Bewertung

Review: #3.21 Auf der Strafbank

Foto: Archie Panjabi, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Archie Panjabi, Good Wife
© Paramount Pictures

Wäre Episode #3.21 The Penalty Box eine Folge aus dem Mittelteil der Staffel gewesen, würde meine Einschätzung die nun folgt sicher etwas wohlwollender ausfallen, schließlich gab es einige Entwicklungen, die vielversprechend erscheinen und auch der Fall rund um Richter Cuestas hatte durchaus Highlights zu bieten. Aber so als vorletzte Episode der Staffel, in der eigentlich noch einmal die Handlungsstränge zugespitzt werden und sich die Einsätze fürs Staffelfinale erhöhen sollten, war es doch irgendwie enttäuschend. Das liegt vor allem daran, dass man es trotz einiger Höhepunkte in diesem Jahr nicht richtig geschafft hat, eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen. Die meisten Storylines plätscherten so etwas vor sich hin, da ist lediglich die Sache mit Wills Suspendierung und den Auswirkungen, die dies auf das Machtgefüge in der Kanzlei hat, erwähnenswert. Ich vermute auch, dass wir in diesem Bereich noch einiges im Finale erleben werden, aber im Vergleich zu den vielen simultan laufenden Handlungssträngen der letzten Staffel, bin ich doch eher etwas enttäuscht von den folgenübergreifenden Geschichten in dieser Season.

Auch Kalindas Steuerprobleme können mich nicht so recht begeistern. Das liegt mal wieder daran, dass die Details dazu viel zu vage gehalten werden und wir einfach kein wirkliches Gefühl haben, was für Kalinda alles auf dem Spiel steht und wie berechtigt die Anschuldigungen des FBIs sind. Meiner Meinung nach untergräbt auch die private Komponente zwischen Kalinda und Agent Delaney die wahre Brisanz der Geschichte. In dem man immer wieder andeutet, Lana würde diesen Ermittlungen nur nachgehen, um entweder Kalinda näher zu kommen oder ihr eins auszuwischen, will für mich das Bedrohungsszenario nicht so recht entstehen. Und die Aussage, mittlerweile stände Kalindas Leben auf dem Spiel finde ich gerade deshalb nun wahrlich vollkommen übertrieben. Nicht dass ich eine solche Konsequenz einem Mann wie Lemond Bishop nicht zutrauen würde, aber wenn wir nun eine Lebensgefahr aus einer Situation heraus herstellen, von der wir keinerlei Vorstellung über deren wahres Ausmaß haben, dann wird es leider irgendwie lächerlich. Man tut sich aus meiner Sicht hier keinen Gefallen, alles in Bezug auf Kalinda immer so vage wie möglich zu halten. Außerdem bin ich es wirklich leid, dass bei ihr wirklich alles immer mit ihrem Sexualtrieb vermischt wird. Wie oft haben wir Kalinda sich schon aus einer heiklen Lage mittels ihres aggressiven Verführungsstils winden sehen? Mir fallen da spontan einige Gelegenheiten ein und ich bin es irgendwie leid, dass es immer darauf hinausläuft. Zwar war diese spezielle Szene zwischen Kalinda und Lana wieder einmal besonders für CBS-Verhältnisse voller sexueller Eindeutigkeiten, die dem ganzen durchaus ihre Würze geben, aber auch die kleine Andeutung von Verletzlichkeit bei Kalinda konnte mich nicht an einem Augenverdreher hindern. Es war einfach mal wieder Kalinda und ihre sexuelle Allmacht.

Der Lichtblick bei dieser Sache war dann die Schlussszene, in der Alicia und Kalinda endlich wieder zu ihrem alten Ritual der gemeinsamen Barbesuche finden. Gesteigert wurde meine Freude darüber noch durch die Tatsache, dass auch Cary nun wieder dazugehört. Denn Cary ist zurück bei Lockhart/Gardner, wie man in den letzten Episoden nach seiner Degradierung innerhalb der Staatsanwaltschaft ja bereits vermuten konnte. Vielversprechend finde ich dabei vor allem, dass die sehr lange ausgetragenen Animositäten zwischen Cary und Alicia vorerst beigelegt sind und sich beide nun auf gleicher Ebene begegnen. Das verspricht wirklich interessant zu werden, haben sie für mich in ihrem moralischen Weltbild doch mittlerweile fast die Fronten getauscht und werden damit hoffentlich auch einmal konfrontiert. Und ich frage mich, ob wir vielleicht sogar den tiefen Blick in die Mechanismen der Staatsanwaltschaft auf lange Sicht ganz verlieren. Cary ist weg und auch Peter würde bei gewonnener Wahl seine Position dort aufgeben. Außerdem ist Cary auch für den denkwürdigen Abschlussmoment des aktuellen Falles zuständig.

"People lie. And the people who judge, they lie the most." ist seine Bemerkung zum Ende der Verhandlung gegen Richter Cuesta. Diese neue Variation eines Justizfalles hat mir wieder einmal ohne Abstriche gefallen, auch weil ich mir absolut nicht sicher bin, wo denn nun die Wahrheit bei der ganzen Geschichte liegt. Richter Cuestas war in seiner moralischen Überlegenheit einerseits so bestimmt, so überzeugt davon den diabolischen Anwälten überlegen zu sein – was gleichzeitig einige der zwiespältigsten Aspekte des Rechtssystem rund um die Verteidiger ins Rampenlicht rückt – aber eben auch nicht bereit, eigene Unzulänglichkeiten weder zuzugeben noch nach ihnen zu suchen. Es wurde vermehrt angedeutet, dass die Anschuldigungen gegen ihn, die Beweise so manipulativ präsentiert zu haben, dass der Schuldspruch unvermeidbar war, der Wahrheit entsprechen und es wurde an keiner Stelle versucht, diesen Eindruck zu widerlegen. Wir als Zuschauer sind einzig und allein auf sein Wort angewiesen und ich weiß immer noch nicht, wie viel ich darauf geben kann. Sein Zögern, den unschuldigen Kollegen mit Schuld zu belasten hat sicher damit zu tun, dass dies moralisch falsch ist, aber wenn er wirklich verantwortlich war, macht er sich damit gleich doppelt schuldig. Und Carys Worte am Ende, aber auch der lange zweifelnde Blick von Richter Wicks nach seiner Befragung waren sehr zwiespältiger Natur.

Dieser Fall wirft wieder einmal ein Licht darauf, in welchen trüben Gewässern sich Alicia, aber wohl eigentlich jeder Anwalt bewegt und wie zynisch man darin offensichtlich mit der Zeit wird. Alicias professionelles Verhalten ist mittlerweile so eingespielt und kompetent, dass sie ohne Probleme mit Diane auf einer Ebene mitspielen kann, auch wenn ihr die Doppeldeutigkeit mancher Dinge spätestens nach Feierabend immer noch Stoff zum Nachdenken bietet. Alicia ist ein Profi durch und durch geworden, mit all den positiven und negativen Seiten die dazugehören.

Am Rande des Geschehens gab es auch in dieser Folge wieder einiges Geplänkel rund um Wills neue Affäre mit der Anwältin Callie Simko, die amüsanterweise von Diane zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, so dass Will seiner Partnerin die nächste Affäre gestehen muss (O-Ton Diane: "Could you please keep your pants zipped?"). Eli versucht den dritten Seniorpartner der Kanzlei Howard Lyman zu manipulieren, scheitert aber an dessen Wunderlichkeit. All diese eher belanglosen Dinge lassen uns als Zuschauer nun mit der großen Frage zurück, was eigentlich die Kulmination der Staffel sein wird? Wills Suspendierung dauert offensichtlich noch zwei Monate an, wird also wohl eher nicht aufgelöst. Steht eine Entscheidung für Alicia in Bezug auf das Haus und damit vielleicht auch Peter an? Nimmt die Untersuchung gegen Kalinda vielleicht doch noch Fahrt auf? Ich habe keine Ahnung und auch keinerlei Gefühl, was nun wirklich als dringend zu lösendes Dilemma ansteht. Wie oben besprochen, mir fehlt irgendwie das Momentum, um dem Ende der Staffel gespannt entgegen zu sehen.

Cindy Scholz - myFanbase

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