Bewertung

Review: #4.09 Familie

Foto: Sam Heughan & Caitriona Balfe, Outlander - Copyright: 2018, 2019 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.
Sam Heughan & Caitriona Balfe, Outlander
© 2018, 2019 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.

Es ist endlich soweit und die Wiedervereinigung von Brianna mit ihren Eltern, der man schon die ganze Staffel über entgegenfiebert, ist gekommen. Mit Tränen, Zurückhaltung, Umarmungen und einem stetig wachsenden Gefühl der Zusammengehörigkeit zeigt man uns diese Familienzusammenführung und sie hätte emotionaler nicht ausfallen können.

My Darling – My Blessing

Nahtlos knüpft man an die Geschehnisse der letzten Woche an und zeigt uns, wie die Tat von Bonnet bei Brianna nachhallt. Zitternd und noch immer unter Schock stehend kehrt sie in ihr Zimmer zurück, als Zuschauer spürt man ganz deutlich die Mauer, die Brianna um sich herum aufbaut und die sie vor Lizzie zurückschrecken lässt. Es ist das erste Mal, dass Lizzie eine Bereicherung für die Serie ist, denn sie erkennt sofort, was Brianna zugestoßen ist und versucht gleichzeitig, Distanz zu halten aber auch für Brianna da zu sein. Obwohl wir von der Freundschaft der beiden bisher nichts gesehen haben, kann man erkennen, dass die beiden Frauen einander vertrauen und das ist genau das, was Brianna in dieser Situation braucht.

Ich habe nur einen kleinen Kritikpunkt an #4.09 Familie und das ist der nächste Morgen, an dem Brianna vergessen zu haben scheint, was ihr zugestoßen ist und sich einzig darum sorgt, wo Roger wohl sein mag. Zwar kann ich verstehen, dass man der Vergewaltigung nicht zu viel Raum geben möchte, doch nach dem Eindruck, den Brianna am Abend gemacht hat, passt es nicht ganz, dass sie nun weder seelische noch körperliche Schmerzen zu spüren scheint. Abgesehen davon hat mir Briannas rasche Suche nach Roger gut gefallen, man vergisst dadurch den kindischen Streit der beiden. Genau so schön anzusehen war Rogers Rückkehr in die Taverne, um Brianna zu finden. Das Schicksal meint es allerdings nicht gut mit den beiden und so gehen sie erst einmal getrennte Wege. Als Zuschauer steht man während Rogers Gespräch mit Bonnet sofort unter Strom und denkt die ganze Zeit "Wenn er nur wüsste…". Gleichzeitig möchte man, dass Roger erfährt, was Bonnet Brianna angetan hat, aber irgendwie will man davor auch wieder lieber die Augen verschließen, denn Rogers Reaktion möchte man sich nicht ausmalen. Die Autoren haben diesen Zwiespalt gut einfangen können und greifen das Gefühl später noch einmal auf.

Nach dieser ersten großen emotionalen Achterbahn folgt sogleich die nächste, als Brianna Roger folgt, doch feststellen muss, dass sein Schiff bereits ausgelaufen ist. So viel Unausgesprochenes steht zwischen den beiden. Der Moment, in dem Brianna ihren Armreif durch die Finger gleichen lässt und die eingravierten Worte wiederholt, war für Sophie Skelton die zweite Szene, in der sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte. Die Augen der Zuschauer bleiben ab diesem Zeitpunkt nie lange trocken, werden anschließend allerdings durch Freudentränen abgelöst.

Das Aufeinandertreffen von Brianna und Jamie läuft ganz anders ab, als ich es mit vorgestellt hatte. Seinen Vater zum ersten Mal zu sehen, wenn er mit halb heruntergelassener Hose gegen eine Wand pinkelt, ist nun kein Anblick, den man sich unbedingt einprägen möchte. Doch auch wenn es auf den ersten Blick undurchdacht wirkt, so kann Sam Heughan die Szene nutzen, um zu glänzen. Erst ein kecker Spruch, um Brianna loszuwerden, doch als er erkennt, um wen es sich bei ihr handelt, wechselt sein Gesichtsausdruck auf der Stelle. Der Schalk verfliegt und es glitzern Tränen in Jamies Augenwinkeln. Mit Glücksgefühlen wohnt der Zuschauer der schüchternen Umarmung von Vater und Tochter bei und eine tiefe Zufriedenheit breitet sich in einem aus. Kurz darauf ist dann Caitriona Balfe an der Reihe und kann nach Skelton und Heughan ebenfalls ihrer Schauspieltalent unter Beweis stellen. Anders als bei Jamie, der nicht aufhören kann zu lächeln, entgleiten Claire erst einmal alle Gesichtszüge und sie schließt das Kind in die Arme, von dem sie dachte, dass sie es für immer hinter sich gelassen hat. Es ist einer der schönsten Momente der Serie, den man hier kreiert hat.

Eine Weile lang schwebt man als Zuschauer in Glückseligkeit und genießt es, wie Brianna und ihre Eltern zu einer Familie zusammenwachsen. Besonders schön ist dabei natürlich das Kennenlernen von Brianna und Jamie. Sein Strahlen, als er sieht, dass Brianna – genau wie er – im Schlaf lächelt, seine Kosenamen für seine Tochter, der gemeinsame Ausflug, Jamies Traurigkeit bei dem Gedanken, Brianna irgendwann wieder ziehen zu lassen, all das macht den Zuschauer genau so glücklich, wie sich die Frasers durch ihre Familienzusammenführung fühlen müssen. Auch Briannas Schuldgefühle, weil sie Frank nicht ersetzen, Jamie aber gleichzeitig kennenlernen will, werden angesprochen. Wie die Vater-Tochter-Beziehung langsam immer intensiver wird, war wirklich herzerwärmend.

Zum Ende der Episode geben die Autoren noch einmal richtig Gas und das Gefühl von Unbehagen und einer bösen Vorahnung, das man bereits bei Rogers Gespräch mit Bonnet hatte, stellt sich wieder ein. Geschickt bringt man den Stein auf drei verschiedene Weisen ins Rollen und steigert die Spannung, damit der Zuschauer bis in die Zehenspitzen spüren kann.

Die Offenbarung, dass Brianna vergewaltigt wurde, trifft Claire genau so schwer wie der Schock, als sie ihre Tochter zu Beginn der Episode vor sich sah. Doch wo Claire vorher von Wogen der Freude erfasst wurde, herrscht nun Bedauern, das kurz darauf in tiefe Schuldgefühle umschlägt, als Claire erkennt, um wen es sich bei Briannas Vergewaltiger handelt und dass ihr Ehering den Anstoß zu allem gegeben hat. Die Gefühle schaukeln sich bei den Schritten der Erkenntnis immer weiter hoch und werden unterstützt durch das Auftauchen von Roger und Lizzies Erzählung, er sei Briannas Vergewaltiger. Dass sich die Geschichte in diese Richtung entwickeln wird, war bereits nach der letzten Episode zu befürchten und nur zu gern würde man eingreifen und herausschreien, dass alles ein furchtbarer Irrtum ist. Und während man sich man liebsten die Hände vor die Augen halten möchte, weil alles so schrecklich schiefläuft, gipfelt die Episode darin, dass Jamie auf Roger losstürmt und ihn in seiner blinden Wut brutal halb totschlägt. Es ist ein schauderhaftes Bild, wie Roger blutüberströmt und reglos am Boden liegt und bringt die Folge, zu einem spannungsgeladenen Ende.

Kurze Eindrücke

  • Auch Murtaghs Freude über das Kennenlernen mit Brianna wurde schön umgesetzt. Die beiden haben sofort einen Draht zueinander.
  • Lizzie kann für einige Lacher sorgen. Erst ihre Freude darüber, wie sie von Claires und Jamies Anwesenheit in der Stadt erfahren hat. Später dann das offenkundige Interesse an Ian.
  • Als Brianna einen Blick auf das Vogelnest warf, habe ich kurz überlegt, ob sie schwanger sein könnte, da sie die kleine Familie intensiv betrachtete. Diese Storyline wird sicherlich auch noch einige schöne und schmerzhafte Momente mit sich bringen.
  • Roger möchte auf dem Schiff lieber mit Edelsteinen bezahlt werden und hat scheinbar den Gedanken, in seine Zeit zurückzukehren, im Hinterkopf.
  • Die Reaktion auf ihren baldigen Tod fiel bei Jamie und Claire recht knapp aus. Viel mehr beschwert Jamie sich über die Arbeit des Druckers, der das Datum nicht ordentlich abgebildet hat. Ob es sich bei ihm um jemanden handelt, den wir noch genauer kennenlernen werden?
  • Briannas Erkenntnis darüber, dass ihr Vergewaltiger der gleiche Mann ist, der ihre Eltern überfallen hat und dadurch an Claires Ring gelang, war ein weiterer Moment, in dem Skelton Briannas Gefühle wunderbar darstellen konnte. Kurz blitzte die Erinnerung an die schreckliche Tat wieder in Briannas Augen auf. Eine weitere starke Szene von Skelton war die, in der Brianna ihrer Mutter endlich die Schwangerschaft und die Vergewaltigung gestand. Die Erleichterung konnte man sehr gut von Briannas abfallen sehen, genau so wie die Scham darüber, dass sie ihren Angreifer nicht abwehren konnte.

Fazit

Man verfällt dieses Mal von der größten Freude in die tiefste Bestürzung, während man die Frasers auf ihrem Weg begleitet. Jede Szene wurde mit Liebe zum Detail ausgearbeitet und trifft den Zuschauer mitten ins Herz.

Marie Florschütz - myFanbase

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