Bewertung

Review: #19.01 Die Neuen

Foto: Alexis Floyd & James Pickens Jr., Grey's Anatomy - Copyright: 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen; 2022 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.; ABC/Liliane Lathan
Alexis Floyd & James Pickens Jr., Grey's Anatomy
© 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen; 2022 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.; ABC/Liliane Lathan

Im Vorfeld wurde diese Staffel groß als die Renaissance von "Grey's Anatomy" beworben, ganz nach dem Motto: Zurück zu den Anfängen. Zurück zu einer Zeit, in der die Anfänger*innen im Fokus standen, die Oberärzt*innen vor allem als Vorbild oder Love Interest dienten und das Medizinische und die Fälle der Woche großen Anteil der Episoden einnahmen. Vielleicht bin ich einfach von Natur aus kein Optimist, vielleicht bin ich aber einfach nur lange genug Fan der Serie, um solchen, teils sehr euphorischen Ankündigungen eher zu misstrauen. Bereits Staffel 9, 12 oder auch 14 waren als große Neuanfänge angelegt, und auch in der letzten Staffel hatte ich ebenfalls, zumindest zu Beginn noch, den Eindruck, dass dort ebenso die Zeichen auf einen Kurs zurück zu den Wurzeln standen. Doch nun, mit dem Damoklesschwert, das relativ drohend über der Staffel hängt, dass Ellen Pompeo deutlich zurück- und nur in acht Folgen auftreten wird, scheint der Serie ein ähnliches Schicksal wie der neuen Generation Anfänger*innen zu gebühren: Es ist vermutlich die letzte Chance, der letzte Versuch, der Serie eine Zukunft abseits von Meredith und anderen altgedienten Charakteren zu verschaffen. Wie diese Chance letztlich umgesetzt wird? Nehmen wir doch einfach die oben erwähnte Formel (Anfänger*innen im Fokus + Oberärzt*innen eher im Hintergrund + Medizinische und Fälle der Woche wichtig) und sehen, wie diese in dieser Auftaktfolge umgesetzt wird.

Anfänger*innen im Fokus

In vielerlei Hinsicht fordert die Serie mit der neuen Anfängergeneration einen Vergleich zu der ersten Generation um Meredith und Co. förmlich heraus: Wieder sind es fünf Figuren, davon wieder drei Frauen und zwei Männer, und wieder sind die Charaktere bereits auf vielfache Weise mit den Oberärzt*innen verflochten. Im Moment wirkt insbesondere Mika Yasuda noch unausgereift, sie zeichnet sich zunächst nur durch ihre große Klappe und ihre Empathie gegenüber Patient*innen aus. Ähnlich ist es bei Benson "Blue" Kwan, dessen Wettkampfgeist, Arroganz und Ehrgeiz nicht ungefähr an eine junge Cristina Yang erinnern. Die anderen Anfänger*innen scheinen für ihnen nur Konkurrenz zu sein, die er für seinen eigenen Vorteil ausnutzt oder bei den Oberärzt*innen schlechtmachen zu versucht. Etwas mehr Eindruck darf Jules Millin hinterlassen, die zumindest den Meredith-Grey-Gedächtnis-Preis für den ersten One-Night-Stand mit einem Oberarzt aka Link abstauben darf. Doch während dies damals die zentrale Liebesgeschichte der Serie einläutete, sorgt man in dieser Folge damit lediglich für etwas Comic Relief – und für Verwirrung, was den derzeitigen Stand zwischen Jo und Link betrifft, die augenscheinlich wieder miteinander so umgehen wie vor ihrer Freundschaft Plus.

Deutlich mehr im Fokus stehen Simone Griffith und Lucas Adams. Insbesondere Simone scheint als zentrale Anfängerfigur inszeniert zu werden: So hat sie, ähnlich wie einst Meredith, eine tragische Verbindung zum Krankenhaus (ihre Mutter verstarb bei ihrer Geburt im Grey Sloan), zeigt kreativen Einsatz für ihre Patient*innen (die Rollstuhlaktion) und bekommt bereits am Ende den ersten Pep-Talk von Webber. Dennoch wirkt dieser Inszenierungsversuch für mich etwas zu gewollt und plakativ. Viel eher gelingt der Serie eine gelungene Charaktereinführung mit Lucas Adams. Zwar drängen sich auch hier die Vergleiche zu Alex mehr als deutlich auf (das selbstbewusste bis zum Teil arrogante Auftreten, die Leichtsinnsfehler, die sich bei ihm einschleichen und zu großen Schwierigkeiten führen, das gute Aussehen), doch man verpasst der Figur noch eine gewisse Unschuld und Tiefe, indem sich Lucas als Lieblingsneffe von Derek entpuppt. So darf er nicht nur (obwohl etwas unpassend) Dereks Lieblingsspruch "It's a beautiful day to save lives" deklarieren, sondern wird insbesondere von Amelia hart in die Mangel genommen und von Meredith verteidigt, indem sie Amelia die Parallelen zwischen ihr und ihrem Neffen offenbart. Ich bin sehr gespannt, wie es mit Lucas weitergeht, vor allem natürlich das Zusammenspiel mit seinen Tanten wird spannend bleiben. Dazu frage ich mich, ob man den Castingcoup von Niko Terho weiter ausnutzen wird und eine Romanze mit Levi aufziehen wird – schließlich durften er und Jake Borreli bereits in einem Film ein Liebespaar verkörpern.

Oberärzt*innen im Hintergrund

In der ersten Staffel gab es nur drei Oberärzte sowie eine Ausbilderin in Form von Bailey. Eine derartige Entschlackung scheint jedoch für Staffel 19 nicht auf dem Programm zu stehen. Bailey selbst schaut für einen kurzen Moment rein, um sich selbst von der Situation zu überzeugen, doch scheint wenig Lust zu haben, ihren alten Job zu übernehmen oder sich bei Meredith zu entschuldigen. Doch weder sie noch Owen und Teddy, die am Ende ebenfalls zurückkehren dürfen, habe ich in der restlichen Folge wirklich vermisst. Dass Owens und Teddys große Storyline so sang- und klanglos beendet wurde, finde ich allerdings schade, da ihr Potenzial bereits in Staffel 18 ungenutzt blieb. Ich hoffe, dass mein erster Eindruck mich trügt und die Unstimmigkeiten nicht zu einem dauerhaften Zickenkrieg zwischen den beiden ausarten werden. Maggie und Winston gehen (wie üblich) leer aus, Webber darf von seiner augenöffnenden Weltreise schwärmen. Levi, der zwischenzeitlich in der Geburtshilfe untergekommen ist, wechselt als Chief Resident ins Chirurgenprogramm zurück und verscherzt es sich mit seiner besten Freundin Jo, die als politisches Statement nur noch schwarze OP-Kleidung tragen wird. Insgesamt bleiben diese Storyline allesamt belanglos bis uninteressant, vielleicht hätte eine generelle Entschlackung dem Cast echt gutgetan.

Meredith hingegen schlägt sich mehr als wacker in ihrer neuen Funktion als Chefärztin. Mit natürlicher Autorität und Strenge, aber auch ruhiger Hand, Toleranz und Wärme, kann sie für mich in vielen Momenten überzeugen. Natürlich steht ihr diese neue Rolle auch des Öfteren im Weg, besonders natürlich im Treffen mit Nick, als sie vor den jungen Anfänger*innen weiter ihre Rolle als Chefärztin verkörpern muss. Doch auch wenn sich bereits jetzt abzeichnet, dass Meredith nach ihrem Weggehen wieder von Bailey ersetzt werden wird, zeigt diese Folge sehr gut, wie ein Krankenhaus unter Merediths Führung vielleicht sogar besser funktionieren könnte.

Jedoch bin ich einfach immer noch kein Fan ihrer Beziehung mit Nick. So bleibt es mir schleierhaft, wie zwei erwachsene Menschen es nicht hinkriegen, in sechs Monaten einen offenen Konflikt anzugehen und eine Funkstille einfach akzeptieren. Das ist zwar relativ in-character für Meredith, doch sorgt nicht dafür, dass ich wirklich mit den beiden mitfiebere. Zwar ist es süß, wie sie Nick als den Grund hervorhebt, warum sie sich für abgewiesene und durchgefallene Anfänger*innen entschieden hat und es wird auch spannend, wie die beiden sich als Quasi-Nachfolger*innen von Bailey und Webber und somit im Team schlagen werden. Dennoch schafft es Scott Speedman immer noch nicht, nachhaltiges Interesse für seinen Charakter zu erwecken. Die Tatsache, dass ich mich nicht mal daran erinnern konnte, dass Nick einen ähnlichen Hintergrund wie die neuen Anfänger*innen hat, zeigt, dass die Serie in der letzten Staffel es eindeutig nicht gelungen ist, Nick und Meredith zu einem überzeugenden Liebespaar zu machen, über dessen (vermutlich eintretendes) Happy End ich mich irgendwann freuen soll.

Das Medizinische und die Fälle der Woche

Hier könnte durchaus ein Zahn zugelegt werden. In früheren Staffeln wurden Anfänger*innen medizinische Eingriffe Schritt für Schritt erklärt, wodurch man als Zuschauer*in ein ungefähres Halbwissen erhalten konnte. Das ist in dieser Folge noch nicht so weit, dafür durfte insbesondere Merediths Patientin durch ihren Wunsch, als Baum beerdigt zu werden, mein Herz erwärmen. Über eine radikalere Kurswendung und mehr Screentime für die Patient*innen würde ich mich allerdings freuen.

Fazit

Meine Erwartungen waren sicherlich durch die Berichterstattung über diese neue Staffel sehr hoch, und somit war klar, dass meine Skepsis bestehen bleiben würde. Vieles scheint verheißungsvoll, doch insgesamt muss die Serie meiner Meinung noch eine Schippe drauflegen, um wirklich das zu erfüllen, was man versprochen hat: Eine Rückkehr zu den Anfängen, eine Rückkehr zur guten alten Zeit.

Lux H. - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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