Bewertung

Review: #6.18 Der letzte Tanz

Foto: Seattle Firefighters - Copyright: Disney+
Seattle Firefighters
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Nachdem ich schon bei der Episode von vergangener Woche die volle Punktzahl gezückt habe, wusste ich im Grunde schon, dass das nicht viel Raum für das Staffelfinale lässt, noch einmal einen draufzusetzen. Aber ich hatte auch den Eindruck, dass das Finale sich dieser Aufgabe auch gar nicht stellen wollte. Die Episode hat alle zusammengebracht und einen tragischen Vorfall geboten, was ich für so einen Abschluss einer Staffel immer sehr angemessen finde. Durch die Ballung der Charaktere ging es eben vor allem darum, Konflikte zu generieren, damit für die neue Staffel vieles in der Schwebe ist. Diese Aufgabe wurde erfüllt, aber es ist dann eben auch keine Folge, die eine solche emotionale Wucht wie beim letzten Mal erzeugen kann.

Der Feuerwehrball war eine ziemliche Witzveranstaltung. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich das Setting kritisieren möchte, denn ganz im Gegenteil, ich empfand es als ideale Gelegenheit für einen Staffelabschluss. Vor allem die ersten Minuten, als alle chic gekleidet für losgelöste Fotos posieren, das war einfach herrlich und man kann sich richtig ausmalen, wie der Cast das auch geliebt haben muss, weil es eben das letzte längere Zusammensein vor der Staffelpause ist. Insgesamt war der Ball aber katastrophal organisiert und man hat eben auch an den Figuren gemerkt, dass alle eher mit sich selbst beschäftigt waren. Wache 19 hat eigentlich nur auf die Ehrung von Ben Warren gewartet, aber ansonsten waren das alles nur Nebengeräusche, wenn Reden gehalten wurden. Somit war der Ball eben nur effektiv, damit an den ausgetragenen Konflikten direkt alle beteiligt sein und eben die Ehrung für Ben, denn die bleibt, selbst wenn man sie sich ganz anders ausgemalt hätte. Ich fand es aber eine tolle Idee, dass in die lahme Veranstaltung hinein Dr. Miranda Bailey einfach die Initiative ergriffen und die Laudatio gehalten hat. Gerade weil ich auch mal kritisiert hatte, dass die Konflikte zwischen dem Ehepaar zu wiederholend sind, finde ich es schön, wenn ihre Stärke als Paar so betont wird. Es hat eben auch noch eine besondere Bedeutung, weil Miranda mit Bens Job immer ein Problem hatte und ihn dafür zu ehren, bedeutet aus ihrer Perspektive noch einmal das I-Tüpfelchen. Letztlich ist es auch rund, dass in #19.20 Happily Ever After von "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" Miranda umgekehrt ihren Preis bekommt und Ben dafür unerwartet erscheint. Wenn man sich eben auf die Stärken der beiden konzentriert, dann sehen sie immer gut zusammen aus, das ist einfach so.

Großes Konfliktpotenzial löst schließlich die Entscheidung aus, wer neuer Captain der 19 wird. Es ist Andy Herrera geworden, die absolut richtige Entscheidung! Die ganze Episode hat auch wieder unterstrichen, warum es die richtige Wahl war, denn wie sie sich dem inoffiziellen Einsatz angenommen hat, das war wahre Führungsstärke. Vor allem als dann die Tanzfläche eingestürzt ist und sie nicht gleich hinterhergesprungen ist, sondern wirklich um die Übersicht bemüht war, um für entgegen aller Panik im Raum Ruhe auszustrahlen. Eine tolle Unterstützung des Drehbuchs, ihr direkt den demonstrierenden Einsatz zu schenken. Für Andy schließt sich der größte Kreis und ich bin wirklich stolz auf sie. Sie hat sich das vor allem über die letzten beiden Staffeln hart erarbeitet und definitiv verdient!

Die beiden Unterlegenen nehmen die Entscheidung nur leider nicht so sportlich und dabei wären wir bei dem nervigen Männergehabe in dieser Episode, das entscheidend dazu beigetragen hat, dass diese Folge niemals auf die volle Punktzahl hätte kommen können. Auch wenn ich glaube, dass Robert Sullivan es Andy gegönnt hat, so war seine Reaktion gegenüber Natasha Ross, als sie es ihm mitgeteilt hat, wieder sehr übertrieben. Denn ganz ehrlich, wo war die Chance, dass er das hätte werden können? Und er muss es auch gewusst haben. Umgekehrte Frage: wie wäre es denn in seinen Augen weitergegangen, wenn Natasha sich für ihn entschieden hätte? Ich bin überzeugt, dass er dann nur seinen Gewinn gesehen hätte, aber nicht die Konsequenz, die es für sie bedeutet hätte. Denn wir bekommen ja deutlich vorgeführt, dass auch mit der Wahl von Robel Osman als Bürgermeister ihr Job als Fire Chief nicht gerettet ist. Das erscheint mir daher wieder typisch Sullivan-ignorant. Ich finde es einfach schade, dass er immer wieder in dieses Muster hineinfindet. Deswegen bin ich auch skeptisch, was das gemeinsame Ende angeht. Denn er hat Natasha von sich gestoßen und ihre Beziehung für tot erklärt, während dann eben ihr gefährdetes Leben ihn erst wieder aufwachen lässt. Nach seinem letzten Gespräch mit Andy hatte ich eigentlich den Eindruck, er wäre auf einem guten Weg, aber er ist wirklich wie ein Fähnchen im Wind, wo sich Ego und Mitmenschlichkeit im Wege stehen. Nur weil er jetzt also seine Liebe für sie vor Augen geführt bekommen hat, bezweifle ich, dass für sie auf einmal alles gut sein kann. Tatsächlich würde ich eher prognostizieren, dass irgendwann wieder etwas zwischen sie kommt, was höchstwahrscheinlich die Karriere betreffen wird. Wir dürfen nur bitte nicht Natasha verlieren; sie hat so einen riesigen Sprung gemacht und macht "Seattle Firefighters - Die jungen Helden" besser.

"Seattle Firefighters" schlechter macht derweil Theo Ruiz und es ärgert mich, richtig. Denn ich hatte ja schon mal ausgeführt, dass Sullivan von Anfang an ambivalent war. Theo war dagegen ein echt netter und sympathischer Kerl, aber das wurde spätestens mit der zweiten Staffelhälfte kontinuierlich in den Boden gerammt. Keine Ahnung, ob man ihn endgültig loswerden will, aber es wird auch schwer, ihn in der siebten Staffel neu zu positionieren. Mit Victoria 'Vic' Hughes hat er es wirklich versaut und ich musste schon arg an mir halten, als ich wieder hörte, was er ihr alles an den Kopf geworfen hat. Ich sehe zwar auch Fehler bei Vic, denn klar die fehlende Absprache wegen des Abholens, unglücklich, ihre sichtbare Freude, dass Andy Captain geworden ist und direkt daneben Theo, auch unglücklich. Aber Fakt ist, dass Theo Beruf und Privates nicht trennen konnte und damit auch dafür gesorgt hat, dass es Vic irgendwann ebenfalls nicht mehr konnte. Sie hat unbewusst Abstand gesucht, aber dass sie Zweifel an Theo als Captain hat, das ist Blödsinn. Aber darauf hat er eben seine Argumentation aufgebaut. Barrett Doss war schon im Vorfeld der Episode via Twitter darauf angesprochen worden, warum ihr Kleid so ähnlich aussieht wie das, was sie auf der Hochzeit von Maya Bishop und Carina DeLuca getragen hat. Im Nachhinein hat sie offenbart, dass es eine Symbolik war, um den Anfang und das Ende ihrer Beziehung abzubilden. Diese Aussage ist wohl eindeutig. Auch wenn sie nach Vics Abtreibung schon einmal zurück zueinander gefunden haben, aber ein Theo in dieser Form, der vor allem nicht anerkennt, was sie zentral ausmacht (ihre Empathie), der hat sie einfach nicht verdient. Dass Kate Powell am Ende auch mitwirkt, das war einzuplanen und keine Überraschung. Da war es eher unerwartet, dass ausgerechnet Jack Gibson die beiden beim Fremdgehen erwischt hat.

Da wären wir schon beim nächsten großen Themenblock. Ich habe mich am Anfang der Episode etwas schwer getan hat. Jack spricht gegenüber Kate zwar von Lila, aber diese Figur nun nicht zu sehen, das hat mir nicht gefallen. Ich wollte da wirklich näher eintauchen, stattdessen hängt Jack an Kates Rockzipfel und beweist wieder einen grottigen Frauengeschmack. Deswegen war ich ein bisschen wütend, was wohl das Finale für Jack bereithält. Die Kurve wurde aber bekommen, denn sein Zusammenspiel mit Nanette war sehr ansehnlich. Es war eben auch symbolisch, weil er im übertragenen Sinne auf seine Mutter getroffen ist und beigewohnt hat, wie sie die Entscheidung pro Adoption getroffen hat. Damit hat Jack hautnah erlebt, dass eine Entscheidung pro Adoption kein Ausdruck von zu wenig Liebe, sondern auch von zu viel Liebe sein kann. Nachdem nun bald ein Jahr vergangen ist, wo Jack mit seiner Familie und der Wahrheit konfrontiert wurde, ist das vielleicht der letzte Anstoß, Frieden mit der Sache machen zu wollen. Nur endet die Staffel eben wieder mit Jack und einem Cliffhanger. Nachdem in #6.14 Get It All Out Jack ausgerutscht war und am Ende aber alles schnell wieder gut war, hatte ich das Drehbuch bemängelt, aber so zufällig war es eben doch nicht. Denn Jack schlägt sich wieder den Kopf an und in Kombination scheint es nun zu einem großen Problem zu werden. Ich will nicht hoffen, dass man auf Jacks Tod hinarbeitet, dafür hat er immer noch zu offensichtlich das meiste Potenzial. Vielleicht ist es eher der Moment, wo man die biologische Großfamilie zusammenbringt, ich wäre dafür, immerhin warte ich seit einer Staffel brav darauf. Und Lila soll unbedingt wiederkommen, da will ich ebenfalls mehr wissen.

Nanette könnte auch eine Bedeutung für Carina und Maya haben, wer weiß das schon. Nach dem erneuten Zusammenziehen steht nun auch fest, dass die Kinderplanung wieder forciert wird. Da sie die meiste Zeit des Balls geschwänzt haben, kamen sie im Grunde genau richtig zur Rettungsmission und haben dort erneut zusammen ein Baby auf die Welt geholt. Nanettes Schicksal bleibt aber ungeklärt, es könnte also möglich sein, dass das Mutterglück schneller eintritt als gedacht. Ich hätte aber auch nichts dagegen, den IVF-Weg weiterhin mitzubegleiten. Ein besiegeltes Schicksal haben wir dafür bei Michael Dixon. Ich bin sehr froh, dass ich bei meiner letzten Review in meiner Wortwahl nur auf ein harmloses "gehen lassen" gesetzt habe, denn der Kerl fordert immer meine derbe Seite heraus. Den Serientod wollte ich aber wahrlich nicht prophezeien, auch wenn ich es jetzt rund fand. Vor allem war es gut gewählt, dass Travis Montgomery entscheidend die Figur war, die ihn retten wollte. Die Verbindung über Emmett zu kreieren und Dixon so eben noch einmal das Bewusstsein zu schenken, dass zwischen Vater und Sohn vieles im Argen lag, aber dennoch immer Liebe da war, das war schön. Er bleibt ein ekliger Charakter und ich werde ihn nicht vermissen, aber so einer streitbaren Figur ein solch fast schon friedvolles Ende zu bereiten, das ist auch eine Kunst.

Abschließend will ich noch einmal auf diese sechste Staffel zurückblicken. Sie hat mir in jedem Fall besser als die fünfte Staffel gefallen, weil das Geschehen mehr gebündelt war und spätestens mit der Captain-Frage wurde es richtig gut. Für die siebte Staffel hat "Seattle Firefighters" in meinen Augen aber eine wichtige Aufgabe: man hat viele Projekte aus der Traufe gehoben. Wir haben die Klinik, wir haben das Krisenprogramm und wie haben das Projekt von Vic, mehr Mädchen für den Beruf der Feuerwehrfrau zu begeistern. Die erste Staffelhälfte hat das Aufteilen dazwischen noch im Blick gehabt, das war später gar nicht mehr der Fall. Ich habe es zwar dann in dem Moment nicht vermisst, weil dafür andere Unterhaltung geboten wurde, aber dennoch wurden diese Programme alle aus einem bestimmten Grund ins Leben gerufen und daher ist es für mich notwendig, das auch im Auge zu behalten. Der PRT-Wagen kam irgendwann auch aufs Abstellgleis und wurde nun an Addison Montgomery gegeben. Man sieht also, neue Ideen einbringen und ihnen dann überdrüssig werden, das ist für die Serie nicht neu, aber es muss deswegen nicht sein. Schade war auch, dass die mögliche Gentrifizierung von Theos alter Nachbarschaft irgendwann fallen gelassen wurde. Blicke ich nun auf die Figuren, ist ebenfalls vieles in der Waage. Kommt Sean Beckett nochmal zurück? Bleibt Eli Stern der neue Mann in Travis' Leben? Wird Captain Drew Farris, der diesmal so auffällig eingebunden wurde, eine größere Rolle spielen? Müssen wir uns vielleicht von Theo verabschieden? Da "Grey's Anatomy" vielleicht mal keinen Zeitsprung plant, könnte auch "Seattle Firefighters" unmittelbar am alten Geschehen anschließen und es ist spannend, was dann alles möglich wird.

Fazit

"Seattle Firefighters" endet definitiv spannend und hat noch einmal einiges geboten. Es war aber keine emotionale Wucht, sondern Abschluss einerseits, Konflikte für neuen Ärger andererseits. Das hat das Geschehen kurzweilig gemacht und heizt auch wilde Spekulationen für die neue Staffel an. Die Wartezeit dürfte dank des Autorenstreits lange werden, da ist es wertvoll, aus einer zufriedenstellenden Gesamtstaffel punktuell gut entlassen zu werden.

Lena Donth – myFanbase

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