Bewertung

Review: #6.08 Nicht das Ende

Foto: Andrew Lincoln & Chandler Riggs, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Andrew Lincoln & Chandler Riggs, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Selten war ein Midseasonfinale so spannungsarm und über weite Stellen so langweilig wie #6.08 Nicht das Ende. Dabei passiert eigentlich gar nicht so wenig interessantes – der Turm stürzt ein und Alexandria wird überrannt von Beißern. Ein nicht unwichtiger Charakter segnet das Zeitliche. Und an anderer Stelle kommt es zu einem lange überfälligen Aufeinandertreffen zweier starker Persönlichkeiten. Und doch hinterlässt das Finale einen schalen Beigeschmack.

"They're all your people, Rick."

Die ersten Minuten bieten eigentlich genau das, was ich von "The Walking Dead" erwarte. Chaos. Durcheinander. Menschen, die um ihr Leben rennen und es gerade noch schaffen, sich von den wandelnden Toten in Sicherheit zu bringen. Es entsteht die typische Hektik, die große Gruppe wird kleinere Grüppchen gesprengt und flüchtet sich an verschiedene Orte. Nicht jeder überlebt das Durcheinander und es ist ausgerechnet Deanna, die ins Gras beißen muss, nachdem sie von einem Beißer an ihrer Seite erwischt wird.

Der Verlust der ehemaligen Anführerin markiert das Ende von Alexandria, jedenfalls in der Art und Weise wie es existierte, bevor Rick und die anderen es zugrunde gerichtet haben. Ja, man muss es wohl so derart hart formulieren. Die Bewohner Alexandrias hatten ihr Leben im Griff – vielleicht ist das aber auch zu optimistisch ausgedrückt. Sie kamen auf jeden Fall zurecht und waren von kleineren Zwischenfällen abgesehen in ihrer kleinen Gemeinde sicher aufgestellt. Die Mauern hielten kleineren Angriffen stand und niemand musste sich Gedanken um Leben und Tod machen. Und dann brachte Aaron Tod und Verderben in die Siedlung. Das mag jetzt vielleicht sehr hart klingen, aber die Dinge wandten sich zum Schlechten, als Rick das bestehende Regime in Frage stellte. Als er sich offen gegen Deannas Führung stelle und Pete gegen sich aufbrachte, da war das Schicksal der Gemeinde besiegelt. Mag sein, dass er in Wahrheit wirklich nur die Sicherheit aller im Sinn hatte, doch er brachte mit seinen Handlungen eine Kaskade in Bewegung, die schließlich und endlich im Untergang Alexandrias endete. Er kam mit einem Plan daher, die Stadt sicherer zu machen, der jedoch eher dazu führte, das die effektivsten seiner Kämpfer in kleinere Grüppchen zersplittert wurden, eine andere Kleingruppe Terror über die Stadt brachte und anschließend eine riesige Herde Zombies die Stadt überrannte.

Was mich an der ganzen Geschichte stört, ist dass trotzdem Rick weiterhin als der große Held darstellt wird. Niemand stellt seine Entscheidungen in Frage und nehmen sämtliche Vorschläge ohne Murren hin. Stellt sich ihm jemand offen in den Weg, so stirbt er früher oder später einen wie auch immer selbst verschuldeten Tod und bestätigt einmal mehr, dass Rick ja wieder einmal Recht hatte. Das war bereits die letzten Folgen nervig und findet hier seinen vorläufigen Höhepunkt, als Deanna ihm quasi die Überreste ihres einstigen Paradieses übergibt, das er mit seinen Handlungen zerstört hat.

Deanna bekommt kurz vor ihrem Tod noch einmal die Chance, ihre Vision einer großartigen Zukunft mit Michonne zu teilen, die trotz der widrigen Umstände nicht bereit ist, Alexandria aufzugeben. Die Gespräche zwischen den beiden sollen wohl einen kleinen emotionalen Touch in die Episode bringen, doch ehrlich gesagt lässt mich der Tod Deannas fast schon kalt. Zu unscheinbar war sie in den letzten Episoden, zu entbehrlich für den Fortlauf der Geschichte. Zwar gönnt man ihr am Ende eine richtig starke Szene, als die ihre ganze Wut auf die Welt hinausbrüllen kann, ehe sie von Beißern überrannt und endgültig getötet wird. Ihr Tod hat jedoch keinerlei Bedeutung.

"Someday this pain will be useful to you."

Während Deanna mit ihrem Leben abschließt, suchen Rick und die anderen nach einem Ausweg aus ihrer Situation. Zunächst wirkt es, als sei man in Jessies Haus sicher, doch Ron wählt ausgerechnet das Chaos um die Beißer aus, um sich an Carl dafür zu rächen, dass Rick seinen Vater getötet hat. Die Konfrontation der Jungs ist dabei eher unspektakulär und führt einmal mehr dazu, dass das Durcheinander nur noch größer wird. Dass Carl am Ende Ron nicht verrät, wundert erst einmal nicht. Er erkennt, dass sie im Moment größere Probleme haben als ihren kleinen persönlichen Zwist, auch wenn ihm klar wird, dass Ron sich mit dem Ausgang nicht zufrieden gehen wird und eine Entscheidung nur verschoben wurde, jedenfalls gesetzt der Annahme, dass sie beide ihre "waghalsige" Flucht überleben.

Rick greift am Ende zu einem Kniff zurück, den schon lange niemand mehr bemüht hat. Er bringt seine Leute dazu, sich mit den Innereien zu beschmieren, um so unerkannt durch die Beißer hin zur Waffenkammer zu gelangen. Die Szene, als alle Hand in Hand das Haus verlassen und sich ängstlich zwischen die Beißer drängen, ist intensiv inszeniert und verfehlt seine Wirkung als interessanter Cliffhanger ist. Es ist jedoch schade, dass eben hier auch Schluss ist. Es gibt keinen vernünftigen Abschluss für die Episode, sondern man verlässt die Handlung mitten im Geschehen ohne eine Idee, wie es weitergehen könnte.

Auch die andere halbwegs interessante Geschichte wird auf diese Weise beendet – die Konfrontation zwischen Carol und Morgan. Es hat sich über die letzten Episoden angedeutet, dass die beiden Persönlichkeiten irgendwann aneinandergeraten müssen. Anders als einst von mir erwartet, sind es dann eben nicht Rick und Morgan, deren unterschiedliche Weltansichten hier aufeinanderprallen, sondern Carols und Morgans. Erstere findet endlich heraus, dass Morgan einen Wolf gefangen hält und will sich dessen entledigen, zur Not auch wenn sie dafür Morgan ausschalten muss. Der stellt sich ihr jedoch in den Weg und nutzt die Worte, die auch einst Eastman ihm gegenüber äußerte – ich werde nicht zulassen, dass du mich verletzt. Es wirkt einen kurzen Moment so, als käme es tatsächlich zum Äußersten, doch weder Morgan noch Carol lassen hier an dieser Stelle ihr Leben. Morgan schlägt Carol bewusstlos und wird seinerseits von dem Wolf niedergeschlagen, den er so verzweifelt versucht hat, von einem anderen Leben zu überzeugen. Am Ende passiert also das, was man all die Zeit befürchtet hat – Morgans guter Wille beißt ihm in den Hinter und kostet dann vielleicht auch noch der gutmütigen Denise das Leben, die von dem Wolf als Geisel genommen und nach draußen geleitet wird, wo sie in eine Horde Beißer laufen werden ohne große Überlebenschance. Man wird sehen, wie sich das entwickelt und ob wir beide vielleicht das letzte Mal gesehen haben. Der Disput zwischen Carol und Morgan ist jedenfalls durch die Konfrontation nur noch größer geworden und schreit quasi nach einer Fortsetzung, in welcher Art und Weise auch immer.

Randnotizen

  • Maggie kann sich gerade noch auf einen der Aussichtsplattformen retten und wartet dort auf eine Eingebung. Die könnte sich in Form von Glenn zeigen, der immerhin schon mal in Alexandria ist und auch gesehen hat, dass seine Frau noch am Leben ist.
  • Auch Enid taucht auch noch einmal auf und fastelt wieder irgendwelches pubertäres Zeugs vor sich hin, so dass man sie fast ohrfeigen möchte. Glücklicherweise hat Glenn ihre Faxen satt und lässt sie irgendwann einfach stehen. Soll sie doch sehen, wie sie weiterkommt.
  • Eher nervig als interessant ist auch das Trio Eugene, Tara und Rosita. Letztere ist fast am Verzeifeln, während Tara weiterhin daran glaubt, dass alles gut werden wird. Und Eugene ist so nutzlos wie eh und je – halt! Er kann immerhin eine verschlossene Türe öffnen. Mit einer Büroklammer! Wow.

ACHTUNG, SPOILER! Wer nicht für Staffel 6B gespoilert werden will, bitte gleich zum Fazit weiterspringen!

  • Die interessanteste Szene hat es leider nicht in die Episode geschafft, sondern wurde in "Talking Dead" gezeigt. Abraham, Sasha und Daryl treffen auf die Gruppe, die ihnen nach dem Leben trachtete. Diese verlangt ihren Truck zurück und macht ihnen klar, dass dieser Negan gehört. Negan, Leute! Negan!!! Jetzt bin ich angefixt für den zweiten Teil der sechsten Staffel. Negan!

    Fazit

    Das Finale des ersten Teils der sechsten Staffel ist leider alles andere als ein zufriedenstellender Abschluss, schneidet etliche Konflikte an, ohne sie auf die Spitze zu treiben und verliert sich viel zu oft in uninteressanten Gesprächen oder langweiligen Situationen. Keiner der Cliffhanger schafft es, irgendetwas Neues, Spannendes in Aussicht zu stellen. Wäre da nicht der kleine Appetithappen in "Talking Dead", zehn Minuten nach dem Ende der Episode, ich würde zum ersten Mal bei "The Walking Dead" entspannt in die Winterpause gehen.

    Melanie Wolff - myFanbase

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