Bewertung

Review: #2.12 Der Generalplan

Foto: Tyler Posey, Teen Wolf - Copyright: MTV/Bob Mahoney
Tyler Posey, Teen Wolf
© MTV/Bob Mahoney

Der Titel der Folge deutet schon an, dass es im Finale der zweiten "Teen Wolf"-Staffel um große Pläne und vor allem um deren Enthüllung und Umsetzung geht. Endlich erfahren wir, was für einen Plan Gerard hinsichtlich Derek verfolgt und dass seine Absichten nicht, wie von ihm behauptet, mit dem Tod von Kate und Victoria zusammen hängen. Das sorgte schon für einen gewissen Überraschungsmoment, aber noch überraschender war der Konter von Scott, der zwar im Vorfeld wohl oder übel mit seinen Werwolf-Kumpels zusammen arbeitete, aber letztlich einen eigenen geheimen Plan verfolgte.

"If Jackson is dead, it didn't just happen. Gerard wanted it to happen." – "But why?" – "Well, that's exactly what we need to figure out."

Die Storyline rund um Jackson, Gerard und die Werwölfe wurde einem Finale gemäß richtig groß aufgezogen und involvierte alle Hauptcharaktere auf wunderbare Weise, indem neue Allianzen geschlossen wurden und alle Hand in Hand, wenn auch mit unterschiedlichen Motivationen, daran arbeiteten, um Gerard das Handwerk zu legen. Was mir dabei besonders gut gefallen hat, war die unglaublich humorvolle Umsetzung durch die teils amüsant-dilettantischen Aktionen, wie zum Beispiel die beiden völlig panischen Werwölfe Scott und Isaac, denen im Krankenhaus angesichts von Jacksons Verwandlung nichts Besseres einfällt, als die durch und durch menschliche, nicht selbstheilungsfähige Melissa vorzuschicken, um den Reißverschluss von Jacksons Leichensack wieder zu schließen – der dann natürlich klemmt! Eine grandiose Situationskomik, die sich auch fortsetzt, als Scott und Isaac den Leichensack inklusive Jackson aus dem Krankenhaus schmuggeln und dieser Scott plötzlich aus den Händen rutscht. Die Gesichtsausdrücke von Daniel Sharman und Tyler Posey in diesem Moment sind unbezahlbar!

Einen ebenso großen Anteil an dem breiten Grinsen, das sich während der gesamten Folge immer wieder auf mein Gesicht schlich, waren aber auch die herrlich trockenen, schlagfertigen Dialoge der Werwolf-Truppe, die schon bei ihrem ersten Zusammentreffen die Messlatte in Sachen Humor extrem hoch legte, von Scotts knapper und ironischer Zusammenfassung der ersten Staffel bis hin zu Peters Verständnis für Scotts Deal mit Gerard, da schließlich sein heißes Ex-Date Melissa bedroht wurde. Dieser wunderbare Auftakt ihrer Zusammenarbeit steigerte sich im weiteren Verlauf der Folge, vor allem während der Recherche von Peter und Derek. Auch hier ist die Mimik von Tyler Hoechlin und Ian Bohen absolut grandios, als sie entsetzt auf ihre Suchergebnisse schauen und der große böse Alpha-Wolf schockiert bemerkt: "He's turning into this? This... has wings!" Diese Szene funktioniert vor allem deshalb so hervorragend, weil man als Zuschauer eben nicht den Laptop-Bildschirm, sondern nur die verstörten Reaktionen von Derek und Peter sieht. Last but not least darf in dieser Aufzählung der besten Lacher der Folge natürlich der genialste One-Liner von Peter nicht fehlen, nachdem Derek auf allen vieren zu Scott, Isaac und Chris rast und einen gekonnten Salto mit lupenreiner Landung hinlegt: "Someone certainly enjoys making an entrance." – sagt ausgerechnet derjenige, der jede einzelne Rückkehr von den (Fast-)Toten richtiggehend inszeniert und zelebriert, wunderbar ironisch!

Doch irgendwann kommt dann auch bei "Teen Wolf" der Moment, in dem die Komik zurück gefahren wird, und das ist genau dann der Fall, als sich alle zum großen Showdown einfinden und die Machtspielchen zwischen Gerard, Derek und Scott beginnen. Leider offenbart die Folge hier auch einige Schwachstellen und ist nicht mehr ganz so fesselnd. Vielleicht, weil zu viel Story in zu kurzer Zeit untergebracht werden musste. Um die verstrickten Wendungen mal ein bisschen aufzudröseln: Gerard enthüllt, dass er Derek nicht töten, sondern sich von ihm beißen lassen will, weil er Krebs im Endstadium hat und die Selbstheilungskräfte benötigt – die anschließende Tötung Dereks und die gleichzeitige Verwandlung Gerards in einen Alpha ist natürlich eine Option, die sich das Familienoberhaupt der Argents gerne offen hält. Doch nachdem er seinen Arm mit der Bisswunde siegreich in den Himmel reckt, enthüllt auch Scott seinen Plan. Denn er hat durch seine übernatürlichen Fähigkeiten schon längst festgestellt, dass Gerard todkrank ist und dessen Absicht klug vorhergesehen. Diese Entwicklung von Scott ist durchaus konsequent und passt zu seinem Verhalten in den letzten Folgen, das von größerer Gelassenheit und Weitsicht gekennzeichnet ist. Sein Charakter festigt sich immer weiter, natürlich auch durch seinen Mentor Dr. Deaton, sodass er im Gegensatz zu Erica und Boyd nicht verzweifelt nach einem neuen Alpha oder einem Wolfsrudel sucht, sondern sich mit seinen diversen Mitstreitern eine Art eigenes Rudel aufbaut. Durch das Austauschen der Medikamente mit pulverisierter Eberesche bewirkt Scott, dass Gerards Körper sich gegen den Werwolfbiss wehrt und er so geschwächt ist, dass seine Macht über Jackson gebrochen ist.

Bei Dereks und Peters Angriff auf Jackson nach dessen Rückbesinnung auf seine eigene Identität frage ich mich, ob zumindest Peter wirklich vorhatte, Jackson zu retten und nicht zu töten. Derek ist eindeutig viel zu überrascht von Jacksons Wiederauferstehung als Werwolf, aber er hatte ja auch schon vor Gerards Auftauchen vor, Jackson zu töten und damit die von ihm ausgehende Gefahr zu bannen. Doch Peter sprach schon in der vorigen Folge davon, dass er Jackson retten will und da er wusste, wie man das Kanima in Jackson zurückdrängen kann, war ihm vermutlich auch klar, dass er mit dem Angriff auf Jackson nicht ihn, sondern nur das Kanima töten würde. Aber vielleicht will ich das auch nur hoffen, da es sonst ein zu grausamer und hinterhältiger Anschlag auf den in diesem Moment ungefährlichen Jackson war.

"You sometimes find yourself surprised at which side you end up on."

Neben dieser großen Storyline gab es aber auch noch einige Einzelschicksale, die hervorgehoben werden müssen, zum Beispiel die wundersame Wandlung von Chris Argent, der sich in diesem Staffelfinale Sympathien en masse gesichert haben dürfte. Seine Skepsis bezüglich Allison und deren Hörigkeit gegenüber Gerard hat mir schon in der letzten Folge gefallen, doch diesmal bleibt er nicht passiv, sondern steigt aktiv in den Kampf gegen Gerard mit ein – an der Seite seiner eigentlichen Feinde, der Werwölfe. Dieses Zugeständnis, den Wesen zu vertrauen, die seine eigene Familie seit Jahrhunderten jagt, zeugt nicht nur von Verzweiflung und Hilflosigkeit, sondern vor allem von Charakterstärke. Er sieht ein, dass Scott derjenige ist, der das richtige tut, während Gerard und mit ihm Allison sich immer weiter vom Familienkodex entfernen.

Ich bin wirklich froh über diese neue Seite von Chris, denn es wäre zu langweilig geworden, wenn seine Abneigung gegen Scott und seine Jagd auf die Werwölfe seine einzige Daseinsberechtigung in der Serie gewesen wären. Die Autoren haben in den zurückliegenden zwei Staffeln oft genug bewiesen, wie relevant die Elternfiguren in "Teen Wolf" sind und es würde nicht passen, wenn ausgerechnet bei dem einzigen Elternteil, das sich in der übernatürlichen Welt auskennt, eine Ausnahme gemacht werden würde. Und außerdem wäre es eine maßlose Verschwendung von JR Bournes Talent, vor dem man in der Szene, als Allison durch das Kanima bedroht wird und Gerard eiskalt sagt, dass er seinen eigenen Sohn opfern würde, nur den Hut ziehen kann. Die Angst um seine Tochter und die Wut und das Unverständnis gegenüber seinem Vater, diese komplette Zerrissenheit spiegelte sich in Chris Argents Gesicht und sorgte für einen unglaublich emotionalen Moment.

"She's in love with someone else."

Ein weiteres herausragendes Element dieser Folge war die Dynamik zwischen Stiles und Lydia – und Jackson. Dieses Liebesdreieck kristallisiert sich zwar erst später heraus, aber es ist bereits in der ersten Szene zwischen Stiles und Lydia angelegt, denn schließlich kommt sie zu ihm, weil sie Jackson nicht sehen darf und Stiles' Hilfe benötigt, um Jackson seinen Schlüssel zurückzugeben. Trotzdem ist die Szene zwischen den beiden unglaublich süß und bewegend, von Stiles' Unbeholfenheit, als er der weinenden Lydia Klopapier anbietet, um ihre Tränen zu trocknen, bis hin zu Lydias Entdeckung, dass Stiles Unmengen von Geschenken für sie gekauft hat, weil er ihr etwas Besonderes zum Geburtstag schenken wollte. Genauso bemerkenswert war aber auch der Stimmungsumschwung, als Stiles Lydia deutlich macht, dass es ihr nicht egal sein sollte, ob ihr etwas passiert, da sie damit die Menschen verletzt, die sie lieben und die ohne sie nicht leben können – und zu diesen Menschen gehört auch er.

Trotz dieses Liebesgeständnisses gibt es allerdings kein Happy End für Stilydia, denn es kommt, wie bereits erwähnt, eine dritte Komponente hinzu: Jackson. Diese Wendung mit dem wiedervereinten ehemaligen Liebespaar war für mich doch ein bisschen der Wermutstropfen in dieser Folge. Nicht nur wegen der Tränen von Stiles, die einem wirklich das Herz brechen konnten, sondern weil mir sowohl die Rückblickszene als auch das Liebesgeständnis zwischen Jackson und Lydia irgendwie zu konstruiert war. Dass Lydia wirklich Gefühle für Jackson hat, daran bestand für mich kein Zweifel. Aber Jackson hat seine angebliche große Liebe in den kompletten zwei Staffeln so oft abfällig behandelt, dass die tiefe Verbundenheit der beiden miteinander für mich zu sehr aus der Luft gegriffen ist. Mir gefällt es generell nicht, wenn das Verhältnis zwischen zwei Charakteren nachträglich umgeschrieben wird, aber gerade bei "Teen Wolf" ärgert es mich noch mehr, weil die Autoren ihre Figuren eigentlich sehr vorausschauend und langfristig angelegt haben. Ein kleiner Hoffnungsschimmer war immerhin Stiles' Bemerkung in der Schlussszene, dass sein Zehn-Jahres-Plan, um Lydia für sich zu gewinnen, nun zwar ein bisschen länger dauert, aber immer noch steht. Hoffen wir also mal, dass es in der dritten Staffel dann endlich auch bei Lydia funkt!

"There's no such thing as fate." – "There's no such thing as werewolves."

Obwohl Allison so ziemlich alle Sympathiepunkte verspielt hat, gab es doch auch zwischen ihr und Scott diesen bittersüßen Moment, der nicht unerwähnt bleiben soll, schließlich ist die Liebesgeschichte dieser "star-crossed lovers" ein immens wichtiger Teil von Scotts Charakter und der gesamten Serie. Gerade sein unerschütterlicher Glaube, dass er und Allison wieder zueinander finden, unterstreicht die symbolische Funktion ihrer Beziehung als Scotts Anker, um seine Menschlichkeit nicht zu verlieren. Und es betont wiederum die innere Stärke, die Scott in dieser Staffel gewonnen hat, eine innere Ausgeglichenheit mit sich und seinem Schicksal. Unglaublich schön fand ich auch die Parallele, die in der Szene mit Allison zu seinem Gespräch mit Stiles in der letzten Folge gezogen wurde. Denn als Allison keine Worte findet, um Scott klarzumachen, dass sie nicht mehr mit ihm zusammen sein kann, befreit er auch sie von ihrem selbsterrichteten Druck, indem er sagt: "It's ok." Und die Chemie zwischen den beiden war in dieser Szene wieder so überzeugend, dass selbst ich gewillt bin, Allison in der dritten Staffel nochmal eine Chance zu geben.

"An alpha pack. And they aren't coming – they are already here."

Auf das, was uns sonst noch in der dritten Staffel erwartet, bekommen wir außerdem einen kleinen Einblick in den Schlussminuten der Folge: Ein Rudel voller Alphas ist in Beacon Hills und fordert nicht nur Derek heraus, sondern hat es auch schon geschafft, Erica und Boyd zu stellen. Die mysteriöse Funktion von Dr. Deaton und Ms. Morell innerhalb der Serie scheint endlich stärker in den Mittelpunkt zu treten und Gerard Argents Flucht scheint erfolgreicher gewesen zu sein, als alle angenommen hatten – kein gutes Zeichen, wenn man die alte Filmregel bedenkt, dass die besiegten Bösewichte, die nicht getötet wurde, immer zurück kommen... An Konfliktpotenzial für die kommende Staffel mangelt es also nicht und das Dreamteam Scott und Stiles sollte die unbeschwerte Zeit auf dem Lacrosse-Platz ausnutzen, solange es geht.

Fazit

Der Erfolg von "Teen Wolf" und die durchgängige Qualität der Serie setzt sich aus mehreren Elementen zusammen: Die rasante Storyentwicklung mit sich überschlagenden Ereignissen, ein vorausschauender und konsequenter Handlungsaufbau, detailliert gezeichnete und authentische Charaktere, die perfekte Dosis an großen Emotionen und ein wunderbarer Humor, der manchmal brüllend komisch, aber auch subtil und herrlich schwarz sein kann. Nicht immer gelingt die Mischung dieser Elemente perfekt und das ist auch bei diesem Finale der zweiten Staffel der Fall. Während sowohl der Humor als auch die emotionalen Szenen nicht zu kurz kommen und auf ganzer Linie überzeugen können, bleibt die Story doch etwas zu konstruiert und ist nicht so kompakt wie in den letzten Folgen. Trotz allem ist es eine solide Episode und ein gelungenes, wenn auch kein grandioses Staffelfinale, das vor allem mit den Andeutungen auf die kommenden Ereignisse definitiv Lust auf mehr macht.

Lena Stadelmann - myFanbase

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