Bewertung

Review: #6.08 Sekte oder Selters

Bislang mag es "Psych" in dieser Staffel einfach nicht so recht gelingen, richtig in Fahrt zu kommen. Nach einem tollen Einstand in das sechste Jahr und einer mehr als genialen Parodie auf "Hangover" verzettelten die Autoren sich in überzogenen Parodien und schwachen Charaktermomenten. Die Leichtigkeit früherer Episoden schien plötzlich verschwunden, so als hätte man nach #6.02 Last Night Gus sein gesamtes komödiantisches Pulver verschossen.

Auch #6.08 The Tao of Gus will es nicht so recht gelingen, das Ruder herum zu reißen. Zwar gibt es hier und da ein paar sehr gute Ansätze, doch die verlaufen mehr oder minder alle irgendwann im Sande. Und selbst die Charaktere reiße es dieses Mal nicht wirklich heraus.

"We like to think of ourselves as an intentional community. Living together in peace and celebrating our shared values of cooperation, nonviolence, equality and ecology."

Auf der Polizeiwache stoßen Shawn und Gus durch Zufall auf eine junge Frau, die vorgibt, einen Mord beobachtet zu haben. Niemand auf der Wache ist gewillt, ihr Glauben zu schenken. Naja, nicht "niemand". Ein Mann stellt sich sofort auf ihre Seite. Nein, dieses Mal ist es nicht Shawn der eine Eingebung hat und nun alles daran setzt, die anderen zu überzeugen, dass sie einen echten Fall vor sich haben. Dieses Mal ist es Gus, der vehement verficht, dass man den Hinweisen der Frau unbedingt nachgehen muss. Nicht dass es irgendwelche Hinweise gäbe, es geht ihm lediglich darum, dass er Nicole von Anfang an toll findet und unbedingt Zeit mit ihr verbrigen will.

Gus verliebt sich also mal wieder Hals über Kopf in eine schöne Unbekannte. Das ist dem guten Gus ja schon öfter passiert, aber dieses Mal ist er so blind vor Liebe, dass es dem Zuschauer fast schon schwer fällt, zu akzeptieren, dass es sich um den stets so besonnen handelnden besten Freund von Shawn handelt, der seinen Freund immer wieder auf den Boden der Realität zurück holt und dafür sorgt, dass er sich nicht allzu sehr verzettelt. Dieses Mal ist er es, der den Bezug zur Realität verliert und treibt so nichtsahnend Shawn und sich selbst direkt in die Arme einer Sekte.

Aber die Zuschauer brauchen sich um die beiden keine Sorgen machen – es handelt sich bei der Sekte lediglich um eine Gruppe Neo-Hippies und Naturliebhaber, die sämtlichen weltlichen Besitzen abgeschworen haben und nun abgeschieden im Einklang mit sich selbst leben wollen.

Es ist recht schnell zu durchschauen, worauf die Episode hinausläuft. Sobald der Anführer Eli auftaucht, ahnt man bereits, dass mit ihm etwas nicht stimmen kann. Letztendlich sind es doch immer die Begründer einer solchen "Bewegung", die Dreck am Stecken haben und "Psych" bricht hier leider nicht mit dem alten Muster. Der Fall ist also letztendlich schneller gelöst, als den Autoren lieb sein dürfte und die Zeit von der Ankunft der beiden Ermittler, bis zu der großen Offenbarung am Ende, dass Sektenbegründer Eli alle nur um ihr Geld bringen wollte, um sich ins Ausland absetzen zu können, wird gefüllt mit mal mehr, mal weniger gut platzierten Gags.

"Look, there are consequences on my part if I intercede at this point, especially in my own home. You should know that."

Zu den positiveren Punkten der Episode gehört sicherlich das Zusammenspiel zwischen Juliet und Shawn. Die beiden führen eine ungeheuer entspannte Beziehung, wie wir in dieser Staffel schon oft gesehen haben. Und auch hier wird klar, dass die beiden einen Weg gefunden haben, wie sie nebeneinander arbeiten können, ohne dass ihre Gefühle einander im Weg stehen. Wenn es um die Arbeit geht, ist die Beziehung außen vor. Ganz kurz versucht Shawn zwar seine Beziehung zu Juliet auszunutzen, doch sie zeigt ihm die Grenzen auf und er akzeptiert diese, ohne beleidigt zu sein. Und sie ist ihm nicht böse, dass er es versucht hat.

Anders als die Beziehung zwischen Shawn und Juliet präsentiert sich momentan die Freundschaft zwischen Shawn und Gus. Die ist seit dem Beziehungsstart anders geworden. Gus steht bei Shawn nicht mehr an erster Stelle und das verunsichert ihn, obwohl er es wohl offen nicht zugeben würde. Verständlicherweise sehnt er sich nach einer Partnerin, die ihn so glücklich macht, wie Juliet Shawn glücklich macht. Daher lässt er sich in die Affäre mit Nicole fallen und merkt dabei gar nicht, auf welch abstruses Abenteuer er sich mit ihr einlässt. Shawns warnende Worte, dass in der Gemeinschaft etwas nicht stimmt, weißt er vehement von sich und schiebt Shawns ermahnende Worte auf die Eifersucht, die Shawn verspüren muss, weil er sich nicht so fallen lassen kann, wie Gus es tut.

Gus als liebeskranken Irren zu sehen, der sich nicht mehr durch Rationalität leiten lässt, ist zu Beginn der Episode vielleicht noch witzig, irgendwann nutzt sich dieser Gag jedoch ab und gleitet am Ende sogar ein wenig ins Lächerliche ab. Gus wird erneut degradiert zum idiotischen Sidekick ohne eigene Storyline und ist nur noch bloße Staffage in James Rodays' Ein-Mann-Show.

Fazit

Vorhersehbarkeit, ausgelutschte Gags und ein bis in die Lächerlichkeit getriebener Gus ziehen die Episode ungeheuer in die Länge. Nein, die sechste Staffel ist definitiv nicht annähernd das, was "Psych" bislang ausgemacht hat. Zwar ist auf den ersten Blick nicht alles furchtbar schlecht und man kann hin und wieder sogar lachen, doch sobald man etwas näher mit den Episoden betrachtet, merkt man, dass sich allmählich starke Abnutzungserscheinungen breit machen. Da kann auch ein grandios aufgelegter James Roday nichts mehr reißen. Es muss an der Basis gearbeitet werden und das heißt für die Autoren, zurück an den Schreibtisch.

Melanie Wolff - myFanbase

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