Bewertung

Review: #6.16 Perfekte kleine Zufälle

Eine lebende Legende verirrt sich ins Seattle Grace/Mercy West. Dr. Harper Avery, ein Star in der Welt der Medizin und Begründer des Harper Avery Awards, den Chirurgen anstreben wie Schauspieler den Oscar und Denker den Nobelpreis, wird nach einem Zusammenbruch eingeliefert und sorgt für Aufregung.

The Averys

Wie sich herausstellt, ist Harper Avery der Großvater von Jackson, dem ich an dieser Stelle meine Glückwünsche übermitteln möchte. Nicht, weil er einen so prominenten Verwandten hat, sondern weil er ganz offensichtlich das Rennen um die Stelle des beliebtesten und "Grey's Anatomy"-tauglichsten Mercy Westler gewonnen hat. Von den vier Charakteren, die den Zusammenschluss des Seattle Grace mit dem Mercy West repräsentieren und als neue Konkurrenten bzw. Kollegen für Meredith, Cristina, Alex, Lexie (und Izzie) auf den Plan getreten sind, ist Jackson mit Abstand am häufigsten zu sehen, hat am meisten Profil und weist die engste Verbindung zu den Hauptcharakteren auf. Nachdem es zwischen ihm und Cristina vor einiger Zeit zu einem spontanen Kuss gekommen ist, hat er zuletzt Lexie dabei geholfen, Selbstvertrauen zu tanken, um nun in dieser Folge eine kleine Seelenverwandtschaft mit Meredith aufzubauen, da sie beide mit Ärztelegenden verwandt sind, aus deren Schatten sie treten müssen. Charles, der zweite Vertreter aus der Mercy West-Clique, der in dieser Episode zu sehen ist, erscheint wieder einmal als großer, unangenehmer Klotz, der diesmal Cristina im Weg steht und sie bei Teddy verpetzt.

Harper Avery, dessen Award in der Serie schon einige Male zuvor erwähnt wurde, erweist sich nicht gerade als bescheiden und zurückhaltend, sondern tritt als Diva auf. Er bestimmt, wer ihn operieren darf, und bleibt während des Eingriffs sogar bei Bewusstsein, um weitere Anweisungen geben und die operierenden Ärzte unter Druck setzen zu können. Für diesen Hochmut, der, wie wir wissen, vor dem Fall kommt, wird er letztlich bestraft, denn auf die Wundnaht, die er selbst aussucht, reagiert er allergisch. Wir sehen wieder einmal, dass Ärzte die schlimmsten Patienten sind – und weltberühmte Ärzte sind in der Hinsicht ganz besonders übel.

Wo das Herz liegt

Meredith ist besorgt, dass Lexie sich in Alex verlieben könnte, liegt bei der kleinen Grey das Herz doch sprichwörtlich in der Vagina. Mit anderen Worten: Lexie neigt dazu, über Sex tiefere Gefühle zu entwickeln. Merediths Sorge vermag ich durchaus zu teilen. Ich weiß wirklich nicht, wohin das Techtelmechtel zwischen Lexie und Alex führen soll. Diese Unsicherheit wird natürlich dadurch genährt, dass überhaupt nicht abzusehen ist, welche Rolle Izzie in Zukunft noch spielen wird. Nach Alex' und Lexies bedeutungsloser Affäre in der vierten Staffel, die der Zuschauer fast so schnell vergessen hat wie Alex selbst, dem ja schlichtweg entfallen war, dass er Lexie auf dem internen Sex-Formular eintragen muss (#4.14 Lernprozesse), besaß die Vorstellung, die beiden könnten ein ernsthaftes Paar werden, bestenfalls den Stempel "absurd". Nun aber schleicht sich die leise Angst ein, dass uns die Autoren dieses Paar doch tatsächlich andrehen wollen. Wenn schon Meredith besorgt ist, dann dürfen wir das auch sein.

Bei Cristina liegt das Herz im Skalpell, was nun nicht gerade eine Neuigkeit ist. Im Moment geht es ihr wieder richtig gut, vielleicht besser als je zuvor: sie hat Owen als Freund und Teddy als Ausbilderin. Sie liebt beide, natürlich auf verschiedene Art. Alles scheint wieder in Butter ... nur kann ich nicht anders, als im Augenwinkel schon das Aufblitzen eines Buttemessers zu erspähen. Auch wenn Teddy sich redlich bemüht (und Arizona ihr dabei helfen will), ist ihre Sehnsucht nach Owen doch noch lange nicht abgekühlt. Und Owen selbst hat schließlich auch noch emotionalen Ballast zu tragen, der sicher in absehbarer Zeit wieder thematisiert wird.

Monster

Die Enthüllung, dass Callie und Alex einst einen One-Night-Stand hatten, habe ich ja bereits als nicht unbedingt stimmig und sinnvoll abgeurteilt. Nun zeigt sich eine erste Reaktion bei Arizona: sie will mit Alex vorerst nichts mehr zu tun haben, nachdem sie ihm zuletzt noch ein Talent für die Kindermedizin bescheinigt hat. Wenn man bedenkt, dass Arizona desöfteren versucht, Ärzte für diesen Fachbereich zu gewinnen – man denke an Bailey – ist es schon verwunderlich, dass sie einen so viel versprechenden Kandidaten wie Alex (vorerst) wegen eines Jahre zurückliegenden One-Night-Stands abweist, doch andererseits bringt Arizona dies wieder einmal so süss-charmant rüber, dass man ihr nicht so wirklich böse sein kann. Sie gibt ja zu, dass ihr Verhalten nicht hundertprozentig rational ist, aber Eifersucht nun einmal ein hartnäckiges, grünäugiges Monster sein kann, das man besser nicht auf die Kinderstation lassen sollte.

Mark fällt derweil wieder mit Schwung in seine alte Rolle als Potenzungeheuer zurück und schläft sich durch die weibliche Belegschaft des Krankenhauses. Auch behandelt er Alex wieder, wie damals, als dieser noch Schönheitschirurg werden wollte, wie Dreck. Mark Sloan Reloaded. Callie macht ihren besten Freund allerdings darauf aufmerksam, dass er sich entscheiden muss: entweder er bekommt wieder die Kurve und findet sein Glück, oder er bleibt für immer die männliche Hure. Eigentlich schade, dass er überhaupt wieder in die Situation kommen musste, dass er vor dieser Entscheidung steht, die er praktisch schon getroffen hatte. Doch sowohl das Beziehungsglück, als auch das potentielle Familienglück mit Tochter und Enkel, wurden ihm aus der Hand gerissen.

Ein Fazit

Im Moment befindet sich die Staffel in einer Schwächeperiode (dreimal fünf Punkte von mir hintereinander). Vieles von dem, was sich vor einiger Zeit noch positiv zu entwickeln schien – damit meine ich vor allem die Charaktere Mark und Lexie – gestaltet sich jetzt sehr negativ. Sollen die beiden ein neues Hin-und-Her-Dramapaar werden, oder schwatzt man uns gar die Paarung Lexie und Alex auf? Wäre es vielleicht eine Option, Katherine Heigl mit einem Sack über den Kopf an den Set zurückzuschleifen? Für Lichtblicke sorgen derzeit vor allem kleine Szenen, etwa zwischen Meredith und Cristina, oder einfach die Tatsache, dass sich Meredith und Derek als Ehepaar momentan ganz wunderbar machen.

Maret Hosemann - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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