Review: #4.04 Der Deal

Eines vorweg: Diese Review wird nicht einfach. Wieso? Weil derjenige Charakter im Mittelpunkt steht, den ich am wenigsten mag – nämlich Kate. Im Falle von Kate Objektivität zu bewahren, ist schwer, denn die Frau ist einfach... falsch, nervig, egozentrisch... - Stopp. Seht ihr? Schon muss ich über Kate lästern. Doch genug, sehen wir uns diese Episode, #4.04 Der Deal, mal genauer an.

"Not guilty."

Der nunmehr vierte Flashforward ist also Kate gewidmet, die in der Zukunft genau das durchlebt, vor dem sie die ganze Zeit weggelaufen ist: Sie muss sich vor Gericht wegen einer Litanei an Straftaten verantworten, von denen eine der Mord an ihrem Stiefvater ist. Mittlerweile ein Superstar, da sie ganz offensichtlich eine der Oceanic Six ist, wird sie erstmal mit einer Phalanx an Reportern konfrontiert, bevor sie in den Gerichtssaal kommt. Dort wird Katherine Anne Austen wegen Betrugs, Brandstiftung, Körperverletzung eines Federal Officers, Körperverletzung mit einer Waffe, schweren Diebstahls, schweren Autodiebstahls und Mord angeklagt. Ihre lässige Antwort? "Nicht schuldig."

Richtig interessant wird es jedoch erst, als Kate und ihr sympathischer Anwalt Duncan sich darüber unterhalten, wie Kate am besten davonkommt. "Nicht schuldig" war als Antwort wohl doch nicht so überzeugend. Hier erwähnt Kate erstmals, dass sie einen Sohn (!) hat. Sämtliche Unterkiefer klappen nach unten. Kate will unter keinen Umständen, dass ihr Sohn vor Gericht erscheint. Aber wieso?

Weil... ihr Sohn niemand anderer ist als AARON!

Das ist harte Kost. Und lässt die Gehirnzellen gar nicht mehr aufhören zu spekulieren. Wieso ist Aaron bei Kate? Wie konnte Kate alle davon überzeugen, dass dieser riesige, zwei Jahre alte Junge ihr leiblicher Sohn ist, da sie zum Zeitpunkt des Absturzes ja noch gar nicht schwanger war? Das führt zu der Frage, mit welchem Abstand zu den Ereignissen auf der Insel dieser Flashforward spielt. Und natürlich zu der Frage, was mit Claire passieren wird. Zwei Möglichkeiten scheinen hier plausibel:

a) Claire wird sterben.

b) Aaron wird Claire weggenommen und sie sitzt auf der Insel fest.

Herzlichen Glückwunsch, Claire! Egal, was passiert, es sieht schlecht für dich aus.

Da Kate strikt dagegen ist, Aaron in die Sache zu verwickeln, lässt sich Duncan etwas anderes einfallen und holt stattdessen Jack in den Zeugenstand, der bestätigen soll, was für ein toller Mensch Kate ist. Er tischt der Jury eine einzige Lügengeschichte auf, von der wir ausgehen können, dass sie auch allen anderen erzählt wurde. Darin haben nur acht Leute den Absturz überlebt und Kate ist die große Heldin.

Um die Dramatik etwas zu steigern und das Jack/Kate/Sawyer-Triangle auch in der Zukunft am Leben zu erhalten, fragt die Staatsanwältin Jack dann noch die alles entscheidende Frage, ob er Kate liebe – dies verneint Jack vor Gericht natürlich, aber später macht er Kate klar, dass dies genauso eine Lüge war wie prinzipiell alles andere, was er im Zeugenstand ausgesagt hat. Schließlich stellt sich noch die Frage, wieso Jack so große Probleme hat, Aaron zu sehen. Verbindet er mit Aaron eine schlimme Erinnerung? Hat das mit Claire (seiner Halbschwester) zu tun? Oder steckt noch viel mehr dahinter?

"You'll find some reason to get pissed at Jack and bounce right back to me."

In der Gegenwart ist Kate jedenfalls noch weit davon entfernt, Muttergefühle zu entwickeln und hat vielmehr Probleme mit Sawyer, Locke, Miles und so ziemlich jedem außer Claire. Kates Affäre mit Sawyer scheint vorerst ein Ende gefunden zu haben, doch wie Sawyer treffend gesagt hat, wird sie sicherlich wieder einen Grund finden, um sich über Jack aufzuregen und zu ihm zurückzukehren. Schließlich ist Kate meisterhaft darin, Leute für ihre Zwecke zu benutzen. Oh, seht ihr, da ist es wieder, meine Kate-Abneigung sickert durch.

Trotz allem, Kates gemeinsame Szenen mit Sawyer haben ihren Reiz. Das liegt nicht nur an Josh Holloways freiem Oberkörper, sondern auch daran, dass sich zwischen beiden Charakteren definitiv eine Vertrautheit entwickelt hat. Sawyers Versuche, Kate bei sich zu haben, schmettert Kate zwar immer wieder ab, dennoch sucht sie ihn auf, wenn sie Trost sucht (wobei wir wieder beim Thema "Ausnutzen anderer Leute" wären). Die Beziehung der beiden scheint allerdings langsam an einem toten Punkt angelangt zu sein, denn Sawyers Gefühle für Kate sind weitaus stärker als Kates für ihn.

"What I want is one minute of someone's time."

So ist es auch kein Wunder, dass Sawyer Kate dabei hilft, ein Treffen zwischen Miles und Ben zu arrangieren – etwas, für das Kate gelobt werden muss, denn dieses Treffen zählt zu den Highlights dieser Episode. Es dauert zwar nicht viel mehr als eine Minute, dennoch ist diese Szene unglaublich intensiv. Kate schleppt Miles hinunter zu Bens Bunker, öffnet die Tür und Ben ist ganz:

"Detective Sing?"

"Zep Hindle?"

"Bist du nicht in 'Saw' gestorben?!"

"Ja, aber wir sind hier bei 'Lost'. Her mit den 3,2 Millionen Dollar!"

"3,2 Millionen Dollar? Willst du mich veräppeln?!"

Und hier ist der Moment, bei dem alle Ben intensiv zustimmen: Wieso ausgerechnet 3,2 Millionen Dollar (abgesehen davon, dass 3,2 umgekehrt 23 ist und dies wiederum eine der berüchtigten Zahlen)? Für was? Für wen arbeitet Miles? Und was lässt ihn glauben, dass Ben in seiner jetzigen Lage innerhalb einer Woche diesen Geldbetrag auftreiben können wird? Und wie kryptisch kann ein Gespräch eigentlich sein?

Hochinteressant ist vor allem, dass Miles der Erste ist, dem Ben tatsächlich nachgibt. Ben hat in keiner Sekunde die Kontrolle über Miles, er versucht erst gar nicht, ihn zu manipulieren. Vielmehr hat Miles Ben in der Hand. Allein deshalb halte ich ihn für einen Charakter mit sehr viel Potential. Wir können nur hoffen, dass ihm Lockes Granate zum Frühstück gut bekommt und er nicht zu früh wieder das Zeitliche segnet.

"My name is John Locke and I am responsible for the well-being of the island."

Ach ja, John Locke. Eine fantastische Szene, als er Miles die Granate in den Mund steckt. Und beängstigend zugleich. Gerade in dieser Episode fragt man sich des Öfteren, wie weit Locke gehen wird, um seine Ziele durchzusetzen. Er wird immer Angst einflößender, handelt, wie Kate treffend sagt, tatsächlich wie ein Diktator und setzt sich über alle hinweg. Nur einen kann er nicht knacken: Ben.

Ben glänzt wie eh und je in dieser Folge. Gefangen im Keller seines eigenen Hauses scheint er Locke durch seine alleinige Präsenz in den Wahnsinn zu treiben und das mit einer herrlichen Portion Sarkasmus. Spätestens seit #4.03 ist klar, dass Ben noch viel, viel mehr ist als der Anführer der Anderen. Und wir sitzen solange auf heißen Kohlen, bis wir endlich erfahren, was es mit Ben auf sich hat.

"I've been calling your boat all day. Why isn't anyone answering?"

Während Locke in Othertown Spiegeleier und Granaten serviert, warten die am Strand zurückgebliebenen Losties darauf, endlich gerettet zu werden. So schmieden Sun und Jin Familienpläne, entscheiden sich gegen einen Umzug nach "Albucookie" und Jin macht Sun klar, dass er für sie Englisch lernen will. Eine bittersüße Ironie: Sun lernte einst Englisch, um von Jin wegzukommen, jetzt lernt Jin Englisch, um bei Sun bleiben und sich eine neue Zukunft aufbauen zu können.

Doch ist es immer noch nicht klar, wann sie denn endlich gerettet werden. Von Sayid und Desmond ist bislang nichts zu hören und Jack kann den Frachter nicht kontaktieren. So sucht er Daniel und Charlotte auf, die ein sehr interessantes Kartenspiel spielen (!!!) und fordert sie auf, Kontakt mit dem Frachter aufzunehmen. Dies gelingt, doch am anderen Ende der Leitung scheint die ominöse Regina keine Ahnung davon zu haben, wo sich der Hubschrauber befindet. Uh-oh.

Sayid? Desmond? Wo seid ihr?

Die Antwort darauf erwarte ich von #4.05 Die Konstante. Bis dahin denke ich weiterhin fieberhaft über diese Episode nach und verbleibe mit 6 von 9 Punkten.

Maria Gruber - myFanbase

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