Review: #4.06 Verwaist
War "Teen Wolf" in Staffel 3B vor allem ein Psycho-Thriller, so ist es jetzt ein Action-Thriller. Diese Episode bestand vor allem aus zwei Dingen: Action und Liebe. Großartig inszenierte Action gespickt mit Horrormomenten dank Regisseur Russell Mulcahy und tief ins Herz treffende Emotionen dank Mastermind Jeff Davis' lang angelegter Charakterarbeit, die hier in dramatischen Momenten, heldenhaft oder mit kleinen Gesten, in den Beziehungen der Figuren zueinander Ausdruck findet. Eine Episode voller Liebe, Sorge und Mitgefühl. Einer stark, während dem alles entgleitet. Scott und Liam. Stiles und Lydia. Kate und Chris. Derek und das fremde Rudel. Deaton, Chris und Scott. Parrish und Meredith. Scott und Melissa.
"No one else dies."
Auch wenn Dylan O'Brien in Staffel 3B mit seiner dualen Darstellung von Stiles und VoidStiles alles in den Schatten gestellt hat, so möchte ich hier eine Lanze für Tyler Posey brechen. Er ist vielleicht kein so offensichtliches Naturtalent, wie sein Freund und Serienkollege O'Brien es ist, aber schaut man sich genügend Videomaterial von ihm im Netz an, so wird ganz deutlich, dass Posey ein komplett anderes Naturell hat als sein Charakter Scott. Posey ist wild, impulsiv, extrovertiert und kann einen ganzen Saal mit seiner frech-lustigen Art anheizen. Während O'Brien sehr viel von sich selbst in seine Rolle des Stiles mit einbringen kann und wir ihn dafür über alles lieben, beeindruckt Posey jedoch mehr und mehr damit, wie intensiv er die Ruhe zum Ausdruck bringen kann, mit der Scott mittlerweile seine Entschlossenheit nährt. Scott ist sicher noch nicht am Ziel seiner Charakterentwicklung angelangt, noch lange nicht, und für sein oft noch immer unbedarftes, naives Verhalten hat man ihn ja schließlich auch ins Herz geschlossen, aber der wahre Alpha, der in ihm steckt, der wahre Held, bricht mehr und mehr in den richtigen Momenten durch und dann werden sowohl Scott als auch Posey in der Rolle richtig imposant. Scotts Beschluss, dass nun niemand mehr sterben werde, war nichts anderes als ein großer Gänsehautmoment!
Ich weiß zwar nicht, warum Scott nicht einfach sein Wolfsgebrüll nutzen konnte, um Liam zu finden, schließlich hatte das in Staffel 1, als Derek von Kate gefangen gehalten wurde, auch zum Ziel geführt, genauso wie Liams Gebrüll Scott nun auch wieder zum Ziel führte, aber Scott ist eben noch alles andere als ein perfekter großer Bruder bzw. ein Alpha für seinen Beta. Er ist nicht wie die Hales auf das Trainieren von Betas vorbereitet, und er ist manchmal auch einfach von allen guten Geistern verlassen, wie zum Beispiel als er sich auf Garretts hundsidiotischen Plan einlässt, der irgendwas mit zerkratzten Polizeiautoreifen zu tun hat. Aber wenn wir dafür zu sehen bekommen, wie sehr Scott leidet und wie sehr Liam leidet, wie sie aber beide alles versuchen und nicht aufgeben, und wie viel Hoffnung Liam dabei in Scott setzt, während dieser buchstäblich alles für diesen Jungen riskiert, den er erst 3 Minuten kennt, da kann man doch nicht anders, als bei dieser von Heldenmusik untermalten Rettungsszene ein paar Freudentränen zu vergießen! Mag der Moment auch noch so vorhersehbar gewesen sein, das Mitfiebern wird nicht geschmälert, wenn der Weg dahin so mitreißend dargestellt wird. Mit Scott, der Liam beruhigend in den Arm nimmt, wird vor allem auch den Fans der ersten Stunde zugenickt, denn dies ist alles, was man sich von Derek gewünscht hatte, gegenüber Scott, gegenüber Isaac, wozu dieser aber damals noch nicht in der Lage war.
"What I want is what I always wanted … power!"
Peter Hale steht nicht auf der Liste! Darf man annehmen, dass der Benefactor so auf dem Laufenden ist, dass er bereits den wenige Tage alten Baby-Werwolf Liam in seiner Summe mit einkalkuliert hat, nicht aber weiß, dass Peter von den Toten auferstanden ist? Dass Peter selbst der Benefactor ist, glaube ich jedoch nicht, schon allein deshalb weil er Scott nicht von einem x-beliebigen Killer töten lassen würde, er müsste ihn selber töten, um dessen Alphakräfte zu stehlen. Zudem steht Malia Hale auf der Liste – und nicht Tate! Würde Peter seine Tochter von irgendwem eliminieren lassen? Noch bevor sie von ihm weiß? Wohl kaum. Ihr Nachname auf der Liste dürfte also diesen Plot vorantreiben und ist natürlich in Bezug auf die Identität des Benefactors interessant, denn wer weiß denn überhaupt von Malias wahrem Vater?
Ian Bohen legt in dieser Staffel jedenfalls wahrlich nochmal eine Schippe obendrauf, dabei schafft er es wie kaum ein anderer, cool und creepy gleichzeitig zu sein. Seine beiden Szenen in dieser Episode waren entsprechend nichts anderes als zum Niederknien. Das angedeutete Lächeln am Anfang – unglaublich! Und das Showcase, das er in dieser Staffel bekommt, ist überaus verdient! Das, was Peter da mit Kate vorhat, ist aber doch ein perfekt ausgeklügelter Plan, mit dem er uns überraschen wird, oder? Sie werden doch wohl nicht beide wieder zu den Superschurken, die sie in Staffel 1 waren. Dereks "We learned a better way!" und Peters Antwort "I'm a creature of habit!" hallt zwar leider noch sehr deutlich nach, aber Peter hat im Vergleich zu Kate doch etwas mehr an Entwicklung durchgemacht. Peter und Kate sind jedenfalls das eine Pairing in dieser Episode, das sicherlich nicht von Liebe, Sorge und Mitgefühl angetrieben wird – außer natürlich für sich selbst bzw. für die eigenen Belange.
In den Actionszenen rund um Kate konnte Mulcahy sich hingegen richtig austoben. Wie Kate zu Anfang das Schlachtfeld durchschreitet, erinnert dabei locker an Milla Jovovich in Mulcahys Actionstreifen "Resident Evil: Extinction", während das Set in der ehemaligen Waffenfabrik der Argents auch einfach nur schweinecool war und irgendwie eine Kreuzung aus Mulcahys 80er-Musikvideo-Clip-Sets zu "Wild Boys" und "Total Eclipse of the Heart" bildete. Und wenn wir einmal dabei sind, stand Kurgan aus "Highlander" vielleicht auch Pate beim Look der Berserker? Sie sehen jedenfalls super aus und bilden eine wunderbar handgebastelt anmutende Nachfolge zu den dämonischen Smokey Five, den Oni.
Randnotizen
- Mit Derek als drittem Passwort für die Abschussliste ist Jeff Davis eine echte Überraschung gelungen. SherlockStiles kombiniert messerscharf, dass wenn der Benefactor mit einer Banshee in Kontakt steht, der dritte Name von einer Person stammen muss, deren Tod bevorsteht. Das bedeutet doch nun im Klartext, dass Derek überlebt, oder? Den Tod einer solchen Figur würden die Serienmacher nicht auf diese Weise vorwegnehmen, oder? Oder? Manchmal geschieht in "Teen Wolf" ja auch genau das, was am nächstliegenden ist und deshalb am unwahrscheinlichsten wirkt.
- Dereks Mentorqualitäten waren nie so beeindruckend wie in dieser Episode. Nicht nur, dass wir über das "Mixtape" ein wenig über die Vorgeschichte der Hales erfahren, Derek kennt sich auch noch mit Buddha und dem Bodhi Baum aus! Ich konnte ja nicht anders, ein kleines Grinsen hat mir das schon aufs Gesicht gezaubert. Ebenso wie Dereks altbewährtes creepy Auftauchen in der Schule. Manche Dinge ändern sich einfach nicht und das ist auch gut so, denn das ist "Teen Wolf"! Dereks Mitgefühl angesichts der ermordeten Werwölfe zu sehen, war hingegen mehr als herzzerreißend.
- Stiles hatte nicht viele Szenen in dieser Episode, wie gewohnt jedoch hatten die wenigen es in sich. Die gesamte Szene mit Parrish und Brunski im Eichen House war wiedermal unbezahlbar, genauso wie schon vorher die Szene mit Parrish und der Abschussliste. "You, I like you. I'm gonna keep you." Jep, Stiles, das unterschreiben wir alle! Stiles' Mitgefühl und das stille An-Sich-Drücken Lydias, nachdem diese von Merediths Tod erfahren hatte, wiederum war tief berührend. Nicht zuletzt weil es genauso schon bei Aidens Tod und - in komplett verzerrter Form - auch bei Allisons Tod stattfand.
- Irgendwie unheimlich! Als ich die Killer-Kids letzte Woche auf meine persönliche Abschussliste setzte, rechnete ich nicht damit, dass der Auftrag in dieser Woche schon ausgeführt würde! Umso besser, sie haben als überhebliche und schockierend abgebrühte Teenage-Auftragskiller funktioniert und brauchten insofern keine detailliertere Charakterzeichnung. Als seltsamer Nachgeschmack bleibt nur noch, dass der Killer am Anfang zu Kate sagte, sie sähen nur so aus wie Teenager. Zudem erfuhren wir, dass sie als "Orphans" sogar dem FBI bereits bekannt sind. All diese Infos in derselben Episode zu bringen, in der diese Charaktere sterben, macht einen doch misstrauisch!
- Dass das fremde Rudel zu der Oak-Creek-Wölfin Satomi gehört, die wir in Noshikos Rückblick kennengelernt haben, ist eine so gelungene Verknüpfung, dass ich den Serienmachern mal wieder applaudieren möchte. Sie legte mit ihrem Molotov-Cocktail damals unbeabsichtigt den Grundstein für all das Böse, das der Nogitsune über Beacon Hills gebracht hat, da ist es nur verständlich, dass sie ihr Rudel mit dem buddhistischen Mantra höchste Selbstkontrolle gelehrt hat.
- Die Geldsorgen sind ein roter Faden, der sich durch die gesamte Staffel zieht. Sheriff Stilinski kann die Eichen House Rechnung nicht bezahlen, die Martins müssen ihr Haus am See verkaufen, Mama McCall kann ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Und einfach nur Scotts bedrückten Ausdruck zu sehen, während er seine Mutter am Telefon um einen Aufschub betteln hört, während er selbst eine Tasche voller Geld unter seinem Bett liegen hat, ist zum Steine erweichen.
- Malia: "We need to think like Stiles." - Derek: "Like a hyperactive spaz?" Oh, Cousin und Cousine, ihr seid klasse zusammen! Bitte sehr viel mehr davon!
Fazit
Phantastische Episode mit viel heldenhaftem Pathos, tollen Pairings, großartigen Schurken, schwindelerregenden Todeszahlen, vor allem aber auch einem Todesfall, der einem nachgeht, Meredith. Die Episode war rasant und vielleicht sogar die beste der bisherigen Staffel. Für die volle Punktzahl fehlte nicht mehr viel.
Nicole Oebel - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: OrphanedErstausstrahlung (US): 28.07.2014
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Regie: Russell Mulcahy
Drehbuch: Jeff Davis
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