Bewertung

Review: #6.07 Die Wand

Foto: The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Endlich hat die Warterei ein Ende. Es ist raus – Glenn hat den Sturz überlebt und ist noch am Leben. Es waren also nicht seine Gedärme, die ihm da aus dem Leib gerissen wurden, es war der arme Nicholas, der zerfleischt wurde. Es ist gut, dass dieser Cliffhanger endlich aufgelöst wurde und da man mit dem Endergebnis wohl niemanden hätte zufrieden stellen können (egal wie man es aufgelöst hätte), so kann man sich jetzt wenigstens wieder anderen Dingen zu zuwenden. Dem immer weiter währenden Zwist zwischen Rick und den Alexandrinern beispielsweise. Oder der nervig-nervigen Enid

"The world is trying to die. We’re supposed to just let it."

Tatsächlich taucht die verschwundene Enid wieder auf. Sie reicht Glenn, der sich übrigens unter den Container ziehen konnte, um sich zu retten, eine helfende Hand beziehungsweise eine rettende Wasserflasche. Glenn ist dankbar für die Unterstützung, keine Frage, allerdings ist es auch verständlich, dass Enids Anwesenheit nichts gutes für die Siedlung bedeuten dürfte. Warum sie sich ihm so verschließt und ihm nicht eine einfache Antwort auf die Frage geben kann, was passiert ist, entzieht sich meinem Verständnis. Stattdessen bockt sie wie ein Teenager und versteckt sich lieber, anstatt einmal zu sagen: "Wir sind überrannt worden und ich bin geflohen, weil ich Angst hatte, zu sterben." Aber vielleicht ist der seelische Schmerz, den Enid mit sich herumträgt zu schwer, als dass man eine derart simple Konversation mit ihr führen kann.

Der Weg zurück nach Alexandria ist für Glenn und den Zuschauer ein sehr schwerer, denn Glenn versucht durchweg Enid zu überzeugen, dass sie es innerhalb der Mauern Alexandrias besser hat als alleine auf sich gestellt im Wald, doch Enid sieht nur die potentielle Gefahr und meckert andauernd darüber, dass die Welt zugrunde geht und sie sich ihr besser nicht in den Weg stellen sollen. Zum ersten Mal in dieser Staffel bin ich wirklich, wirklich gelangweilt und genervt von einer Storyline. Das Pairing funktioniert überhaupt nicht, die beiden haben keine wie auch immer geartete Chemie auf dem Schirm miteinander und Enids Verhalten ist nicht nur nicht rational erklärbar, sondern über weite Strecken einfach nur anstrengend. Immerhin kann Glenn jetzt mal erleben, was ihm und Maggie selbst in ein paar Jahren bevorsteht. Sollten sie die Geburt ihres Kindes erleben…

Als Enid und Glenn schließlich an der Siedlung ankommen, da sehen sie, dass diese mittlerweile von Beißern umzingelt ist. Einerseits sind sie so nahe, dass sie quasi nur einmal rufen bräuchten, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Als sie am Ende die Ballons loslassen, da wirken sie jedoch so weit entfernt, dass es man sich fragt, ob sie vielleicht wieder ein Stück zurückgegangen sind, um sich in Sicherheit zu wiegen. Irgendwie zündet für mich das alles nicht richtig und es zieht die Episode arg in die Länge.

"The only thing that keeps you from being a monster is killing."

Keinen Deut besser geht es in Alexandria zu. Rick macht sich daran, die Mauer zu stabilisieren und bekommt dabei Hilfe von Tobin, vertritt jedoch weiterhin mantrahaft seine Einstellung, dass alle Alexandriner nichts wert sind und sie sich nur auf sich selbst verlassen dürfen. Bestätigung in dieser Einstellung bekommt er dann auch direkt Spencer, der in einer selten dämlichen Aktion versucht, die Gemeinde zu retten und dabei fast selbst drauf geht. Die Alexandriner machen es einem aber auch schwer, sie nicht als komplette Vollidioten zu sehen.

An anderer Stelle bringt Carl Jessies Sohn Ron das Schießen bei und Pater Gabriel tapeziert jeden Mast und jeden Pfeiler mit einer Einladung zu einer Gebetsrunde, die Rick ohne zu zögern einfach abreist. Für ihn ist Gabriel unten durch und hat keinerlei Daseinsberechtigung, erst recht nicht, wenn er Hilfesuchenden ein offenes Ohr anbetet. Als Rick dann auch noch mit Tara aneinander gerät, da fragt man sich wirklich, ob er überhaupt noch eine irgendwie geartete Freundlichkeit in sich trägt. Klar, er sorgt sich um ihr aller Überleben, aber sehr empathisch ist er nicht dabei. Wenn er plötzlich eine alles-scheiß-egal-geht-halt-drauf-Haltung einnehmen würde und alle sich selbst Überlassen würde, ich würde es akzeptieren. Von dem ganzen "wir sind eine Familie" ist momentan jedenfalls nichts mehr zu sehen.

Auch Morgan kriegt sein Fett weg und darf sich noch vorwerfen lassen, dass er die Wölfe hat entkommen lassen, die Rick in dem RV eingekesselt haben. Somit ist Morgan nicht nur dafür verantwortlich, dass Rick überhaupt angegriffen wurde, er ist quasi auch Schuld daran, dass sie jetzt von Beißern umstellt sind. Morgan hat der Angriff der Wölfe doch sehr mitgenommen. Er glaubt noch immer, dass jedes Leben es wert ist, gerettet zu werden, er erkennt jedoch auch langsam, dass alles seine Grenzen hat und man manchmal nicht darum herum kommt, dennoch zu töten. Seinen kleinen Gefangenen will er jedoch noch nicht aufgeben. Er stattet der noch immer unglaublich unsicheren Denise einen Besucht ab und kann sie überzeugen, sich die Wunde seines Gefangenen anzusehen. Natürlich bemerkt Carol dies, die ihm in sein Verlies folgt und dort dann auch endlich zur Rede stellt. Das Ergebnis dieses kleine Chats sehen wir dann im Winterfinale.

Randnotizen

  • Rosita gibt den Alexandriner eine Lektion in Sachen, wie töte ich mit einer Machete. Das beste dabei ist Eugene, der sich sorgen darüber macht, ob er nicht aus Versehen jemandem dabei die Zehen abhacken könnte.
  • Carols kleine Ansprache an den sich immer noch nur im Obergeschoss aufhaltenden Sam ist nicht gerade erbauend für den Kleinen und lässt jegliche Fürsorge seitens Carol vermissen. Sie ist halt ein harter Hund geworden.
  • Es wird Zeit, dass alle Protagonisten endlich wieder am selben Ort sind und sich gemeinsam einer Bedrohung stellen müssen. Vielleicht wird es Zeit für einen neuen Gegner. Einen anderen als schwächliche Alexandriner oder gelegentlich auftauchende Wölfe, die erstere Abschlachten. Ich sehne mich nach einem Big Bad.

Fazit

Die Episode ist über weite Strecken also sehr sehr zäh und drischt auf die altbekannten Probleme ein, ohne irgendeine neue Facette zu Tage zu bringen. Das einzige, was bei Laune hält, sind am Ende die zahlreichen Cliffhanger, die in die nächst Folge überleiten sollen. So klaut sich Ron aus der unglaublich gut bewachten Waffenkammer eine Pistole (mal ehrlich, kann da jeder einfach rein und sich nehmen, was er will?) und begibt sich auf die Spur von Carl, der bestimmt noch bereuen wird, dass er ihm beigebracht hat, wie man lädt und entsichert. An anderer Stelle konfrontiert Carol endlich Morgan, der in Zugzwang ist, nun zu offenbaren, wen er da im Keller versteckt hält.

Das alles überschattende Ereignis jedoch ist der Einsturz eines Wachturmes in der Gemeinde, der ein großes Stück der Mauer einreist und den Beißern quasi freies Geleit in die Siedlung gewährt. Willkommen im großen Showdown für die erste Staffelhälfte von Runde sechs. Ich bin sicher, es wird eine blutige Sache werden.

Melanie Wolff - myFanbase

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