Bewertung

Review: #4.08 Der Todeszeitpunkt

Foto: Ian Bohen, Alpha Con 2014 - Copyright: myFanbase/Nicole Oebel
Ian Bohen, Alpha Con 2014
© myFanbase/Nicole Oebel

Eine Echtzeitepisode bei "Teen Wolf" zeigt vor allem eins: wie meisterlich die Autoren das Zusammenflechten ihrer Handlungsstränge beherrschen. In diesen 40 Minuten, die das Ende des mittleren Akts markieren, gehören alle Fäden zu einem großen Strang und trotz aller Twists und Turns und aller "unglaublich gefährlichen und grenzwertig idiotischen" Pläne bleibt "Teen Wolf" geerdet und widmet sich der Entwicklung seines Hauptcharakters.

A deadly force

Ein paar Nahtod- oder nahtodähnliche Erfahrungen haben wir bei "Teen Wolf" schon gesehen. Scott hat sich in diesen bisher ausnahmslos um andere gekümmert. Das Selbstopfer für die Eltern, das Eindringen in Stiles' Unterbewusstsein, immer sind diese Erlebnisse eine spirituelle Erfahrung, die Scott auf seinem Weg zur Ausschöpfung seines Potenzials weiterbringen. Niemals hat er sich dabei von seinen Ängsten beirren lassen. Die Ängste, die wir bisher bei ihm gesehen haben, spiegelten eher seine jugendliche Natur wieder. Allison, die mit dem Kanima knutscht, der monströse Alpha-Schatten, der ihn verfolgt... Nun aber taucht er durch die Nahtoderfahrung in sein eigenes Unterbewusstsein ein und ist gezwungen, sich mit seinem eigenen moralischen Dilemma auseinanderzusetzen. Seiner Entwicklung zum wahren Alpha und seinen moralischen Prinzipien, die eines Tages der Rettung seiner Lieben im Wege stehen könnten.

Aufhänger zu dieser inneren Auseinandersetzung ist die bisher gelungenste Vater-Sohn-Szene zwischen Scott und Agent McCall. Der FBI-Agent muss sich selbst im mordlustigen Beacon Hills für den tödlichen Gebrauch seiner Dienstwaffe rechtfertigen. Vor seinen Vorgesetzten und vor sich selbst. Ohne es zu wissen, spricht er mit seinem Sohn über etwas, das diesen persönlich tief beschäftigt. Kann das Töten eine Notwendigkeit sein? Scott hat das Töten bisher vollkommen ausgeschlossen. So ist er zum wahren Alpha geworden, so lieben wir ihn! Aber jetzt setzt er sich mit etwas auseinander, mit dem normalerweise Eltern sich auseinandersetzen. Was ist er bereit zu tun, um sein Kind bzw. seinen Beta zu schützen? Oder umgekehrt, beharrt er auf seinem Standpunkt, wird er eines Tages Schuld am Tod eines seiner Lieben sein, was für ihn gleichbedeutend damit ist, ihn selber getötet zu haben? Oder lässt er es zu, dass sich seine Fähigkeiten frei entfalten - auch die Brutalität eines Werwolfs? Wird er am Ende dadurch seine Welt zerstören? All dies macht Scott in seinen "Und täglich grüßt das Murmeltier"-Erlebnissen, die ihn seine Entscheidungen nach dem imaginären Aufwachen immer wieder aufs Neue erleben lassen, durch. Und es ist schon für den Zuschauer ein absolut beeindruckendes Bild, den aggressiven, wütenden, blutbespritzten Scott in seiner Vision zu sehen – wie tief muss es da erst ihn prägen, sich selbst so gesehen zu haben?

Das Zweite, was Scott aus seiner Vision mitnimmt, ist die Idee, die Auftragskiller auf eine eigene Abschussliste zu setzen. Ich bin gespannt, wie Scott nun an diese Idee herangehen wird, und auch die anderen um ihn herum, schließlich hat nicht jeder in Beacon Hills einen so hohen moralischen Anspruch wie er!

An act of kindness

Als alle auf den Benefactor warten, taucht Kate in der Klinik auf. Aber von wem wurde sie geschickt? Peter! Schließlich müsste er Scott selbst töten, wenn er sein Hirngespinst "I've always been the alpha!" wahrmachen und Scotts Alphakraft stehlen will. Derek verliert mehr und mehr seine Kräfte und muss nun lernen, wie Selbstverteidigung für Menschen in Beacon Hills funktioniert. Er glaubt, dass Kate hinter seinem Wandel steckt, aber wer benutzt Dereks Loft wie ein Zuhause und wer gewinnt zusehends an Kraft? Peter! Malia entfernt sich von ihrem Rudel und – noch viel wichtiger – von ihrem Anker, Stiles, um ihre Herkunft zu erforschen. Und wer verführt sie mit der einzigen Taktik, die jede von dritter Seite empfohlene Vorsicht in Vergessenheit geraten lassen würde? Peter! Indem er die gemeinsame Suche nach ihrer Mutter in Aussicht stellt und von einem "act of kindness" spricht. Wer wird denn da nicht schwach? Lydia sucht im Bootshaus ihrer Großmutter nach ihren Wurzeln, nach Antworten zu ihren Banshee-Fähigkeiten und –Unfähigkeiten. Diesmal ist Lydia zwar nicht allein auf weiter Flur, sie hat ihre Mutter an ihrer Seite, aber im Hinblick auf ihre Freunde ist Lydia weiterhin ausgegrenzt. Niemand kann ihr helfen und niemand konnte ihr je helfen. Außer Peter! Durch den ihre Banshee-Fähigkeiten überhaupt erst ans Tageslicht getreten sind.

Peter und Lydia nehmen in dieser Staffel ungeheuer wichtige Positionen ein. Peter agiert und Lydia reagiert. Zwar nicht so sehr im direkten Zusammenspiel wie in Staffel 2, aber sie sind beide Schlüsselfiguren im derzeitigen Verlauf der Staffel und ich bin gespannt, ob sie auch Schlüsselfiguren im Finale sein werden. Was kann Peter jetzt noch davon abbringen, seinen von langer Hand angelegten Plan nun bald in die Tat umzusetzen? Seine Tochter? Deren Mutter? Irgendeine Überraschung muss es einfach geben! Die Vorstellung, dass "Teen Wolf" uns Peter nimmt, einen der besten Charaktere der Serie, ist schlicht und ergreifend unvorstellbar. Oder besser unerträglich! Lydia wiederum fallen Informationen in den Schoß, dass ihre Großmutter nicht nur eine Banshee war oder ist, sie erkennt auch, dass ihre Großmutter sowohl einen Hinweis auf den Benefactor hinterlassen hat, als auch darauf, dass Lydia um ihren bevorstehenden 18. Geburtstag herum in Gefahr schweben und den Schutz von Eberesche rund um das Bootshaus brauchen wird. The plot thickens.

Randnotzen

  • Hat die Welt jemals eine niedlichere Szene des Vermissens gesehen als die Eingangsszene, in der Stiles sich des Nachts Malia herbeisehnt? Ich kenne zwar nicht alle Filme und Serien dieser Welt, aber ich behaupte hier frei heraus, dass es keine liebenswertere Inszenierung des Vermissens gibt! Ich zitiere an dieser Stelle Shelley Hennig, die zur Episode der vergangenen Woche schrieb "Oh Dylan O'Brien. You never fail us." Recht hat sie!
  • Nichts, aber auch gar nichts ist so sexy wie Derek, der sich zum Armdrücken bereit macht und Braedens Hand umschließt. Nichtmal Derek, der Braeden küsst, oder Derek, der Braeden hochnimmt, oder Derek shirtless. Derek, wie er von sich selbst überzeugt Braedens Hand umschließt, ist einfach zum Niederknien. All die welpenhafte Unsicherheit, die nach seiner Niederlage kommt, ist zwar auch unbezahlbar, aber vor allem auch ungewohnt.
  • Mama McCalls Schrei ging mir durch Mark und Bein und sofort stand ein LKW auf meiner Brust! Selbst wenn man sicher sein konnte, dass Scott seiner Mutter sowas niemals ohne Vorwarnung antun würde, so war diese Darstellung einfach so erschütternd, dass mir sofort auch ein Klagelaut entwischte! Mama McCall und Noshiko Yukimura bildeten übrigens ein unerwartet tolles Team. Eines, von dem ich nie erwartet hätte, es überhaupt zu sehen, und daher nochmal umso begeisternder!
  • Wie herrlich war denn Chris Argents beleidigt-wütende Reaktion auf den Benefactor, der seine Jagderfolge in Zweifel gezogen hat?
  • Kira ist derzeit ein zwiespältiger Charakter. Ein Augenverdrehen, wenn sie mit ihrem Katana wieder und wieder auf die Rüstung der Berserker eindrischt, anstatt es in ihren ungeschützten Bauch zu rammen, ist leider unvermeidlich. Scotts und ihre gemeinsamen Szenen wiederum haben Niedlichkeitswert, aber es fühlt sich zu keiner Zeit so an wie eine heiße, unausweichliche Liebesgeschichte. Somit fragte ich mich sofort bei ihrer Ankündigung, mit ihrer Mutter in das Krankenhaus in einer anderen Stadt zu gehen, ob das womöglich ihr Abgang sein könne. Ihre Rolle im Gesamtbild wird mir nach wie vor nicht ganz klar.
  • Liam hat nun in gewisser Hinsicht Isaacs Rolle als derjenige eingenommen, der sich am meisten Sorgen um Scott macht, während das Vertrauen der anderen in Scott mittlerweile ziemlich felsenfest ist. Was Liam jedoch ganz klar noch fehlt, sind die treuherzig-witzigen Szenen, die Isaac in Staffel 3 hatte. Dieser warmherzige Humor fehlt mir in dieser Staffel insgesamt schon ein wenig. Stiles' Humor ist da einfach sehr viel sarkastischer.
  • Nachtrag: Malias Geburtsurkunde zeigte 1998 als Geburtsdatum, was weder von Malia noch von Peter irgendwie kommentiert wurde. Für mich ist das nichts weiter als ein Produktionsfehler von jemandem aus der Requisite, da Malia weder 13 (nach Beacon-Hills-Zeitlinie ist es Anfang 2012) noch 15 Jahre (US-Ausstrahlung der Episode im Sommer 2014) alt sein soll. Nach dem, was Sheriff Stilinski über sie berichtet hat, war sie neun Jahre alt, als sie verschwand, und das ist acht Jahre her. Somit war sie 17, als man sie zu Beginn der dritten Staffel fand. Da man diesen offensichtlichen Fehler auf der Geburtsurkunde in der Postproduktion nicht korrigiert hat, kann er in sich in den Annalen der TV-Serien-Blooper gleich neben dem jüngsten und einfach großartigen Patzer, dem sogenannten "Downtown Abbey"-Water Bottle-Gate, einreihen. Ich muss ja zugeben, ich liebe solche Pannen!
  • Was treiben Peter und Kate eigentlich sonst so die ganze Zeit da in ihrem gemütlichen Abwasserkanal?

Fazit

Diese Episode war ein phantastisches Flechtwerk aus verschiedenen Handlungssträngen, die langsam aber sicher zusammengefügt werden, da der letzte Akt vor der Tür steht. Zwei Drittel der Staffel sind vorbei und das Tempo ist nach wie vor sehr hoch. Alle Bälle sind in der Luft und selbst wenn wir Schritt für Schritt vorankommen, so ergeben sich doch noch immer mehr Fragen als Antworten. Zwölf Wochen "Teen Wolf" vergehen einfach immer viel zu schnell!

Nicole Oebel - myFanbase

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