Bewertung

Review: #3.07 Vertrauen vorbei

Auch der zweite Teil der Doppelfolge hat nichts an Spannung eingebüßt. Es gibt, anders als in der ersten Staffel, wirklich keine Chance zwischendurch mal durchzuatmen. Ich hoffe zwar, dass es irgendwann nochmal leichtere Szenen geben wird, aber im Moment gefällt mir, wie die Spannung unerbittlich gehalten wird!

I'm gonna find out who's responsible for taking her life and I'm taking theirs.

Der Kampf war ein neuer Plan Michaels. Es ist also nach wie vor eine Tatsache, dass Michael unter allergrößter seelischer Anspannung am schnellsten Ideen entwickeln kann. Die Trauer um Sara hat ihm nicht den Verstand geraubt, wie es am Ende der letzten Episode #3.06 Photo Finish aussah, obwohl ich der Auffassung bin, dass all der Hass und die Wut, die ihm ins Gesicht geschrieben stehen, sehr sehr echt sind. Er weiß zwar, dass man die Frau ermordet hat, die er liebt, er hat aber noch keine reale Person vor sich, die er dafür verantwortlich machen und in deren Richtung er seine Wut kanalisieren kann. Er schreit seine Gefühle vor allen Insassen Sonas heraus und Whistler entgegen, aber wie wir hinterher erfahren, ist er dabei nach wie vor sehr kontrolliert. Denn er wollte damit nur erreichen, dass Lechero den Kampf so schnell wie möglich stattfinden lässt. Er hat also keinerlei Gelegenheit, seiner Trauer Raum zu geben, er hat niemandem, mit dem er sprechen kann. Ich mache mir Sorgen, dass er innerlich verhärtet. Rache war bisher nie sein Antrieb, aber er scheint einsehen zu müssen, dass er sich in der Spirale befindet, in der das "sich wehren" allein nicht ausreicht, um das Böse zu stoppen. Ich finde, dass dieser neue Antrieb absolut nachvollziehbar ist, aber ich hoffe, Michael wird eine Möglichkeit finden, seine Menschlichkeit zu wahren.

Momentan sehen wir Michael als einen Mann, der schlimmstem Psychoterror ausgesetzt ist. Er ist verbissen, nervös, seine Nerven sind aufs Äußerste angespannt. Dennoch darf er nicht verzweifeln oder sich zuviel anmerken lassen. Das gibt Wentworth Miller wenig Spielraum in der Darstellung seines Charakters, die Variation an Mimik und Gestik ist in solch einer Gefühlslage nicht sehr breit. Dennoch, finde ich, sind es die kleinen Nuancen, manchmal nur eine Kopfbewegung, manchmal nur ein Blick, die seine Darstellung ausdrucksstark und realitätsnah machen. Das Gesicht, das Linc von ihm zu sehen bekommt, ist ein gänzlich anderes, als das, was Whistler oder zum Beispiel T-Bag zu sehen bekommen.

That was our only chance!

Michael verfolgt also weiter den Ausbruchsplan, weil er Linc und LJ niemals hängenlassen würde und nun auch, um Saras Tod zu rächen. Leider vereitelt zwar das Wetter den Ausbruch, weil das Licht zu früh verschwindet, das den Wärter blendet, aber wir erfahren dennoch, dass Michael nach wie vor bereit ist, jedes Risiko auf sich zu nehmen, damit Whistler gegen LJ ausgetauscht werden kann, und wenn es seinen Tod bedeuten würde.

It seems there're more bad people out there than in here.

Im direkten Gegensatz zu Michaels äußerlicher Härte steht in dieser Folge überraschender Weise Bellick. Er trauert um Sara. Ich hatte ganz vergessen, dass er ihr den Job in Fox River besorgt und sie sehr gern hatte. In den beiden Szenen, in denen Bellick Michael auf Sara anspricht, hatte ich Tränen in den Augen. Wade Williams hat eine Gabe, ekelerregende Unmenschlichkeit und mitleiderregende Schwäche gleichermaßen glaubhaft darzustellen. Jedes Mal, wenn ich ihn in dieser Staffel in Aktion gesehen habe, dachte ich, dies sei nun der endgültige Schritt in der Entwicklung Bellicks in eine gute oder eine schlechte Richtung, aber jedes Mal wurde ich aufs Neue überrascht, dass er in der Lage ist, sich wieder um 180 Grad zu wenden. Außerdem machen diese Szenen die prekäre Situation Michaels nochmal deutlich: Bellick hat überhaupt die Zeit, um Sara zu trauern. Michael hat diese nicht.

Die Gretchen-Fragen

Neben der neuen Richtung, die Michaels Antrieb in dieser Folge genommen hat, gibt es auch viele neue Fragen, die sich vor allem durch die Schlussszene auftun. Susan B. besucht Whistler, der sie Gretchen nennt. Die beiden haben eine erstaunlich lockere Art miteinander umzugehen, beinahe wie Geschwister. Er war also derjenige, der das zeitliche Ultimatum von sieben Tagen aufgestellt hat, danach wollte er direkt ein Flugzeug besteigen. Dies zieht die Überlegung nach sich, ob Whistler möglicherweise für die Company arbeitet. Wenn das so ist, dann könnte Saras Ermordung sogar sein Auftrag gewesen sein. Allerdings sagte er während des Kampfes mit Michael "God forgive me", als er kurz davor war, ihn zu töten. Das würde wiederum zu einem eiskalten Killer nicht passen. Eine andere Möglichkeit wäre daher, dass Susan B. und Whistler ein anderes Ziel haben, vielleicht arbeiten sie sogar gegen die Company. Ihr Treffen wird jedenfalls von Michael beobachtet, und auch wenn er Susan B. noch nie gesehen hat, so sah er höchst misstrauisch aus. Ich denke, er war von Anfang an auf dem richtigen Wege, dass er sich von Whistlers sympatisch-kumpelhafter Art nicht allzu sehr hat einwickeln lassen.

When you choose this line of work, you know it's all gonna come down to a moment like this.

Linc besteht in dieser Folge und überhaupt in dieser Staffel durch und durch aus Gefühl. Er stürzt sich todesmutig in die direkte Auseinandersetzung mit Susan B. und ihren Bodyguards. Er rennt nur wiedermal kopflos in diese Sache hinein, denn die Angst um LJ raubt ihm den Verstand. Susan B. kann ihm dennoch in dieser sehr dramatischen Szene klarmachen, dass jemand, der ihren Job wählt, darauf vorbereitet ist, getötet zu werden, und dass er durch einen Angriff auf sie LJ trotzdem verlieren würde. Ich hab mich allerdings gefragt, wieso der Bodyguard LJ auf ihren Befehl nicht tatsächlich erschossen hat. Ich hatte den Eindruck, Susan B. wollte Linc wirklich noch eine weitere Chance geben. Ganz so egal ist ihr das Schicksal der übrigen Beteiligten möglicherweise nicht.

The hearing needs to happen right now!

Alex' Geschichte berührt mich im Moment auch ganz besonders. Die Agenten Lang und Sullens haben ihm angeboten, eine niedrige Haftstrafe in den USA zu bekommen, wenn er aussagt, was er in der Angelegenheit Präsidentin Reynolds und der Company weiß. Allerdings scheinen die beiden Agenten auf Zeit zu spielen. Alex weiß, dass er über kurz oder lang total auf Entzug sein wird, und dass seine Aussage vor Gericht dann kaum mehr von Wert sein dürfte. Wie William Fichtner diese unbändige Angst spielt, die seinen Charakter an den Rand des Wahnsinns treibt, berührt mich zutiefst.

Randnotizen

Lechero ist drauf und dran vor den Insassen Sonas das Gesicht zu verlieren. Sammy, seine rechte Hand, arbeitet im Geheimen eh schon gegen ihn, und nun wird er auch noch vom Captain vor aller Augen als unfähig bezeichnet.

Aber er handelt überlegt, er rächt sich nicht in blanker Wut an Michael, von dem er weiß, dass er für den mißlungenen Ausbruchsversuch und dem daraus resultierenden Aufruhr verantwortlich ist. Ganz im Gegenteil, er will nun mit ausbrechen, womit über kurz oder lang zu rechnen war. Ich bin sehr gespannt, wie diese Zusammenarbeit aussehen wird!

Sucre konnte in dieser Folge endlich mal beweisen, dass er nach wie vor bereit ist, für seine Freunde einzustehen. Um den Van aufzuhalten, in dem LJ von Susan B. weggebracht werden soll, schneidet er ihnen den Weg ab und riskiert dabei sein eigenes Leben. Obwohl mir Sucre in dieser Staffel noch nicht wirklich gut gefallen hat und ich mich gefragt habe, wo seine Rolle hinführen soll, so denke ich, wenn er nunmehr bereit ist, sich stärker für die Sache der Brüder zu engagieren, dann könnte wieder besser in den Haupterzählstrang eingebunden werden. Wenn dies allerdings auch nicht mehr viel mit der Motivation zu tun hätte, die wir aus den ersten beiden Staffeln von ihm kennen.

Fazit

Die Folge war randvoll angefüllt mit spannenden Wendungen und neuen Informationen in den verschiedenen Handlungssträngen, gleichzeitig kamen Action und Emotionen nicht zu kurz. So muss "Prison Break" sein!

Nicole Oebel - myFanbase

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