Bewertung

Review: #5.09 Der hohe Preis fürs Leben

Foto: Chad Coleman, The Walking Dead - Copyright: Frank Ockenfels III/AMC
Chad Coleman, The Walking Dead
© Frank Ockenfels III/AMC

Fassungslos. Das ist das einzige Wort, was mir spontan nach dem Ende der Episode einfällt. Nach dem tragischen Tod von Beth Greene verlieren wir nur eine Episode später ein weiteres Mitglied der Gruppe und es trifft ausgerechnet den Mann, der sich lange geweigert hat, mit der notwendigen Brutalität gegen Menschen vorzugehen, die die Sicherheit der Gruppe gefährdet hat. Mit Tyreese stirbt am Ende eine er letzten "guten Seelen" bei "The Walking Dead".

"It went the way it had to."

Tyreese war nicht unumstritten. Seine Zurückhaltung und das Strikte weigern, zu töten wurde oftmals als Schwäche ausgelegt und sein Charakter als überflüssig und langweilig bezeichnet. Vergleicht man den Tyreese der Serie mit dem der Comics, dann mag einer nicken, doch eigentlich kam Tyreese in der Serie eine vollkommen andere Rolle zu als seinem Pendant aus den Comics. Er war einer der wenigen, der versucht hat, die alte Ordnung aufrecht zu halten und verfocht seine Überzeugung bis zuletzt. Gewalt gegen Mitmenschen war für Tyreese niemals eine Lösung, egal was sie getan hatten. Er hatte sich nicht gegen den Gouverneur gestellt, er hatte Martin am Leben gelassen, obwohl er Judiths Leben bedrohte und er hatte Carol verzeihen können, dass sie Karen getötet hatte. Am Ende kostet ihm diese Einstellung zwar nicht das Leben, aber es wird doch angedeutet, dass einiges hätte anders laufen können, hätte er nur andere Entscheidungen getroffen.

Ich finde es eine interessante Idee, Tyreese mit seinen eigenen Ängsten, wie am Tod von Bob Stookey Schuld zu sein, oder eine Verantwortung für den Tod von Mika und Lizzie zu tragen, zu konfrontieren, in dem man die besagten Charaktere in Halluzinationen auftauchen zu lassen. So gibt man dem Zuschauer die Gelegenheit, die Beweggründe und den inneren Zwiespalt von Tyreese näher zu bringen, was nur einmal mehr zeigt, dass er für eine Welt wie diese, in der es auf eine gesunde Portion Egoismus ankommt, einfach nicht gemacht war. Am Ende versteht man seine Beweggründe etwas besser und man kann durchaus mit ihm sympathisieren.

"Don't you want one more day with a chance?"

Tyreese' unerwarteter Tod wird die Gruppe noch weiter an den Rand der Verzweiflung bringen. Der Tod von Beth ist noch nicht verarbeitet, da verlieren sie ein weiteres Mitglied der immer stärker schrumpfenden Gruppe. Der potentielle sichere Ort in Richmond erweist sich wenig verwunderlich nicht als die Rettung, sondern ist wieder nur eine Enttäuschung, die die Moral der Überlebenden weiter in den Keller drückt.

Während Glenn nicht wirklich daran geglaubt hat, hier einen Unterschlupf zu finden, keimte in Michonne die leise Hoffnung, dass sie endlich zur Ruhe kommen könnten. Ihr merkt man am ehesten an, dass sie kurz davor ist, zusammen zu brechen. Sie klammert sich fast schon verzweifelt an die Hoffnung, dass es irgendwo einen sicheren Hafen für sie geben muss und muss erst von Rick daran erinnert werden, dass sie den Blick für die Realität nicht verlieren darf.

Dass man am Ende in kleiner Runde beschließt, nach Washington aufzubrechen, selbst nachdem klar ist, dass dort nicht die ersehnte Rettung auf sie warten wird, ist eine gute Sache. Die Gruppe braucht ein Ziel, auf das sie hinarbeitet. Das ziellose Umherstreifen demoralisiert die Gruppe und setzt sie unnötigen Gefahren aus. Ein klares Ziel vor Augen lässt sie fokussiert und konzentrierter agieren. Gut, dass Rick dieses erkennt und am Ende festlegt, dass man den Weg gehen werde, egal was in Washington auf sie warten mag.

Randnotizen

  • Die musikalische Untermalung mit Emily Kinney an der Gitarre ist unglaublich eindringlich und untermalt die Szenerie um den langsam aufgebenden Tyreese unglaublich gut. Schön, dass man sie für eine letzte (?) Episode zurück gebracht hat.
  • Die Auftritte von David Morrissey, den beiden Mädchen oder Lawrence Gilliard Jr. waren unerwartet und verfehlten nicht ihr Ziel nicht, den Zuschauer zu überraschen. Es war eine tolle Idee, ihre Charaktere zu benutzen, um Tyreese' Innenleben zu ergründen und ihm die letzte Ehre zu erweisen.
  • Ein paar interessante Details in Richmond, die vielleicht irgendwann noch wichtig werden könnte (oder auch nicht): Was haben die zerstückelten Leichen vor den Toren der Gemeinde zu bedeuten. Und warum parkte vor den Toren ein Van mit den abgetrennten Torsos?

Fazit

Eine stilistisch interessante Episode, die den Zuschauer fassungslos zurück lässt, da definitiv nicht damit gerechnet werden konnte, dass tatsächlich so kurz nach dem Tod von einem weiteren Mitglied des Hauptcasts verabschieden musste. Tyreese letzter Auftritt war jedoch ein würdevoller, starker Abgang für einen Charakter, der zu Beginn viel zu wenig genutzt wurde und von etlichen Fans aufgrund falscher Erwartungen vielleicht zu unrecht schlecht geredet wurde. Mir wird der sanfte Riese fehlen, der ein unerschütterliches Moralverständnis hatte und am Ende daran gescheitert ist, dass er für eine brutale Welt wie diese einfach nicht gemacht war. Eine faszinierende Episode mit toller Optik, interessanter Erzählweise und großartiger musikalischer Untermalung.

Melanie Wolff - myFanbase

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