Die besten Serien 2008/2009
Platz 3: Mad Men
"Mad Men" ist für den kleinen Kabelsender AMC das, was "Die Sopranos" für HBO und "The Shield" für FX ist. Bis dahin liefen bei AMC keine eigenproduzierten Serien, aber als man Matthew Weiner grünes Licht gab, sein ambitioniertes Projekt in die Tat umzusetzen, bewies man ein sehr gutes Gespür. Innerhalb von nur einer Staffel gelang es der Serie, sich in die absolute Topliga zu spielen, Liebling aller Kritiker zu werden und sämtliche renommierten Preise abzuräumen. Und das nicht unverdient. Dementsprechend groß waren da die Erwartungen an die zweite Staffel.
Meditations in an emergency
Aber der Serie gelang es, diese Erwartungshaltung zu erfüllen. Auch im zweiten Jahr konnte "Mad Men" wieder seine alten Stärken ausspielen. In erster Linie ist dies das hervorragende Schauspielerensemble, denn hier sind alle Darsteller hochkarätig talentiert. Unter den Protagonisten ist keiner, der hinter den anderen zurücksteht. Sei es Jon Hamm als undurchsichtiger Donald Draper, January Jones als dessen emotional unausgeglichene Ehefrau Betty, oder Vincent Kartheiser als unterforderter Pete Campbell und Elisabeth Moss als aufstrebende Peggy Olson. Auch Christina Hendricks ist nicht nur optisch ein ganz besonderes Kaliber. Und all diese hochklassigen Schauspieler bringen uns in besonderer 60er-Jahre-Atmosphäre, die bis ins letzte Detail inszeniert wird, unheimlich subtil ausgearbeitete Geschichten näher. Durch einen Zeitsprung zwischen den beiden Staffeln ist man zu Beginn als Zuschauer ähnlich ahnungslos über den Status Quo zwischen den Charakteren wie in der allerersten Folge. Und nur langsam werden die Auswirkungen der vorangegangenen Ereignisse aufgedeckt, manches bleibt auch am Ende von Staffel 2 im Unklaren. Es ist überhaupt eine besondere Eigenheit von "Mad Men", vieles erst einmal völlig unkommentiert stehen zu lassen, bevor es dann mehrere Folgen später wieder aufgegriffen wird. So werden einem einige Szenen aus dem Anfangsteil der Staffel in ihrer Bedeutung erst richtig klar, wenn man spätere Momente gesehen hat. Bei "Mad Men" geschieht nichts zufällig und viele Kleinigkeiten gewinnen nach einiger Zeit enorm an Bedeutung.
Auf Vieles aus dieser Staffel sind wir im Rahmen unseres Rückblickes schon eingegangen, auf den Charakter Donald Draper, auf die Beziehung zwischen Betty und Don, auf Dons Vergangenheitsbewältigung und auf den besonderen Moment zwischen Peggy und Pete im Staffelfinale, aber auch auf den Flop-Moment aus Episode #2.11 The Jet Set. Die Staffel war voll von Szenen, die einem mit offenem Mund zurückgelassen haben, weil sie einen kalt erwischten. Vieles weiß man als Zuschauer nicht einzuordnen und man hat keine Ahnung, was in den Protagonisten vor sich geht. Aber all dies geschieht in einer den Zuschauer herausfordernden Art und Weise, man ist gezwungen, sich Gedanken über das Gesehene zu machen, es lässt einen nicht los. "Mad Men" ist sicher keine Serie zum Abschalten und es bietet keine leichten Antworten. Oftmals werden die eigenen Sympathien für die Protagonisten genau dann auf den Kopf gestellt, wenn man sich gerade für eine Seite entschieden hat, und man bleibt irgendwie ratlos zurück. Betrachtet man aber die Staffel in ihrer Gesamtheit, auch im Zusammenhang mit der vorangegangenen ersten, ergibt sich ein großes Ganzes. Auch Storylines, oder besser Andeutungen, die über viele Folgen nichts als rätselhaft sind oder die einem wegen ihrer Auswirkungen auf das Gefüge zwischen den Charakteren nicht gefallen, ergeben am Ende einen Sinn, und zeigen, wie sorgfältig sie vorbereitet wurden.
Neben den inhaltlichen Stärken der Serie müssen aber noch die vielen Kleinigkeiten erwähnt werden, die ebenfalls zu ihrer Besonderheit beitragen. Da wäre die bereits genannte detailgetreue Ausstattung ebenso wie die dezente, aber unheimlich passende Musikauswahl. Und bisher ist es der Serie außerordentlich gut gelungen, die jeweiligen Befindlichkeiten der amerikanischen Gesellschaft vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse abzubilden. War es in Staffel 1 der Wahlkampf zwischen Nixon und Kennedy, der den Hintergrund bildete, ist es in Staffel 2 der Vorabend der Kuba-Krise, vor dem sich das Geschehen abspielt. "Mad Men" ist eine ganz besondere Serie für den Zuschauer, der vor emotionalen und intellektuellen Herausforderungen nicht zurückschreckt und ist somit aus den Top-Kategorien unseres Rückblickes nicht wegzudenken.
Cindy Scholz - myFanbase
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