Bewertung

Review: #9.02 Weißt Du noch, wie es war?

Wie wirkt sich ein Flugzeugabsturz auf die Psyche der Überlebenden aus? Anders als der Staffelauftakt, widmet sich die zweite Folge der Rettung unserer Ärzte von der Absturzstelle und fokussiert jeden einzelnen anhand von verschiedenen Rückblenden. Gerade weil diese Geschehnisse erst jetzt gezeigt werden, kommen einem die charakterlichen Veränderungen, die man in der vorherigen Episode bereits zu Gesicht bekam, noch viel interessanter und gravierender vor.

Meredith ..."We all going to be fine."

Von den Überlebenden ist Meredith im großen und ganzen die einzige, die keine größeren Verletzungen davon getragen hat und deswegen schon wieder schnell auf den Beinen ist. Von ihrer kalten Seite, die sie den Assistenzärzten ein paar Wochen später zeigt und ihr den Spitznamen Medusa einbringt, ist noch nichts zu erahnen. Sie bemüht sich sichtlich, alles irgendwie zusammenzuhalten und die Hoffnung zu stärken, dass alles wieder gut wird. Dieser Optimismus passt zu der neuen Meredith, die ihre verkorkste Seite, wie sie selbst immer so schön sagt, überwunden hat und sich vollends für andere Menschen einsetzt. Es wird allerdings schon deutlich, wie sehr sie sich dagegen sträubt, Seattle zu verlassen beziehungsweise andere gehen zu lassen. Zuerst muss sie mitansehen, wie Cristina völlig dicht macht und in ihrem Schockzustand keinen an sich heran lässt. Später will Cristina dann Seattle so schnell wie möglich verlassen. Der Streit zwischen den beiden Freundinnen war schon heftig, hat Meredith doch noch nie zuvor Cristina solche Worte an den Kopf geworfen. Ihre Wut kann ich dabei nachvollziehen, denn sie hat einfach Angst davor, was passiert, wenn sie alle nicht mehr zusammenhalten und nacheinander das Krankenhaus auf verschiedenen Wegen – entweder tot oder lebendig – verlassen.

Merediths Nachricht auf Cristinas Mailbox zum Schluss, auf der sie sich entschuldigt und Cristinas Weggang versteht, ist besonders bewegend. Cristinas Wunsch zu fliehen ist bei all den tragischen Ereignissen, die in den letzten Jahren rund um das Krankenhaus vorgefallen sind, absolut berechtigt. Und dennoch schafft es Meredith mit ihren Worten dem ganzen noch so viel Positives abzugewinnen, an das man gar nicht so gedacht hätte. Es stimmt, Meredith lebt schon fast ihr ganzes Leben lang rund um das Seattle Grace und all das Gute, was ihr zu Teil wurde, ist ihr auch an diesem Ort widerfahren. Dennoch ist es erstaunlich, wie gefasst sie alles in allem mit den Verlusten und Tragödien umgehen kann.

Wie also ist Meredith so geworden, wie wir sie im Staffelauftakt gesehen haben? Nach dieser Folge erübrigt sich diese Frage, hat sich doch nichts zum Guten gewendet. Mark ist ins Koma gefallen (und schließlich gestorben), Arizona wurde das Bein amputiert und Cristina ist gegangen. Irgendwann endet der Optimismus.

Derek ... "I'm alive. We survived. Zola has both her parents. That's enough."

Dereks Verhalten hat mich überrascht. Vor allem bei ihm hätte ich mir gut vorstellen können, dass er in eine Depression verfällt. Doch er reißt sich zusammen, ist für Meredith und Zola da und versucht zumindest, andere zu unterrichten, wenn er selbst schon nicht operieren kann. Wie schon letzte Woche mochte ich ihn in der Interaktion mit Callie und es hat mich sehr gefreut, dass er sie selbst dazu ermutigt hat, eine riskantere Operation an seiner Hand durchzuführen. Und auch wenn er Wochen später teilweise immer noch eine Taubheit verspürt, so ist die Operation dennoch gelungen. Er kann die Hand wieder bewegen und jetzt muss man einfach hoffen, dass er bald wieder operieren kann.

Cristina ..."I can't get out."

Cristina hatte ohne Zweifel den bewegendsten Part und Sandra Oh hat wieder mal eine atemberaubende Leistung vollbracht. Durch Cristina erfahren wir genauer, wie die fünf Tage, in denen die Ärzte draußen im Wald ums Überleben kämpften, ausgesehen haben und die Wahrheit ist noch schlimmer, als man es sich vorgestellt hat. Obwohl Cristina keine schlimmen körperlichen Verletzungen davon getragen hat, leidet sie unter einem furchtbaren Trauma, wodurch sie in einen Schockzustand verfällt und gar nicht mehr redet. Mit so was hat man nicht gerechnet. Im Auftakt hatte sie Flugangst, ja, aber darüber hinaus wusste der Zuschauer nicht, wie schlecht es ihr in Wahrheit mal ging. Nur Owen schafft es, trotz ihrer Ehekrise, schließlich zu ihr durchzudringen. Dabei war es rührend mitanzusehen, wie liebevoll er sich um sie gekümmert hat und was er alles für sie tun würde.

Die Szene in der Badewanne raubten einem fast den Atem. Cristina blieb tatsächlich vier Nächte im Wald wach und versuchte alles mit Adleraugen zu überwachen. Sie behandelte Arizonas Bein und musste sogar ihren eigenen Urin trinken, weil das Wasser ausgegangen ist. Doch das schlimmste war wohl die Schilderung darüber, wie sich Tiere über Lexies Leiche hermachten und Cristina das unbedingt verhindern wollte. Dazu bleibt einem einfach nichts mehr zu sagen.

Mark ..."Somehow we forget that all that matters are people. And wether we walk away and leaving them better or worse for having met us, we control that."

Mark war noch bei vollem Bewusstsein, bevor er später ins Koma fiel. Dieser Einblick ist unglaublich wichtig, wie ich finde, gerade weil der Zuschauer so die Möglichkeit hat zu sehen, was Mark noch auf dem Herzen lag. Er hatte noch Zeit, um Jackson zu sagen, wie wichtig die Menschen in unserem Leben sind und dass man seine Gefühle besser sofort äußern sollte, bevor es zu spät ist. Jackson konnte das bei April nicht sofort in die Tat umsetzen, doch jetzt, wo sie wieder zurückkommt, setzt man hoffentlich genau da an, denn die beiden wären ein tolles Paar. Außerdem konnte Mark noch Derek unterstützen und seinem Freund Mut zusprechen. Und auch Callie durfte ihn nochmal mit all seinen sexistischen Witzen erleben. Mark hatte also die Möglichkeit, sich auf seine Art zu verabschieden.

Webber ist derjenige, der Marks gesundheitliche Verschlechterung zuerst erahnt und zudem die 30-Tage-Regel schriftlich festhält, auf deren Grundlage Marks lebenserhaltende Maschinen im Auftakt abgeschaltet wurden. Zumindest war Mark somit nicht allein, als er schließlich die Augen für immer geschlossen hat.

Arizona ..."I keep wondering why this would happen to someone like me instead of someone like you?"

Arizonas Veränderung ist drastisch. Sie gehörte immer zu den aufgewecktesten und lustigsten Charakteren der Serie. Die Arizona, die man jetzt zu Gesicht bekommt, ist wütend, hart und voller Bitterkeit. Ihre Worte Alex gegenüber waren wie Waffen und unglaublich verletzend. Für Callie muss das ebenso eine Tortour sein, schließlich erkennt sie ihre Frau nicht mehr wieder. Es ist nicht abzusehen, wie lange es dauern wird, bis sich Arizona erholt, von ihrer Ehe ganz zu schweigen. Callie hat trotz ihres Versprechens die Amputation angesetzt und ausgerechnet Alex führte diese durch. Arizona muss furchtbar wütend auf alle beide sein, doch Callie trifft keine Schuld. Sie hat getan, was medizinisch gesehen das beste für ihre Frau ist und wer weiß, wie sich die Entzündung auf den gesamten Körper noch hätte auswirken können.

Allgemein war Callie einer unglaublichen Belastung ausgesetzt. Sie musste Dereks Hand retten, während sich Arizonas Zustand rapide verschlechtert hat. In dieser Situation hat sie einfach ihr bestes gegeben und verdient Anerkennung.

In Bezug auf Alex kann man noch einiges herausholen. Es wird bestimmt spannend mitanzusehen, wie er versucht, weiterhin für Callie da zu sein und sich außerdem um Arizona bemüht. An seiner bisher tollen Entwicklung muss weitergearbeitet werden, wobei er auch endlich damit aufhören sollte, mit der gesamten weiblichen Krankenhausbelegschaft zu schlafen.

Fazit

Für einige mag diese Folge gähnende Langeweile auslösen, da es so gesehen keine sichtbare Spannungskurve gibt. Schließlich wusste man über Marks und Arizonas Situation schon seit der vorherigen Folge Bescheid. Ich sehe das allerdings anders. Oberflächlich betrachtet passiert nichts spannendes, doch die Einblicke in die Psyche der Charaktere, plus die Veränderungen von Meredith und Cristina, von denen man nichts mitbekommen hätte, und Marks letzte Möglichkeiten, alles zu sagen, was ihm auf dem Herzen lag, machen aus der Episode ein emotionales Erlebnis. Und nicht zu vergessen Baileys Anspielung auf "Lost", über die ich mich immer noch amüsieren kann.

Lukas Ostrowski - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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