Review: #6.09 In der Falle
Wäre #6.09 In der Falle das Midseason-Finale gewesen, ich wäre zufrieden gewesen. Natürlich gibt es auch hier einige Kritikpunkte, doch im Große und Ganzen schließt diese Episode die erste Staffelhälfte gut ab, entledigt sich einiger überflüssiger Charaktere und bietet genau das, was man von "The Walking Dead" erwartet – Action, Spannung und jede Menge Gore.
"I thought after living behind these walls for so long that... maybe they couldn't learn. But today...I saw what they could do, what we could do, if we work together."
Dass es am Ende zu einem Massensterben kommen würde, in dem man sich fast sämtlicher Nebendarsteller aus Alexandria entledigt, damit hatte man eigentlich rechnen können. Umso interessanter ist es, dass es soweit eben nicht kommt. Natürlich verlieren wir mit den Andersons eine nicht unwichtige Gruppe, die eine Menge Konfliktpotential mitbrachte, doch es haben etliche Alexandriner am Ende der Nacht das Zombiegemetzel überlebt.
Es ist schon eine starke Szenerie, die sich gegen Ende der Episode bietet und die Rick zum Umdenken bezüglich der Bewohner bringt. Natürlich wirkt das etwas aufgesetzt und gezwungen, aber angesichts der Tatsache, dass sein Sohn beinahe draufgegangen wäre, ist es auch verständlich, dass er einen anderen Blick auf die Dinge in der bekommt. Aber ich springe schon wieder zum Ende…
Viele starke Charaktere treten in dieser Episode in den Hintergrund. Personen wie Carol und Morgan sind zur Untätigkeit verdammt und fristen ihr Dasein in ihrem Unterschlupf, während bisherige Hasenfüße wie Eugene, Denise und Gabriel zum ersten Mal über sich hinauswachsen dürfen. Es ist der Aufstand der kleinen Leute, die endlich erkannt haben, dass sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen, ihre Angst und ihre Anspannung hinunterschlucken müssen und um ihre Zukunft kämpfen müssen, wollen sie diese noch erleben. Es geht ein unerwarteter Ruck durch Alexandrias Bewohner, ein Ruck, den wohl am wenigsten Rick erwartet hatte.
Sein Plan, aus der Siedlung zu verschwinden, schlägt fehl, weil Sam am Ende die Nerven verliert und ihm Carols harsche Worte nicht mehr aus dem Kopf gehen wollen, als er einen ehemaligen Spielkameraden und Freund als Zombie durch die Straßen schlurfen sieht. Er bekommt Panik, wie es für einen Jungen in seinem Alter wohl normal ist und bringt so die Gruppe um Rick in ernsthafte Gefahr. Sam wird Zombiefutter, was seine Mutter Jessie schweren Herzens mitansehen muss und ihr Zusammenbruch inmitten der Beißer endet natürlich, wie es kommen muss – mit ihrem Tod. In ihrer Todesangst klammert sie sich an Carls Hand, so dass Rick gezwungen ist, ihr ebendiese mit ein paar kräftigen Schlägen mit der Axt abzuhacken. Eine überaus dramatische Szene, die optisch mal wieder hervorragend in Szene gesetzt wird und eigentlich nur dadurch übertroffen wird, dass Ron es gerade noch schafft, bevor er selbst von Michonne niedergestochen wird, Carl ein Auge auszuschießen. Kudos an die Autoren, dass sie sich trauen, dies aus den Comics in die Serie zu adaptieren. Natürlich geht man nie ernsthaft davon aus, dass Carl sterben würde. Die Tatsache jedoch, dass sein Leben scheinbar am seidenen Faden hängt, führt dazu, dass bei Rick die Sicherungen durchbrennen und er beginnt, wahllos auf Beiße einzuschlagen. Mitten in der Nacht. Vollkommen alleine. Bewaffnet nur mit einer Axt. Gegen eine Horde von Hunderten von Beißern.
Michonne ist die erste, die ihn zur Seite springt, ehe Heath, Spencer und ein paar andere sich endlich ein Herz fassen und um ihre Siedlung kämpfen. Keiner von ihnen weiß in dem Moment, was er tut, aber alle tun es mit Inbrunst und aus Respekt Rick gegenüber, der vielleicht sie alle ins Verderben getrieben hat, aber selbst dann nicht aufgeben will, als sein Sohn ernsthaft in Gefahr schwebt. DAs klingt jetzt alles furchtbar melodramatisch und im Grunde ist es das auch, aber es führt dazu dass im Laufe des Kampfes immer mehr Charaktere sich ein Herz fassen und sich Rick anschließen. Und dass endlich alle an einem Strang ziehen, wird auch endlich Zeit.
"We've been praying... together. Praying that God will save our town. Well, our prayers have been answered. God will save Alexandria... because God has given us the courage to save it ourselves."
Es gibt jedoch trotz der Action noch immer kleine Szenen zwischen den Charakteren, die einen ruhigen Ton anschlagen. So kommt es beispielsweise erneut zu einem Aufeinandertreffen zwischen Carol und Morgan, in der er versucht über ihre Familie an sie heran zu kommen, sie ihm jedoch klar macht, dass sie ihn wohl besser hätte töten sollen. Der Konflikt zwischen den beiden ist noch nicht ausgestanden und ich würde mich wundern, würden die beide nicht irgendwann noch einmal aneinander geraten im Laufe der Staffel.
Auch interessant ist die Tatsache, dass der Alpha-Wolf sich am Ende als nicht ganz so diabolisch erweist. Zwar versucht er Denise einzureden, dass er keine andere Wahl hatte, als grausam und unnahbar zu werden, als sie dann jedoch in Gefahr gerät, da kehrt er um und rettet sie, nur um danach selbst gebissen zu werden. Es ist jetzt keine 180° Kehrtwende, aber immerhin bringt sein "selbstloser" Akt Denise dazu, ihre eigenen Ängste über Bord zu werfen und zu der Person zu werden, die sie gerne hätte sein wollen in ihrem früheren Leben. Und genau dies rettet am Ende vielleicht Carl das Leben. Von daher hatte es doch am Ende auch etwas Gutes, dass Morgan ihn am Leben gelassen hat.
Es gibt noch viele weitere kleinen Szenen in der Episode, die auf den ersten Blick vielleicht zum Augenrollen sind, am Ende jedoch einem Charakter dabei helfen, sich selbst zu finden. Rosita belächelt beispielsweise immer wieder Eugenes Versprechen, dass er irgendwann aufstehen wird, um sich zu verteidigen. Und als es dann soweit kommt, dass sie alle kämpfen müssen, wenn sie überleben wollen, da steht er plötzlich mit der Machete zwischen ihnen und kämpft. Kämpft um sein Leben. Kämpft um das der anderen.
Auch Gabriel bekommt endlich die Kurve. Zuerst bringt er Judith in Sicherheit, dann macht er den Leuten, die sich in seiner Kirche versteckt haben und weiterhin auf Gebete setzen, klar, dass sie zwar weiterhin auf Gott vertrauen sollen, sie jedoch nicht erwarten können, dass er sie rettet. Sie müssen sich selbst retten. Und so zieht auch er in die Schlacht um Alexandria und sein Schicksal. Und nach dem Gemetzel um die Andersons zu Beginn ist es doch tatsächlich so, dass niemand mehr Opfer wird. Sie halten zusammen, kämpfen zusammen und überleben zusammen.
"Who's Negan?"
Nun gut, die Alexandriner verdanken am Ende wohl ihr Überleben dem beherzten Eingriff von Daryl. Er ist es, der den gekaperten Tanklaster zu einem See fährt, die Fracht ablässt und ein gigantisches Feuer entfacht, in das die Beißer schnurstracks hinein wandern. Manch einer fragt sich jetzt sicherlich, warum das so ist und auch ich muss gestehen, dass es mir nicht sonderlich logisch erscheint, dass alle Beißer vom Feuer angezogen werden wir Motten vom Licht und dann zum Sterben in den See stolpern. Können Beißer durch Feuer überhaupt sterben? Oder werden sie nur zu verkohlenden, wandelnden Leichen. Egal. Daryl hat seinen großen Auftritt und das ist auch gut so.
Überhaupt freue ich mich, dass er zurück in Alexandria ist (gemeinsam mit Abraham und Sasha natürlich). Sie entkommen der Motorradgruppe, die noch einmal bedeutungsschwanger den Namen Negan in die Meute wirft. Viele nicht Comic-Kenner werden damit wohl nicht viel anfangen können, doch alle die sich durch die ersten 100 Comis gekämpft haben, dürften sich auf sein Auftreten freuen. Er ist einer der charismatischsten Antagonisten der Comics und es wird Zeit, dass er seinen Weg in den Cast findet. Aber bis es soweit ist, hat man die Zuschauer seitens der Serienmacher noch um Geduld gebeten. Er wird so schnell nicht auftauchen und wohl seinen ersten Auftritt erst im Staffelfinale haben. Dennoch darf Abraham zweimal nachfragen, wer denn dieser Negan ist, der immer wieder erwähnt wird.
Die Szene mit den Motorradfahrern ist eigentlich vollkommen uninteressant, weil es im Grunde eine Wiederholung der Szene aus der post-credit-Szene der letzten Folge ist, aber das unerwartete Ende mit Daryl und seiner Bazooka ist dafür umso spektakulärer.
Randnotizen
- Glenn hat mal wieder ein sehr emotionales Gespräch mit Enid, die ebenfalls ihre "nach mir die Sintflut"-Attitüde beiseite legt und in die Puschen kommt, um Maggie zu helfen. Übrigens steht Glenn dabei wieder kurz davor, das Zeitliche zu segnen und kann nur ganz knapp entkommen, dank Sasha und Abraham. Der Kerl hats aber auch nicht leicht.
- Großer Kritikpunkt: Wieso wurde es eigentlich so schnell Nacht? Und wie konnten die Akteure in vollkommener Dunkelheit so gut sehen, dass sie sich alle zielgerichtet gegen die Beißer wehren konnten, ohne einander abzuschlachten? Es war doch eigentlich stockdunkel oder müsste es jedenfalls gewesen sein...
Fazit
Ein tolles Midseason-Finale, hätte ich jetzt fast geschrieben, dabei war es der Auftakt der zweiten Staffelhälfte. Doch statt eines Neuanfangs fühlt sich #6.09 In der Falle eher wie ein guter Abschluss für eine mittelmäßige Geschichte an, die so ihre Längen hatte. Freuen wir uns also darauf, was nun auf uns wartet – Negan wird bestimmt sauer sein, dass Daryl mal eben mit einem Rakentenwerfer einen Teil seiner Gruppe liquidiert hat.
Melanie Wolff - myFanbase
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: No Way OutErstausstrahlung (US): 14.02.2016
Erstausstrahlung (DE): 26.11.2016
Regie: Seth Hoffman
Drehbuch: Greg Nicotero
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