an, dass auch dieser seine Rache bekommen wird, sofern er bereit ist alles dafür zu tun und gleichermaßen geduldig sein. Oh Cersei, oh Tywin – zieht euch warm an, Tyrion hat sich soeben in die Schule des Meisters für bitterliche Rache begeben! Doch auch Varys Interaktion mit Lady Olenna hatte es in sich. Dass Kleinfinger nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, war sicherlich jedem bewusst, doch Varys Worte lassen einen mutmaßen, dass Baelish noch viel gemeingefährlicher ist, als man es sich jemals erträumt hätte.
Apropos Lady Olenna: Gäbe es ein Spin-Off zur Serie, in welchem wir lediglich den Ausführungen von Lady Olenna lauschen dürften, würde ich mir jede einzelne Episode mit Freuden ansehen. Jede Zeile ihrer Monologe sitzt, bietet wunderbare Unterhaltung und wird von Diana Rigg einfach herrlich in Szene gesetzt. Das gleiche gilt für Charles Dance alias Tywin Lannister. Es gibt kaum einen Schauspieler, der bedrohlicher wirken könnte, indem er einfach nur wortkarg irgendwelche Pergamente beschriftet.
Ebenso wie den 'alten Schauspielhasen' muss ich erneut Jack Gleeson ein großes Kompliment aussprechen. Ich hätte mir keine bessere Besetzung für Joffrey vorstellen können und es ist fast schon beängstigend, wie gut er diesen Sadisten verkörpert. So gut zumindest, dass man sich zunächst nur fasziniert auf Joffreys ekelerregende Freude über die diversen Todesarten bei seinem Rundgang in der Septe konzentrieren konnte. Dabei wurde uns mit dieser Szene eigentlich wieder mal ein großer Schwung an geschichtlichem Hintergrund geliefert, den man durchaus nicht einfach so ignorieren sollte.
Zu guter Letzt: Über die Identität von Theons Entführern werden wir als Zuschauer immer noch im Dunkeln gelassen. Die Erwähnung des Mottos "Winter is coming" sowie die halbherzig erzählte Geschichte über die Eiseninseln, lassen jedoch vermuten, dass es sich um eine Gruppe aus dem Norden handelt. Ob sie Robb verbunden oder feindlich gesinnt sind, wird sich sicherlich bald zeigen, zumal Theon ja nun verraten hat, dass Bran und Rickon noch am Leben sind, was ein nützliches Ass im Ärmel sein könnte.
Fazit
Alle ausführlich behandelten Charaktere in dieser Episode befinden sich an einem wichtigen Punkt in ihrem Leben, welcher darüber entscheidet, wie es mit ihnen weitergeht. Während vor allem Daenerys ihre Stärke zeigt, müssen sich Theon und Jamie aus ihrem eigenen Elend befreien, um wieder Herr ihrer selbst werden zu können. Eine grandiose Episode, in der jede Szene überzeugen konnte und welche mit einem fulminanten Schlussakt aufwarten kann, der wohl das Highlight der bisherigen Serie darstellt.
Annika Leichner - myFanbase
Die Serie "Game of Thrones" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: And Now His Watch is EndedErstausstrahlung (US): 21.04.2013
Erstausstrahlung (DE): 28.02.2014
Regie: Alex Graves
Drehbuch: David Benioff & D.B. Weiss
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