Bewertung

Review: #2.04 Der rote Drache und der Goldene

Foto: Ewan Mitchell, House of the Dragon - Copyright: 2023 Home Box Office, Inc. All rights reserved.
Ewan Mitchell, House of the Dragon
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Mit #2.04 A Dance of Dragons leistet "House of the Dragon" sich ein wahres Meisterstück, denn es ist eine Episode, die an "Game of Thrones" zu seinen besten Zeiten erinnert. Die erste Staffelhälfte war bisher von Warten gespickt. Warten auf einen Kampf, der unausweichlich erschien und nach dem man sich nach einigen Episoden, in denen die Welt stillzustehen schien, doch irgendwie herbeisehnte.

Doch beginnen wir mit dem einzigen Schwachpunkt der Episode: Daemon. Er ist seit seiner Ankunft in Harrenhal schlecht einzuordnen und es macht den Eindruck, dass man gerade nicht recht weiß, was man mit ihm anstellen soll, bevor man ihn wieder aktiv in der Geschichte braucht. Der zweite Gastauftritt von Milly Alcock ist noch weniger aufschlussreich als der letzte und auch der Auftritt von Nanna Blondell lässt keine Schlüsse darauf zu, was uns die Autoren mit Daemons Halluzinationen/ Tagträumen / Alpträumen eigentlich sagen wollen. Hat er Schuldgefühle? Wird er wahnsinnig? Wird er von Alys Strom langsam vergiftet? Was auch immer hinter all dem steckt, es wirkt auf mich, als würde man Zeit schinden und zwingend nach einer Möglichkeit suchen, Daemon Screentime einzuräumen.

Nach dem Blick auf Daemon geht es zu den Velaryons und es kommt zu einer interessanten Begegnung zwischen Rhaenys und Alyn von Hull. Hier wird seitens Rhaenysˈ eine Andeutung gemacht, die wie aus dem Nichts zu kommen scheint und an dem starken Band rüttelt, das die Autoren in den letzten Episoden zwischen Rhaenys und Corlys aufgebaut haben. Ich muss sagen, dass ich Rhaenys nie wirklich ins Herz geschlossen habe, auch wenn man sich die gesamte Serie über Mühe gegeben hat, ihre guten Absichten ins Licht zu rücken. Die Figur hat etwas bewundernswertes Loyales an sich und gerade wollte man eine neue Facette von ihr und ihrem Leben mit Corlys zeigen, doch dieser Chance werden wir nun leider beraubt – doch dazu erst später mehr.

Es ist eine Episode, in der viel ins Rollen kommt und alles beginnt mit der Rückkehr Rhaenyras aus Königsmund. Ich finde es wunderbar, dass Jacaerys seiner Mutter gegenüber genau die Worte in den Mund nimmt, die mir beim Gedanken an ihren Ausflug nach Königsmund im Kopf rumschwirren, weshalb es eine Erleichterung ist, seinem Unmut auf diese Art Luft machen zu können. Rhaenyras Reaktion darauf ist ein anschließendes vertrauliches Gespräch mit ihrem Erben, in dem sie Jacaerys vom Lied von Eis und Feuer erzählt. Man unterstreicht hier einen funktionierenden Familienzusammenhalt und das feste Band zwischen Rhaenyra und ihrem Sohn. Gleichzeitig nutzt man die Erzählung, um der Wendung in der Geschichte etwas Magisches zu geben. Rhaenyra entscheidet sich nicht leichtfertig, in den Krieg zu ziehen und einen Drachen zu entsenden, seit dem Tod ihres Vaters hat sie sich dagegen gewehrt. Doch mit Aegons Traum im Hinterkopf hat ihre Entscheidung etwas Episches und man erkennt, dass sie alle Unsicherheiten abgelegt hat und nun voll und ganz hinter ihrem Thronanspruch steht.

Im krassen Gegensatz dazu steht die Familiendynamik bei den Grünen. Alicent hat sich nach dem Dämpfer durch das Gespräch mit Rhaenyra zurückgezogen und sucht in Viserysˈ Büchern nach Erklärungen. Ihre Verzweiflung darüber, Aegon entgegen Viserysˈ Willen gekrönt zu haben, spürt man in jeder Sekunde und sie kann dies auch ihrem Sohn gegenüber nicht verbergen. Wo sie bei Aegons Krönung noch erbauend auf ihn einredete, macht sie ihren Sohn nun noch kleiner, als er sich ohnehin schon fühlt. Tom Glynn-Carney ist für mich ein unerwartetes Highlight, da er es so überzeugend versteht, den zwiegespaltenen Gefühlen seiner Figur Ausdruck zu verleihen. Im kleinen Rat spürt man Aegons Unsicherheiten und die Genugtuung, als Aemond sich für die Demütigungen seines Bruders rächen kann, setzt Aegon noch mehr zu – nicht zu vergessen den nur kurz zurückliegenden Tod seines Sohnes, der ebenfalls erschütternd für Aegon war. Dann ein weiterer Schlag, als Alicent ihm vermittelt, unzulänglich zu sein und sich ruhig verhalten zu sollen. Tropfen für Tropfen füllt sich das Fass und als es schließlich überläuft, ist es kein Wunder, dass Aegon seinen Drachen besteigt und etwas tun will, um sich besser zu fühlen und irgendjemandem zu beweisen, dass er etwas wert ist.

Eine weitere positive Überraschung ist Kriston, der die Handlung in schnellen Schritten voranbringt. Ähnlich wie bei Aegon sieht man auch bei ihm viele Emotionen. Und auch wenn er definitiv die unbeliebteste Figur der Serie bleibt – Wahnsinn, mit welcher Leichtfertigkeit er Rhaenyra wieder einmal als Hure bezeichnet – so spricht es doch für ihn, wie ehrlich besorgt er um Aegon ist, als dieser auf dem Schlachtfeld erscheint. Zu sehen, wie Kriston Lord Darklyn köpft, hat die Antipathien gegen diese Figur wunderbar angefeuert. Doch wie der Königsmacher erschüttert nach seinem verunglückten König sucht, rückt Kriston in ein ganz anderes Licht. Mit viel Fingerspitzengefühl arbeiten die Autoren an dieser Figur und ich bin gespannt darauf, wo die Reise noch hingehen wird.

Und so führt eins zum anderen und wir erleben die Schlacht von Krähenruh, die aufwühlender ist als alles, was uns die Serie bisher gezeigt hat. Anders als bei der Verfolgungsjagd von Aemond als Vhagar und Lucerys auf Arrax, die man durchaus als Unfall abstempeln kann, ist diese Schlacht ein gut geplanter Hinterhalt. Aemond und Kriston ziehen hier geschickt die Strippen, um die Schwarzen in eine Falle zu locken, was bis zu dem Punkt gut funktioniert, als Aegon sich ungefragt ins Geschehen einmischt. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, bei dem man versucht, mit allen Beteiligten gleichzeitig mitzufiebern. Doch man kann nicht alle Bedürfnisse gleichzeitig stillen, der Drang nach einem Drachenkampf, die Hoffnung, dass die Schwarzen siegen, der Wunsch, dass Aegon einmal etwas richtig machen kann, die Gewissheit, dass ein hinterhältiger Plan ausgezeichnet gelingen wird. Der erste Drache auf dem Schlachtfeld ist Meleys, auf dessen Rücken Rhaenys reitet und nur zu gern sieht man mit an, wie er die Grünen brennen lässt. Doch schnell legt man eine Schippe drauf, als Aegon auf Sonnfeuer am Himmel erscheint. Der Kampf zwischen den beiden ist blutig und mit Entsetzen sieht man mit an, wie Aegon sich nur mit Mühe auf dem Rücken seines Drachen halten kann. Den Höhepunkt der Szene bildet Aemond, der auf Vhagar eingreift und ohne ein Wimpernzucken Drachenfeuer auf die anderen beiden niedergehen lässt. Es ist erschreckend, wie weit die Rivalität zwischen den Brüdern geht und man kann nur spekulieren, wie Aemond wirklich über Aegon denkt und wie weit er bei seinem Bruder gehen würde. Ist er später zum Kampf dazu gestoßen, um Aegon die Chance zu geben, sich selbst zu beweisen? Oder wollte er seinen Bruder dann doch lieber in den sicheren Tod fliegen lassen, um nach dessen Tod den Thron zu erben? Während man unterschwellig über Aemonds Kaltblütigkeit entsetzt ist, muss man gleichzeitig mit anschauen, wie Rhaenys wissentlich die Entscheidung trifft, den Tod als Drachenreiterin zu sterben, denn sie weiß wohl, dass sie im Kampf gegen Vhagar so gut wie keine Chance hat. Der Moment, als Vhagar hinter der Festung auftaucht und wie man das Licht in den Augen Meleysˈ erlöschen sieht, ist erschreckend, qualvoll und traurig. Und er endet mit dem dumpfen und feurigen Aufschlag Meleysˈ auf dem Boden, den Rhaenys nicht überlebt haben kann, nur um uns noch eine schauerhafte Szene zu bescheren, in der man wieder nicht weiß, ob Aemond seinem Bruder nun helfen wollte, oder ob er kam, um ihm den Rest zu geben. Es war eine schöne Szene, die Aegon und Rhaenys zeigte, als sie sich für den Kampf bereit machten und ihre Drachen bestiegen und es ist schockierend, wie beide am Ende nun in Feuer und Qualm auf dem Erdboden aufgeschlagen sind.

Kurze Eindrücke

  • Den Trank in Alicents Zimmer hat Larys ganz sicher nicht übersehen. Mal sehen, wie er sie nun unter Druck setzen wird.
  • Könnten die neuen Ritter der Königsgarde noch ungeeigneter sein?
  • In "Feuer und Blut" war Aegons Entscheidung, an der Schlacht teilzunehmen nicht eigenmächtig, sondern geplant. Diese Veränderung von der Romanvorlage funktioniert hier allerdings sehr gut und unterstreicht die Verzweiflung und Unsicherheit Aegons.

Fazit

Diese Episode macht dem Familienmotto der Targaryens alle Ehre und ist die bisher stärkste der Staffel, wenn nicht sogar der ganzen Serie. Die Verluste, die beide Seiten nun hinnehmen musste, müssen erst einmal verdaut werden, weshalb wir uns nun sicher auf ein paar ruhigere Episoden einstellen können, bevor die Staffel mit einem Knall zu Ende geht.

Marie Müller - myFanbase

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