Bewertung

Review: #19.12 Hinfallen, aufstehen, weitermachen

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Nach dem nervenaufreibenden ersten Teil der Doppelfolge hing vor allem eine Frage im Raum: Was ist mit Addison? Es war zwar recht unwahrscheinlich, dass man hier wirklich den Märtyrerweg wählt und sie sterben lässt, aber bei "Grey's Anatomy" kann man sich da nie hundertprozentig sicher sein. Umso dankbarer bin ich, dass man diesen Cliffhanger sofort aus dem Weg geschafft hat. Addison ist zwar verletzt, lebt aber. Puh, erst mal aufatmen. Schließlich ist sie eine meiner Lieblingscharaktere der ganzen Serie und – wie schon im ersten Teil – konnte sie auch heute die Folge dominieren. Da wird schnell und ohne viel Federlesen die Schulter ohne Betäubung eingerenkt und weiter geht es, Tias Leben retten. Einfach beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, dass sich Addison zur Zeit sowieso nicht in Topform befindet und mit den Schattenseiten und dem Druck, den ihre Arbeit mit sich zieht, zu kämpfen hat. Diese unglaubliche Stärke und Willenskraft wurde von Kate Walsh gewohnt mitreißend und überzeugend dargestellt. Auf diese Weise hat Addisons Geschichte viel mehr Gewicht, als hätte man sie einfach für ihre Sache sterben lassen. Stattdessen sieht man, wie sie sich von den Rückschlägen nicht abschrecken lässt, wie sie trotzdem und gerade deswegen weiter Frauen hilft und sich am Ende im PRT-Wagen auf den Weg macht. Am liebsten möchte ich mit einsteigen – hier wäre doch mal Potential für ein interessantes Spin-Off: Addison und ein kleines Team unterwegs in den USA.

Der Großteil der Folge hat sich auf die Rettung von Tia und ihrem Sohn konzentriert. Auch hier bin ich froh, dass es ein Happy End gab und der Autofahrer somit keinen noch größeren Schaden anrichten konnte. Während die beiden um ihr Leben kämpften, konnten die anderen Charaktere vor allem durch einzelne bewegende Szenen punkten. Zum Beispiel Jo, die Tias Wünsche fast direkt danach ignorieren muss, als doch ein Kaiserschnitt nötig wird. Als klar wird, dass die Geschichte wohl gut ausgehen wird, sieht man, wie Jo mit ihren Emotionen kämpft, die sie bis jetzt noch in Schach halten konnte. Schon beim Weg zum Aufzug war mir klar, wer drinnen warten wird. Link. Natürlich. Und natürlich sagt er mal wieder genau das richtige und ist einfach nur da. Meine Güte bin ich erleichtert, dass man hier den Fokus ausschließlich daraufgelegt hat, Jo einen sicheren Ort zu geben, in Ruhe zusammenzubrechen und nicht wieder irgendwie eine unangenehme romantische Spannung aufgebaut hat. Aber nein, es ist tatsächlich nur Link, der Jo den Raum gibt, loszulassen. Einfach ein schöner Moment. Vorher konnte er sich auch schon bei Amelia und Addison als hilfreich erweisen. Ich bleibe dabei – gebt Link wieder eine ordentliche Story. Dass er aufmerksam und liebenswert sein kann, wissen wir schon, und das halbherzige Hin und Her mit Jo zählt nicht.

Auffällig waren auch die vielen kleineren Momente, in denen sich Charaktere umeinander gekümmert haben. Zum Beispiel Ben und Maya, die Mini-Repräsentation von "Seattle Firefighters", die sich sofort nach ihren Lieben erkundigen mussten, als sie von dem Angriff gehört hatten. Zwischen Maya und Carina läuft es zurzeit ja alles andere als gut, trotzdem würde ich ihre Begegnung als Schritt in die richtige Richtung bezeichnen. Dann ist da Pfleger Carlos, der ebenfalls gleich nach Levi schaut und ihm später sogar noch kommentarlos einen Kaffee vorbeibringt. Gerne mehr von den beiden! Währenddessen muss Blue mal wieder gebabysittet werden (hoffentlich wird das bei ihm jetzt nicht zur Regel). Mika wiederum ist in dem ganzen Chaos nach dem Angriff etwas untergegangen und während wir Zuschauer deutlich mitbekommen haben, dass sie völlig unter Schock steht, hatte ich schon befürchtet, dass das vor lauter Hektik übersehen wird. Aber nein, Richard ist zur Stelle, erkennt sofort, dass Mika Hilfe braucht und kann sich – wie so oft – als toller Mentor beweisen und findet die richtigen Worte. Ebenso wichtig war es, dass sie danach gleich wieder von Bailey in die Behandlung von Tia einbezogen wird. So konnte sie eben doch noch helfen und muss sich da keine Vorwürfe mehr machen. Nicht zu vergessen ist auch der Kommentar von Amelia, dass sie in Meredith, Addison und Maggie die Schwestern gefunden hat, die sie sich selbst ausgesucht hat. Ein sehr schöner Gedanke, der erneut die "Still Sisters"-Thematik aufgreift, die wir auch schon bei ihrem Gespräch mit Maggie gesehen haben. Nur nochmal als Zeichen, dass Merediths Weggang eben nichts daran geändert hat.

Die Auflockerung der Folge wird in Form von zwei amüsanten älteren Ladies präsentiert. So erfahren wir nicht nur, dass Jules mit einer von ihren zusammenlebt, sondern auch, dass der Lebensabend alles andere als langweilig sein kann. Klar war die Storyline vor allem als lustiges Zwischenspiel inmitten des Dramas aufgebaut, trotzdem fand ich Maxs kleine Ansprache zum Thema Selbstbestimmung und Fremdwahrnehmung als Frau passend für diese Episode und den generellen Ton der Serie. Jahrzehntelang war jede Entscheidung, die sie über ihren eigenen Körper, ihre Sexualität und ihre Familienplanung getroffen hat, von anderen verurteilt worden, egal in welche Richtung es ausschlug. Deswegen macht sie jetzt nur noch das, worauf sie Lust hat, und genießt ihr Leben. Gut für sie! Trotzdem schadet es wohl nicht, wenn Levi sich um diesen Anruf kümmert.

Mal wieder am negativen Ende meiner Review stehen Maggie und Winston. Dabei bin ich sogar noch überrascht, denn gerade der Anfang sah vielversprechend aus? Winston, der sich nach Maggie erkundigt und vorsichtig ihren Artikel anspricht. Maggie, die ebenso sachte reagiert. Aber als dann der "Druckfehler" im Artikel rauskam, war eigentlich schon klar, in welche Richtung das ausschlagen wird. Hier gebe ich Maggie nicht einmal die Schuld. Ich kann mir gut vorstellen, wie sie über den Eingriff gesprochen hat, professionell und analytisch, und dabei Winston vielleicht nicht gerade vergessen, aber doch zumindest etwas nach hinten gestellt hat. Ebenso verständlich finde ich seine Empörung darüber, dass ihr gemeinsamer Eingriff nun als der ihre ausgegeben wird und er nur als Assistent angeführt ist. Das unterstützt nur wieder seine Empfinden, dass Maggie ihn nicht respektiert. Seine emotionale Rede, dass Maggie ihm doch einmal ehrlich sagen soll, dass sie sich entschuldigt, ihn liebt und respektiert, hatte schon fast Meredith-Zitate-Qualität. Es hat weh getan, wie deutlich Winston bereit ist, seine Gefühle Maggie mitzuteilen und zu sehen, dass Maggie nicht in der Lage ist, auf diese zufriedenstellend zu reagieren. Tragisch und nur ein weiteres Zeichen dafür, dass diese Beziehung wohl nicht mehr zu retten ist.

Fazit

Der zweite Teil des Mehrteilers war nicht mehr so actiongeladen wie der erste und hat dafür seinen Schwerpunkt auf die Stärke der einzelnen Charaktere gelegt. Allen voran Addison, die trotz immerwährendem Gegenwind ihre Berufung weiterverfolgt und für die Rechte der Frauen kämpft. Alles in allem war diese Doppelfolge mit dem Schwerpunkt auf Addisons gynäkologischer Hilfe ein voller Erfolg. Sie hat Aufmerksamkeit auf ein in den USA brandaktuelles und dramatisches Thema gelenkt und hat sowohl Schattenseiten als auch Erfolgsmomente und ihre Wirkung auf die beteiligten Ärzt*innen schonungslos dargestellt. Und trotz aller Widrigkeiten hatte die Geschichte ein optimistisches Ende. Trotz aller Proteste, Steinwürfe und Angriffe wird an dem Projekt festgehalten – eben genau, weil es so wichtig ist. Eine bedeutende, eine hoffnungsvolle Botschaft.

Denise D. - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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