Bewertung

Review: #4.18 Halbwahrheit

Foto: Clare Bowen, Nashville - Copyright: 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate
Clare Bowen, Nashville
© 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate

Die Folge hatte einiges zu bieten, leider haben die Autoren aber wieder einmal ein sicheres Gespür dafür, interessante Geschichten mit teils absurden oder auch zum-Haare-raufenden Momenten zu zerstören, so dass ich beim Ansehen der Episode nicht nur einmal am liebsten den Bildschirm angeschrien hätte.

Rayna, Deacon & Maddie

Bevor ich gleich zu jeder Menge negativer Kritik an diesem Handlungsstrang komme, will ich zuvor aber doch so etwas wie ein kleines Lob dafür aussprechen, dass man sich nun tatsächlich getraut hat, das Urteil pro Maddie zu fällen und sie damit für selbständig im Sinne der Volljährigkeit zu erklären. Dabei ist es auch unerheblich, dass mich der Weg dorthin nicht nur einmal tierisch aufgeregt hat. Denn wie ich bereits in meiner letzten Review geschrieben hab, halte ich diesen Weg grundsätzlich für die beste Möglichkeit, spannende Geschichten zu erzählen und diesen grundsoliden Konflikt nicht voreilig mit in einem Happy End aus der Welt zu schaffen. Nun kommt aber im gleichen Atemzug auch das große ABER, denn die Art und Weise der Umsetzung ist einfach unerträglich und gleich in mehrerer Hinsicht eine riesige Enttäuschung. Da spreche ich auch gar nicht nur von Maddies unglaublich erschreckend verletzenden Verhalten in ihrer Aussage gegen Deacon, welches gleichermaßen für den nicht minder enttäuschenden Vertrauensbruch von Frankie gilt, sondern auch von der Einfallslosigkeit der Autoren, denen offenbar nichts anderes einfiel, als mit der Holzhammermethode einen vermeintlich gewaltsamen Angriff von Deacon auf Frankie zu inszenieren. Dieses angeblich ach so große Gewaltpotential von Deacon wurde ihm in der jüngsten Vergangenheit derart aufgezwungen, dass man sich wirklich fragen muss, ob ich als Zuschauer in den letzten dreieinhalb Jahren einen ganz anderen Charakter zu sehen bekommen habe. Darüberhinaus war ich wirklich schockiert, dass Maddie vor Gericht diese Karte ausgespielt hat. Damit hat sie bei mir als Figur aber auch endgültig das letzte Quäntchen an Sympathie verspielt. Nicht minder schlimm ist es aber, dass Frankie einen derart großen Verrat an Deacon begangen und die ihm anvertrauten Details derart dreist gegen seinen einstigen Freund verwendet hat. Nun ist so ein Sponsor-Verhältnis sicher nicht mit einem Anwalt-Klienten-Verhältnis gleichzusetzen, aber es ist dennoch schon fast skandalös, dass diese vertraulichen Aussagen vor Gericht zugelassen werden. Ich hatte nur noch Mitleid mit Deacon und Rayna. Nicht weniger bedauert habe ich auch Charles Esten, dessen alter Ego Deacon mit dieser Folge nun endgültig kaputt geschrieben wurde. Musste es denn nun wirklich zu dieser Begegnung mit Frankie kommen, die dann auch noch so gegen Deacon verwendet werden konnte? Ich weiß auch gar nicht mehr, was ich schlimmer finden soll: diese Szene mit ansehen oder nun vielmehr in der Folge auch noch Raynas Vertrauensverlust in den eigenen Ehemann mitzuerleben zu müssen. Ich persönlich hätte die beiden in der schwierigen Situation viel lieber vereint Seite an Seite gesehen. Stattdessen muss man nun befürchten, dass ihre Ehe nun am seidenen Faden hängt, weil Rayna aufgrund der Sachlage eigentlich nur von Deacons Schuld ausgehen kann. Nein, das haben die Autoren total verhunzt.

Scarlett & Gunnar

Und das sollte nicht die einzige Fehlleistung der Serienmacher sein, denn was in dieser Folge mit Scarlett und Gunnar angestellt wurde, erzeugt bei mir nicht nur Unverständnis, sondern auch Wut. Warum um alles in der Welt, muss man denn nach der letzten Folge, die uns die Wiedervereinigung der beiden präsentierte, nun alles sofort wieder zunichte machen? Da fehlen mir fast schon die Worte. Jede einzelne Szene im Rahmen des Rolling Stone-Interviews war für mich nur äußerst schmerzhaft zu ertragen. Eben noch quasi frisch verliebt händchenhaltend und nur wenig später die zunehmende Separierung der beiden, die in der eiskalten Bühnenabfuhr von Gunnar gipfelte. Ich konnte wirklich kaum noch an mich halten. Bevor ich mich ob dieser unverständlichen Entwicklung noch weitere ärgere, will ich nur noch möglichst schnell den Mantel des Schweigens über diesen unsäglichen Handlungsstrang ausbreiten.

Will und Luke

Allenfalls mittelprächtig war alles rund um Lukes Versuch, Will öffentlichkeitswirksam als bekennend schwulen Country-Künstler zu etablieren. Anfangs habe ich mich noch gemeinsam mit und für Will gefreut, als dieser noch unter der Dusche stehend seinen Song im Radio hörte. Im weiteren Verlauf wurde mir aber auch diese Handlung zunehmend verdorben. Erschreckenderweise ist mir bis jetzt noch nicht eindeutig klar, ob diese engstirnige Meinungsmache dieser erzkonservativen TV-Moderatorin nur eine dramatisch überspitzte Darstellung ist oder ob es in der Realität tatsächlich noch derartige Ausfälle und vor allem Ansichten in breiten Teilen der (amerikanischen) Bevölkerung gibt. Ich hoffe ja inständig auf ersteres, befürchte inzwischen jedoch das Gegenteil. Des Weiteren lässt mich außerdem das Gefühl nicht los, dass wir uns bezüglich Wills Outing, und der damit verbundenen Probleme, einmal mehr erzählerisch im Kreis drehen. Wir haben doch bereits miterleben müssen, wie Will aufgrund seiner Homosexualität in seiner Karriere ausgebremst wurde und der öffentlichen Anfeindung war er ja nun auch schon mehr als einmal ausgesetzt. Der Sprayer-Anschlag auf sein Auto war daher nur "more of the same" für mich, statt neuer Erkenntnis. Hat man denn für Will wirklich keine anderen Ideen mehr? Ich hoffe nun inständig, dass Luke nicht noch einmal einknicken und sich auch weiterhin für Will einsetzen wird.

Avery, Juliette & Layla

Einen kleinen Lichtblick bot dagegen die Handlung um Avery, Juliette und Layla. Auch wenn ich eine Beziehung von Layla und Avery nach wie vor nicht befürworte, empfand ich Juliettes Entwicklung innerhalb der Folge als erfrischende Wohltat im Vergleich zur Charakterentwicklung manch anderer Figuren. Zwischenzeitlich hatte ich tatsächlich die Befürchtung, die Autoren spielen hier doch noch einmal die Variante aus, Laylas Verhalten als geplante Racheaktion an Juliette aufgrund ihres Verlustes von Jeff zu rechtfertigen. Umso erfreuter war ich aber, dass Layla dann doch diesen wichtigen Schritt in ihrer Charakterentwicklung machen durfte und sie Avery auch für sein Glück hätte ziehen lassen. Ich hatte ja bereits schlimmste Befürchtungen, als klar war, dass Juliette die Unterhaltung der beiden mit anhören würde, wurde aber dann positiv überrascht, dass sie dies zum Anlass genommen hat, Avery nicht mehr im Weg stehen zu wollen und ihn sein Glück finden zu lassen. Da hat Juliette wirklich Größe gezeigt und wieder einige verlorene Sympathiepunkte bei mir sammeln können. Ich glaube persönlich zwar nicht daran, dass in dieser Beziehung das letzte Wort gesprochen ist, aber für den Moment, bin ich mit dieser Entwicklung wirklich zufrieden. Hier wurde zuletzt einfach so viel zerstört, dass eine Wiedervereinigung in der Kürze der Zeit kaum glaubhaft zu vermitteln gewesen wäre.

Fazit

Ich mache es kurz: Die Folge war im Großen und Ganzen absoluter Murks. Charaktere wurden mit fragwürdigen Entscheidungen oder sich wiederholenden Mustern von den Autoren in Grund und Boden geschrieben und damit vielversprechende Geschichten im Ansatz zerstört. Dass ausgerechnet die schon lange ruinierte Beziehung von Avery und Juliette in Verbindung mit Layla noch die beste Entwicklung bot, sagt da schon alles. Wie man hier so kurz vor dem Staffel- und möglichen Serienfinale noch die Kurve bekommen will, ist mir persönlich ein Rätsel.

Jan H. – myFanbase

Die Serie "Nashville" ansehen:


Vorherige Review:
#4.17 Getrennte Wege
Alle ReviewsNächste Review:
#4.19 Verluste

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Nashville" über die Folge #4.18 Halbwahrheit diskutieren.