Bewertung

Review: #16.11 Bittere Pille

Foto: Debbie Allen & James Pickens Jr., Grey's Anatomy - Copyright: 2020 ABC Studios; ABC/Christopher Willard
Debbie Allen & James Pickens Jr., Grey's Anatomy
© 2020 ABC Studios; ABC/Christopher Willard

Und die dieswöchige Anti-Rauchen-Kampagne wird geliefert von "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte"! Wobei in dieser Folge nicht nur das Rauchen von Vapes von McWidow lautstark verurteilt wird, sondern man gleichzeitig die unangenehmen Konsequenzen des Steckens verschiedenster Gegenstände in Mund und Hals aufzeigt: Während Leo Teddys Verlobungsring verschluckt, dürfen sich Jo, Jackson, und Link um einen eher dümmlichen Mann kümmern, der sich einen giftigen Fisch in den Rachen gesteckt hat. Die Moral von der Geschichte ist also: Passt auf, was ihr in den Mund nimmt! Einen pädagogischen Mehrwert vertritt diese Episode also bereits schon mal, doch kommt noch mehr dabei rum?

Antwort: Mal mehr, mal weniger. Das Liebesfünfeck zeigt sich vor allem mit Belanglosigkeit und zugegebenermaßen einer süßen Szene bei Owen und Teddy, während bei Amelia und Link langsam dunkle Wolken aufziehen. Die beiden können einem auch wirklich nur leid tun: Amelia, die mit der Neuigkeit hadert, Link dabei aber ihre Liebe gesteht, weil sie ihn nicht verlieren möchte und Link, der einerseits für Amelia der perfekte Freund sein will, gleichzeitig schockiert von der Nachricht ist, eventuell nicht der Vater ihres Kindes zu sein. Ich denke allerdings nicht, dass Amelia sich bei Link entschuldigen hätte müssen, schließlich hat sie ihm direkt gesagt, dass er so viel Zeit mit der Information haben könnte, wie er braucht. Doch Links Schmerz ist natürlich absolut berechtigt und verständlich und macht seinen Charakter meiner Meinung nach sogar interessanter und dreidimensionaler. So scheint es, dass dieses Paar, das für viele Glanzstunden in dieser Staffel sorgen durfte, durch seine erste große Krise geschickt wird. Sicherlich bin ich nicht der Einzige, der inständig dafür betet, dass Link sich als Vater herausstellen und dieses unnötige Drama eingestampft wird und wir wieder Amelia und Link beim Glücklichsein zuschauen dürfen.

Natürlich habe ich aber das fünfte Eck des Liebesfünfecks nicht vergessen: Tom darf in dieser Folge mal wieder bei Bailey punkten, nachdem er sich davor abermals unbeabsichtigt unsensibel gezeigt hat. Ich verstehe oft nicht, wie die Autor*innen mit Tom umgehen. Auf der einen Seite inszenieren sie ihn ungerechterweise als großes Übel, das das Krankenhaus heimgesucht hat und von den meisten Kolleg*innen gehasst wird, auf der anderen Seite geben sie ihm diese Szenen, die doch bei den andere Ärzt*innen im Krankenhaus dafür sorgen könnten, dass sie mehr Sympathie für ihn entwickeln. Pluspunkte gibt es hier aber dafür, dass man weiterhin zeigt, wie Bailey von ihrer Fehlgeburt gezeichnet ist und sich im Vergleich zu früheren Folgen dieser Staffel nachdenklicher, emotionaler und somit stark verändert präsentiert.

Ebenso wenig kommt beim zweiten Liebesgeflecht der Serie herum: Zwar dürfen wir weiterhin McWidow kennenlernen und ihn immer mehr mögen (der Mann hat aber auch ein Charisma!), gleichzeitig wird aber immer noch nicht ganz klar, warum Cristina ihn nach Seattle geschickt hat und inwieweit er von seinem Status als "Geschenk" Bescheid weiß. Im Moment sieht es so aus, als hätte er mit Cristina eine kleine Arbeitsrivalität in der Schweiz gehabt, wüsste aber scheinbar nichts von ihrer Ausbildung in Seattle und auch Meredith verschweigt zunächst dieses Detail. Aber hier springen wirklich die Funken und ich bin gespannt, wie man diese Anziehung ausbauen wird. Immerhin spielt Andrew hier doch noch eine Rolle, denn Meredith verzeiht ihm (warum auch immer das nötig war) und gibt offen zu, ihn zu vermissen und ihre Probleme klären zu wollen. Warum Andrew aber darauf nicht wirklich eingeht, obwohl er noch in der letzten Folge Maggie gegenüber zugegeben hat, einen Fehler bei Meredith begangen zu haben, erschließt sich mir nicht wirklich. So wird hier nur ein weiteres Liebesdreieck gestartet, ohne das wirklich verständlich gemacht wird, warum die Autor*innen Meredith und Andrew eigentlich auseinanderreißen mussten.

Doch auch das Drama bei den Webbers geht weiter. Über Catherines und Richards scheinbare Trennung, die am Ende hin angedeutet wird, verliere ich nicht allzu viele Worte; auch hier wird mir einfach nicht klar, warum dieser Handlungsstrang überhaupt eingeführt wurde und darüber hinaus noch weiter verfolgt wird. Da Richard durch diese Storyline nämlich in letzter Zeit oft mehr als unsympathisch wirkte, kann er in dieser Folge einiges wieder gutmachen, indem er sich wirklich rührend um die depressive Maggie kümmert. Maggie befindet sich weiterhin in einer Abwärtsspirale, die durch ihren Fehler bei der OP ihrer Cousine Sabi ausgelöst wurde und zweifelt dazu immer noch an ihrem Urteilsvermögen und ihrer Persönlichkeit an sich. Niemals zuvor hat sie einen Ärztefehler dieses Ausmaßes begangen und stellt sich nun so weit als Person in Frage, dass sie von Webber beschimpft und angefeindet werden möchte, weil sie glaubt, nichts Anderes verdient zu haben. Richard reagiert hierauf nur mit Sensibilität und Ehrlichkeit bezüglich seiner eigenen Trauer und darf somit wieder in seiner Rolle als weiser Ratgeber punkten. Hier werden gute Akzente gesetzt und Maggies existenzielle Krise könnte sich durchaus zu einer guten Storyline entwickeln.

Schlussendlich hängt aber über allen Ereignissen in dieser Episode weiterhin das Damoklesschwert von Justin Chambers' Ausstieg, das jederzeit runterschwingen könnte – das aber bis jetzt aber weder innerhalb der Serie noch wirklich außerhalb von Cast und Crew angesprochen wurde. Die Tatsache, dass wir somit immer noch nicht viel schlauer als vor ein paar Wochen sind, als Justin Chambers sein Verlassen der Serie verkündet hatte, ist verdammt frustrierend und begleitet sicherlich nicht nur mein eigenes momentanes Seherlebnis von "Grey’s Anatomy".

Lux H. - myFanbase

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