Bewertung

Review: #5.01 Weil Du gegangen bist

Wir erinnern uns zurück an die letzten Staffelauftakte: In der ersten Staffel fanden wir uns mitten in einem Flugzeugabsturz, in der Zweiten wanderten wir durch den Bunker, in der dritten Staffel besuchten wir einen Buchclub mit den Anderen und in der vierten Staffel machten wir einen Sprung in die Zukunft. Jeder einzelne Auftakt war grandios auf seine ganz eigene Art und versprach eine spannende Staffel und interessante Handlungen. Und auch im fünften Jahr von "Lost" werden wir nicht enttäuscht. Viel mehr sogar, wir finden einen Staffelauftakt vor, der in jeglicher Art und Weise genial war und alle Elemente vereinte, die die Serie bisher sehenswert machten.

So what? We're going to go back and kill Hitler?

Und wieder einmal begann die Staffel mit einem verwirrenden Bild, wie wir es schon aus #2.01 Glaube und Wissenschaft gewohnt sind, denn den Einstieg machte keineswegs einer unserer Hauptdarsteller], sondern vielmehr einer der bisher interessantesten Nebencharaktere, den wir in "Lost" kennen gelernt haben: Dr. Pierre Chang alias Dr. Marvin Candle alias Dr. Mark Wickmund alias Dr. Edgar Halliwax. Der Zuschauer wird natürlich erst einmal in die Irre geführt, da man doch glatt im ersten Moment dachte, dass Sun im Bett neben dem Unbekannten liegt und ihn auf das Baby hinweist – ein wirklich gut gemachter Schachzug der Serienmacher, da die Schauspielerinnen sich auf den ersten Blick wirklich ähnlich sahen.

Doch dies war nur der Anfang, der ein kleiner Verweis auf die vergangene Staffel war. Viel interessanter wurde es, als Dr. Chang sich auf den Weg zur Orchid-Station machte, wo man durch eine Aufnahme das Rad, an dem Ben im Finale der vierten Staffel drehte, entdeckt hatte und seinem Mitarbeiter erklärte, dass man durch dessen Kraft durch die Zeit reisen kann. Das alles war schon Schock genug, doch dann kam der eigentliche Clou: Daniel Faraday war unter den Arbeitern.

Daniel, von dem ich schon in der vierten Staffel vermutet hatte, dass er noch einmal eine überaus wichtige Rolle einnehmen wird, klärt uns und die anderen über die Zeitreisen auf - ohne jedoch die wichtigste Frage zu beantworten: Wie man diese stoppen kann! Wichtig ist jedoch, dass man die Vergangenheit nicht ändern darf bzw. nicht ändern kann. Doch das hindert ihn nicht daran, genau dies zu tun, indem er Desmond kontaktiert! Zwei Charaktere, dessen mysteriöse Verbindung uns schon in #4.05 Die Konstante eröffnet wurde und die mit ziemlicher Sicherheit eine mehr als zentrale Rolle in den den letzten beiden Staffeln von "Lost" spielen werden.

Doch bis es dazu kommt, müssen wir uns wohl erst einmal mit dem offensichtlichen beschäftigen: Die Insel hat sich also bewegt bzw. die Zeit auf der Insel hat sich bewegt und die einzigen, die mit der Zeit reisen sind diejenigen, von denen wir mit Sicherheit wissen, dass sie noch leben – wobei mit Sicherheit kann man bei "Lost" nie etwas wissen. Richard Alpert und die Anderen sind verschwunden, als Locke sich in einer anderen Zeit wieder findet. Kann es also sein, dass nur die Personen mit der Insel reisen, die noch leben?

Ein netter Aspekt dieser Zeitreisen war natürlich die Bezugnahme auf alte Staffeln und deren Ereignisse. So ist Locke zugegen, als Yemis Flugzeug gerade abstürzt, nur um kurz darauf auf Ethan zu treffen, der schließlich auf Locke schießt, nur damit dessen Wunde in einer wieder anderen Zeitlinie von Richard Alpert versorgt wird, der Locke darüber aufgeklärt, dass es nur einen Weg gibt, damit die Zeitreisen aufhören:

You gonna have to die John!

Schock-Moment!

Dass John letztlich im Sarg landen wird, wissen wir natürlich schon und das Raten darüber, warum er tot vor Jack und Ben lag, hörte die ganze Zeit nach dem Ende der vierten Staffel nicht auf – und wird wohl auch noch einige Zeit weitergehen. Denn zwar wissen wir, dass John sterben muss und sterben wird – wie auch immer man Tod hier wieder definieren möchte, das ist bei "Lost" ja immer so eine Sache... Doch die Frage ist natürlich wann Locke sterben wird und wie er dies tut und vor allem warum Locke sterben muss. Andeutungen haben wir bekommen, aber die werfen nur wieder mehr Fragen auf. Wenn wir uns an die vierte Staffel erinnern, werden diese Fragen wahrscheinlich auch wieder erst zum Ende der Staffel beantwortet werden.

In der Zwischenzeit versucht Ben sein Möglichstes, um alle Oceanic Six zusammen zu trommeln und zurück zur Insel zu bringen. Jack hat er als erstes auf seine Seite ziehen können, was wohl die absurdeste Verbindung ist, die ich jemals gesehen habe – vor allem wenn man bedenkt, dass Locke derjenige war, der Jack letztendlich davon überzeugt hat! Diese drei Männer haben untereinander und gegeneinander einen Krieg auf der Insel geführt, der seinesgleichen sucht – und nun sind es diese drei Männer, die zusammengeführt wurden, um das Unmögliche möglich zu machen: Zurück zur Insel, um ... was auch immer zu verhindern.

Während Jack sich Ben anschließt, sieht es bei seinem alten Verbündeten ganz anders aus: Sayid weiß nur eins: Ben kann man nicht trauen und man sollte genau das Gegenteil von dem machen, was Ben einem sagt. Diese Worte richtet er vor allem an seinen alten Freund Hurley, den er zu beschützen versucht. Hurley, der kurz zuvor aus dem Santa Rosa geholt wurde, sieht sich nun als Zeuge von dem Gewaltausmaß, dass Sayid an den Tag legt und wie es bei Hurley nun mal so ist, verfolgt ihn das Pech und er gilt nun als verrückter Mörder.

Währenddessen ist Kate gemeinsam mit Aaron mal wieder auf der Flucht, da ihre Mutterschaft überprüft werden soll – sollte es vielleicht sogar Ben gewesen sein, der dies veranlasst hat, um Kate zur Flucht zu drängen, damit sie leichter zum Rückgang zu überreden ist? Doch auch wenn man Kate durch diesen, eventuell von Ben gemachten, Schachzug leichter überreden kann, gibt es eine Person, die Ben mit Sicherheit Schwierigkeiten machen wird: Sun!

Wie wir schon gesehen haben, hat Sun Charles Widmore kontaktiert und nun erfahren wir, warum: Sie will Ben tot sehen. Widmore ist da natürlich der passende Partner für sie, da er schon seit langem seinen Kleinkrieg gegen Ben führt, über den wir hoffentlich in dieser Staffel mehr erfahren werden. Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass Sun entweder ein Spiel mit Widmore spielt, oder aber letztlich überzeugt werden kann, dass diese Zusammenarbeit nicht förderlich ist. Durch die Tatsache, dass Daniel Dae Kim immer noch als Maincast gelistet wird, hoffe ich hier inständig auf eine Szene zwischen Sun und Jin, die Sun die Augen öffnen wird. Denn auch wenn es bei "Lost" scheinbar weder schwarz noch weiß gibt, sondern eigentlich nur grau, wähle ich die Farbe der Insel.

Randnotizen

Die Serie punktet definitiv mit ihrer Dramatik und natürlich mit den zahlreichen Mysterien. Dennoch muss man den Autoren auch ein Kompliment machen, dass sie es immer wieder schaffen viel Humor in die einzelnen Szenen zu bringen. Ob dies die kleine Tatsache war, dass Sawyer derjenige war, der ohne Hemd durch die Zeit reiste, Miles' unglaublich wunderbare pointierte Kommentare oder die selbstironischen Verweise auf die bisherige Handlung. Die Gags sind perfekt eingesetzt und lockern die Stimmung immer wieder auf, nur um danach wieder auf den Ernst der Lage zu verweisen.

Mit Locke und Sawyer haben wir nur noch zwei Personen auf der Insel, die uns schon seit der ersten Staffel im Hauptcast begleiten, dies tut der Serie jedoch keinerlei Schaden, da man mit Charlotte, Miles und Daniel in der letzten Staffel Charaktere eingeführt hat, die faszinierend sind und einen interessanten Kontrast darstellen. Juliet hatte sich schon in der dritten Staffel direkt etabliert und rundet diese höchst spannende Kombination aus Charakteren perfekt ab.

Da wir das Baby von Dr. Pierre Chang gesehen haben, gehe ich stark davon aus, dass diese Person uns noch einmal begegnen wird, bzw. schon längst begegnet ist. Da es sich um eine asiatische Person handelt, und ich Sun ausschließe, kommen nur noch Miles und Jin in Frage. Altersmäßig würde Jin sicherlich besser passen und die einzige Information, die wir bisher über seine Eltern haben ist, dass seine Mutter eine Prostituierte war und ihn seinem Pflegevater überlassen hat. Bei Miles passt es eventuell mit dem Alter nicht ganz, wobei wir natürlich nicht wissen, wie alt er eigentlich ist, würde aber eventuell seine Fähigkeit mit Toten zu sprechen erklären, da er, sofern er Changs Kind ist, scheinbar auch auf der Insel geboren sein müsste.

Obwohl Daniel ausdrücklich gesagt hat, dass man die Zeit nicht ändern darf, hat er durch Sorge um Charlotte genau dies getan. Wie wir alle und Miles wissen, ist Charlotte auf der Insel geboren. Ihr Nasenbluten hat daher sicherlich eine große Bedeutung, nicht zuletzt, da dies der Auslöser war, der Daniel, von dem wir bisher nicht wissen, ob er Charlottes Geburtsort kennt, dazu veranlasste, Desmond zu kontaktieren und ihn zu seiner Mutter zu schicken – deren Name wird leider nicht mehr erfahren haben. Desmond macht sich gemeinsam mit Penny sofort auf den Weg, nachdem er sich "erinnert" hat und es verspricht spannend zu werden, wenn wir die Identität herausfinden.

Fazit

Der Staffelauftakt hatte alles, was es braucht, um dieser genialen Serie den nötigen Tribut zu zollen. Wir haben uns auf alle Charaktere gleichermaßen konzentriert, ohne dass einer vernachlässigt wurde. Wir sind tiefer in das Mysterium eingestiegen, haben wenige Antworten und viele Fragen bekommen. Es wurde Bezug auf alle vergangenen Staffeln genommen und am wichtigsten: Die gesamte Episode und das gesamte Mysterium, so abgedreht es auch sein mag, war in sich schlüssig und verspricht eine grandiose fünfte Staffel.

Annika Leichner - myFanbase

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