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Review: #18.10 Uneinigkeiten

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Der Vorteil an einer Serie, die man seit 18 Staffeln verfolgt? Die Abläufe, der Ton, die Figuren, die sind einem so vertraut, dass man oft lediglich fünf Sekunden benötigt, um zu wissen, was da eigentlich gerade passiert. Der Nachteil? Repetition, Figuren, die erneut die gleichen Fehler begehen, obwohl man glaubt, sie hätten bereits aus diesen gelernt. Ich frage mich, in diesem Fall bei Webber, ob es überhaupt realistisch ist, dass Figuren sich von ihrem vertrauten Verhalten der letzten achtzehn Jahren entfernen können?

Wenn Richard sich in die Ecke gedrängt fühlt, attackiert er meist lieber erst die anderen, bevor ein konstruktives Gespräch entstehen kann. So wirft er zunächst Maggie und indirekt Meredith vor, ihn bei der Webber Method an sich und nun bei der Morbidity und Mortality Conference in Stich zu lassen. So dürften sich beide keine Meinung erlauben lassen, geschweige denn ihn, wie es Maggie dankenswerterweise tut, während der Konferenz zu kritisieren. Das ist natürlich völliger Humbug und kann am Ende durch eine wirklich wunderschöne Szene aufgefangen werden, in der er Maggie, Meredith und (spannenderweise auch) Amelia eröffnet, dass er sie, da sie für ihn wie Töchter seien, nicht enttäuschen wollte. Dennoch sind es Momente wie der Streit mit Maggie, sein und auch Catherines Verhalten während der Konferenz, sowie die Art wie er und Catherine überhaupt die Webber Method durchgesetzt haben, die mich enttäuschen und mich fragen lassen, ob wir jemals einen Richard sehen werden, der mit seinen alten Mustern bricht.

Immerhin zeigt er sich zum Ende einsichtig und stimmt Bailey und ihren Bedenken zu, womit die Webber Method endgültig Geschichte ist. Dieses Hochglanzprojekt, zu dem es teils in den vorausgegangenen Folgen stilisiert wurde, wird durch Maggies, Chens und Jordans Fragen endgültig demoliert: Richard hat im Vorfeld nicht die Verantwortlichkeiten, nicht die Risiken, nicht die verschiedenen Charaktere der Assistenzärzt*innen berücksichtigt. Diese Nachsichtigkeit kostet nun das Krankenhaus ein Alleinstellungsmerkmal und ich für meinen Teil finde es schon schade, dass man die Methode nun ganz ad acta legt, statt sie zu verbessern und weiter zu verwenden. Merediths Worte in Ehren, dass Richard allein motivierend genug für die Assistenzärzt*innen ist - die Methode hatte durchaus das Potenzial, Assistenzärzt*innen beizubringen, vorsichtiger und verantwortungsvoller im OP zu agieren. Gefreut habe ich mich auch darüber, dass der Konflikt zwischen Bailey und Webber nicht ansatzweise so ausgeartet ist, wie es in vergangenen Staffeln der Fall gewesen wäre. Vielleicht gibt es ja doch kleine Veränderungsmöglichkeiten bei langjährigen Charakteren.

Der Leidtragende in der ganzen Situation ist und bleibt jedoch Levi, der nicht nur erneut vor versammelter Mannschaft zusammenbricht, sondern sich bei seiner Mutter einigelt, nicht länger arbeiten möchte und die Beziehung zu einem besorgten Nico kurzerhand beendet. Das Ganze erinnert mich so an Dereks Verhalten, als durch einen Ärztefehler eine seiner Patientinnen in der fünften Staffel verstarb, dass ich tatsächlich dazu tendiere, mit einer ähnlichen Auflösung des Handlungsstrangs zu rechnen: Eine Heldenrückkehr in den OP mit anschließender Hochzeit mit Nico. An dieser Stelle möchte ich noch die sehr berührende Szene zwischen Helm und Bailey erwähnen. Helm ist eine wahnsinnig unterschätzte Figur und ich würde mir wirklich mal eine richtige Storyline für sie wünschen - vielleicht ist sie ja schlussendlich diejenige, die als beste Freundin zu Levi durchdringen kann.

An anderen Punkten werden die Akzente gesetzt, die ich mir gewünscht habe. So streicht Jo rasch das Plus aus ihrer Freundschaft mit Link, bevor es sich zu verfestigen droht. Ihr allzu nervöses Verhalten gegenüber einer sehr souveränen Amelia und ihr süßes Gespräch mit Carina beweisen dabei zweierlei: Einerseits sieht Jo ein, dass der Sex mit Link ein Fehler war (gut!), andererseits wird anhand Links Reaktion deutlich, dass er, im Gegensatz zu Jo, kein Problem mit dem Abbruch ihrer Freundschaft Plus hat (nicht so gut!). Ich hoffe inständig, dass man Jo schnellstmöglich ihr gebrochenes Herz heilen kann und hier keine Freundschaft torpediert wurde. Und war Link nicht generell diese Folge etwas unangenehm? Dieses leicht überhebliche und ziemlich taktlose Verhalten gegenüber seiner Patientin kam für mich sehr überraschend - droht Link jetzt zum Playboy à la Mark Sloan zu werden?

Ähnlich habe ich mich über die Entwicklungen um Meredith gefreut. Das letzte Gespräch mit Cormac Hayes hatte genau diesen bittersüßen Geschmack, den ich seit letzter Woche nicht verliere: Die beiden hätten wirklich eine reale Chance und Cormac einen richtigen, allumfassenden Abschied verdient. Allerdings bin ich mehr gewillt, das Potenzial von Meredith und Nick anzuerkennen. Schließlich wird er nun (endlich!) erstmals und langsam in ihr Leben in Seattle integriert: Nicht nur, dass er hier operiert, er lernt auch in einer der besten und witzigsten Szenen der Folge Amelia und Maggie kennen, die sehr an dem neuen Mann in Merediths Leben interessiert sind. Dazu werden erste Anzeichen darauf gegeben, wie sich die Beziehung von Meredith und Nick weiterentwickeln wird: Merediths Worte, dass sie sich wieder mehr auf ihr Leben in Seattle fokussieren muss sowie Nicks Geständnis, nicht mehr ohne sie zu können, lassen deutlich darauf schließen, dass der Minnesota-Handlungsstrang kurz vor der Auflösung zu stehen scheint. Ich bin ehrlich gesagt sehr froh darüber: Die Serie funktioniert nicht mit mehreren dauerhaften Handlungsschauplätzen, das hat die Vergangenheit immer wieder gezeigt.

Auch Cormacs letzte Szene ist nicht von Abschied oder Nostalgie geprägt, sondern stellt für Teddy ein weiteres Puzzleteil in der Aufdeckung von Owens Geheimnis dar. Obwohl ich Teddy durchaus verstehen konnte, hätte ich mir dennoch gewünscht, dass sie Owen einfach das Vertrauen entgegengebracht hätte, um das er sie gebeten hat. So wird sie durch ihr hartnäckiges, teils auch unsensibles Verhalten am Ende zur Mitwisserin, als sie Heather dabei erwischt, die Medikamente aus Owens Auto zu entnehmen. Hier war ich auch etwas überrascht, dass Owen nach den Ereignissen der letzten Folgen an seinem Vorhaben festhält und weiterhin die Sterbehilfe leistet. Mit Teddy als nun etablierte Sparring Partnerin wird das aber sicherlich in den nächsten Folgen weiter debattiert werden.

Lux H. - myFanbase

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