Review: #5.02 Die Lüge
Nach dem phänomenalen, Kopfschmerzen bereitenden Auftakt der fünften Staffel gönnt man uns mit #5.02 Die Lüge eine kleine Verschnaufpause. Aber nur eine klitzekleine. Diese Episode versucht zum einen zu verdeutlichen, dass man mit der neuen Staffel eine völlig neue Richtung eingeschlagen will und zum anderen, dass "Lost" auch fernab der Insel hervorragend funktioniert.
"We shouldn't have lied."
Wie der Titel bereits andeutet, dreht sich diese Episode um Lüge und Betrug und dabei vor allem um Hurley, der mit der ganzen Lügerei nicht mehr klarkommt. Dass wir in einem Rückblick noch mal sehen, wie die Oceanic Six plus Desmond und Frank sich über die Lüge unterhalten, hilft uns hierbei nachzuvollziehen, wieso Hurley so mit der Lüge kämpft: Er war der Einzige, der sich Jacks Vorschlag widersetzt hatte und die Wahrheit sagen wollte.
Drei Jahre später sitzt Hurley neben einem bewusstlosen Sayid im Auto und ist heillos überfordert. Jorge Garcia holt mal wieder alles aus seiner Figur heraus und spielt seinen Part großartig und mit viel Feingefühl für niveauvollen Slapstick. Ein absolutes Highlight: sein kreischend gelbes "I love my shih-zu" T-Shirt. Herrlich!
Nach Charlie und Mr. Eko trifft Hurley bei seiner Flucht diesmal auf eine weitere tote Person, nämlich Ana-Lucia. Sie gibt ihm ein paar Tipps, grüßt ihn von Libby und sagt ihm dann explizit, dass er sich nicht verhaften lassen soll. Das Auftreten der vermeintlich toten Ana-Lucia ruft uns erneut in Erinnerung, dass bei "Lost" tot nicht gleich tot bedeutet (was diesmal auch bei Locke deutlich wird). Interessant ist vor allem, dass die Toten ihn dazu drängen, prinzipiell das zu tun, was Ben will. Ana-Lucia sagt ausdrücklich, dass Hurley sich von den Cops fernhalten soll. Charlie sagte ausdrücklich in #4.01 Der Anfang vom Ende, dass "sie" in brauchen. Alles deutet also darauf hin, dass Hurley zur Insel zurück muss.
In seiner Not geht Hurley ins Casa Reyes, wo sich sein Vater die neueste Folge von Nikki und Paolos Show "Exposé" anschauen will. Die Szenen zwischen Papa Reyes und seinem Sohn sind nett und stellenweise witzig, nehmen aber einiges an Tempo raus. Schade. Dafür aber sorgt Hurleys Unterhaltung mit seiner Mutter für einen fantastischen Moment: Er erzählt ihr die Wahrheit und versucht sich an einem Mini-Resümee der letzten vier Staffeln – großartig! Jeder "Lost"-Fan wird sich in dieser Szene in Hurley wieder erkannt haben. Man kann die Serie einfach nicht beschreiben, man muss sie gesehen haben!
Zuletzt sehen wir Hurley, wie er Besuch von niemand Geringerem als Ben bekommt. Vor lauter Schreck wirft Hurley ihm erstmal eine Frühlingsrolle entgegen, was Ben nur mit einer unbestimmbaren Gesichtsregung kommentiert. Absoluter Top-Moment. Ben versucht Hurley davon zu überzeugen, mit ihm zu kommen, doch er überschätzt dessen Naivität: Hurley denkt an das, was Sayid ihm gesagt hat (und nicht an das, was Ana-Lucia gesagt hat) und lässt sich verhaften. Damit ist Hurley erstmal weg vom Fenster und Ben hat ein großes Problem. Doch mehr dazu später.
"He's dead, isn't he?"
Neben der Konstellation Sayid/Hurley bietet uns der zweite Teil des Staffelauftakts eine weitere, großartige Konstellation: Ben/Jack. Die Vorstellung, dass sich die beiden ein Zimmer geteilt haben, ist zu köstlich.
Ben offenbart Jack, dass er nicht nur dessen Pillen in der Toilette hinuntergespült hat, sondern auch, dass es an der Zeit ist, zu packen. Jack willigt ein, bereit, für immer auf die Insel zurückzukehren, um die anderen Losties zu retten. Hier blitzt erneut Jacks heldenhafter Charakter auf, der trotz all der Drogen und dem Alkohol immer noch in ihm schlummert. Die fünfte Staffel ist wie ein Neuanfang für diese Figur: Jack ist von einem Mann der Wissenschaft tatsächlich zu einem Mann des Glaubens geworden.
Später macht sich Ben auf, um eine Frau namens Jill zu besuchen. Sie soll auf Lockes Leiche aufpassen, die anscheinend essentiell für Bens Plan ist. Dieser Besuch bei Jill macht zwei Dinge deutlich: Zum einen ist es interessant zu sehen, dass Ben auch fernab der Insel eine Art Gruppe zu haben scheint, die ihm gehorcht. Zum anderen hat Ben durchaus eine menschliche Seite, was er beweist, als er Jack gegenüber Jill doch tatsächlich verteidigt. Die Vielschichtigkeit und Ambiguität dieses Charakters fasziniert mich immer wieder aufs Neue.
"I don't blame you."
Die dritte Oceanic-Six-Storyline dreht sich um Kate und Sun. Die beiden Frauen scheinen sich seit der Rettung nicht mehr gesehen zu haben, denn Sun zeigt Kate ein Babyfoto von Ji-Yeon, die mittlerweile drei Jahre alt sein dürfte. Kate erzählt von der Sache mit der Blutprobe und langsam wird die Stimmung zwischen den beiden eisig kalt. Sun erinnert Kate an Jins Tod und uns damit an ihre Aussage in #4.12 Die Rückkehr (1): Zwei Menschen seien für Jins Ableben verantwortlich. Der eine ist Mr. Paik. Doch wer ist der Andere? Ben, weil er den Zünder ausgelöst hatte? Oder vielleicht doch Kate, die Jin zurückgelassen hatte?
Fest steht, dass bei diesem Treffen etwas nicht gestimmt hat. Von Freundschaft oder Freundlichkeit kann hier keine Rede sein, vielmehr wirkt Sun unehrlich und distanziert. Auf welcher Seite steht sie? Was führt sie im Schilde?
"Daniel, do you know what's happening to me?"
Auf der Insel geschehen derweil drei wichtige Dinge: a) Frogurt stirbt, b) Charlotte geht es immer schlechter und c) Sawyer findet (leider) ein T-Shirt.
Dass Frogurt aus den Webisodes endlich seinen Weg in die Serie geschafft hat, ist eine grandiose Hommage an die Fans. Der Charakter, der von vornherein als so genanntes "redshirt" konzipiert war, also als Kanonenfutter, bekommt diesmal seinen großen (und einzigen) Auftritt bei "Lost". Was besonders witzig daran ist: Frogurt überlebt nur eine Folge und stirbt – Achtung! – bekleidet mit einem roten Hemd. Genial.
Um Charlotte steht es währenddessen immer schlechter. Sie zeigt Symptome, die ganz stark darauf hindeuten, dass sie sehr unter den Zeitsprüngen leidet. Doch was hat es zu bedeuten, dass ihr Erinnerungen fehlen? Hat sie einen besonderen Status, da sie auf der Insel geboren wurde? Und wenn wir schon bei den Fragen sind: Wer hat die Losties mit den Feuerpfeilen angegriffen? Und wer sind die Leute, die Sawyer und Juliet angegriffen haben? Sind sie von der Dharma-Initiative? Wenn ja, in welcher Zeit stecken die Losties dann?
"I don't understand you, but I believe you."
Und als ob wir nicht schon genug Fragen hätten, wartet die Folge dann noch mit einer unglaublich kryptischen Endszene auf: Wir sehen Ms. Hawking, bekannt als mysteriöse Ringverkäuferin aus #3.08 Erinnerungsfetzen, die Ben sagt, dass er nur noch 70 Stunden hätte, um sein Vorhaben auszuführen. Ben ist entsetzt, dass ihm nur noch so wenig Zeit bleibt. Und wenn Ben mal entsetzt ist, dann ist es für normale Menschen höchste Eisenbahn, schreiend davonzulaufen.
So ist die Verschnaufpause auch schon zu Ende und die Kopfschmerzen gehen wieder los. #5.02 Die Lüge ist eine solide Episode, die erneut viele Fragen aufwirft, dabei aber gleichzeitig unter Beweis stellt, dass wir nun immer tiefer in das "Lost"-Mysterium eintauchen dürfen – und bis es uns gewährt wird, dieses vollständig zu verstehen, schließe ich mich Mama Reyes an und sage: Darlton, ich verstehe euch zwar nicht, aber ich glaube euch.
Maria Gruber - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: The LieErstausstrahlung (US): 21.01.2009
Erstausstrahlung (DE): 21.01.2010
Regie: Jack Bender
Drehbuch: Edward Kitsis & Adam Horowitz
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