Bewertung

Review: #4.09 Vergänglich

Foto: Holland Roden, Teen Wolf - Copyright: MTV/Jaimie Trueblood
Holland Roden, Teen Wolf
© MTV/Jaimie Trueblood

Es war einmal eine kleine Meerjungfrau mit erdbeerblondem Haar, welche sich in die Marmorstatue eines schönen Jünglings verliebt hatte, die zu ihr auf den Meeresboden gesunken war. Ihre Großmutter erzählte ihr jeden Abend Geschichten und weckte so ihre Sehnsucht nach der Menschenwelt. Nichts Schöneres konnte sich die kleine Meerjungfrau vorstellen, als zu den Menschen zu gehören. Und da sie glaubte, dass es ihrem Jüngling ebenso ergehen müsse, begleitete sie ihn auf seinem Weg, sich selbst zu finden. Da sie jedoch fortan allein war, bemühte sie sich nach Kräften, aber es wollte ihr einfach nicht einfallen, wie sie auch allen anderen Menschen helfen könnte. Schließlich gelangten die Menschen nur zu ihr auf den Meeresboden, wenn sie tot waren. Eines aber wusste Ariel, sie hatte eine ganz besondere Stimme. Wenn sie diese gebrauchte, konnte man sie von nah und fern und überall sonst hören, und sie war entschlossen, diese Gabe zu nutzen, um noch mehr Menschen zu helfen.

"Please don't hurt Ariel!"

Auch wenn "Die kleine Meerjungfrau" eigentlich ein wenig anders lautet, so hätten die Autoren in dieser Episode kein passenderes Märchen finden können, das als Bindeglied zwischen Großmutter und Enkelin diente. Nicht nur wäre Holland Roden die menschgewordene Ariel in Perfektion, es gibt auch wirklich Parallelen zwischen unserer Lydia und Ariel. Beide stehen in gewisser Weise allein da, entscheiden sich jedoch dafür, anderen zu helfen ohne Rücksicht auf sich selbst. Nun gibt es nichts daran zu rütteln, dass Lydia mit ihren Banshee-Fähigkeiten wirklich alles andere als den Märchenprinz gewonnen hat. Soweit auch die Parallele zwischen ihrer Geschichte und der ihrer Großmutter. Beide bekommen bzw. bekamen Botschaften, die ein Unheil ankündigen. Ort, Zeit oder sonst irgendwas Brauchbares aber wird mit der Botschaft leider nicht mitgeliefert. Und hier hören die Parallelen zwischen Lydia und Lorraine Martin auf, denn während Lydia und ihre Freunde versuchen, ihre übernatürlichen Fähigkeiten zu verstehen und so gut sie können dafür einzusetzen, Gutes zu tun, verrannte sich Lorraine Martin aufgrund ihrer Trauer und Schuldgefühle in die Erforschung ihrer Fähigkeiten und wollte Ergebnisse erzwingen, ohne dabei noch Rücksicht auf Verluste zu nehmen.

Vorhang auf, der Benefactor betritt die Bühne! Die zerbrechliche, kindlich-unschuldig wirkende Meredith! Die liebe, hilfsbereite Meredith! Die verwirrte, nervenkranke Meredith! Die tote Meredith? Es war eine große Überraschung am Ende dieser Episode! Eine gelungene Überraschung! Aber auch etwas gemein! Ich hatte Meredith nichtmals auch nur ansatzweise in Erwägung gezogen. Weil sie aber eigentlich ja auch schon tot war und wir dazu eine Szene zu sehen bekamen, die nicht vor Publikum gespielt war. Zugegeben, Lydia war wie vom Donner gerührt, als sie die Nachricht von Merediths Tod erreichte. Natürlich, er hatte ja auch gar nicht stattgefunden. Wieso wunderte sich niemand, dass sie ihn nicht vorhergesehen und auch nicht gespürt hatte? Vermutlich weil niemand ihre Fähigkeiten richtig einschätzen kann, am wenigsten offensichtlich sie selbst. Aber in der Szene in #4.06, als Brunski Meredith die Schlinge vom Hals nahm, war niemand anders anwesend, dem man etwas hätte vorspielen müssen. Wie passt diese Szene also ins Bild?

Meredith jedenfalls ist ein anschauliches Beispiel dafür, was geschehen kann, wenn die übernatürlichen Wesen oder die Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten zu weit gehen. Sie wurde Opfer von Lorraines manischer Suche nach Antworten. Das ist bei einem labilen Menschen, der der Realität so deutlich entrückt ist, wie wir es bei ihr gesehen haben, durchaus ein Motiv, Hass auf übernatürliche Wesen zu entwickeln. Was aber noch gänzlich fehlt, ist die Verbindung zwischen Meredith und dem Geld der Hales. Woher soll Meredith von den Wertpapieren und dem Bunker an sich gewusst haben? Brunski war anscheinend ihr Laufbursche, aber sollen wir glauben, dass er derjenige war, der die 117 Millionen aus dem Bunker der Hales gestohlen hat? Hätte Brunski sich damit nicht sofort auf irgendeine Südseeinsel mit Batida-de-Coco-Strand abgesetzt? Und warum gerade die alten Wertpapiere stehlen, die von Werwölfen bewacht werden und die man erst mal umgetauscht bekommen muss, anstatt sich der technischen Künste der Großmutter Martin zu bedienen und irgendein Konto per Computerhacking leerzuräumen? Da steckt noch etwas sehr Persönliches dahinter, was vor allem auch mit dem Fehlen von Peter Hale auf der Abschussliste zu tun hat. Und da sehe ich nach wie vor jemand anderen als Verantwortlichen als Meredith!

"This is between you and your insurence."

...said no one in a teen mystery ever! Bis zu "Teen Wolf", denn hier ist die finanzielle Lage der wahre Antagonist der aktuellen Staffel. So verrückt das klingt, während Menschen und Wesen sterben wie die Fliegen, Kopfgelder auf unsere Lieblingsfiguren ausgesetzt werden, militärische Tomahawks fliegen, Biowaffen auf Schüler losgelassen werden, Teenager ihre Freunde enthaupten und Deputys ihre Kollegen in Brand setzen, lässt sich nicht wegdiskutieren, dass Beacon Hills ökonomisch gesehen in keiner guten Lage steckt. Gebäude fliegen in die Luft, die Schule wird ständig zerlegt, Krankenhaus und Sheriffs Department halten sich mit letzter Kraft über Wasser, der Sheriff ist nichtmals gegen Schussverletzungen im Dienst versichert und wie das Krankenhaus noch lebendiges Personal haben kann, ist mir eh schleierhaft. Und all das ist auf unsere Wolfspopulation zurückzuführen. Sie suchen den Ärger vielleicht nicht, aber der Ärger sucht sie und wenn sie heldenhaft zum Kampf antreten, geht immer etwas oder jemand kaputt. So wie Meredith überfordert wurde, so werden auch die Stadt und ihre Bewohner überfordert, und in welches Dilemma dies führt, zeigen die beiden Szenen, die meiner Ansicht nach für die letzten drei Episoden der Staffel noch an großer Bedeutung gewinnen werden: die Stilinskis im Krankenhaus und Scott mit der Geldtasche.

Linden Ashby und Dylan O'Brien sind pures Gold, was ihre Vater-Sohn-Szenen angeht. Sheriff Stilinski, der die Sorgen runterspielt, Stiles, für den es selbstverständlich ist, die Post seines Vaters zu durchwühlen, die Rage, in die beide aus Sorge um den anderen geraten, der Vater, der sieht, dass sein Sohn erwachsen wird und die Dinge realistisch betrachtet, der Sohn, der sieht, wie die Illusion, er sei noch ein Kind, aus den Augen seines Vaters verschwindet. Sie sind nur noch zu zweit in dieser Familie! "We're supposed to take care of each other!” Sheriff Stilinskis Suche nach einer Antwort, Stiles' Fingernagelkauen, der unruhige Blicke, die raue Stimme... soviele Emotionen! Soviel Liebe! Soviel Herz, das mir hier zerfließt! Und dann kurz darauf Scott, der aus einer Eingebung heraus das Geld in Garretts Tasche nachzählt. War er am Ende beruhigt oder betroffen? War alles Geld da oder fehlte etwas? Ich vermag es nicht genau zu sagen! Mein spontaner Eindruck sagte mir, es fehlt etwas und sofort gingen die Pferde mit mir durch: Stiles hat es genommen! Scott wird sich mit ihm auseinandersetzen müssen! Die wichtigste Beziehung dieser Serie, Scotts und Stiles' Freundschaft, wird auf die Probe gestellt! Als ich die Pferde jedoch wieder beruhigt hatte, kam die Eingebung: Stiles würde niemals etwas nehmen, ohne Scott etwas davon zu sagen! Wahrscheinlich fehlte gar nichts! ... Oder?

Randnotizen

  • Ist Parrish der sprichwörtliche phoenix from the flames? Es erscheint mir fast zu einfach, denn den Mythos vom Phoenix sollte Derek doch kennen. Jedenfalls kann man den jungen Deputy Parrish nur zu seiner Intuition beglückwünschen, denn als Feuer-resistenter Mensch hätte er kaum einen passenderen Job finden können als den des Bombenexperten! Dass er nun in die übernatürlichen Ereignisse eingeweiht wurde und zugleich derjenige sein durfte, der Lydias und Stiles' Leben rettet – zumindest vorläufig – dürfte endlich das wohlverdiente Ende der für mich eh völlig unverständlichen Frage "Und wer ist nochmal Deputy Parrish?" bedeuten.
  • "I don't wanna make you nervous!" – Oh je, Scott bist du ein Schnuffelhase! Sagst Derek, dass sein Tod in der Banshee-Welt bereits beschlossene Sache zu sein scheint, nachdem er dir gerade eröffnet hat, dass er bereits seine Wolfiness verloren hat, aber nervös soll ihn das nicht machen... Ach Scott, man weiß manchmal nicht, ob man ihn in die Backen kneifen oder hinterm Ohr tätscheln soll! Jedenfalls war es ein echter Genuss, Derek mal wieder in einer Szene mit den anderen Hauptfiguren zu sehen. So klasse Derek sich auch am Tisch der Erwachsenen macht, es versetzt dem Herzen doch direkt einen kleinen Schubs, ihn mit dem Rest unserer Wolfspopulation zu sehen, wenn es auch ausgesprochen schade war, dass Stiles in dieser Szene fehlte!
  • Derek ist nun also wirklich und wahrhaftig kein übernatürliches Wesen mehr, und kommt es mir nur so vor oder hat er sich noch nie so gut geschlagen? Ich will Derek viel öfter auf der Gewinnerseite sehen, besonders wenn er Scott dann auch immer eine solche No-Nonsense-Parade gefolgt von einem solch coolen Bro-Schulterknuff verpasst! Tyler Hoechlin ist ein Scene-Stealer, keine Frage!
  • Malia trägt diesmal die Teenager-Geschichte: Tanzen, Trinken, dem einzig wichtigen Gesprächsthema ausweichen. Sähe die ganze Party an sich nicht wieder so unglaublich typisch "Teen Wolf"-mäßig skurril und Unheil verkündend aus, könnte man hier einen Moment lang innehalten und anerkennen, wie gut "Teen Wolf" das Drama der Teeniezeit inszeniert, aber dafür bleibt zugegebenermaßen wenig Zeit.
  • Wir haben nur wenige Blicke auf Lydias Großmutter, Lorraine Martin, erhascht und auch nur eine kleine Charakterskizze erhalten, aber Junge, war sie ein waschechter "Teen Wolf"-Charakter! Sie sah genauso aus wie Lydia, arbeitete in San Francisco für IBM und war verliebt in eine junge Frau, die Wettkampfseglerin war. Und das alles ca. Ende der 1960er!
  • #readingisfundamental – Das stand doch wirklich unter der Szene, als Stiles und Lydia über "Die kleine Meerjungfrau" sprechen, und verdient damit, trotz der selbstverständlich wahren Kernaussage, einen Platz in der Riege der am dämlichsten platzierten Hashtags.
  • Goodbye, Aaron Hendry! Er hatte den vermummten Nogitsune verkörpert und die Serienmacher so überzeugt, dass er als Brunski zurückkommen durfte. Ein herrlich widerlicher Charakter, großartig gespielt.
  • Holland Roden verdient eine Auszeichnung für ihre Leistung in dieser Staffel!

Fazit

Eine beeindruckend inszenierte Episode mit großartigen Pairings wie Vater und Sohn Stilinski, Scott & Derek sowie Stiles & Lydia, deren gemeinsame Szenen in dieser Staffel rar gesät sind und deshalb eine tolle Wirkung haben. Die Enthüllung zum Thema Benefactor war sehr überraschend, aber nicht ganz so spektakulär, weil die Verbindung zu den Hales noch fehlt. Was mir persönlich zudem fehlt, ist ein bisschen mehr vom geliebten "Teen Wolf"-Humor.

Nicole Oebel - myFanbase

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