Bewertung

Review: #9.15 Thinman

Foto: Jared Padalecki & Jensen Ackles, Supernatural - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Jared Padalecki & Jensen Ackles, Supernatural
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Da muss man seine Gehirnzellen schon ein bisschen anstrengen, um sich daran zu erinnern, wann Ed und Harry, alias die Ghostfacers, das letzte Mal bei "Supernatural" zu sehen waren. Es ist bereits ganze sechs Staffeln her, denn in #3.13 Ghostfacers war das schrullige Duo zuletzt zu sehen, wenn man den kurzen Auftritt aus einem Selbsthilfevideo zum Monsterjagen aus #4.17 Dieses Leben ist ätzend außer Acht lässt. Der Zuschauer bekommt wieder zwei Charaktere zu Gesicht, die mit den Anfängen der Serie verbunden sind und – das muss man bei der hohen Todesrate erst mal schaffen – tatsächlich noch am Leben sind!

"What's happening with you and him?"

Es ist wohl von den Autoren beabsichtigt, dass man beim Schauen dieser Folge ein Déjà-vu-Erlebnis hat, denn die Parallelität, die hier zwischen den Ghostfacers und den Brüdern aufgezeigt wird, ist dermaßen offensichtlich, dass eine andere Erklärung gar nicht in Frage kommt. Ganze Dialogzeilen könnten eins zu eins oder zumindest von der Bedeutung her aus den letzten Gesprächen der Brüder übernommen und Ed und Harry in den Mund gelegt worden sein. Dabei übernimmt Ed Deans und Harry Sams Rolle bei dieser Neuauflage des uns bestens bekannten Konfliktes, dessen Anfang bei den Winchsters ja gerade einmal drei Episoden zurückliegt. Welchen Zweck verfolgen die Autoren also mit dieser Folge? Diese Frage versuche ich im Laufe meiner Review zu beantworten.

Nachdem die zwei anderen Mitglieder der Ghostfacers (an die ich mich gar nicht mehr erinnern kann) irgendwann in den letzten Jahren abgesprungen sind und vielleicht auch realisiert haben, dass man das Monsterjagen lieber den Profis überlassen sollte, sah sich Ed gezwungen, Harry bezüglich der Existenz des Thinmans anzulügen, damit sein Partner ihn nicht mit einer anderen Frau verlässt. Aber Moment mal, so formuliert hat der Satz doch eine etwas fragwürdige Bedeutung. Also nochmal von vorne. Harry wollte die Ghostfacers hinter sich lassen und ein normales Leben mit seiner Freundin führen, weswegen Ed ihn dann angelogen hat, um nicht alleine zurückzubleiben. Dementsprechend haben sowohl Dean als auch Ed den Bruder beziehungsweise Freund hinters Licht geführt, was ein Stück weit egoistisch ist. Sam hatte durchaus Recht damit, Dean vorzuwerfen, dass er sein Leben nicht (nur) ihm zuliebe gerettet hat. Jetzt dürfen die Brüdern dabei zusehen, wie zwei andere Menschen in ihre Fußstapfen treten und denselben Konflikt ausfechten, an dem Sam und Dean immer noch zu knabbern haben. An ihrer Stelle würde ich mir echt merkwürdig vorkommen. Sam jedenfalls weiß durchaus, wovon er spricht, als er Ed zu verstehen gibt, dass Lügen Beziehungen zerstören und er deswegen Harry die Wahrheit sagen muss. An Deans schuldbewusstem Blick in dieser Szene lässt sich erkennen, dass er mittlerweile vielleicht eingesehen hat, einen Fehler begangen zu haben, doch auf der anderen Seite ist er ratlos, wie er mit seinem Bruder umgehen soll. Der Anfang der Folge hat das wunderbar gezeigt, als Dean nicht sicher war, ob ihn Sam bei diesem Fall begleiten möchte. Seine Verwirrtheit kann ich ihm nicht übel nehmen, schließlich ist Sam genauso ahnungslos, wie sie ihre Beziehung retten können.

Bei Ed und Harry werden da schon klarere Schritte vollzogen, da sich ihre Wege am Ende wirklich trennen. Für Harry ist Eds Lüge einfach unverzeihlich und er sieht, zumindest in diesem Augenblick, keine Möglichkeit mehr, an ihrer Freundschaft festzuhalten. Er kann seinem Freund nicht mehr vertrauen, womit er exakt Sams Worte an Dean widerspiegelt. Es ist jedoch auch der jüngere Winchester, der Harry erklärt, dass es verzeihliche und unverzeihliche Handlungen gibt. Komischerweise ist sich Sam selbst noch unsicher, was davon auf ihn und seinen Bruder zutrifft. AJ Buckleys Schauspiel jedenfalls hat mich sehr berührt, als Ed mit Tränen in den Augen zurückbleibt, während Harry mit den Brüdern wegfährt. Wenn ich ehrlich bin, habe ich die ganze Folge über auf den Moment gewartet, wo Ed Harry endlich seine Liebe gesteht, denn so bedeutungsschwer wie er den anderen Ghostfacer die ganze Zeit über anschaute, könnte man meinen, dass die beiden Nerds mehr verbindet als bloße Freundschaft. Das sei jedoch mal dahingestellt.

Wenn ich jetzt also wieder darauf zurückkomme, was diese Folge für einen Zweck in Bezug auf die Winchesters erfüllt, bin ich mir unsicher, ob er sich schon jetzt zeigen will. Obwohl Sam und Dean sich mit dieser Situation konfrontiert sehen, muss man bei den beiden zum Schluss jegliche Fortschritte vermissen, denn der Zuschauer ist nach der letzten Szene noch genau so schlau wie am Anfang. Was aus den Brüdern wird, steht nach wie vor in den Sternen. Das ist eigentlich der einzige Kritikpunkt an der Episode und nicht etwa die offensichtliche Parallelität zu Ed und Harry. Grundsätzlich ist es nur von Vorteil, wie viel Zeit man Sam und Dean einräumt, damit sie ihre Probleme bewältigen können. Es fühlt sich schließlich so an, als würde etwas Bedeutendes mit den beiden passieren. Eine Entwicklung, die ihre Beziehung neu definieren wird. Für diese neue Richtung hätte man dem Zuschauer jedoch schon ein paar Anzeichen in dieser Folge geben können.

Bei diesem Hauptplot spielte der Fall der Woche natürlich eine untergeordnete Rolle, wobei man mit dem Thinman eine schöne Brücke zu den Ghostfacern geschlagen hat. Und dass gewöhnliche Menschen hinter den Morden gesteckt haben, lässt sich außerdem positiv hervorheben, denn wie Dean bereist mehrfach in der Serie betonte, sind Menschen auch mal verrückt. Darüber hinaus wurde gekonnt aufgezeigt, wie leicht solche Legenden im Zeitalter des Internets entstehen können und wie fanatisch manche Menschen einem Phänomen wie dem Thinman gegenüberstehen. Die Serie spricht hier eine potenzielle Gefahr an. So eine Faszination für einen "übernatürlichen" Killer, der Leute vor laufender Kamera tötet, wurde in der Serie natürlich extrem dargestellt, aber abgemilderte Formen davon sind in der Realität durchaus vorstellbar.

Fazit

Die Autoren geben dem Zuschauer erst gar nicht so was wie einen Interpretationsspielraum, wenn sie eine Storyline rund um die Ghostfacers schreiben, die ein Abbild des Konfliktes der Brüder ist. Sam und Dean werden mit ihrer eigenen Situation konfrontiert, was hoffentlich einen nachhaltigen Effekt haben wird, dessen genaue Auswirkungen dem Zuschauer jedoch noch verborgen bleiben. Deans Handeln ist für Sam entweder verzeihlich oder unverzeihlich, doch fest steht, dass die Beziehung der beiden nie mehr so sein wird wie vorher. Und das wäre etwas Gutes, bei so einer langen Laufzeit dieser Serie.

Lukas Ostrowski - myFanbase

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