Bewertung

Review: #5.12 Hades und die Seelen der Verstorbenen

Wie gratuliere ich "Once Upon a Time" am besten zum Jubiläum? Mit 100 roten Äpfeln? 100 Spiegeln? 100 gelben Käfern? Gebraucht kostet so ein gelbes Emma-Mobil ja an die 9.000 Euro. Okay, wir machen das mit den Äpfeln!

Die 100. Folge ist für jede Serie ein beachtlicher Meilenstein. "Once Upon a Time" hat zur Erreichung dieser geradezu magischen Grenze viereinhalb Staffeln benötigt, dabei ein halbes Dutzend Flüche verbraucht, in unzähligen Märchenbüchern und Kinofilmen gewildert und viele, viele Wendungen vollzogen. Leider hat die Serie unterwegs auch so manche Zuschauer verloren, denn die Traumquoten von einst erreicht "Once Upon a Time" nicht mehr. Fantasyserien können sich mit der Zeit schon mal abnutzen, gar keine Frage, aber nicht zuletzt die vergangene Staffelhälfte hat einige der größten Schwächen von "Once Upon a Time" offenbart: mangelnde Logik, Handlungsfäden, die nicht richtig ineinanderlaufen oder einfach abrupt gekappt werden, Charaktere, die unnötigerweise eingeführt werden oder unverständlicherweise wieder verschwinden und offene Fragen, die schon so lange offen sind, dass sie sich keiner mehr stellt. Viele dieser Schwächen konnten in der Vergangenheit durch die Hauptcharaktere, die Grundatmosphäre und durch gute Ideen, von denen die Serie fraglos so einige zu bieten hatte, ausgeglichen werden, aber genau das klappte in der ersten Hälfte der fünften Staffel immer weniger.

Diese Folge stand damit nicht nur vor der Aufgabe, ein sehenswertes Jubiläum zu bieten, sondern zugleich auch die richtigen Voraussetzungen für eine zweite Staffelhälfte zu schaffen, die mehr überzeugen kann. Zu weiten Teilen ist das auch durchaus gelungen. Dass die Unterwelt mehr hergibt als Camelot, steht schon jetzt außer Frage.

Die Hölle, das sind wir

Das Vorbild für die verfluchte Stadt Storybrooke war also die Unterwelt. Das ist eine von diesen guten Ideen, die ich meine. Der Fluch hat damals eine schöne Version der Unterwelt erschaffen, ein idyllisches Abbild, das aber ebenso ein Gefängnis war, in dem die Zeit stillstand und die Menschen abgeschnitten vom Rest der Welt waren. Emma hat dies geändert und nun wollen sie und ihre engsten Vertrauten dies auch in der Unterwelt tun. Sie wollen Hook finden und bei dieser Gelegenheit gleich ein paar Seelen erlösen, vor allem jene, deren Aufenthalt in der Unterwelt direkt oder indirekt mit den Helden in Verbindung steht.

Als Kandidaten hätten wir da:

James

Der Zwillingsbruder von David legt es gleich darauf an, Stunk zu machen und schmeißt sich an Mary Margaret heran. Hätte diese nicht schon während des Kusses merken müssen, dass sie nicht ihren Mann, mit dem sie sich ein Herz teilt, vor sich hat? Ein Herz! Hallo? Offenbar setzt sich Mary Margarets gelegentliche Blindheit gegenüber dem Offensichtlichen weiter fort, was diesem Charakter nicht zum Vorteil gereicht.

Das sich abzeichnende Aufeinandertreffen der Zwillingsbrüder, die sich zu James' Lebzeiten nie begegnet sind, bietet viel Stoff für Drama. Die beiden haben zweifellos eine Menge aufzuarbeiten. Ich hoffe nur, man verschont uns mit einer "Doppeltes Lottchen"-Story, bei der James es irgendwie schafft, David einzusperren und dann dessen Platz einzunehmen. Das wäre nicht nur unsagbar einfallslos, sondern auch ärgerlich. So blind können die anderen ja nicht sein, nicht, nachdem sie auch noch wissen, dass Davids Ebenbild hier herumläuft.

Peter Pan

Mr. Golds Vater, der äußerlich sein Enkel sein könnte, zur Erlösung zu führen, dürfte wohl kaum ein Spaziergang werden. Es wird wohl eher darauf hinauslaufen, dass die Gruppe aufpassen muss, nicht von ihm als Freifahrtschein zurück in die Welt der Lebenden benutzt zu werden. Pan versucht bereits wieder, seinen Sohn einzuwickeln und hat sicher noch heimtückische Ideen in der Hinterhand. Bis vor einigen Monaten hätte ich nie erwartet, dass wir Pan noch einmal wiedersehen würden. Die Unterwelt-Storyline ist aber die perfekte Gelegenheit, diesen Charakter wieder einzubinden und ihn erneut auf unsere Helden treffen zu lassen, nun aber unter anderen Bedingungen, mit viel offeneren Karten. Henry z.B. weiß ja nun, dass sein Spielgefährte aus Neverland sein Urgroßvater ist.

Cora

Reginas Mutter, die - wir erinnern uns - ihr Herz zurückerhalten hat, aber trotzdem zur Hölle gefahren ist, freut sich, ihre Tochter wiederzusehen, will diese aber mit allen Mitteln zur Flucht bewegen. Cora darf in der Unterwelt zwar Bürgermeisterin spielen, aber das nur in Hades' Gnaden. Weil sie bei der Umsetzung seiner Befehle scheitert, bestraft er sie auf die für sie furchtbarste Weise: er nimmt ihr alles weg und macht sie wieder zu einer armen Müllerin. Er verdammt sie zu der Existenz, die sie so unerträglich fand, dass sie dafür ihr Herz abgelegt und ihre erstgeborene Tochter ausgesetzt hat. Wir sehen in dieser Folge keine völlig andere Cora, denn ihr kaum benutztes Herz gehörte nie zu den besonders guten. Ihre Sorge um Regina ist aber offensichtlich echt und die Erwähnung von Zelena trifft sie auch. Ich denke, Coras Erlösung führt nur über Zelena, was problematisch ist, da sich diese gerade in Oz von grün zu schwarz ärgert.

Cruella

Wir sehen sie in dieser Episode noch nicht direkt, aber es wird massiv angedeutet, dass es bald ein Comeback von ihr gibt. In Sachen Erlösung scheint Cruella sogar eine noch härtere Nuss als Peter Pan zu sein. Genau genommen kann sie als hoffnungsloser Fall gelten. Sie war zu Lebzeiten eine Soziopatin ohne jedes Schuldempfinden oder Mitleid. Das Töten hat ihr Spaß gemacht, nicht einmal ihr eigener Vater war vor ihrer kalten, grundlosen Mordlust sicher. Ich sehe da nun wirklich kein Potential für Erlösung, aber viel Potential für Cruella als eine sehr gefährliche Gegenspielerin unserer Helden. Mit Emma hat Cruella definitiv noch einen Dalmatiner zu rupfen.

Klein & Groß

Reginas Vater ist bzw. war ein ganz anderer Fall als es Pan oder Cruella sind. Er gehörte nie zu den Schurken, ist im Leben aber tragisch und verheerend gescheitert, da er seine Tochter nicht vor Coras Einfluss schützen konnte. Er war zu schwach, sich gegen seine Frau zu wehren und Regina zu helfen. Seine unerledigte Aufgabe als Vater hat seine Seele in die Unterwelt verbannt, doch durch das Wiedersehen mit Regina wendet sich für ihn das Blatt. Obwohl ihm ein noch schlimmerer Ort als die Unterwelt droht, bestärkt er seine Tochter darin, ihre Freunde nicht im Stich zu lassen und gegen Coras Willen in der Unterwelt zu bleiben. Er wehrt sich für Regina gegen Coras Drohungen und befreit sich damit von seiner Last. Dies öffnet ihm das Tor zu ... zum Himmel? Ins Paradies? Wir sind mitten in der griechischen Mythologie, also treffen diese beiden Begriffe eigentlich nicht zu. Bleiben wir daher vorläufig bei "einem besseren Ort".

Die Szenen zwischen Regina und Henry Sr. in der Unterwelt sind wirklich bewegend. Für Regina ist es ein unbezahlbares Erlebnis, Frieden mit ihrem Vater schließen zu können und zu sehen, wie stolz er darauf ist, dass sie nun zu den Helden gehört. Vermutlich wird die Unterwelt noch so einige Begegnungen mit ihrer dunklen Vergangenheit für Regina bereithalten. Wenn sie das übersteht und womöglich einigen Menschen, die durch sie leiden mussten, zur Erlösung verhilft, erlöst sie sich damit auch ein stückweit selbst. Ebenfalls sehr rührend ist die Begegnung der beiden Henrys. Auch wenn Großvater und Enkel nicht miteinander blutsverwandt sind, teilen sie doch mehr miteinander als nur den Vornamen: sie beide haben Regina nie aufgegeben.

Die Rückblicke enthüllen uns unterdessen, wie Henry Sr. damals wirklich geschrumpft und ins Wunderland verschleppt wurde. Damit schlägt die 100. Folge einen sehr weiten Bogen zurück zur ersten Staffel und zu einer der besten Episoden der Serie überhaupt, zu #1.17 Der Hutmacher. Nicht Cora hat damals ihren Mann geschrumpft und in eine Schatulle gepackt, um ihn zu entführen, Regina selbst hat ihren Vater auf Zinnsoldatgröße minimiert und eingetütet, was Cora letztlich ausgenutzt und Regina dazu bewogen hat, Jefferson zu benutzen, der daraufhin zum verrückten Hutmacher wurde. Ein kleiner Henry, eine große Wirkung. Bei Regina klang das damals, als sie ihren Vater auf Jeffersons Kosten gerettet hat, natürlich ganz anders, aber in diesem Fall macht es Sinn, dass die Böse Königin erstens nicht mit offenen Karten gespielt hat und zweitens ihre eigene Schuld an der Misere nicht zuzugeben bereit war.

Die Schrumpf-und-Entführungsgeschichte spiegelt die ganze Lebenssituation von Henry Sr. ziemlich gut wieder. Um Regina der Vater zu sein, den sie gebraucht hätte, war er sprichwörtlich zu klein und zu schwach und seine Frau Cora hatte ihn auch schon, bevor er in eine Schatulle gesperrt wurde, fest im Griff und konnte mit ihm machen, was sie wollte.

Wiedersehen mit Knalleffekt

Ich bin schon sehr gespannt, wen unsere Helden in der Unterwelt noch so alles wiedertreffen werden. Neal schon mal nicht, er ist an dem ominösen besseren Ort, an dem es ihm gut geht. Er warnt Emma davor, die Unterwelt zu betreten, allerdings auch nicht mit großer Leidenschaft, denn eigentlich war ihm schon klar, dass Emma sich von ihrer Mission nicht würde abbringen lassen. Wenn man es genau nimmt, hatte dieser ganze Auftritt von Neal wenig Sinn, aber in einer 100. Folge kann man sich das durchaus erlauben. Es war einfach ein Geschenk an die Fans, das wir dankend annehmen und dann weitergehen.

Ein Wiedersehen mit Graham halte ich auch für wenig wahrscheinlich, er dürfte ebenfalls an dem besseren Ort sein. Mir fallen dennoch spontan mehr als genug Namen ein, die für ein Comeback zumindest in Frage kommen: Milah, Walsh, Greg, Tamara, Percival, Hooks Vater, vielleicht sogar Marian.

Das Potential, lose Fäden wieder aufzunehmen, ist bei dieser Unterwelt-Story sehr groß. Charaktere, deren Begegnung unmöglich erschien, können nun aufeinander treffen. Die beiden Henrys haben es bereits vorgemacht, bald könnten David und James folgen. Henry und Milah wäre auch eine spannende Kombination. Einer gemeinsamen Szene zwischen Emma und ihrem Onkel James wäre ich auch nicht abgeneigt. Darüber hinaus können Charaktere, die bislang nur in einer Episode dabei waren, wie die Blinde Hexe, jetzt eine umfassendere Geschichte erhalten.

Vielleicht ist es wirklich genau das, was "Once Upon a Time" jetzt braucht, um die Serie wieder in die Spur zu bringen: die Verknüpfung von (Schicksals-)Fäden.

Maret Hosemann - myFanbase

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