Bewertung

Review: #5.10 Status Asthmaticus

Foto: Dylan O'Brien, Teen Wolf - Copyright: MTV
Dylan O'Brien, Teen Wolf
© MTV

"Teen Wolf" ist immer am besten, wenn die Teen Wölfe zusammenarbeiten. Wenn das Rudel mitsamt Freunden und Familie Seite an Seite kämpft, Pläne schmiedet, von todesmutig bis lebensmüde, diese in halsbrecherischem Tempo durchzieht und wir Zuschauer uns dabei fühlen dürfen wie auf einer Achterbahn. Die Vorfreude beim Aufstieg, der Kitzel beim Losrasen, die Schmetterlinge in den Kurven, der Horror vor dem Höllenlooping, die Panik beim letzten Anstieg und der Rausch beim freien Fall. Zwischendurch ein Adrenalinstoß nach dem anderen, und am Ende die Belohnung, die Begeisterung, die nur einen einzigen Gedanken zulässt: "Nochmal!" In etwa so, mal düsterer, mal freundlicher, war "Teen Wolf" bisher in jeder Staffel. Weil am Ende der Ausstrahlungsphasen immer die Freundschaft und der Zusammenhalt der Figuren an erster Stelle standen. Dieses Jahr werden wir zum ersten Mal inmitten eines Scherbenhaufens zurückgelassen. Es gab viele gute Einzelleistungen, die die Episode als normale Episode mitten in einer Staffel getragen haben, aber für eine Episode vor einer langen Ausstrahlungspause hätte man sich mehr der geliebten Stärken der Serie bedienen sollen.

"You're barely even human!"

Theo zeigt sein wahres Gesicht und siehe da, wie hässlich dieses schöne Gesicht sein kann! Ein echter Dorian Gray. Was wir sehen, ist das engelsgleiche Antlitz und irgendwo auf dem Dachboden steht wahrscheinlich sein Bildnis, das sein wahres, monströses Wesen widerspiegelt. Eines von verschiedenen Spiegelbildern in dieser Episode, in dieser Staffel. Spiegelbilder zeigen alles seitenverkehrt, man muss sie verkehrt herum betrachten, um die Lüge zu entlarven, so wie Kira das Buch falsch herum lesen musste. Theo sagte gleich zu Anfang der Staffel, er sei gekommen, weil er von Scott, dem True Alpha, gehört hatte. Es war aber genau andersherum. Er kam wegen der Dunkelheit, die in all den Rudelmitgliedern haust, die eben nicht in Geist und Seele über sich hinausgewachsen und zum wahren Alpha geworden sind. VoidStiles, die nach Instinkt handelnde Kojotin, der wutgesteuerte Betawolf, die feurige Kitsune und die Todesfee. Wer kann es ihm verdenken? Dies sind alles arschcoole Geschöpfe! Und sie alle spiegeln Theos Dunkelheit wieder. Er jedoch übersieht dabei, dass ihre Dunkelheit im Vergleich zu seiner eben auch seitenverkehrt ist, denn während er sich seiner Dunkelheit hingegeben hat, kämpfen sie dagegen an. Gemeinsam. Theo hält sich für einen Anführer, einen Alpha, aber auch in dieser Funktion ist er nur ein verzerrtes Spiegelbild von Scott. Während Scott das Beste in seinen Freunden zum Vorschein bringt, will Theo das Böse hervorlocken.

Wenn man bislang eine Zweckbeziehung mit den Dread Doctors geführt hat, ist es ja durchaus ein Schritt voran, sich ein Rudel aus Supermonstern zu wünschen. Selbst wenn mir schleierhaft ist, wieso Theo glaubt, dass diese sich mit ihm zusammenschließen würden, wenn jeder einzeln seine Dunkelheit Oberhand gewinnen lässt. Dass er sich nun als Plan B ein Rudel aus Frankenstein-Chimären bastelt, wird jedoch ganz sicher für ihn nach hinten losgehen, denn damit handelt er nun entschieden gegen den Willen der Doktoren und sie werden ihn sicher nicht weiter mit dem nötigen Frankenstein-Elixier versorgen, um diese Chimären untot zu halten. Theo ist nun völlig aus dem Gleichgewicht gebracht, er hat keine Verbündeten und keine Joker mehr im Ärmel und ist somit gefährlicher denn je. Dieser Zustand kann nicht lange anhalten.

Wir wissen nun, dass er eine Chimäre ist. Das erste Experiment der Doktoren. Wir haben gesehen, wie sie mit einiger Erfahrung an den Menschen herumgefuhrwerkt und aus ihnen Killermaschinen gemacht haben. Wie muss man sich da die Qualen der ersten Versuchsperson vorstellen, an der sie noch ohne Erfahrungen herumexperimentiert haben? Ich kann es nicht erwarten, mehr über Theos Hintergründe und seine Motivation zu erfahren! Wie sagten die Ärzte (die Band, nicht unsere Doktoren): "Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe." Theo rastete in genau dem Moment vollends aus, als Scott ihm absprach, überhaupt noch Menschlichkeit zu besitzen. Spätestens seit Tracy wissen wir, dass die Doktoren die Schwachstelle eines Menschen am liebsten zu seiner gefährlichsten Eigenschaft umfunktionieren. Wenn wir in 5B keine Ausgestaltung über den in 5A perfekt inszenierten Psychopathen hinaus bekommen, wäre ich untröstlich. Und es wäre eine Verschwendung von Cody Christians Talent, das in den Monaten der Arbeit an dieser Staffelhälfte deutlich an Format gewonnen hat. Das Beben in seinem Gesicht an verschiedenen Stellen dieser Episode, besonders aber beim Close-Up mit Tyler Posey, nur als Beispiel genannt.

"It didn't matter to me..." – "It matters to me."

Wie oben erwähnt, war es sicherlich eine Schwäche dieses Sommerfinales, dass wenige der Hauptfiguren überhaupt Szenen miteinander hatten, aber die wenigen, die es gab, waren Gold wert. Malia und Stiles im Auto war eine davon. Auch bei diesen beiden zeigt sich, dass ihr Seelenleben gespiegelt ist. Beide bleiben ihren Prinzipien treu. Malia steht zu Stiles, wie sie es von Anfang an getan hat ("I would never leave you." #4.01). Sie verurteilt ihn nicht. Genau das, was man sich von Scott gewünscht hat. Genau das, was Scott vermutlich getan hätte, wenn Stiles ihm sofort die Wahrheit gesagt hätte. Aber Stiles verurteilt sich selbst, und damit entsteht eine Kluft auch zwischen Stiles und Malia. Sie haben einen unterschiedlichen Umgang mit ihrer Dunkelheit, darüber spricht dieser kleine stille Blick, bevor Stiles aussteigt, Bände.

Ein weiteres Spiegelbild, das einzig wirklich schöne, ergeben Lydia und Parrish. Sie sitzen tatsächlich in gespiegelter Haltung gemeinsam an die Gitterstäbe seiner Zelle gelehnt und während in den anderen Spiegelbildern vor allem die Verzerrung und das Verkehrte deutlich wird, sehen Lydia und Parrish einander wirklich an und erkennen nicht nur ihre Parallelen, Lydia sieht endlich klar und entschlüsselt das Rätsel um Parrish! Er ist ein Höllenhund – Halleluja! Verwurzelt in der Mythologie der "Wilden Jagd", von der Noshiko Yukimura im Staffelauftakt erzählte. Und in seiner Funktion ein Beschützer des Übernatürlichen. Ehrlich, bisher ist er mir als Höllenhund sehr viel sympathischer als jeder Höllenhund aus "Supernatural"! Theo sollte sich nicht nur in jede andere sondern auch in diese Richtung gut umschauen. Parrish wird es nicht mögen, dass er mit seinen sorgsam eingesammelten Chimärenleichen sein eigenes "The Walking Dead"-Spinoff aufziehen will.

Und damit wären wir beim Cliffhanger dieses Sommerfinales: "la bête" (das Biest). So sieht also der Erfolg der Doktoren aus! Gesehen haben wir das Biest zwar noch nicht live, aber als schicke Wandmalerei, die jemand allerdings für vertäfelungswürdig hielt. In dieser Wandmalerei sehen wir vermutlich den Höllenhund, erkennbar an der Feuerfaust, (die neulich auf Theos Gesicht niederging,) der gegen das Biest antritt. Das Biest erinnert verdächtig an Peter Hale in seiner Form des Alphamonsters aus Staffel 1. Und der Ausdruck "la bête" erinnert verdächtig an La bête du Gévaudan, den ersten Werwolf, der von einem Vorfahren der Argent-Familie erlegt wurde. Hier werden sehr schön alte Fäden mit neuen verknüpft, um zu zeigen, welche Konsequenzen die Experimente der Doktoren haben werden. Die "Wilde Jagd" verkörpert durch den Beschützer des Übernatürlichen, herausgefordert durch ein wissenschaftlich erschaffenes Wesen, das die Regeln des Übernatürlichen strapaziert.

"Give them hope!"

Danke, Jeff Davis, für Mama McCall! Besonders, da natürlich klar war, dass Scott nicht endgültig sterben würde, ist es einfach als herausragend zu bezeichnen, wie stark die Emotionen waren, die in ihren gemeinsamen Szenen mit Scott erzeugt wurden. So sehr die Freundschaften der Teenager zerrüttet sind, so stark sind die Beziehungen zwischen Eltern und Kind in dieser Staffel. Mama McCall erinnert sich selbstverständlich an die Situation in "Time of Death", als Scotts Herz für eine weit längere Dauer als 15 Minuten angehalten wurde, aber das ist nicht alles. "He's not someone, he's my son!" Niemals würde sie Scott aufgeben, Alpha oder nicht. Genauso wie Stiles seinem Vater zur Hilfe eilt, rettet Mama McCall ihrem Sohn das Leben – im eigentlichen wie im übertragenen Sinne, da sie ihm klarmacht, dass niemals alles verloren ist, wenn man Hoffnung hat und Hoffnung schenken kann. Diese Bindungen sind unerschütterlich, und dass diese Tatsache in einer sonst so deprimierenden Staffel einen solchen Raum bekommen hat, war für mich als Zuschauer ebenso lebensrettend wie Herzmassage und Supermond zusammen!

Randnotizen

  • Warum war Scotts Asthma zurück? Die Antwort ist so einfach, wie sie genial war. Im Inhalator befand sich Eisenhut. Erinnert ihr euch noch daran, wie Victoria Argent in Staffel 2 kurz davor war, Scott allein mit Eisenhut-Dampf umzubringen?
  • Wo wir gerade bei den Argents sind: Was erlebte Scott wohl in seinen 15 Minuten Nahtodphase? Vielleicht einen Pep Talk von Allison in der Art, wie sie in #3.05 Frayed einen vom Geist ihrer Mutter bekam ("Thread the needle!")?
  • Theo war nie so verabscheuenswert wie in dem Moment, als er Scott gegenüber Stiles' Worte nachäfft: "We can't all be perfect, we can't all be true alphas." Der Moment des Lauschens in der letzten Episode hatte zu hoffnungsvollen Spekulationen eingeladen, aber er hat das grausamst mögliche Ergebnis gebracht. Und das will schon was heißen, schließlich ist es an Grausamkeit kaum zu überbieten, Lydia zu schlagen, sie zu einem Fall fürs Eichen House zu machen und Sheriff Stilinski tödlich zu verletzen!
  • So kam es also zu Lydias Katatonie aus dem Staffelauftakt! Seit Staffel 3A, als wir die Methode des Krallen-in-Nackengriffs kennengelernt haben, hieß es wieder und wieder, wie gefährlich sie sei. Aber nie geschah etwas. Bis jetzt. Das lässt an den herausragenden Moment erinnern, als Lydia Scott vor wenigen Episoden noch so vehement für die Anwendung dieser Methode zurechtgewiesen hat. Und nun trifft es gerade sie. Theo, du Mistkerl!
  • An dem Kampf zwischen Scott und Liam gefiel mir, dass ein Werwolf endlich nochmal gefährlich sein durfte und nicht nur ein Superheld mit Plüschohren. Bei all den übernatürlichen Gegnern vergisst man leicht, wie viel Kraft es unser Rudel kostet, nicht ständig zu Monstern zu mutieren.
  • Mason weckt Liam aus dem Blutrausch wie Liam im Staffel-4-Finale Scott aus seinem geweckt hat. Mason ist der Beste!
  • Gab es in dieser Episode wirklich eine Szene mit einem sündhaft schönen Nachwuchs-Adonis, der nackt vor Malia steht und sagt "I've got nothing to hide." oder hab ich das geträumt?
  • Der Jeep wird mit dem Rudel heilen. Darauf baue ich!
  • Derek, hast du vergessen, dass deine Mutter dir gesagt hat, deine Familie beschützt Beacon Hills? Wo bist du? Schwing deinen süßen Hintern nach Hause!

Fazit

Die Serienmacher haben ein wagemutiges Konzept gewählt. Die erste Staffel, die ihre Handlung auf zwei Staffelhälften verteilt, ist die bisher niederschmetterndste. Jeff Davis lässt die geliebten Charaktere auf dem absoluten Tiefpunkt ankommen. Dass wir uns an diesem Punkt vorerst von ihnen trennen müssen, ist hart, aber dank der sorgfältigen Charakterentwicklung und der mitreißenden Darstellung (Ausnahmen bestätigen die Regel) habe ich volles Vertrauen, dass die Versöhnung, die Wiedergutmachung, das zueinander und zu sich selbst Zurückfinden in der zweiten Staffelhälfte wunderbare Entschädigung liefern wird.

Nicole Oebel - myFanbase

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